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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 04.12.2014

Alkoholinduzierte Leberschäden

Verfasst von: Philipp Kasten
Alkohol ist die häufigste Ursache für eine Leberzirrhose in Europa und in den USA. Männer sind insgesamt häufiger betroffen als Frauen. Dabei reicht das Spektrum von der asymptomatischen Fettleber über die alkoholische Hepatitis bis hin zur alkoholtoxischen Leberzirrhose mit all ihren Komplikationen.

Einleitung

Alkohol ist die häufigste Ursache für eine Leberzirrhose in Europa und in den USA. Männer sind insgesamt häufiger betroffen als Frauen. Dabei reicht das Spektrum von der asymptomatischen Fettleber über die alkoholische Hepatitis bis hin zur alkoholtoxischen Leberzirrhose mit all ihren Komplikationen (s. Kap. Leberzirrhose und ihre Komplikationen).

Pathophysiologie

Pathogenese

Die genaue Pathogenese der alkoholinduzierten Leberschädigung ist bislang nur inkomplett verstanden. Alkohol wird in der Leber über mehrere enzymatische Schritte zu Acetat abgebaut. Die im Rahmen dieser Stoffwechselprozesse entstehenden Reduktionsäquivalente stimulieren die Lipogenese, in dessen Folge es zu einer Leberverfettung kommt. Darüber hinaus ist Alkohol direkt hepatotoxisch und führt zur Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies und proinflammatorischer Zytokine. TNF-α scheint hier eine besondere Rolle zu spielen. Neben diesen Veränderungen kommt es im Zuge des Alkoholkonsums zu einer erhöhten Darmpermeabilität, die eine gesteigerte Konzentration von Lipopolysacchardien (LPS) im Pfortaderblut zur Folge hat. LPS vermitteln ebenfalls proinflammatorische Signale. All diese Prozesse führen letztlich zur Aktivierung von hepatischen Sternzellen, die in einer gesteigerten Kollagenproduktion mit Entwicklung einer Fibrose resultiert.

Risikofaktoren

In der Vergangenheit konnten verschiedene Faktoren identifiziert werden, die den weiteren Verlauf und die potentielle Entwicklung einer alkoholbedingten Leberschädigung beeinflussen:
  • täglich konsumierte Alkoholmenge
  • Dauer des Konsums
  • weibliches Geschlecht
  • Eisenüberladung
  • hepatische Begleiterkrankung (z. B. Hepatitis C, metabolisches Syndrom)
  • genetische Faktoren (PNPLA3-Polymorphismus etc.)
Ein exakter Schwellenwert, ab dem mit einer Leberschädigung zu rechnen ist und unterhalb dessen ein regelmäßiger Alkoholkonsum als bedenkenlos anzusehen ist, existiert vermutlich nicht. Verschiedene Metaanalysen konnten in den vergangenen Jahren demonstrieren, dass selbst der regelmäßige Konsum geringer Mengen (d. h. 12–24 g/Tag) mit einem erhöhten statistischen Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose verbunden ist. Andere Studien ergaben, dass mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Leberschädigung ab einem täglichen Konsum von 30 g (Männer) bzw. 20 g (Frauen) zu rechnen ist. Prinzipiell gilt: Je höher der tägliche Konsum, desto wahrscheinlicher ist dabei die langfristige Entwicklung einer Leberfibrose bzw. -zirrhose. Andererseits bedingt der tägliche Konsum oberhalb der oben genannten Grenzen nicht automatisch die Entwicklung einer schweren Leberschädigung: So ist eine Fettleber bei >90 % der Patienten mit einem täglichen Konsum von >60 g Alkohol/Tag nachzuweisen, eine Leberzirrhose entwickeln hingegen nur bei 10–20 % dieses Kollektivs. Die Art des Alkohols (Bier, Wein, hochprozentiger Alkohol) scheint dabei eine untergeordnete Rolle zu spielen. Tab. 1 gibt einen Überblick über die in verschiedenen alkoholischen Getränken durchschnittlich enthaltende Alkoholmenge.
Tab. 1
Durchschnittlicher Alkoholgehalt verschiedener Getränke. (Aus RKI, Bundesgesundheits-Survey Alkohol (2003)
Alkoholisches Getränk
Alkoholmenge (g)
Bier 0,33 l
ca. 13
Wein 0,125 l
ca. 11
Sekt 0,1 l
ca. 9
Schnaps 4 cl
ca. 11
Ob die Art des Trinkverhaltens (regelmäßiger Konsum vs. episodischer Konsum größerer Mengen) eine Rolle spielt, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden.
Der weitere Verlauf der Leberschädigung wird darüber hinaus auch durch genetische und bestehende Begleiterkrankungen beeinflusst. Frauen weisen z. B. bei gleichem Konsum eine raschere Entwicklung einer Leberzirrhose auf. Eine gleichzeitig bestehende chronische Virushepatitis C führt ebenfalls zu einer beschleunigten Fibroseprogression. Ein Polymorphismus im PNPLA3-Gen scheint ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer alkoholbedingten Leberschädigung assoziiert zu sein.

