Skip to main content
DGIM Innere Medizin
Info
Verfasst von:
Michael Scheurlen
Publiziert am: 06.10.2018

Akute mesenteriale Ischämie

Bei der akuten mesenterialen Ischämie handelt es sich um eine innerhalb eines kurzen Zeitraums auftretende arterielle oder venöse Durchblutungsstörung des Darms, die durch lokale Kollateralen nicht mehr kompensiert werden kann und zu einer passageren oder dauerhaften Schädigung bzw. einer Zerstörung des Gewebes im dem Gefäßverschluss vor- bzw. nachgeschalteten Darmabschnitt führt. Entsprechend der Ursache und Lokalisation des Gefäßverschlusses fasst der Oberbegriff „akute mesenteriale Ischämie“ vier pathophysiologisch unterschiedliche Krankheitsbilder zusammen: die akute Mesenterialvenenthrombose, die akute mesenteriale Embolie, die akute Mesenterialarterienthrombose, die nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI).

Definition

Bei der akuten mesenterialen Ischämie handelt es sich um eine innerhalb eines kurzen Zeitraums auftretende arterielle oder venöse Durchblutungsstörung des Darmes, die durch lokale Kollateralen nicht mehr kompensiert werden kann und zu einer passageren oder dauerhaften Schädigung bzw. einer Zerstörung des Gewebes im dem Gefäßverschluss vor- bzw. nachgeschalteten Darmabschnitt führt.
Entsprechend der Ursache und Lokalisation des Gefäßverschlusses umfasst der Oberbegriff „akute mesenteriale Ischämie“ vier pathophysiologisch unterschiedliche Krankheitsbilder:
  • Akute mesenteriale Embolie
  • Akute Mesenterialarterienthrombose
  • Nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI)
Die ischämische Kolitis als Sonderform der mesenterialen Ischämie wird im Kap. „Ischämische Kolitis“ behandelt.

