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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 02.12.2014

Akzessorische Leitungsbahnen und atrioventrikuläre Reentrytachykardien

Verfasst von: Benjamin Schäffer, Boris A. Hoffmann und Stephan Willems
Eine akzessorische Leitungsbahn (engl. „accessory pathway“, AP) beschreibt das Vorhandensein einer direkten leitungsfähigen elektrischen Verbindung von Vorhöfen und Ventrikel über das bestehende spezifische Reizleitungssystem des atrioventrikular(AV)-Knoten-His-Purkinje-Systems hinaus, welche die Grundlage für Rhythmusstörungen bilden kann.

Definition

Eine akzessorische Leitungsbahn (engl. „accessory pathway“, AP) beschreibt das Vorhandensein einer direkten leitungsfähigen elektrischen Verbindung von Vorhöfen und Ventrikel über das bestehende spezifische Reizleitungssystem des atrioventrikular(AV)-Knoten-His-Purkinje-Systems hinaus, welche die Grundlage für Rhythmusstörungen bilden kann.

Pathophysiologie und Grundlagen

Das pathophysiologische Substrat wird durch eine akzessorische, atrioventrikuläre Leitungsstruktur gebildet, die eine direkte Fortleitung der atrialen Erregung mit vorzeitiger Aktivierung eines Teils des Ventrikelmyokards, unter Umgehung des AV-Knoten-His-Purkinje-Systems ermöglicht (Präexzitation) und auch eine retrograde Vorhoferregung aus dem Ventrikel ermöglichen kann (Abb. 1a). Das zugrunde liegende Gewebe ist kongenitalen Ursprungs und entsteht durch fehlende Resorption von Kardiomyozyten bei der Fibrosierung auf Klappenebene währen der embryonalen Entwicklung. Akzessorische Leitungsbahnen weisen meist keine oder eine deutlich geringere Leitungsverzögerung auf, als die Erregungsausbreitung über das AV-Knoten-His-Purkinje-System. Dies erklärt die vorzeitige Depolarisation des Ventrikelmyokards im Sinusrhythmus und die pathophysiologische Grundlage für das im Oberflächen-EKG auftretende Phänomen der Präexzitation mit charakteristisch verkürzter bis aufgehobener PQ-Zeit mit nachfolgendem trägen Anstieg eines deformierten QRS-Komplexes unter Ausbildung einer Delta-Welle darstellt (Abb. 1b). Die Erstbeschreibung von Präexzitation im Oberflächen-EKG und dem gemeinsamen Auftreten von paroxysmalen Tachykardien erfolgte 1930 durch Wolff, Parkinson und White (Wolff et al. 1930) und wird als WPW-Syndrom bezeichnet.
Neben klassischen akzessorischen Leitungsbahnen mit Umgehung des AV-Knoten-His-Purkinje-Systems, welche auch als Kent-Bündel bezeichnet werden, gibt es weitere, seltene anatomische Präexzitationsverbindungen (z. B. Mahaim-Fasern = atriofaszikuläre Verbindung).
Die elektrophysiologischen Eigenschaften akzessorischer Leitungsbahnen unterliegen einer gewissen Varianz. Neben unterschiedlichen Überleitungszeiten und Refraktärperioden können akzessorische Leitungsbahnen antegrad wie retrograd leiten (ca. 60–75 %) oder ausschließlich retrograd leiten (ca. 17–37 %) (Miller 1996). Ausschließlich antegrad leitende AP kommen selten vor. Leitet eine akzessorische Leitungsbahn ausschließlich retrograd, d. h. von Ventrikel auf Atrium, so kommt es nicht zur Ausbildung einer Präexzitation im Oberflächen-EKG (engl. „concealed“ = verborgen). Entstehende Tachykardien sind stets von orthodromer Form (s. Abschn. Klink und Abb. 2a und 3a). Hierbei kommt es zu Tachykardien mit schmalem QRS-Komplex, da die Ventrikelaktivierung (antegrad) über den AV-Knoten und das spezifische Leitungssystem erfolgt. Nicht selten ist das Auftreten einer intermittierenden Präexzitation mit Phasen von normaler