Epidemiologie

Alkohol ist in Deutschland und in den meisten industrialisierten Ländern mit ca. 50 % die häufigste Ursache für die Ausbildung einer chronischen Leberschädigung bzw. Leberzirrhose. Weltweit können nach Schätzungen der WHO 4 % aller Todesfälle auf Alkohol zurückgeführt werden, wobei sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen: So sind 6,2 % aller Todesfälle der männlichen Weltbevölkerung auf Alkohol zurückzuführen, im Vergleich zu 1,1 % bei der weiblichen Weltbevölkerung. In Deutschland verstarben 2012 laut statistischem Bundesamt 8.319 Menschen an einer alkoholbedingten Leberschädigung (72 % Männer, 28 % Frauen).
Der durchschnittliche jährliche Konsum reinen Alkohols war in Deutschland in den letzten Jahren relativ stabil und wird mit 9,5 l pro Kopf angegeben. Nach Schätzungen des statistischen Bundesamtes besteht bei insgesamt ca. 3,4 % der Bevölkerung eine Alkoholabhängigkeit (nach DSM-IV-Kriterien). Man geht davon aus, dass 13–16 % der alkoholkonsumierenden Bevölkerung im Alter von 18–64 Jahren einen riskanten Alkoholkonsum aufweisen (definiert als >24 g für Männer und >12 g/Tag für Frauen).

Klinik

Das klinische Spektrum einer alkoholinduzierten Leberschädigung reicht von der Fettleber über die alkoholische Hepatitis bis hin zur dekompensierten Leberzirrhose. Die Ausbildung einer Fettleber macht sich in der Regel klinisch nicht bemerkbar, sondern fällt gewöhnlich erst im Rahmen von Routine- oder Vorsorgeuntersuchungen auf. Meist findet sich im Ultraschall eine echoreiche, vergrößerte Leber, was jedoch kein spezifischer Befund ist und erst in Kombination mit einer positiven Alkoholanamnese für das Vorliegen einer alkoholinduzierten Steatosis spricht. In seltenen Fällen findet sich ein rechtsseitiger Oberbauchschmerz als klinisches Korrelat für eine Steatosis hepatis. Die alkoholische Fettleber ist bei Abstinenz reversibel, bei fortgesetztem Konsum kommt es jedoch in 10 % der Fälle nach im Schnitt 10 Jahren zur Ausbildung einer Leberzirrhose.
Man geht davon aus, dass ca. 10–35 % der Patienten bei fortgesetztem Alkoholkonsum im Verlauf eine alkoholische Hepatitis entwickeln. Histologisch findet sich in diesen Fällen das Bild einer Steatohepatitis. Im Vergleich zur reinen Fettleber ist der Verlauf durch eine akzelerierte Fibroseprogression mit rascher Entwicklung einer Leberzirrhose gekennzeichnet. Die klinische Präsentation von Patienten mit alkoholischer Hepatitis kann variabel sein – vom asymptomatischen bzw. nur gering symptomatischen Patienten bis hin zur hepatischen Dekompensation. Klassischerweise präsentieren sich die Patienten nach einer Episode mit verstärktem Alkoholkonsum mit Ikterus und rechtsseitigen Oberbauchschmerzen. Fieber findet sich ebenfalls häufig. Die Leber ist in der klinischen und sonographischen Untersuchung oft vergrößert und druckdolent. Eine aszitische Dekompensation findet sich in einem Drittel der Patienten und kann Ausdruck eines schon bestehenden zirrhotischen Umbaus der Leber mit portaler Hypertension sein. Der Ernährungszustand ist in der Regel erheblich eingeschränkt. Patienten mit einem schweren Verlauf einer alkoholischen Hepatitis haben eine sehr schlechte Prognose mit hoher Mortalität. Frühzeitige Komplikationen sind insbesondere die Entwicklung eines hepatorenalen Syndroms oder Infektionen.
Patienten, die nicht eine schwere alkoholische Hepatitis entwickeln, haben in Regel einen schleichend-chronischen Verlauf. Nicht selten erfolgt die Erstmanifestation einer alkoholischen Leberschädigung erst im Stadium der dekompensierten Leberzirrhose mit aszitischer Dekompensation oder einer hepatischen Enzephalopathie. Nachfolgend werden typische Symptome einer fortgeschrittenen Lebererkrankung aufgelistet:
Klinisch unterscheiden sich die meisten Patienten nicht von Zirrhosepatienten mit anderer Ätiologie. Manche klinischen Zeichen, wie zum Beispiel Spider naevi, scheinen bei alkoholbedingter Leberschädigung jedoch häufiger aufzutreten.