Pathophysiologie

In Ruhe nimmt das mesenteriale Stromgebiet etwa 25 % des Herzzeitvolumens auf. In kritischen Situationen, in denen die Perfusion anderer Organe vordringlich gesichert werden muss, kann die mesenteriale Perfusion als ein physiologischer Kompensationsmechanismus zugunsten dieser Organe abgesenkt werden. Durch Vasokonstriktion und Umverteilung reduziert der Organismus (z. B. bei starker körperlicher Belastung oder im Rahmen eines Schockgeschehens) die intestinale Durchblutung erheblich, ohne dass der Darm geschädigt wird. Unter extremen Bedingungen können diese Kompensationsmechanismen jedoch derart überfordert werden, dass es allein durch eine mesenteriale Vasokonstriktion zu einer kritischen Darmischämie mit Gewebeuntergang kommt. Dieses Krankheitsbild wird als nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI) bezeichnet.
Aufgrund der ausgeprägten Kollateralenbildung zwischen verschiedenen Ästen der Aa. mesentericae superior und inferior kann bei peripher (darmwandnah) gelegenen Gefäßverschlüssen die Versorgung des Gewebes aufrechterhalten werden. Die Perfusion von Rektum und Duodenum wird zudem durch eine Versorgung aus Blutgefäßen von außerhalb des mesenterialen Stromgebietes sichergestellt. Zu einer kritischen Ischämie des Darms kommt es bei akuter arterieller Durchblutungsstörung somit entweder durch den Verschluss eines zentralen Mesenterialgefäßes oder durch multiple peripher gelegene Verschlüsse (z. B. mehrere kleinere Emboli).
Wird der für die Versorgung des nachgeschalteten Darms erforderliche Blutfluss unterschritten, kommt es zur ischämischen Schädigung des Organs. Sie beginnt in ihrem zeitlichen Ablauf luminal an der Schleimhaut und schreitet transmural bis zur serosalen Seite des Darms fort. Je nach Ausmaß der Ischämie (partiell bzw. komplett), ihrer Dauer (passager oder anhaltend) und der Möglichkeit einer Sekundärversorgung der betroffenen Darmabschnitte durch Kollateralisierung kommt es zu einem vorübergehenden, überwiegend mukosalen Schaden (selbstlimitierende Enteritis mit Restitutio ad integrum), einer tiefer gehenden passageren Schädigung der Darmwand mit nachfolgender Defektheilung, z. B. durch eine Stenosebildung, oder einer irreversiblen Zerstörung durch einen transmuralen Darminfarkt mit Gangrän des betroffenen Darmabschnitts. Diese Gangrän führt zur Perforation und verläuft tödlich, wenn der nekrotische Darmabschnitt nicht rechtzeitig operativ entfernt wird.
In der Pathophysiologie der Mesenterialvenenthrombose ist wie bei anderen venösen Verschlusskrankheiten die Virchow‘sche Trias (Stase, Epithelschädigung und Hyperkoagulabilität) relevant. Das Ausmaß der Organschädigung im Abflussgebiet der thrombosierten Gefäße hängt sowohl von der Größe der Thrombose ab als auch von der Geschwindigkeit ihres Fortschreitens und damit der Möglichkeit, dass sich noch Umgehungskreisläufe bilden können.
Deshalb muss bei Patienten mit Mesenterialvenenthrombose nach einer möglicherweise zugrunde liegenden (kongenitalen oder erworbenen) Störung der Hämostase mit Thrombophilie, einer Leberzirrhose mit portalem Hochdruck und konsekutiver Verlangsamung des Blutflusses in der zuführenden portalen Zirkulation und einer entzündlichen, neoplastischen oder posttraumatischen intraabdominellen Erkrankung gesucht werden (Details s. Tab. 1).
Tab. 1
Prädisponierende Erkrankungen und Risikofaktoren für eine akute mesenteriale Ischämie
Erkrankung
Risikofaktoren
Mesenterialarterienembolie
Rhythmusstörungen (Vorhofflimmern)
Myokardiale Kontraktionsstörungen
Kunstklappe ohne adäquate Antikoagulation
Zustand nach Kardioversion
Frühere oder synchrone Embolien
Mesenterialarterienthrombose
Gefäßerkrankungen mit entsprechendem Risikoprofil
Generalisierte Arteriosklerose
Aortenaneurysma
Selten: Gerinnungsstörungen
Selten: Malignome
Selten: Vaskulitiden
Nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI)
Schock (kardiogen, Volumenmangel, septisch etc.)
Vasokonstringierende Medikamente
Mesentarialarterienthrombose
Erbliche Thrombophilien:
 • Antithrombin-III-Mangel
 • Faktor V-Leiden-Mutation
 • Hyperfibrinogenämie
 • Protein-C-Mangel
 • Protein-S-Mangel
Erworbene Thrombophilien und systemische Hyperkoagulabilität:
 • Antiphospholipid-Antikörper
 • Myeloproliferative Erkrankungen (Jak2-V617F-Mutation!)
 • Orale Kontrazeptiva
 • Schwangerschaft
Intraabdominelle Ursachen:
 • Leberzirrhose
 • Chronisch-entzündliche Darmerkrankung
 • Intraabdominale Infektionen
 • Bauchtrauma

Epidemiologie

Die Inzidenz der akuten mesenterialen Ischämie steigt mit dem Lebensalter an; jenseits des 70. Lebensjahres ist sie für etwa 10 % der Fälle eines akuten Abdomens verantwortlich. Eine retrospektive Analyse aus Malmö ergab für den Zeitraum von 1970–1982 eine jährliche Inzidenz der akuten mesenterialen Ischämie von ca. 13 Fällen/100.000 Personen.
In etwa zwei Drittel der Fälle einer akuten mesenterialen Ischämie liegt ein akuter okklusiver Verschluss der Arteria mesenterica superior oder ihrer Äste vor, wobei eine Embolie häufiger ist als eine Thrombose (Verhältnis etwa 1,4:1). Die akute Mesenterialvenenthrombose und die nonokklusive mesenteriale Ischämie sind mit jeweils ca. 15 % der Fälle deutlich seltener.
Die Letalität der akuten mesenterialen Ischämie beträgt nach wie vor ca. 50 %, wobei die akute Mesenterialvenenthrombose die günstigste Prognose hat. Die höchste Letalität besitzt die nonokklusive mesenteriale Ischämie, da dieses Ereignis nahezu immer Folge schwerer Komorbiditäten ist, die die Prognose bestimmen. Allerdings weisen Daten aus schwedischen Langzeituntersuchungen darauf hin, dass in den letzten 50 Jahren die Krankenhausletalität bei thromboembolischem Verschluss der Arteria mesenterica superior um etwa ein Drittel gesunken ist. Dies ist vor allem die Folge einer verbesserten und rascheren Diagnostik; die frühzeitige Durchführung einer Multidetektor-Computertomografie des Abdomens konnte als signifikanter prognostischer Faktor für ein Überleben identifiziert werden.