AV-Knotenleitung im Wechsel mit Phasen von Präexzitation. Auch die Ausprägung der Präexzitation kann, unter anderem bedingt durch wechselnde AV-Knotenüberleitung, variabel sein. Bei etwa 13 % der Patienten mit Präexzitation im EKG kommen mehr als eine akzessorische Leitungsbahn vor (Colavita et al. 1987; Zachariah et al. 2013). Von besonderer Bedeutung ist ein typischerweise nicht-dekrementales Leitungsverhalten akzessorischer Leitungsbahnen (>90 % der AP). Grundlegend hierfür ist eine Depolarisation schneller Natriumkanäle, welche den steilen Aufschwung des Aktionspotentials beim überwiegenden Anteil akzessorischer Leitungsbahnen unterhalten. Funktionell kann dies in einem „alles oder nichts Prinzip“ der ante- und retrograden Leitung resultieren. So können schnelle Impulse mit konstanter Überleitungszeit, bis zum Erreichen der Refraktärzeit über die akzessorische Leitungsbahn ante- oder retrograd vermittelt werden. Dieses Leitungsverhalten unterscheidet sich vom AV-Knoten, der seiner Schutzfunktion entsprechend bei schnellen atrialen Frequenzen eine Verzögerung der AV-Knotenüberleitungszeit aufweist (= dekrementale Leitungseigenschaft). Von besonderer klinischer Relevanz wird dies beim Vorliegen einer antegrad schnell-leitenden akzessorischen Leitungsbahn und dem Auftreten schneller Vorhofrhythmusstörung, wie Vorhofflimmern oder -Flattern (s. Abschn. Klinik) mit dem daraus resultierenden Risiko der Induktion von Kammerflimmern.
Akzessorische Leitungsbahnen können prinzipiell überall entlang der Klappenebene oder des Septums lokalisiert sein. Mit etwa 50 % treten diese an der linken posterioren Wand auf, septal sind ca. 30 % lokalisiert, rechts paraseptal und rechts anterior jeweils ca. 10 % (Cain und Cox 1987; Gallagher et al. 1979).
Bei Vorhandensein einer akzessorischen Leitungsbahn erfolgt im Sinusrhythmus eine frühzeitige Aktivierung eines Anteils des Ventrikelmyokards abhängig von der Lokalisation der Bahn mit verkürzter PQ-Zeit, Ausbildung einer Delta-Welle und verbreitertem QRS-Komplex im Oberflächen-EKG (Präexzitation). Gleichzeitig läuft die Erregung über den normalen Weg des spezifischen Reizleitungssystems (AV-Knoten-His-Purkinje-System). Das Ausmaß der Präexzitation und somit die Veränderungen im EKG sind abhängig von der benötigten Zeit der Erregungsausbreitung im rechten und linken Vorhof, den Leitungseigenschaften der akzessorischen Leitungsbahn, der Lokalisation der atrialen und ventrikulären Insertion der Bahn und der Leitungseigenschaft des spezifischen Reizleitungssystems sowie des Ventrikelmyokards.

Epidemiologie und Vorkommen

Die Prävalenz für das Vorliegen einer Präexzitation im 12-Kanal-EKG liegt bei 0,13–0,25 % der Bevölkerung (Pediatric and Congenital Electrophysiology Society – PACES 2012); Krahn et al. 1992; Kobza et al. 2011). Angaben über die Prävalenz des WPW-Syndroms (Präexzitation und klinische Tachykardien) variieren. Eine Untersuchung von Chiu et al. 2008 bei 432.000 Kindern zeigte eine Prävalenz von 0,07 %. Mit akzessorischen Leitungsbahnen assoziierte Rhythmusstörungen bilden somit neben AV-Knotenreentrytachykardien die häufigsten paroxysmalen supraventrikulären Tachykardien (PSVT). Bei 50–80 % der Patienten liegt eine offene Präexzitation mit typischer Delta-Welle im Oberflächen-EKG vor. Erstmalig kommt es im Kindes- oder Jugendalter zu Tachykardien. Es scheint eine Assoziation von Ebstein-Anomalie und dem Vorliegen von rechts gelegenen, teilweise multiplen akzessorischen Leitungsbahnen zu geben (Khositseth et al. 2004).