Diagnostik

Screening

Die Feststellung eines chronischen Alkoholabusus basiert allein auf anamnestischen Angaben und kann sich in der klinischen Praxis als schwierig erweisen. Fremdanamnestische Angaben sind häufig hilfreich, reichen mitunter aber nicht aus. Um Patienten mit problematischem Alkoholkonsum leichter identifizieren zu können, wurden daher in der Vergangenheit verschiedene Fragebögen entwickelt (CAGE-Test, AUDIT-Fragebogen, AUDIT-C-Fragebogen.

Labordiagnostik

Die Diagnose einer alkoholbedingten Lebererkrankung erfolgt auf der Basis von klinischen, laborchemischen und ggf. histologischen Kriterien. Kein Laborwert ist spezifisch für eine alkoholtoxische Genese. Häufig finden sich jedoch bestimmte Konstellationen, die eine alkoholassoziierte Genese suggerieren. In frühen Stadien einer alkoholischen Lebererkrankung finden sich meist nur geringgradige Laborveränderungen. Typischerweise zeigt sich meist eine leichte Erhöhung der GGT, die jedoch keinesfalls spezifisch ist, sondern auch bei einer Reihe anderer Lebererkrankungen vorkommt. Die Transaminasen sind in der Regel nur leicht erhöht. Eine Erhöhung über das 2fache der oberen Norm spricht für das Vorliegen einer alkoholischen Hepatitis. Dabei überschreitet die AST selten Werte von 300 IU/ml. Der AST/ALT-Quotient liegt meist >1, häufig sogar >2. Transaminasen oberhalb von 300 IU/ml sollten an andere Differentialdiagnosen wie z. B. eine koexistente Virushepatitis denken lassen. Weitere Befunde, die oft im Zusammenhang mit einem chronischen Alkoholabusus nachzuweisen sind, sind eine Makrozytose (erhöhtes MCV) und ein erhöhtes IgA. Ein weiterer Biomarker für einen chronischen Alkoholabusus ist das CDT (Carbohydrat-defizientes Transferrin). Erhöhte Werte finden sich regelhaft bei Patienten mit einem täglichen Konsum von >50 g/Tag, Sensitivität und Spezifität liegen in diesem Fall bei ca. 70 % und 90 % respektive. Unterhalb dieser Konsummenge nimmt die Sensitivität jedoch stark ab.
Mit Ausbildung einer Leberzirrhose kommt es auch zu laborchemischen Zeichen einer zunehmend eingeschränkten Lebersynthese- und -entgiftungsfunktion: Charakteristisch ist eine reduzierte plasmatische Gerinnung (Quick, pTT) in Kombination mit einem erniedrigten Albumin und einer Hyperbilirubinämie. Eine Thrombopenie findet sich ebenfalls regelmäßig in diesem Patientenkollektiv und ist dann meist Ausdruck einer Splenomegalie und/oder eines alkoholtoxischen Knochenmarksschadens.
Patienten mit alkoholischer Hepatitis weisen darüber hinaus häufig eine Leukozytose auf, deren Höhe mit der Schwere der Hepatitis korreliert.
In seltenen Fällen findet sich bei Patienten mit ethyltoxischer Leberzirrhose der Nachweis einer hämolytischen Anämie und einer Hyperlipidämie, was in dieser Kombination auch als Zieve-Syndrom bezeichnet wird.