Klinik

Okklusive mesenteriale Ischämie

Thromboembolische Verschlüsse von Mesenterialgefäßen treten überwiegend bei Personen mit vorbestehenden kardialen Erkrankungen auf. Quelle mesenterialer Embolien ist meistens das Herz (bei Vorhofflimmern oder bei Wandbewegungsstörungen mit intraventrikulärer Thrombenbildung). Die akute Mesenterialarterienthrombose entsteht meistens auf dem Boden einer generalisierten Arteriosklerose, die sich auch in anderen Gefäßen manifestieren kann (als koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlusskrankheit etc.).
Ein akuter mesenterialer Gefäßverschluss kann durch vorbestehende Kollateralen kompensiert werden, wenn die Obstruktion in der Peripherie des Gefäßbaumes gelegen ist. Damit bestimmen die Lokalisation der Obstruktion, die individuelle Anatomie des mesenterialen Gefäßsystems und der Zustand desselben (Arteriosklerose) die Prognose. Ein Gefäßverschluss oberhalb des Abgangs der Arteria ileocolica führt zu einer Minderperfusion im größten Teil des Dünndarms und kann nicht mehr kompensiert werden, sodass es ohne unverzügliche therapeutische Maßnahmen zu einem Absterben des betroffenen Darmanteils kommt.
Der akute arterielle mesenteriale Gefäßverschluss ist durch einen mehrphasigen Verlauf gekennzeichnet: Erstes Symptom sind starke Bauchschmerzen, die schlagartig und ohne Prodromi beginnen und im Verlauf zunächst weiter zunehmen. Als Folge einer initialen Hyperperistaltik kann es zu raschen Stuhlentleerungen kommen, oft auch zu Erbrechen. Da der Mesenterialarterienthrombose in der Regel eine fortgeschrittene lokale Arteriosklerose zugrunde liegt, die bereits zu Kollateralenbildung geführt haben kann, ist hier der Beginn der Symptomatik oft weniger dramatisch; intermittierende Bauchschmerzen („Angina abdominalis“) können in diesen Fällen schon über mehrere Tage bis Wochen zuvor bestanden haben.
Der Initialphase mit starken Bauchschmerzen und intestinaler Hyperperistaltik ohne Ileuszeichen und ohne Peritonismus schließt sich nach etwa 6–7 Stunden ein mehrstündiges symptomarmes Intervall an, in dem der Schmerz nachlässt und die Darmperistaltik sistiert, sodass das Bild des paralytischen Ileus in den Vordergrund tritt. Wenn die Patienten in dieser Phase im Krankenhaus ankommen, können der Ernst des Krankheitsbildes zunächst unterschätzt und die Diagnosestellung verzögert werden. Im Verlauf dieser beschwerdearmen Phase kommt es allerdings zum progredienten Zusammenbruch der intestinalen Mukosabarriere, dem Einstrom von Flüssigkeit aus den Gefäßen ins Darmlumen und einer Hämokonzentration mit Blutdruckabfall und Kreislaufinsuffizienz.
In der Spätphase der Erkrankung, jenseits von etwa 12 Stunden nach Eintreten des Gefäßverschlusses, wird das Bild von der transmuralen Nekrose des Darms mit wieder zunehmenden Schmerzen, Ileus und Peritonismus bestimmt.

Nonokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI)

Pathogenetisch ist die NOMI meistens Folge einer kritischen Minderung der kardialen Auswurfleistung und kompensatorisch einer ausgeprägten Vasokonstriktion im arteriellen Stromgebiet des Darms als Versuch des Körpers, die Perfusion unmittelbar lebenswichtiger Organe auf Kosten der intestinalen Durchblutung aufrecht zu erhalten. Damit liegt bei diesen Patienten eine prädisponierende schwere Grunderkrankung vor (Zustand nach kardiovaskulärer Chirurgie, langfristige Hämodialysebehandlung, selten Medikamente wie Digitalis oder Vasopressinanaloga). Klinisch ähnelt der Verlauf bei bewusstseinsklaren Patienten denjenigen der okklusiven Formen. Bei intensivmedizinisch behandelten, intubierten und sedierten Patienten wird die Initialsymptomatik verschleiert, sodass erst die Symptome der mittleren und späten Phase der Erkrankung (Ileus, Flüssigkeitseinstrom in die Darmschlingen mit Distension derselben und Volumenmangel, laborchemische Entzündungszeichen, Azidose) zur Diagnosestellung führen.

