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DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Marius M. Hoeper und Karen M. Olsson
Publiziert am: 23.07.2016

Akute Lungenembolie

Die akute Lungenembolie ist in der Mehrzahl der Fälle die Folge einer venösen Thromboembolie, der Einschwemmung von Thrombusmaterial in die Lungenstrombahn. Lungenembolien anderer Genese, z. B. durch Fremdsubstanzen, Tumorgewebe oder Fruchtwasser, werden hier nicht behandelt.

Definition

Die akute Lungenembolie ist in der Mehrzahl der Fälle die Folge einer venösen Thromboembolie, der Einschwemmung von Thrombusmaterial in die Lungenstrombahn. Lungenembolien anderer Genese, z. B. durch Fremdsubstanzen, Tumorgewebe oder Fruchtwasser, werden hier nicht behandelt.

Pathophysiologie

Die Mehrzahl der venösen Thromboembolien stammt aus den Venen der unteren Extremitäten. Die Risikofaktoren sind höheres Alter, Immobilisation, größere Verletzungen, Operationen (v. a. orthopädische Eingriffe an Knien, Hüften und Rücken), maligne Erkrankungen, familiäre bzw. genetische Disposition, Übergewicht, Schwangerschaft und die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva.
Selbst Thrombosen kleiner Muskel- oder Unterschenkelvenen können zu Lungenembolien führen, allerdings verlaufen diese meist blande bzw. bleiben unbemerkt. Kleinere, periphere Lungenembolien können zu entzündlichen Veränderungen der betroffenen Lungenabschnitte führen, die sich klinisch durch Husten, Hämoptysen, Fieber und pleuritische Beschwerden bemerkbar machen. Thrombosen, die sich proximal der V. poplitea ausdehnen, gehen häufiger mit symptomatischer Lungenembolie einher. Werden größere Anteile der Lungenstrombahn verlegt, kann es zu einer akuten Rechtsherzbelastung kommen. Die Adaptionsfähigkeit des rechten Ventrikels ist individuell unterschiedlich und hängt u. a. von Alter und Vorerkrankungen ab. Wenn der rechte Ventrikel nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Blut auszuwerfen, um die Füllung des linken Herzens zu gewährleisten, kommt es zum kardiogenen Schock und – unbehandelt – zum Tod durch Rechtsherzversagen.

Epidemiologie

Die jährliche Inzidenz der akuten Lungenembolie wird auf 100–200 Fälle pro 100000 Einwohner geschätzt. Damit ist die Lungenembolie global ein wesentlicher Morbiditäts- und Mortalitätsfaktor. Genaue Angaben zur Inzidenz sind schwierig zu erheben, da die Lungenembolie oft nicht erkannt wird; sei es, weil sie klinisch asymptomatisch verläuft oder weil sie zu einem plötzlichen Herztod führt. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung der Bevölkerung mit gleichzeitiger Zunahme prädisponierender Faktoren (s. o.) dürfte die Häufigkeit der venösen Thromboembolie in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Klinik

Bei einer typischen Risikokonstellation (s. o.) und klassischer Symptomatik mit akut einsetzenden Thoraxschmerzen, Dyspnoe und Vorliegen von Thrombosezeichen ist die Diagnose einer akuten Lungenembolie nahe liegend. Allerdings sind die klinischen Symptome häufig uncharakteristisch. Dyspnoe findet sich nur bei 50 % aller Patienten mit Lungenembolie, pleuritische Thoraxschmerzen bei 39 % und retrosternale Thoraxschmerzen lediglich bei 15 %. Fieber, Hämoptysen oder Synkopen treten in weniger als 10 % der Fälle auf. Nur 10–20 % aller Patienten mit akuter Lungenembolie haben klinische Zeichen einer Venenthrombose.
Aus diesen Gründen wird die venöse Thromboembolie nach wie vor oft nicht als solche erkannt. Allerdings gibt es praktikable diagnostische Algorithmen, die in zahlreichen klinischen Studien entwickelt und validiert wurden, die es ermöglichen eine Lungenembolie mit hoher Sicherheit nachzuweisen bzw. auszuschließen. Diese werden im Folgenden dargestellt.