Bildgebung

Die bildgebende Diagnostik dient in erster Linie der Feststellung einer Lebererkrankung und dem Ausschluss von Differentialdiagnosen. In der sonographischen Untersuchung zeigt sich in frühen Stadien einer alkoholbedingten Leberschädigung meist eine echoreichere, insgesamt vergrößerte Leber. Zeichen einer Leberzirrhose sind neben einer welligen Leberoberfläche der Nachweis einer inhomogenen Lebertextur mit Rarefizierung der Lebergefäße. Die Leber ist in fortgeschrittenen Stadien oft verkleinert. Aszites und eine Splenomegalie sind dann meist Ausdruck einer portalen Hypertension.
Darüber hinaus dient die Sonographie als Screening-Methode für das hepatozelluläre Karzinom.
Als alternative bildgebende Verfahren sind das MRT als auch das CT zu nennen.

Leberbiospie

In der Regel reichen für die Diagnose einer alkoholtoxischen Lebererkrankung klinische und laborchemische Befunde aus. Der Nachweis einer höhergradigen Leberfibrose bwz. Leberzirrhose kann heute auch durch nichtinvasive Verfahren wie z. B. die transiente Elastographie oder die ARFI-Elastographie erfolgen. Indiziert ist eine Leberbiopsie immer bei diagnostischer Unsicherheit zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen. Weiterhin gelingt es, durch eine Leberbiopsie die Schwere der Leberschädigung zur erfassen.
Schon relativ früh im Krankheitsverlauf lässt sich ist eine meist makrovesikuläre Steatosis nachweisen, die typischerweise in den zentrilobulären Regionen des Leberläppchen lokalisiert ist. Kommt es neben der Steatosis zu einer Infiltration der Leber mit Entzündungszellen (v. a. neutrophile Granulozyten), läppchenzentralen Zellnekrosen und einer Schwellung (Ballonierung) der Hepatozyten, spricht man von einer alkoholischen Steatohepatitis (ASH). Häufig sind in diesem Fall auch sogenannte Mallory-Denk-Körper (aggregierte Intermediär-Filamente) oder Megamitochondrien nachweisbar. Das Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose ist bei Vorliegen einer Steatohepatitis gegenüber dem bei einer einfachen Steatosis deutlich erhöht. Erstes Zeichen für einen beginnenden Umbau ist die Ausbildung einer perizentralen oder perivenulären Fibrose, die dann bei persistierender Schädigung über eine septenbildende Fibrose zur typischerweise mikronodulären Leberzirrhose fortschreitet. Umgekehrt sind die beschriebenen Veränderungen bei kompletter Alkoholabstinenz jedoch zum Teil reversibel, eine Leberzirrhose ist hingegen ein irreversibler Befund.
Wichtig zu beachten ist, dass die oben aufgeführten histologischen Veränderungen auch bei einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung auftreten können und somit eine histologische Unterscheidung zwischen den beiden Entitäten nur schwer möglich ist.