Akute Mesenterialvenenthrombose

Die akute Mesenterialvenenthrombose kann in großen pfortadernahen Gefäßen entstehen und von dort aus in die Peripherie fortschreiten oder sich von einem Beginn in kleinen peripheren Venen zentripetal in größere Gefäße ausdehnen. Ileum und Jejunum sind etwa gleich häufig von der akuten Mesenterialvenenthrombose betroffen. Eine Beteiligung des Kolons ist selten, des Duodenums eine Rarität. Das Risiko einer Infarzierung des Dünndarms ist größer, wenn sich die Thrombose von der Peripherie zentripetal in Richtung auf die Pfortader ausbreitet. Unabhängig von der – meistens noch erhaltenen – arteriellen Perfusion tritt eine kritische Ischämie und konsekutive transmurale Nekrose des Dünndarms dann auf, wenn eine darmnahe venöse Kollateralisierung nicht mehr möglich ist.
Die klinische Symptomatik ähnelt derjenigen bei den arteriellen Perfusionsstörungen. In Abhängigkeit von Ausmaß und Lokalisation der akuten Thrombose kommt es zu mehr oder weniger starken Bauchschmerzen, initial ohne Peritonismus. Entsprechend der sich häufig zunächst über einen längeren Zeitraum ausbreitenden Thrombosierung können Bauchschmerzen bereits für mehrere Tage bestanden haben.

Diagnostik

Die Diagnose muss möglichst frühzeitig gestellt werden, damit akut minderperfundierte, aber noch nicht nekrotische Darmabschnitte gerettet werden können. Voraussetzung hierfür ist der klinische Verdacht. Bei einem Patienten mit vorbestehender kardialer Erkrankung und akut aufgetretenen starken abdominellen Schmerzen muss immer an eine mesenteriale Ischämie gedacht werden.

Laborwerte

Es existiert kein etablierter, für das Frühstadium der akuten mesenterialen Ischämie spezifischer Laborparameter. Eventuell im weiteren Verlauf auftretende Veränderungen (vor allem Leukozytose, Hämokonzentration, Anstieg der Serum-LDH und des Serumlaktats) sind für das diagnostisch entscheidende Zeitintervall der ersten 6–12 Stunden nicht ausreichend sensitiv und zudem für das Krankheitsbild nicht spezifisch. Insbesondere die Annahme, dass ein normwertiger Laktatspiegel eine mesenteriale Ischämie ausschließe, trifft für die Diagnostik im prognostisch entscheidenden Initialstadium der Erkrankung nicht zu, da der Laktatanstieg eine bereits eingetretene ausgedehnte Gewebeschädigung anzeigt, bei der eine organerhaltende Therapie oft nicht mehr möglich ist.

