IL-17-Inhibitor
Die von TH-17-Zellen gebildeten IL-17-Zytokine
IL-17A, IL-17B, IL-17C, IL-17D, IL17E/IL-25, IL-17F binden an korrespondierenden IL-17-Rezeptoren (IL-17RA/IL-17-RB usw.) und sind für die Produktion proinflammatorischer
Zytokine wie IL-6, IL-8 und
GM-CSF verantwortlich, welche direkten Einfluss auf lokale Inflammation haben. Bei erwachsenen Patienten mit
rheumatoider Arthritis wird IL-17A für Knochenerosionen, Zerstörung von Knorpel und Neoangionese verantwortlich gemacht (Robert und Miossec
2019), bei der JIA findet sich eine Anreicherung von Th17-Zellen in der Gelenkflüssigkeit und vermehrt IL-17A (Nistala et al.
2008; Rosser et al.
2019).
Klinische Erfahrungen für die therapeutische IL-17A-Blockade bestehen v. a. beim Einsatz bei Erwachsenen mit (Plaque)-Psoriasis und der axialen Spondylarthritis. IL-17 ist in betroffenen Hautarealen, in synovialem Gewebe von Patienten mit
Psoriasis-Arthritis sowie im subchondralen
Knochenmark der Facettengelenke von Patienten mit
ankylosierender Spondylitis signifikant erhöht.
Derzeit stehen drei Substanzen kommerziell zur Verfügung, die den IL-17-Signalweg, zum Teil an unterschiedlichen Stellen, mit unterschiedlicher
Affinität,
blockieren:
-
Secukinumab, ein vollständig humaner monoklonaler IgG1-Antikörper, der selektiv an
Interleukin-17A bindet,
-
Ixekizumab, ein humanisierter monokolonaler IgG4-Antikörper, der mit hoher Affinität an Interleukin-17A bindet,
-
Brodalumab, ein humaner monoklonaler IgG2
Antikörper, der hochselektiv an den IL-17-Rezeptor bindet.
Secukinumab und Ixekizumab sind in Europa zugelassen für die Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis, mit aktiver
Psoriasis-Arthritis, Patienten mit
ankylosierender Spondylitis (Morbus Bechterew), sowie Patienten mit aktiver nicht-röntgenologischer axialer Spondylarthritis (nr-axSpA), die unzureichend auf Standardtherapien angesprochen haben. Brodalumab ist seit 2017 lediglich für die Behandlung der mittelschweren und schweren
Psoriasis bei Erwachsenen zugelassen und hat derzeit keine rheumatologischen Zulassungen.
Die zur rheumatologischen Zulassung führende Studie für
Secukinumab konnte bei 397 Patienten im Zuge einer placebokontrollierten, doppelblinden Phase-3-Studie einen signifikant höheren ACR20 zu Woche 24 für die 300 mg Dosis im Vergleich zur Placebo-Gruppe zeigen. Hauptnebenwirkungen umfassten Candida-Infektionen, da Interleukin 17 für die mukokutane Abwehr gegen diesen Erreger eine wichtige Rolle spielt. Todesfälle wurden nicht berichtet (McInnes et al.
2015).
In Hinblick auf die JIA-Subtypen juvenile
Psoriasis-Arthritis und Enthesitis-assoziierte Arthritis liegt eine derzeit noch laufende multizentrische Effizienz- und Safety-Studie der Firma Novartis vor, die voraussichtlich Ende 2020 abgeschlossen wird (
ClinicalTrials.gov: NCT03031782). Anekdotisch, aber erfolgreich, war der Einsatz von Secukinumab bei einem 4-jährigen Jungen mit IL-36-Rezepter-Defizienz (DITRA) und ausgeprägtem generalisiertem pustulärem Exanthem und
Fieber (Kostner et al.
2018).
Ixekizumab hat im Frühjahr 2020 eine FDA-Zulassung für mittelschwere bis schwere Plaque-Psoriasis für Kinder und Jugendliche von 6–17 Jahren erhalten. Die zugrunde liegende randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-3-Studie konnte für Ixekizumab im Vergleich zu Placebo sowohl für die primären Endpunkte PASI (
Psoriasis Area and Severity Index) 75 und sPGA (static Physician’s Global Assessment Score) als auch für die sekundären Endpunkte, die Verbesserung von Juckreiz und globale Hautverbesserung umfassten, signifikante Besserungen aufweisen. In Hinblick auf Sicherheit wurden keine Todesfälle gemeldet; allerdings hat die Studie eine kurze Beobachtungsdauer (12 Wochen) und es wurden schwere Nebenwirkungen wie Infektionen, Zytopenien, hepatische Nebenwirkungen sowie
chronisch-entzündliche Darmerkrankungen berichtet (Paller et al.
2020).
Zur erfolgreichen Anwendung von Ixekizumab bei aktiver adulter
Psoriasis-Arthritis liegen verschiedene Phase-III-Studien vor, die eine Zulassungserweiterung von vormals rein dermatologischen Indikationen hin zu rheumatologischen Indikationen für Erwachsene zur Folge hatten. Es konnte sowohl für 2- als auch für ein 4-Wochen-Intervall eine Überlegenheit zu Placebo und bei TNF-Inhibitor-refraktären Patienten gezeigt werden (Mease et al.