Differenzialdiagnostik

Wichtige Differenzialdiagnosen sind die chronischen Virushepatitiden und eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung. Letztere ist nur aufgrund anamnestischer Angaben von einer alkoholischen Genese zu unterscheiden, da sich das histologische Bild gleicht. Ein weniger schwer ausgeprägter histologischer Befund in Kombination mit einem AST/ALT-Quotienten <1 und NASH-assoziierten Komorbiditäten (Adipositas, Diabetes mellitus) sprechen eher für eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung.
Der Ausschluss einer chronischen Virushepatitis sollte prinzipiell bei jedem Patienten mit einer Lebererkrankung erfolgen. Insbesondere bei Patienten mit alkoholtoxischer Lebererkrankung fand sich in verschiedenen Studien eine gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhte Prävalenz einer koexistenten chronischen Virushepatitis C, die in diesen Fällen mit einer deutlich akzelerierten Fibroseprogression einhergeht.
Ähnliches gilt für die hereditäre Hämochromatose, die bei gleichzeitigem Alkoholkonsum signifikant schneller in einer Leberzirrhose mündet. Laborchemische Hinweise für eine Eisenstoffwechselstörung sind eine erhöhte Transferrinsättigung >45 % und ein erhöhtes Ferritin im Serum. Häufig finden sich solche Laborveränderungen auch bei Patienten mit alkoholtoxischer Leberzirrhose, ohne dass jedoch eine hereditäre Hämochromatose vorliegt. Zur weiteren Abklärung sollte dann die Bestimmung des HFE-Genotyps erfolgen, ggf. auch die Durchführung einer Leberbiopsie mit Bestimmung des hepatischen Eisenindexes (s. Kap. Hämochromatose).
Weitere Differenzialdiagnosen sind ein medikamentös-toxischer Leberschaden oder auch ein Morbus Wilson. Immunologische Lebererkrankungen lassen sich in der Regel durch Laboruntersuchung und Histologie von einer alkoholbedingten Lebererkrankung abgrenzen. Tab. 2 gibt einen Überblick über wichtige Differenzialdiagnosen und die weiterführende Diagnostik.
Tab. 2
Wichtige Differentialdiagnosen und die damit verbundene weiterführende Diagnostik
Anti-HCV, HCV-RNA
Chronische Hepatitis B
HBs-Ag, Anti-HBc, HBV-DNA, Anti-HBs
(Fremd-)Anamnese, AST/ALT-Ratio <1, Komorbiditäten
Hereditäre Hämochromatose
Transferrinsättigung, Ferritin i.S., HFE-Genotyp, hepatischer Eisenindex
Morbus Wilson
Freies Kupfer i.S., Caeruloplasmin, hepatische Kupferkonzentration, Kayser-Fleischer-Kornealring
IgG, ANA, Anti-SMA, Anti-LKM, Anti-SLA, Histologie
AMA, IgM, Histologie
Primär sklerosierende Cholangitis
pANCA, Sonographie, MRCP/ ERCP
Medikamentös-toxisch
Anamnese
Alpha-1-Antitrypsin im Serum, ggf. Genotypisierung

Therapie

Allgemeine Maßnahmen

Die Behandlung der alkoholischen Lebererkrankung orientiert sich im Wesentlichen am Stadium der Erkrankung und den damit verbundenen Komplikationen. Über allem steht jedoch die Alkoholabstinenz, die über alle Stadien hinweg die aus prognostischer Sicht mit Abstand wichtigste Intervention darstellt. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass frühe Stadien wie eine isolierte Fettleber, leichte Fibrose oder auch milde alkoholische Hepatitis infolge einer lebenslangen Alkoholkarenz reversibel sein können. Auch bei Patienten mit Leberzirrhose lässt sich durch eine Alkoholkarenz der weitere Verlauf häufig stabilisieren. Im Gegensatz dazu zeigen Patienten mit fortgesetztem Alkoholkonsum einen progredienten Verlauf mit einer wesentlich schlechteren Prognose.
Eine Malnutrition und damit verbundener Mangel bestimmter Vitamine und Spurenelemente (Folsäure, Thiamin, Zink, Vitamin D, Vitamin B6 etc.) ist bei Patienten mit fortgeschrittener alkoholbedingter Lebererkrankung häufig zu finden und sollte ausgeglichen werden.
Das Management von Komplikationen wie das Auftreten von Aszites, einer hepatischen Enzephalopathie oder einer Ösophagusvarizenblutung unterscheidet sich prinzipiell nicht von dem von Patienten mit anderer Ätiologie. Bei terminaler Leberzirrhose bleibt häufig nur die Lebertransplanation als letzte Behandlungsmaßnahme, wobei der Nachweis einer 6-monatigen Alkoholkarenz eine Voraussetzung ist.