Diagnostik

Vorgehen

Das diagnostische Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf akute Lungenembolie richtet sich entscheidend nach der hämodynamischen Stabilität. Patienten im Schock erfordern ein anderes Vorgehen als hämodynamisch stabile Patienten (s. u.).
Patienten mit hoher klinischer Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie sollten zu Beginn der Diagnostik eine parenterale Antikoagulation erhalten, z. B. unfraktioniertes Heparin 5000 IE subkutan.
Das diagnostische Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf akute Lungenembolie ist in Abb. 1a und b dargestellt.

Basisdiagnostik bei unklaren Beschwerden

Röntgenthorax
Bei akuter Lungenembolie meist unauffällig; das „Westermark-Zeichen“, eine Rarefizierung der Lungengefäße in den betroffenen Abschnitten, ist in weniger als 10 % der Fälle vorhanden.
EKG
Potenziell auffällig bei Vorliegen einer Rechtsherzbelastung; dann Sinustachykardie (selten neu aufgetretenes Vorhofflimmern), Rechtsachsenabweichung bzw. Sagittaltyp, neu aufgetretener Rechtsschenkelblock (<10 % aller Fälle) und ST-Streckenveränderungen in den Ableitungen V1–V4.
Sauerstoffsättigung bzw. arterielle Blutgasanalyse
Hypoxämie in 50–60 % aller Fälle; etwa die Hälfte aller Patienten mit akuter Lungenembolie ist normoxämisch. Der arterielle pCO2 ist infolge Hyperventilation oft moderat erniedrigt.

Festlegung der klinischen Wahrscheinlichkeit

Ein strukturiertes diagnostisches Vorgehen erfordert die Festlegung der klinischen Wahrscheinlichkeit. Diese ergibt sich aus der Risikokonstellation und der Präsentation des Patienten. Häufig verwendet werden der vereinfachte Wells-Score bzw. der vereinfachte Geneva-Score. Exemplarisch wird in Tab. 1 der vereinfachte Wells-Score dargestellt.
Tab. 1
Vereinfachter Wells-Score zur Festlegung der Wahrscheinlichkeit einer akuten Lungenembolie
Faktor
Punktwert (1 Punkt, wenn vorhanden, ansonsten 0 Punkte)
Vorangegangenes thromboembolisches Ereignis
0/1
Herzfrequenz ≥ 100/min
0/1
Operation oder anderweitige Immobilisation in den letzten 4 Wochen
0/1
0/1
Aktive Tumorerkrankung
0/1
Klinische Zeichen einer Phlebothrombose
0/1
Lungenembolie wahrscheinlicher als alternative Diagnosen
0/1
Entscheidung nach Score
Lungenembolie unwahrscheinlich
0–1
Lungenembolie wahrscheinlich
≥2

D-Dimere

D-Dimere sind Abbauprodukte vernetzten Fibrins, die bei Gerinnungsprozessen entstehen. Der Nachweis negativer bzw. nicht erhöhter D-Dimere schließt eine venöse Thromboembolie mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Allerdings liegt der negativ prädiktive Wert nicht bei 100 % sondern bei ca. 95 %, d. h. dass in seltenen Fällen eine Lungenembolie trotz normaler D-Dimere-Werte vorliegen kann. Auf der anderen Seite ist die Spezifität der D-Dimere gering, da diese u. a. bei Traumen, Operationen, schweren Infektionen, Tumorleiden und während der Schwangerschaft erhöht sind. Bei Vorliegen dieser Faktoren sind D-Dimere diagnostisch wenig hilfreich.
Die größte diagnostische Bedeutung haben D-Dimere bei Patienten mit niedriger Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie (s. o.). Hier erlaubt der Nachweis normaler Werte den Ausschluss einer venösen Thromboembolie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (ca. 99 %), sodass bei dieser Konstellation keine weitere Diagnostik in diese Richtung erforderlich ist. Bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit sollte ob der Möglichkeit falsch-negativer D-Dimere in jedem Fall eine weiterführende Diagnostik erfolgen.
Als Grenzwert für die D-Dimere wurden in der Vergangenheit einheitlich 500 μg/L angegeben. Nach neueren Studien werden nun altersadaptierte Grenzwerte bevorzugt. Bis zu einem Alter von 50 Jahren gilt weiterhin der o. g. Grenzwert. Bei älteren Patienten wird der individuelle Grenzwert nach der Formel Alter × 10 μg/L bestimmt, d. h. ein 80-jähriger Patient hat einen Grenzwert von 800 μg/L. Mit dieser Anpassung verlieren die D-Dimere nichts von ihrem negativ prädiktiven Wert, während die Ausschlusswahrscheinlichkeit deutlich erhöht wird (von < 10 % auf ca. 30 %).