2017; Nash et al.
2017).
Brodalumab konnte in einer Phase-III-Studie mit 661 Patienten einen PASI 75 von 83 % (210 mg Dosierung) im Vergleich zu 3 % in der Placebo-Gruppe zeigen. In Hinblick auf Sicherheit werden in der Verum-Gruppe zwischen 2 und 8 % schwere Nebenwirkungen berichtet. Grundsätzlich werden für den IL-17-Signalweg blockierende Substanzen neben Candida- und bakteriellen Infektionen und insbesondere unter Brodalumab Depressionen, Suizidneigung, Exazerbation bei
Morbus Crohn und Malignome berichtet, zudem vermehrt Schlaganfälle und
Myokardinfarkte (Dinarello und Joosten
2016). Für die
Psoriasis-Arthritis bei Erwachsenen liegen Daten aus einer Phase-2-Studie vor, die bei 168 Patienten Brodalumab in zwei Dosierungen mit Placebo verglich. Hier zeigte sich zu Woche 12 eine ACR20-Response bei 37 % im Gegensatz zu 18 % in der Placebo-Gruppe. Neben Infekten der oberen Atemwege traten Diarrhoe,
Kopfschmerzen und insgesamt 3 Todesfälle in der Verum-Gruppe auf.
Für Brodalumab liegen keine Zulassungen für Kinder und Jugendliche vor.
IL12-/IL-23-Inhibitor: Ustekinumab
Das adaptive oder erworbene Immunsystem löst Entzündung unter anderem. über den gemeinsamen Signalweg aus, der von den
Interleukinen 12 und 23 (IL-12/IL-23)
vermittelt wird. IL-23 triggert die Entstehung sogenannter Th17-Zellen aus naiven Helferzellen, unterstützt von inflammatorischen Botenstoffen wie IL-17 und IL-22. Hingegen fördert IL-12 die Th1-Antwort mit Produktion von
Zytokinen wie γ-Interferon und Tumornekrosefaktor (Aggeletopoulou et al.
2018). Ustekinumab hemmt diesen inflammatorischen Signalweg.
Bei Ustekinumab handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen IgG1
Antikörper, der sich gegen die p40-
Untereinheit von IL-12 and IL-23 richtet. Dadurch wird die Bindung an den IL-12-Rezeptor (IL12Rβ1) auf NK, T und
antigenpräsentierenden Zellen verhindert. Ustekinumab hemmt außer IL-12 und IL-23 auch die IL-12-vermittelte Entzündung (STAT4, STAT3 Phosphorylierung, IL17A und F sowie IL22-Produktion) (Benson et al.
2011).
Ustekinumab kann intravenös oder subkutan verabreicht werden. Meist erfolgt die erste Gabe intravenös, dann subkutan entweder 45 mg (oder 90 mg), bei Kindern gewichtsadaptiert. Die Spritzabstände unterscheiden sich je nach Indikation: 8–12 Wochen (
Morbus Crohn bzw.
Psoriasis). Die maximale Serum-Konzentration wird nach 13,5 Tagen (7 Tagen) erreicht. Bis ein Therapieeffekt eintritt, können 3–6 Monate vergehen.
Zwei pädiatrische Wirksamkeits-Studien, davon eine placebokontrollierte existieren zur Plaque-Psoriasis: in einer herstellergesponserten Studie hatten ca. 70 % der Kinder in der Verum-Gruppe nach 12 Wochen noch „minimale Symptome“ verglichen mit 5 % in der Placebo-Gruppe (Landells et al.
2015). Zur
Psoriasis-Arthritis gibt es aktuell nur Daten zu Erwachsenen, die zeigen, dass etwa doppelt so viele Betroffene auf Ustekinumab (Zweitlinientherapie) ansprachen als auf Placebo (Ritchlin et al.
2014).
Unerwünschte Wirkungen
Mögliche unerwünschte Wirkungen sind Rötung an der Injektionsstelle oder allergische Reaktionen. Häufig wird von
Kopfschmerzen und Nasopharyngitis (1 von 20 Therapierten), seltener von Rücken- und Muskelschmerzen sowie Müdigkeit berichtet. Bei insgesamt 5884 Ustekinumab-behandelten Patienten aus 12 Studien traten unerwünschte Wirkungen nicht häufiger auf als bei der jeweiligen Placebo-Gruppe (Gosh et al.
2019). Aufgrund der zentralen Rolle von IL-12 für die Immunität gegenüber Mykobakterien und
Salmonellen ist es nicht überraschend, dass es zur Reaktivierung von Infektionen (TBC) und zu eine Infekthäufung kommt (Sandborn et al.
2018; Molinelli et al.
2016). Des Weiteren liegen Einzelberichte Hautkrebs und Leukenzephalopathie vor (Ehmann et al.
2012; Young und Czarnecki
2012; Gratton et al.
2011).