Bildgebende Diagnostik

Die einfache Übersichtsaufnahme des Abdomens ist in der Frühphase nicht sensitiv genug, um überhaupt pathologische Veränderungen darzustellen. Bei fortgeschrittener transmuraler Ischämie des Dünndarms werden unspezifisch die Zeichen des paralytischen Ileus, bei transmuraler Nekrose freie Luft im Abdomen gesehen.
Wenn es bei guten Untersuchungsbedingungen möglich ist, das obstruierte mesenteriale Gefäß darzustellen, besitzt die Duplexsonografie eine hohe Spezifität. Aufgrund einer unzuverlässigen Darstellbarkeit der Mesenterialgefäße insbesondere durch Darmgasüberlagerungen ist die Sensitivität des Verfahrens jedoch für den definitiven Ausschluss einer mesenterialen Ischämie nicht hoch genug.
Goldstandard bei Verdacht auf das Vorliegen einer mesenterialen Ischämie ist die kontrastmittelunterstützte hochauflösende Computertomografie des Abdomens (CT-Angiografie), die aufgrund der zunehmenden Verbreitung qualitativ hochwertiger Computertomografen mittlerweile breit verfügbar ist. Durch eine multiplane Rekonstruktion können Gefäßverschlüsse leichter lokalisiert werden. Zusätzlich stellen sich in der Parenchymphase die minderperfundierten Darmabschnitte durch das nicht mehr kontrastierte Parenchym dar. Bei einer akuten Mesenterialvenenthrombose können die thrombotisch verschlossenen intestinalen Venen durch eine adäquate Abbildung auch der venösen Phase mit hoher Sensitivität und Spezifität abgebildet werden.
Zusätzlich lassen sich andere infrage kommenden Differenzialdiagnosen für ein akutes Abdomen ausschließen. Wenn die verschiedenen CT-morphologischen Charakteristika einer akuten mesenterialen Ischämie in ihrer Gesamtheit interpretiert werden, kann die Diagnose durch eine hochauflösende CT-Untersuchung mit einer Sensitivität von nahezu 100 % und einer Spezifität von ca. 89 % gestellt werden. Beim geringsten Verdacht auf das Vorliegen einer akuten mesenterialen Ischämie muss daher unverzüglich eine CT-Angiografie des Abdomens als primäre diagnostische Maßnahme durchgeführt werden.
Aufgrund ihrer umfassenden Verfügbarkeit, der einfacheren Durchführbarkeit und höheren differenzialdiagnostischen Aussage hat die Computertomografie damit die transfemorale mesenteriale Angiografie als Goldstandard abgelöst. Letztgenanntes Verfahren stellt zwar ebenfalls mit hoher Sensitivität und Spezifität den arteriellen Gefäßverschluss und seine Lokalisation dar, erfordert jedoch eine hohe individuelle technische Expertise und ist aufgrund der erforderlichen technischen Ausstattung größeren Zentren vorbehalten. Ein Vorteil der Mesenterikografie ist allerdings die Option eines interventionellen therapeutischen Eingriffs in gleicher Sitzung (Abschn. 7).
Die Magnetresonanz-gestützte Angiografie auf der Basis der Kernspintomografie stellt ein weiteres Schnittbildverfahren dar, durch das sowohl das Intestinum als auch das Gefäßsystem dargestellt werden können. Der Vorteil der Methode liegt vor allem in der Möglichkeit, nicht nephrotoxische Kontrastmittel bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz einzusetzen. Wesentlicher Nachteil ist die im Vergleich zur hochauflösenden Computertomografie weiterhin geringere Ortsauflösung, wenn kleinere peripher gelegene Embolien nachgewiesen oder ausgeschlossen werden sollen.

Differenzialdiagnostik

In der Initialphase, wenn akut aufgetretene Bauchschmerzen, Hyperperistaltik und Durchfälle das klinische Bild bestimmen, stellen infektiöse Durchfallerkrankungen die wichtigste Differenzialdiagnose dar. Daneben kommt ursächlich in dieser Phase auch eine akute mechanische Obstruktion des Dünndarms infrage (vor allem als Bridenileus oder durch einen Tumor). In dieser Situation ist es vor allem das Vorliegen für eine mesenteriale Ischämie prädisponierender Begleiterkrankungen (kardiovaskuläre Krankheiten, insbesondere Rhythmusstörungen; Thrombophilie), die auf die korrekte Diagnose hinweisen. Wenn im weiteren Verlauf das Bild des paralytischen Ileus in den Vordergrund tritt, müssen entsprechende Differenzialdiagnosen (intraabdominelle Entzündung oder Infektion, Hohlorganperforation, neurologisch oder endokrin bedingte Darmparalyse, intestinale Pseudoobstruktion etc.) berücksichtigt werden.
Selten kommt es bereits früh im Verlauf einer akuten mesenterialen Ischämie als Primärsymptom zu einer manifesten unteren Gastrointestinalblutung. Hier muss differenzialdiagnostisch an eine Blutung aus einem Kolondivertikel oder einer Gefäßmalformation gedacht werden.