Klinik und EKG-Interpretation

Der klinische Verlauf kann vom asymptomatischen Vorliegen eines auffälligen EKG-Befundes, über paroxysmale Reentrytachykardien bis hin zu lebensbedrohlichen Tachykardien mit hohen Kammerfrequenzen ausgelöst durch schnelle Vorhofrhythmusstörungen und Übergang in Kammerflimmern variieren. Patienten, die eine Tachykardie entwickeln können typische Symptome aufweisen:
  • Palpitationen
  • Herzrasen
  • Synkopen oder Präsynkopen
  • Angina pectoris
  • Dyspnoe
  • plötzlicher Herztod (“sudden cardiac death”, SCD)
Die führende Diagnostik bei Verdacht auf Vorliegen einer akzessorischen Leitungsbahn erfolgt mittels Oberflächen-EKG. Im Sinusrhythmus kann sich eine antegrad leitende akzessorische Leitungsbahn wie folgt darstellen:
  • verkürzte PR-Intervall (<120 ms)
  • Delta-Welle
  • verbreiterter QRS-Komplex
  • Repolarisationsstörungen
Zeigt sich ein Präexzitationsmusters im 12-Kanal-EKG ohne Vorliegen klinischer Tachykardien, wird dies als Präexzitationssyndrom bezeichnet. Differenzialdiagnostisch kommt eine „Pseudo-Delta-Welle“ bei Septumhypertrophie, Schenkelblockbild (keine verkürzte PQ-Zeit) oder ventrikuläre Extrasystolen in Betracht.
Neben dem asymptomatischen Vorliegen einer akzessorischen Leitungsbahn, können zwei Gruppen von mit akzessorischen Leitungsbahnen assoziierten Rhythmusstörungen differenziert werden:
1.
Tachykardien, deren Initiierung und Aufrechterhaltung einer akzessorischen Leitungsbahn bedürfen (AV-Reentrytachykardien, AVRT).
 
2.
Tachyarrhythmien, deren Initiierung und Aufrechterhaltung keiner akzessorischen Leitungsbahn bedürfen, diese jedoch eine Erregungsfortleitung vom Ort einer Rhythmusstörung zu anderen Strukturen des Herzens vermitteln kann (z. B. Vorhofflimmern, Vorhofflattern, fokale atriale Tachykardien).
 

Atrioventrikuläre Reentrytachykardien (AVRT)

Orthodrome (atrioventrikuläre) Reentrytachykardie

Sie stellt mit >90 % die häufigste Form der Arrhythmien beim Vorliegen einer akzessorischen Leitungsbahn dar. Zwingende Bestandteile dieser kreisenden Reentrytachykardie bilden Vorhöfe, AV-Knoten, der die Erregung orthodrom, also von Vorhöfen auf Ventrikel leitet, das Ventrikelmyokard und die retrograd leitende akzessorische Leitungsbahn, die die Erregung von Ventrikel auf Vorhofebene vermittelt (Abb. 2a). Ausgelöst durch eine supraventrikuläre oder ventrikuläre Extrasystole zeigt sich im Oberflächen-EKG eine Schmalkomplextachykardie mit regelmäßigem RR-Intervall und Frequenzen von 150–250 /min. Beginn und Ende sind, wie typisch für Reentrytachykardien, von abruptem Charakter gekennzeichnet („on-off-Phänomen“). Eventuell zeigt die atrioventrikuläre Überleitung einen kompletten Rechts- oder Linksschenkelblock (aberrierende Überleitung). Durch die retrograde Aktivierung der Vorhöfe über die akzessorische Leitungsbahn ist zwischen den QRS-Komplexen meist eine P-Welle erkennbar. Die Lokalisation der retrograden P-Welle wird maßgeblich durch die retrograden Leitungseigenschaften der akzessorischen Leitungsbahn bestimmt. Sie ist typischerweise in der ST-Stecke oder T-Welle eingebettet. Das RP-Intervall ist typischerweise kleiner als die Hälfte des RR-Intervalls der Tachykardie, jedoch nicht so kurz wie bei AV-Knotenreentrytachykardien deren „Circuit“ alleinig im AV-Knoten liegt. Weiterhin können auch bei jungen Patienten ischämieähnliche ST-Streckenveränderungen während der Tachykardie auffallen. Die Oberflächen-EKG-Aufzeichnung einer orthodromen AV-Reentrytachykardie ist in Abb. 3a dargestellt.