Bildgebung

CT-Angiographie
Seit Einführung der Mehrzeilentechnik Standard der Lungenembolie-Diagnostik. Bei hinreichender Qualität sicherer Nachweis bzw. Ausschluss einer Lungenembolie mit falsch-negativen Befunden in ≤1 %. Liefert außerdem Informationen über das Vorliegen einer Rechtsherzbelastung und ggf. weiterführende bzw. alternative Diagnosen (z. B. Aortendissektion, Ösophagusruptur).
Ventilations-/Perfusionsszintigraphie
Insbesondere in SPECT („single photon emission computed tomography“)-Technik eine valide Alternative zur CT-Diagnostik, z. B. bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz, Kontrastmittelunverträglichkeit oder manifester Hyperthyreose.
Kernspintomographie
Wird seit Jahren als strahlenfreie Alternative zur CT-Diagnostik diskutiert. Auflösung jedoch ab Segment-/Subsegmentebene noch unzureichend. Im Vergleich zur CT schlechtere allgemeine und unmittelbare Verfügbarkeit, längere Untersuchungszeiten und höhere Kosten. Somit bis heute kein Standardverfahren zur Diagnostik der Lungenembolie.
Pulmonalisangiographie
Kein Standardverfahren mehr; heute allenfalls in Verbindung mit Interventionen (z. B. Katheterfragmentation) eingesetzt.
Echokardiographie
Dient v. a. dem Nachweis einer akuten Rechtsbelastung; selten Embolusanteile im Herz bzw. im Pulmonalisstamm direkt darstellbar.
Kompressionsultraschall der Extremitäten
Dient dem Nachweis einer Emboliequelle und kann als Alternative zur Bildgebung der Lungengefäße eingesetzt werden. Der Nachweis einer Phlebothrombose bei Embolie-typischer Klinik sichert die Diagnose. Gerade bei schwangeren Patientinnen eine häufig eingesetzte diagnostische Strategie, die im Sinn der Strahlenhygiene breiter eingesetzt werden sollte.
Cave: Der Ausschluss einer Phlebothrombose schließt das Vorliegen einer Lungenembolie keinesfalls aus, d. h. bei Patienten mit Lungenembolie-Symptomen ist nur ein positiver Befund diagnostisch verwertbar.

Differenzialdiagnostik

Die Differenzialdiagnose der akuten Lungenembolie hängt von den Leitsymptomen ab. Eine Auswahl ist im Folgenden dargestellt. Je nach klinischer Präsentation kommt eine Vielzahl weiterer Differenzialdiagnosen in Betracht.

Risikoabschätzung

Nach Diagnose einer Lungenembolie ist die Risikoabschätzung entscheidend für das therapeutische Vorgehen. Die Einteilung erfolgt entsprechend der erwarteten 30-Tagessterblichkeit in eine niedrige, intermediäre oder hohe Risikokategorie. Hämodynamisch instabile Patienten fallen automatisch in die hohe Risikokategorie. Für hämodynamisch stabile Patienten werden klinische Parameter, Bildgebung und Biomarker verwendet, um das individuelle Risiko abzuschätzen. Hämodynamisch stabile Patienten ohne Zeichen der Rechtsherzbelastung haben ein niedriges Risiko (30-Tage-Letalität ca. 1 %), während hämodynamisch stabile Patienten mit Zeichen der Rechtsherzbelastung ein intermediäres Risiko haben (30-Tage-Letalität 10–20 %).
Klinisch wird zumeist der vereinfachte „pulmonary embolism severity index“ (sPESI) eingesetzt (Tab. 2). Das Vorliegen einer Rechtsherzbelastung wird mittels Bildgebung (Echokardiographie, CT-Angiographie) sowie den Biomarkern Troponin und BNP bzw. NT-proBNP bestimmt.
Tab. 2
Der vereinfachte „pulmonary embolism severity index“ (sPESI)
Faktor
Punktwert (1 Punkt, wenn vorhanden, ansonsten 0 Punkte)
Alter > 80 Jahre
0/1
Aktives Tumorleiden
0/1
Chronische Herz- oder Lungenerkrankung
0/1
Herzfrequenz ≥ 110/min
0/1
Systolischer Blutdruck < 100 mmHg
0/1
Sauerstoffsättigung < 90 %
0/1
Entscheidung nach Score
Niedriges Risiko: 30-Tagessterblichkeit 1,0 % (95-%-CI: 0,0–2,1 %)
0
Erhöhtes Risiko (30-Tagessterblichkeit 10,9 % (95-%-CI: 8,5–13,2 %)
≥1
Die Abschätzung des individuellen Risikos ist in Tab. 3 zusammengefasst.
Tab. 3
Risikoabschätzung bei Patienten mit akuter Lungenembolie
Risikokategorie
Schock oder anhaltende Hypotension
sPESI ≥ 1 und/oder Zeichen der Rechtsherzbelastung (Bildgebung, Biomarker)*
Niedriges Risiko
-
-
Intermediäres Risiko
-
+
Hohes Risiko
+
+
*In der Bildgebung kommen die CT-Angiographie und die Echokardiographie zum Einsatz; Biomarker sind Troponin sowie BNP/NT-proBNP
sPESI simplified pulmonary embolism severity index