Therapie

Jeder Fall einer akuten mesenterialen Ischämie muss intensivmedizinisch betreut werden. Die Basistherapie besteht in einer adäquaten (ZVD-gesteuerten) Volumensubstitution (ZVD = zentraler Venendruck), um den Flüssigkeitsverlust in die betroffenen Darmsegmente als Folge der intestinalen Schrankenstörung auszugleichen. Eine prophylaktische Antibiotikatherapie mit Einschluss des anaeroben Spektrums ist erforderlich. Bei thrombotischem Verschluss sowie bei Patienten, bei denen ein minimal invasives Vorgehen für sinnvoll erachtet wird, sollte eine Antikoagulationstherapie mit Heparin (Bolus plus Dauerinfusion) begonnen werden, um ein Anwachsen des Thrombus zu verhindern. Relative Kontraindikationen für eine Antikoagulation sind eine bereits manifeste Gastrointestinalblutung als Folge der intestinalen Ischämie sowie die Notwendigkeit eines operativen Vorgehens.
Die akute mesenteriale Ischämie stellt einen unmittelbar behandlungsbedürftigen Notfall dar. Die Letalität der Patienten steigt mit der Dauer des Gefäßverschlusses dramatisch an. Sie liegt bei Behandlungsbeginn innerhalb der ersten 6 Stunden nach Auftreten der Symptome bei etwa 30 %, steigt im Laufe der ersten 12 Stunden auf bis 60 % und jenseits von 24 Stunden nach Symptombeginn auf 80–100 % an.
Aufgrund von Verbesserungen in Zugangsweg, Ausrüstung und technischer Expertise stellen minimal invasive radiologische (in der Regel transfemorale) Techniken für die Rekanalisation der betroffenen Gefäße eine Alternative zu operativen Verfahren in solchen Fällen dar, in denen es noch nicht zu einer transmuralen Schädigung gekommen ist und bei denen durch eine Wiederherstellung der Perfusion die betroffenen Darmabschnitte gerettet werden können. Absolute Kontraindikationen für ein interventionell radiologisches Vorgehen sind damit Hinweise auf eine bereits transmurale Nekrose des Darmes in der Computertomografie (freie Luft im Abdomen, Gas in der Darmwand bzw. dem Portalkreislauf). Durch die Schnittbilddiagnostik lässt sich außerdem beurteilen, ob aufgrund der Lage des Gefäßverschlusses ein minimalinvasives Vorgehen technisch überhaupt möglich ist.
An Techniken steht vor allem die kathetergestützte Aspirationsembolektomie zur Verfügung, bei der durch Ansaugen das verschließende Gerinnsel zerlegt und entfernt wird. Als eigenständige Methode oder in Ergänzung der Aspirationsembolektomie können thrombolytische Verfahren mit lokaler Applikation von Fibrinolytika zum Einsatz kommen. Aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos für den Fall einer anschließend doch erforderlichen Laparatomie muss das Verfahren solchen Situationen vorbehalten bleiben, in denen die Wahrscheinlichkeit eines transmuralen Infarkts gering ist. Als Fibrinolytikum wird TPA („tissue plasminogen activator“) eingesetzt.
Liegt eine begleitende arteriosklerotische Stenose einer großen Mesenterialarterie als Grundlage für eine arterielle Thrombose vor, kann sie durch eine Ballonangioplastie mit anschließender Stenteinlage beseitigt werden.
Die Evidenz für die Effektivität minimalinvasiver radiologischer Verfahren bei der akuten mesenterialen Ischämie gründet sich auf eine Reihe von Fallserien zu den verschiedenen Methoden. Prospektive kontrollierte Studien, insbesondere im Vergleich mit operativen Verfahren, liegen bisher nicht vor. Die Tatsache, dass das von einem akuten Mesenterialarterienverschluss betroffene Patientenkollektiv aufgrund seines meistens schon fortgeschrittenen Lebensalters und von Komorbiditäten ein erhöhtes Operationsrisiko hat, ist jedoch ein starkes Argument dafür, nach Möglichkeit ein minimalinvasives Verfahren einzusetzen.
Sofern eine endovaskuläre minimalinvasive Behandlung technisch nicht möglich, nicht zeitnah verfügbar oder nicht erfolgreich ist oder bei klinischen, computertomografischen oder angiografischen Hinweisen auf eine irreversible transmurale Schädigung des Darms ist eine notfallmäßige Laparatomie erforderlich. Ziel der Operation ist es zum einen, die Perfusion noch nicht irreversibel geschädigter Darmabschnitte durch Embolektomie bzw. Anlage von arteriellen Umgehungsanastomosen wieder herzustellen. Zum anderen müssen irreversibel geschädigte Darmabschnitte reseziert werden. Eine zu knappe Resektion durch Unterschätzen des Ausmaßes der Ischämie und Anlage der Anastomose in einem minderperfundierten Bereich ist mit dem Risiko einer Anastomoseninsuffizienz behaftet.
Bei der akuten Mesenterialvenenthrombose ist primäres Behandlungsziel, eine Ausbreitung der Thrombose auf weitere Gefäße zu verhindern und damit Zeit für eine sekundäre Kollateralenbildung und ggf. eine spontane Rekanalisierung verschlossener Gefäße zu gewinnen. Außerdem müssen wie bei den akuten arteriellen Gefäßverschlüssen diejenigen Darmabschnitte, deren Perfusion nicht mehr hergestellt werden kann, chirurgisch reseziert werden. Es sollte daher unmittelbar eine Antikoagulation durch Vollheparinisierung begonnen werden, wobei in Fällen, die bereits primär durch eine gastrointestinale Blutung vorliegt, der Nutzen dieser Maßnahme gegen ihre Risiken abgewogen werden muss. Wenn irreversibel ischämische Darmabschnitte chirurgisch reseziert werden mussten, wird die Antikoagulation postoperativ (zunächst durch parenterale Heparingabe, später oral) fortgesetzt, um Thromboserezidive zu verhindern. Bei konservativ behandelten Patienten wird die Antikoagulationsbehandlung ebenfalls zunächst fortgeführt. Dabei können sich bei einem Teil der Fälle die verschlossenen Venen wieder rekanalisieren.
Eine Abklärung einer möglicherweise zugrunde liegenden Hyperkoagulabilität und ggf. Therapie derselben muss zügig erfolgen. Bei denjenigen Patienten, bei denen nach dem akuten Ereignis keine dauerhaften Risikofaktoren für eine Hyperkoagulabilität vorliegen, kann die Antikoagulation nach einem limitierten Zeitraum von 3–6 Monaten beendet werden. Bei Patienten mit einer fortbestehenden Hyperkoagulabilität muss die Antikoagulationsbehandlung lebenslang fortgeführt werden.