Antidrome (atrioventrikuläre) Reentrytachykardie

Der Mechanismus dieser Tachykardie beinhaltet dieselben Strukturen wie bei der orthodrom Form, jedoch läuft die Erregung des Reentrykreislaufes retrograd durch den AV-Knoten von Ventrikel auf die Vorhöfe und wird antegrad über die akzessorische Leitungsbahn von Vorhof auf Ventrikel geleitet (Abb. 2b). Ausgelöst wird diese Tachykardie durch Vorhofextrasystolen, die auf ein refraktäres AV-Knoten-His-Purkinje-System treffen, jedoch antegrad über die akzessorische Leitungsbahn auf den Ventrikel geleitet werden. Im Oberflächen-EKG spiegelt sich dies als Tachykardie mit breiten QRS-Komplexen, als Ausdruck einer maximalen Präexzitation, wider. Die RR-Intervalle sind zumeist regelmäßig, es können Frequenzen bis 250/min erreicht werden. Eine retrograde P-Welle ist schwieriger zu erkennen, da sie oft durch den breiten QRS-Komplex und der veränderten ST-Strecke und T-Welle überlagert wird. Das RP-Intervall bei der antidromen AVRT ist aufgrund einer langsameren retrograden Leitung über den AV-Knoten oft länger als der halbe RR-Abstand der Tachykardie (Abb. 3b).

Permanente junktional reziproke Tachykardie (PJRT)

Dies ist eine Sonderform der orthodrome AVRT, deren akzessorische Leitungsbahn meist verborgen posteroseptal lokalisiert ist und retrograde langsame, dekrementale Leitungseigenschaften aufweist. Die betroffen Patienten sind junge Kinder mit oft asymptomatischen, schmalkomplexigen Tachykardie mit langem RP-Intervall.

Tachyarrhythmien deren Initiierung und Aufrechterhaltung keiner akzessorischen Leitungsbahn bedürfen

Vorhofflimmern

Vorhofflimmern kommt bei ca. 10–30 % der Patienten mit akzessorischen Leitungsbahnen häufiger als in der Normalbevölkerung vor. Nicht selten entsteht Vorhofflimmern aus einer zuvor auftretenden AVRT. Die ungeordnete tachykarde Erregung des Vorhofflimmerns kann bei Vorliegen einer akzessorischen Leitungsbahn unter Umgehung des AV-Knoten-His-Purkinje-Systems auf die Ventrikel übergeleitet werden (Abb. 2c). Bei schnellen antegraden Überleitungseigenschaften der akzessorischen Leitungsbahn kann dies in extrem schnellen ventrikulären Frequenzen mit Gefahr eines Übergangs in Kammerflimmern resultieren. Im Oberflächen-EKG stellt sich dies als irregulärer, schneller Rhythmus dar. Die Morphologie und Breite der QRS-Komplexe kann dabei von Schlag zu Schlag variieren, sie ist abhängig vom Verhältnis der Leitung über den AV-Knoten/der akzessorischen Leitungsbahn und kann auch eine Fusion aus AV-Knoten- und Bahnleitung darstellen („fast broad irregular“ Tachykardie, FBI-Tachykardie). Je kürzer die Refraktärperiode der akzessorischen Leitungsbahn, desto schneller ist die resultierende Ventrikelfrequenz und desto breiter die QRS-Komplexe (Abb. 3c). Bei hohen Frequenzen kann es zu einer Pseudoregularisierung kommen.