Therapie

Supportive Maßnahmen

Diese orientieren sich an den Symptomen des Patienten. Sauerstoff, Analgetika, Sedativa und Kreislaufunterstützung werden entsprechend des individuellen Bedarfs eingesetzt. Bettruhe wird nur noch bei hämodynamisch instabilen Patienten empfohlen.

Hämodynamisch stabile Patienten

Diese Patienten werden konsequent antikoaguliert. Eine rekanalisierende Therapie (s. u.) wird zunächst nicht empfohlen. Dies gilt ausdrücklich auch für Patienten mit intermediärem Risiko. Die Antikoagulation kann primär mit unfraktioniertem Heparin, niedermolekularen Heparinen, Fondaparinux oder neuen oralen Antikoagulantien (NOAC) begonnen werden (Tab. 4). Unfraktioniertes Heparin ist weniger zuverlässig als die anderen Präparate und sollte besonderen Situationen vorbehalten bleiben (z. B. hohes Blutungsrisiko, stark eingeschränkte Nierenfunktion mit einer glomerulären Filtrationsrate <20 ml/min, geplante Operation bzw. Intervention). Bei Therapiebeginn mit niedermolekularen Heparinen oder Fondaparinux kann im Verlauf auf ein orales Antikoagulanz, also einen Vitamin-K-Antagonisten oder ein NOAC, umgestellt werden. Bei Patienten mit niedrigem Risiko ist eine primär ambulante Therapie möglich.
Tab. 4
Antikoagulanzien zur Initialtherapie der akuten Lungenembolie
Wirkklasse
Applikation
Substanz
Dosierung (initial)
Heparin, unfraktioniert
Intravenös oder subkutan
Heparin (diverse)
Üblicherweise Bolus, z. B. 5000 IE gefolgt von kontinuierlicher Infusion, 2-fache PTT-Verlängerung
Heparin, niedermolekular
Subkutan
Enoxaparin
1,0 mg/kg alle 12 h
  
Tinzaparin
175 U/kg alle 24 h
  
Dalteparin
100 IU/kg alle 12 h oder 150–200 IU/kg alle 24 h
Pentasaccharid
Subkutan
Fondaparinux
Je nach Körpergewicht 5–10 mg alle 24 h
DOAC/NOAC*
Oral
Rivaroxaban
2 × 15 mg/Tag für 21 Tage, gefolgt von 1 × 20 mg/Tag
 
Oral
Apixaban
2 × 5 mg/Tag
*Weitere Substanzen aus dieser Gruppe: Dabigatran, Edoxaban; diese wurden in klinischen Studien bei Patienten mit akuter Lungenembolie erst nach Therapiebeginn mit niedermolekularen Heparinen eingesetzt.
PTT partielle Thromboplastinzeit, DOAC direkte orale Antikoagulanzien, NOAC neue orale Antikoagulanzien

