Diagnostische Intervention
Für diagnostische Zwecke gibt es die Wahl zwischen einer Punktion eines Lymphknotens (Stanzbiopsie oder Feinnadelpunktion) oder einer offen-chirurgischen bzw. laparoskopischen Lymphknotenexstirpation. Die Vor- und Nachteile sind im obenstehenden Abschnitt beleuchtet.
Neben der Notwendigkeit einer adäquaten Diagnosestellung bei malignitätssuspekter Lymphadenopathie im unteren Gastrointestinaltrakt gibt es auch Situationen, in denen eine (dringliche) Indikation zur operativen Therapie besteht. Neben der bereits besprochenen Möglichkeit einer operativen Lymphknotenexstirpation für diagnostische Zwecke (siehe 4.), geht es im Folgenden um Krankheitsbilder, die einer operativen Therapie bedürfen.
Therapeutische Intervention
Wenn es zur Operation bzw. zur Indikationsstellung einer Operation im Rahmen maligner Erkrankungen kommt, sollte zwischen kurativen und palliativen Situationen bzw. Therapiekonzepten unterschieden werden. Die operative Therapie unterscheidet sich dementsprechend in Indikationsstellung, Ausmaß und Zielsetzung.
Im Rahmen einer Operation bei malignen Erkrankungen sollte zwischen kurativen bzw. palliativen Situationen bzw. Therapiekonzepten unterschieden werden.
Insbesondere in der
palliativen Situation muss die Indikation für eine operative Therapie streng gestellt werden. Es geht primär darum, die
Lebensqualität des Patienten zu erhalten oder zu verbessern. Zeitgleich soll dabei die Belastung durch unerwünschte Nebeneffekte einer Operation wie Hospitalisierung, Infektionen, Schmerzen, eine Wundheilungsstörung oder eine Anastomoseninsuffizienz vermieden werden. Hier steht die Therapie von Komplikationen des Tumorleidens oder seiner Metastasen wie Tumor- bzw. Darmperforation, Schmerzen durch Nerveninfiltration,
Ileus durch Passagehindernisse oder auch Blutungen durch Gefäßinfiltrationen im Vordergrund.
In Bezug auf den unteren Gastrointestinaltrakt werden vor allem Situationen therapiert, bei denen es zu einer Stenose durch den Primärtumor oder seine Metastasen kommt. Hierbei kann der entsprechende Darmabschnitt entweder reseziert werden oder die Darmpassage durch die Anlage eines (endständigen) Stomas wiederhergestellt werden. Das Hauptziel ist dabei immer die Aufrechterhaltung einer Darmpassage und die Verhinderung eines
Ileus.
Insbesondere (Lymphknoten)Metastasen können retroperitoneal auch einen
Harnstau mit konsekutivem
Nierenversagen verursachen. Hier kann als urologische Therapieoption versucht werden, transuretral DJ-Schienen einzulegen. Sollte dies technisch nicht möglich sein, beispielsweise aufgrund einer Infiltration der Ureteren durch Metastasen oder auch Primarius, kann auch die perkutane Urinableitung mittels Anlage eines Nierenfistelkatheters notwendig werden.
Ein Sonderfall ist die untere Einflussstauung im Rahmen maligner Tumoren bzw. ihrer (Lymphknoten)Metastasen. In diesem Fall wird durch eine Kompression oder Infiltration der Vena cava inferior der venöse Rückstrom aus der unteren Extremität zum Herzen behindert oder vollständig gehemmt. Meist handelt es sich hierbei um einen Notfall, der einer zügigen Intervention in Form von (Notfall)Radiatio, Chemotherapie oder ggf. auch eines interventionellen Eingriffs am Gefäß (Stenting) bedarf.
Im
kurativen Ansatz ist die chirurgisch adäquate Lymphadenektomie in Kombination mit der radikalen R0-Resektion des Primarius nach wie vor einer der wichtigsten prognostischen Parameter chirurgisch therapierbarer solider Tumoren des unteren Gastrointestinaltraktes. Bei der kurativ intendierten Operation eines
Kolonkarzinoms geht es darum, den betroffenen Darmabschnitt mit dem gesamten Lymphabflussgebiet in der sog.
No-touch-Technik (nach Turnbull) oder auch en bloc zu entfernen. Das Ziel ist unter anderem, eine Dissemination maligner Zellen zu vermeiden. Dabei kann die operative Resektion sowohl offen-chirurgisch als auch laparoskopisch durchgeführt werden. Der Vorteil der laparoskopischen Operation ist neben einem besseren kosmetischen Ergebnis insbesondere ein geringerer Blutverlust sowie eine schnellere postoperative Erholung mit entsprechend früherer Entlassung aus dem Krankenhaus. Daneben ist der Vorteil einer offen-chirurgischen Operation die kürzere Operationszeit. Die Prognose bzw. onkologischen Langzeitergebnisse der beiden Verfahren sind dabei wahrscheinlich gleich (Ohtani et al.
2011). Bei der radikalen Operation des
Rektumkarzinoms mit TME (tiefe mesorektale Exzision) und tiefer Anastomose soll primär ein temporäres Deviationsstoma (Enterostoma) vorgeschaltet werden (S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom, Stand Januar
2019, Deutsche Krebsgesellschaft).
Ein weiteres Beispiel für Operationsindikationen bei maligner Lymphadenopathie
im Bereich des unteren Gastrointestinaltrakts ist unter anderem das (metastasierte)
Prostatakarzinom.
Bei der operativen Therapie des
Prostatakarzinoms mit niedrigem Risikoprofil (PSA <10 ng/ml, Gleason-Score <6, cT-Kategorie 1c) ist eine
Lymphadenektomie nicht zwingend erforderlich. Bei Prostatakarzinomen mit hohem Risikoprofil (PSA >20 ng/ml, Gleason-Score >8, cT-Kategorie 2c) besteht dahingegen die Empfehlung, im Rahmen der
radikalen Prostatektomie eine extendierte pelvine Lymphadenektomie durchzuführen. Je ausgedehnter eine Lymphadenektomie beim Prostatakarzinom erfolgt, desto höher ist die Rate an positiven Befunden und desto früher kann eine entsprechende
adjuvante Therapie eingeleitet werden, bei entsprechendem Nachweis einer lymphatischen Metastasierung (S3-Leitlinie Prostatakarzinom, Stand Mai
2019, Deutschen Krebsgesellschaft).
Durch neue zielgerichtete Diagnostik, bspw. mittels
68Ga-PSMA-PET-CT, können Rezidive bzw. Lymphknotenmetastasen
eines rezidivierten
Prostatakarzinoms zunehmend sicher identifiziert werden (siehe 3.5.). Eine anschließend auf der Bildgebung basierende Salvage-Lymphadenektomie der positiven Läsionen kann zumindest vorübergehend zu einem biochemischen Therapieansprechen führen (Ploussard et al.
2019). Aussagekräfte klinische Endpunkte sind hierbei noch unklar und bedürfen weiterer Untersuchungen, sodass noch keine entsprechende Empfehlung in die Leitlinie aufgenommen wurde.