Vorhofflattern

Bei Auftreten von Vorhofflattern kann es, wie beim Vorhofflimmern, zu einer schnellen Überleitung auf den Ventrikel kommen. 1:1 übergeleitetes Vorhofflattern kann zu schnellen, regelmäßigen Kammerfrequenzen mit breiten QRS-Komplexen führen. Eine Differenzierung zu ventrikulären Tachykardien im Oberflächen-EKG fällt schwer.

Diagnostik

Die initiale Diagnostik beim Verdacht auf das Vorliegen einer akzessorischen Leitungsbahn und daraus resultierenden Rhythmusstörungen erfolgt mittels Oberflächen-EKG. Die Interpretation der dabei auftretenden Befunde wurde im Abschnitt Klinik diskutiert. In Hinblick auf eine mögliche elektrophysiologische Untersuchung (EPU) mit Option einer kurativen Katheterablation, kommt einer Interpretation des EKGs im Sinusrhythmus unter Analyse der Delta-Welle zur Lokalisation der akzessorischen Leitungsbahn eine weitere Bedeutung zu.

Lokalisationsdiagnostik

Eine definitive Lokalisationsdiagnostik allein an Hand des Oberflächen-EKG ist besonders hinsichtlich möglicher Fluktuation und Wechsel des Ausmaßes der Präexzitation sowie Fusion nicht immer möglich. Dennoch kann die Interpretation der Präexzitation wichtige Lokalisationshinweise liefern und elektrophysiologische Eingriffe besser planbar machen. Arruda et al. 1998 und Milstein et al. 1987 liefern dafür detaillierte Algorithmen zur Lokalisationsdiagnostik. Eine vereinfachte Darstellung unter Verwendung weniger Ableitungen ist in Abb. 4 dargestellt.
Die weitere kardiale Diagnostik sollte Langzeit-EKG- oder Tele-EKG-Untersuchungen und eine transthorakale Echokardiographie zur Beurteilung möglicher struktureller oder funktioneller Veränderungen beinhalten. Eine ergometrische Untersuchung kann wertvolle Hinweise zur Risikostratifizierung liefern (s. u.).

Therapie

Akuttherapie

Das Vorgehen bei der akuten Behandlung von Rhythmusstörung bei V. a. Vorliegen akzessorischer Leitungsbahnen richtet sich primär nach der hämodynamischen Stabilität der Patienten. Bei instabilen Patienten ist stets eine Elektrokardioversion in Kurznarkose angezeigt.

AVRT

Bei hämodynamisch stabilen Patienten und schmalkomplexiger Tachykardie (orthodrome AVRT) kann ein Terminierungsversuch mittels Valsalva-Manöver oder Karotissinusdruck erfolgen. Ziel ist dabei durch Modulation der AV-Knotenleitung eine Terminierung herbeizuführen. Sind diese Versuche ineffektiv kann eine medikamentöse Behandlung erfolgen. Dabei kann primär Adenosin (6–12 mg i.v. Bolus, rasche Verabreichung innerhalb von 2 s), alternativ Kalziumkanalblockern (z. B. Verapamil; 15 mg in 5 mg Bolus i.v. alle 2–3 min) verabreicht werden.
Adenosin ist mit einem schnellen Wirkeintritt und kurzer Wirkdauer (<10 s) sehr effektiv in der Blockade der AV-Knotenüberleitung, allerdings ist dabei eine mögliche Vorhofflimmerprovokation zu bedenken (1–15 %, daher Reanimations- und Defibrillationsbereitschaft) und Kontraindikationen wie Asthma bronchiale und eine hämodynamisch relevante KHK zu berücksichtigen.
Auch über die Beeinflussung der Leitungseigenschaften der akzessorischen Leitungsbahn kann eine Terminierung herbeigeführt werden. Dafür haben sich Antiarrhythmika der Klasse IC wie Flecainid und Ajmalin (i.v.-Bolus maximal 10 mg/min; Kurzinfusion 50 mg) als effektiv erwiesen. Die Gabe sollte unter kontinuierlicher Monitorkontrolle erfolgen.
Die Diagnose der selten vorkommenden antidromen AVRT ist aufgrund der Präsentation von breiten QRS-Komplexen erschwert. Als Mittel der Wahl stehen hier Klasse-IC-Antiarrhythmika wie Flecainid und Ajmalin zur Verfügung.