Hämodynamisch instabile Patienten

Patienten mit anhaltender Hypotension und/oder Schock müssen intensivmedizinisch betreut werden, sofern nicht allgemeine prognostische Erwägungen dagegen sprechen, z. B. bei Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen. Neben supportiven Maßnahmen (s. o.) und Antikoagulation ist eine rekanalisierende Therapie indiziert. Üblicherweise wird eine fibrinolytische Therapie eingeleitet. Eine derartige Therapie gilt als kontraindiziert bei Patienten mit aktiver und bedrohlicher Blutung bzw. bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko. Allerdings bleibt die Fibrinolyse bei vitaler Indikation immer eine Einzelfallentscheidung mit sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko, zumal auch die alternativen Therapieoptionen (s. u.) mit einem erhöhten Blutungsrisiko assoziiert sind.
Weitere Therapieoptionen bei hämodynamisch instabilen Patienten sind die chirurgische Embolektomie (Trendelenburg-Operation) und katheterbasierte Verfahren, die naturgemäß Zentren vorbehalten bleiben, die über entsprechend ausgerüstete Abteilungen verfügen. Katheterbasierte Verfahren wurden und werden gerne propagiert, nicht selten auch durch Produkthersteller, aber bislang konnte kein überzeugender Wirksamkeitsnachweis gegenüber konventionellen Therapien erbracht werden. Gleichzeitig sind Katheterinterventionen bei instabilen Patienten mit einem hohen Risiko assoziiert, sodass sie derzeit eher zurückhaltend und als Ultima Ratio eingesetzt werden sollten.
Viele Zentren sind mittlerweile dazu übergegangen, hämodynamisch instabile Patienten mit akuter Lungenembolie passager mit einer veno-arteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (VA-ECMO) zu versorgen. Mithilfe der VA-ECMO lassen sich diese Patienten unmittelbar stabilisieren, sodass Zeit gewonnen wird, bis die Lungenstrombahn soweit rekanalisiert ist, dass eine reguläre Zirkulation wieder möglich ist. In vielen Fällen ist dies unter alleiniger Antikoagulation nach wenigen Tagen der Fall. Mehrere Zentren in Deutschland haben mittlerweile mobile ECMO-Teams, die eine Primärversorgung instabiler Patienten auch außerhalb dieser Zentren ermöglichen.

Dauer der Antikoagulation

Nach „provozierter“ Lungenembolie, also bei Patienten mit definierten und reversiblen Auslösern wie Trauma, Operation, Schwangerschaft etc. sollte in der Regel für 3–6 Monate antikoaguliert werden. Bei anhaltendem Risiko, z. B. bei malignen Erkrankungen wird die Antikoagulation unter regelmäßiger Nutzen-Risiko-Abwägung unbegrenzt fortgesetzt. Offen bleibt die Frage der Antikoagulationsdauer bei Patienten mit einer erstmalig aufgetretenen „unprovozierten“ Lungenembolie, d. h. ohne dass ein Auslöser identifiziert werden konnte. Viele Experten empfehlen auch bei diesen Patienten eine unbefristete Antikoagulation, dem aber unter konventioneller Therapie ein jährliches Risiko für klinisch-relevante Blutungen von etwa 1 % gegenübersteht. Möglicherweise bieten einzelne NOAC hier neue Optionen. Für Apixaban konnte beispielsweise gezeigt werden, dass eine Langzeittherapie in reduzierter Dosis (2 × 2,5 mg/Tag gegenüber der Initialdosis von 2 × 5 mg/Tag) das Risiko einer Rezidiv-Lungenembolie in gleichem Maß senkte wie die Dosis von 2 × 5 mg/Tag, während das Blutungsrisiko deutlich geringer war und sich auf Placeboniveau bewegte.

Vena-cava-Filter

Vena-cava-Filter werden zunehmend zurückhaltend eingesetzt. Verbliebene Indikationen: Patienten mit venöser Thromboembolie, bei denen eine Antikoagulation nicht möglich ist und Rezidiv-Lungenembolien auftreten, trotz dokumentiert adäquater Antikoagulation. Auch temporäre Cava-Filter bei Hochrisiko-Patienten haben in kontrollierten Studien keinen Nutzen gezeigt.

Verlauf und Prognose

In der Mehrzahl der Fälle kommt es nach einer akuten Lungenembolie unter adäquater Therapie zu einer raschen klinischen Besserung. Die Rekanalisierung der Lungenstrombahn ist allerdings nicht immer vollständig. In seltenen Fällen (1–4 %) entwickelt sich eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie, die an anderer Stelle besprochen wird (Kap. Pulmonale Hypertonie).
Literatur
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