Verlauf und Prognose

Die Prognose vor allem der durch arteriellen Verschluss verursachten mesenterialen Ischämie ist nach wie vor schlecht, die Letalität hoch. Die Prognose hängt zum einen von begleitenden, vor allem kardiovaskulären Komorbiditäten, zum anderen von einer raschen Diagnosestellung ab. Hier sind die Verfügbarkeit und der schnelle Einsatz der CT-Angiografie entscheidend, um ein Überleben des betroffenen Patienten durch einen frühen Behandlungsbeginn zu ermöglichen.
Literatur
Acosta S (2010) Epidemiology of mesenteric vascular disease: clinical implications. Semin Vasc Surg 23:4–8CrossRef
Corcos O, Castier Y, Sibert A, Gaujoux S et al (2013) Effects of a multimodal management strategy for acute mesenteric ischemia on survival and intestinal failure. Clin Gastroenterol Hepatol 11:158–165CrossRef
Harnik IG, Brandt LJ (2010) Mesenteric venous thrombosis. Vasc Med 15:407–418CrossRef
Klar E, Rahmanian PB, Bücker A, Hauenstein K, Jauch K-W, Luther B (2012) Akute mesenteriale Ischämie – ein vaskulärer Notfall. Dtsch Ärztebl Int 109:249–256PubMedPubMedCentral
Mazzei MA, Mazzei FG, Marrelli D, Imbriaco G, Guerrini S, Vindigni C, Civitelli S, Roviello F, Grassi R, Volterrani L (2012) Computed tomographic evaluation of mesentery: diagnostic value in acute mesenteric ischemia. J Comput Assist Tomogr 36:1–7CrossRef
Sharafuddin MJ, Nicholson RM, Kresowik TF, Amin PB, Hoballah JJ, Sharp WJ (2012) Endovascular recanalization of total occlusions of the mesenteric and celiac arteries. J Vasc Surg 55:1674–1681CrossRef