Vorhofflimmern

Antiarrhythmika mit Wirkung auf die antegrad leitende akzessorische Leitungsbahn sollten hier vornehmlich zum Einsatz kommen (Klasse-IC-Antiarrhythmika). In jedem Fall müssen Medikamenten, die die AV-Knotenleitung verlängern wie Betablocker, Kalziumkanalblocker, Digitalispräparate, Adenosin vermieden werden, da es dadurch zu einer Zunahme der potenziell schnellen Leitung über die akzessorische Leitungsbahn mit Degeneration in Kammerflimmern kommen kann.

Dauertherapie

Die Therapie der Wahl bei Patienten mit symptomatischen Tachykardien ist die interventionelle Behandlung mittels Katheterablation. Diese kurative Behandlung weißt Erfolgsraten von ca. 95 % auf bei sehr geringem periprozeduralem Risiko (Übersicht über Studien in Pediatric and Congenital Electrophysiology Society – PACES 2012). Sollte eine Katheterablation nicht gewünscht oder durchgeführt werden können besteht prinzipiell die Option einer dauerhaften antiarrhythmischen Medikation. Dabei kommen Wirkstoffgruppen welche die AV-Knotenüberleitung modulieren wie Kalziumkanalblocker, Betablocker, Digitalis und solche, die die Erregungsleitung in Vorhöfen, Ventrikeln und akzessorischer Leitungsbahn modifizieren wie Klasse IC und III prinzipiell in Betracht. Insbesondere bei Antiarrhythmika, welche die AV-Knotenleitungseigenschaften beeinflussen sollte eine schnelle antegrade Leitungsfähigkeit der akzessorischen Leitungsbahn ausgeschlossen worden sein.

Prognose und Risikostratifizierung

Das Gesamtrisiko des plötzlichen Herztodes bei Patienten mit WPW-Syndrom ist gering (0,15–0,39 % der Patienten mit WPW-Syndrom bei einer Nachuntersuchungsperiode von 3–10 Jahren) (Blomstrom-Lundqvist et al. 2003). Einige Indikatoren für ein erhöhtes Risiko sollten beachtet werden und ggf. eine weitere Risikostratifizierung nach sich ziehen: Junges Alter (<30 Jahre), männliches Geschlecht, Vorhofflimmern in der Vorgeschichte, Synkopen in der Vorgeschichte, assoziierte oder anderer Herzerkrankungen und familiäre WPW-Syndrome (Pediatric and Congenital Electrophysiology Society – PACES 2012).
Von besonderem Interesse ist die Frage, ob asymptomatische Patienten mit Präexzitation im EKG einer Behandlung bedürfen. Nach dem Konsensuspapier der Pediatric and Congenital Electrophysiology Society (PACES) und der Heart Rhythm Society (HRS) von 2012 (Pediatric and Congenital Electrophysiology Society – PACES 2012) sollte primär eine nichtinvasive Risikostratifizierung mittels Ergometrie erfolgen. Ein Verlust der Präexzitation geht mit einem geringen Risiko für SCD einher. Ein konservatives Prozedere ist in diesen Fällen vertretbar. Wenn kein kompletter Verlust der Präexzitation unter körperlicher Belastung nachgewiesen werden kann, sollte mittels invasiver Diagnostik (EPU oder transösophageal) eine Evaluation der Leitungseigenschaften der akzessorischen Bahn und das Risiko für ventrikuläre Rhythmusstörungen beurteilt werden. Eine aktuelle Analyse von Chevalier et. al 2013 rät von einer prophylaktischen Katheterablation bei gesunden asymptomatischen Patienten ohne weitere Risikofaktoren ab. In jedem Fall bleibt die mögliche prophylaktische Ablation eine individuelle Indikation. Neben o. g. Faktoren fließen aber auch weitere Aspekte wie Lokalisation der Bahn (Nähe zum AV-Knoten?) und Berufswunsch (z. B. Berufspilot) in die Entscheidungsfindung mit ein.
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