Postoperative Nachblutungen stellen eine seltene, jedoch potenziell akut lebensbedrohliche Komplikation dar. Das Spektrum reicht von einer lediglich vorübergehend kosmetisch relevanten, oberflächlichen Einblutung, über punktionswürdige Hämatome in der Schilddrüsenloge, bis hin zum hypoxischen Hirnschaden und Erstickungstod. Für diese vital bedrohliche Komplikation ist weniger der akute Blutverlust, als vielmehr die Kompression und das Ödem der Halsweichteile verantwortlich. Die Häufigkeit wird in der Literatur zwischen 0 % und 6,5 % angegeben (Promberger et al.
2012). Im Rahmen der multizentrischen PETS-I- und PETS-II-Studie betrug die Rate revisionspflichtiger Nachblutung 2,7 % bzw. 1,7 % (Lorenz et al.
2015), in einer aktuellen Auswertung der AOK-Krankenversicherungsdaten von mehr als 60.000 Patienten 1,8 % (Maneck et al.
2017). Im Gegensatz zu anderen Komplikationen in der Schilddrüsenchirurgie, deren Häufigkeit in den letzten Jahren durch operationstechnische
Hilfsmittel und standardisierte Operationstechniken verringert werden konnte, ist die Nachblutungsrate über die letzten Jahrzehnte weitgehend konstant. Auch durch den Einsatz neuer Instrumente zur Gefäßversiegelung und die Verwendung von Titanclips konnte die Nachblutungsrate nicht signifikant reduziert werden. Weiterhin zeigt sich im Hinblick auf die Nachblutungsrate keine typische Volume-Outcome-Korrelation (Maneck et al.
2017). Untersuchungen zu Folgeschäden des Revisionseingriffes bei Nachblutungen zeigen eine tendenziell erhöhte Rate permanenter Paresen, eine deutlich erhöhte Tracheotomierate sowie eine Verdoppelung der Mortalität verglichen mit Schilddrüsenoperationen ohne Blutungskomplikation. Da nicht tödlich verlaufende, aber dennoch schwerwiegende Folgeschäden, wie eine hypoxische Hirnschädigung, nicht systematisch erfasst werden, wird das statistisch geringe Blutungsrisiko eher unterschätzt und verharmlost (Lorenz et al.
2015).