Behandlung der schweren alkoholischen Hepatitis

Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis sind durch eine erheblich eingeschränkte Kurz- und Langzeitprognose gekennzeichnet: Die 1-Monats-Überlebensrate liegt durchschnittlich bei ca. 65 %, insgesamt überleben nur 30 % die nächsten 6 Monate. Daher wurden in der Vergangenheit verschiedene Scores entwickelt, um Patienten mit einem schweren Verlauf frühzeitig zu identifizieren (Tab. 3). Der am meisten verwendete Score ist der sog. Maddrey-Score, der als Variablen die Prothrombinzeit und das Serumbilirubin des Patienten einschließt. Ein Wert >32 ist gleichbedeutend mit einem schweren Verlauf und mit einer 1-Monats-Mortalität von 30–50 % assoziiert.
Tab. 3
Verschiedene Prognosescores bei alkoholischer Hepatitis
Score
Eingehende Variablen
Schwerer Verlauf bei
Maddrey Discriminant Function
Prothrombinzeit, Bilirubin
Score >32
Glasgow alcoholic hepatitis Score
Alter, Bilirubin, Harnstoff, Prothombinzeit, Leukozyten
Score >9
Kreatinin, Bilirubin, INR
MELD >21
ABIC-Score
Alter, Bilirubin, INR, Kreatinin
Score >9,0 „high risk“
Verschiedene Studien und Metaanalysen haben den Erfolg einer Behandlung mit Glukokortikoiden im Falle einer schweren alkoholischen Hepatitis untersucht– mit zum Teil divergenten Ergebnissen. Nach der aktuellen Datenlage scheinen nur Patienten mit einem schweren Verlauf (Maddrey-Score >32 oder hepatische Enzephalopathie) von einer Behandlung zu profitieren (1-Monats-Überleben 80 vs. 65 %). Patienten mit einem Maddrey-Score <32 sollten im Gegensatz dazu aufgrund fehlender Evidenz nicht mit Glukokortikoiden behandelt werden. Ein übliches Behandlungschema für den Fall einer Therapieindikation ist die Gabe von Prednisolon 40 mg über 4 Wochen und mit nachfolgender Reduktion über 2–4 Wochen.
Da jedoch nur circa zwei Drittel der behandelten Patienten auch auf die Behandlung ansprechen und eine langfristige Behandlung mit Glukokortikoiden aufgrund des darunter erhöhten Infektionsrisikos nicht unproblematisch ist, wurde in der Vergangenheit ein Score entwickelt, der das Ansprechen nach 7 Tagen Therapie voraussagt (sog. Lille-Modell). Patienten mit einem Wert >0,45 wiesen in der Studie trotz Behandlung mit Glukokortikoiden eine unverändert schlechte Prognose auf, die sich von der unbehandelter Patienten nicht unterschied (6-Monats-Überleben 25–30 %). Eine Fortführung der Behandlung wird in diesen Fällen daher nicht empfohlen.
Eine mögliche Alternative bei Kontraindikationen für eine Therapie mit Glukokortikoiden stellt die Behandlung mit Pentoxifyllin dar. Die Evidenz dazu ist jedoch spärlich. Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis und einem Maddrey-Score >32 zeigten in der bislang einzigen publizierten randomisierten, placebokontrollierten Studie eine signifikant verbesserte 6-Monats-Überlebensrate (24 % vs. 46 %). Der Überlebensvorteil in dieser Studie war primär auf eine geringere Inzidenz eines hepatorenalen Syndroms im Behandlungsarm zurückzuführen.
Hingegen scheint ein frühzeitiger Wechsel auf Pentoxifyllin bei zuvor mit Glukokortikoiden behandelten Patienten, die nach dem Lille-Modell als Nonresponder klassifiziert werden, nicht zu einer Verbesserung der Prognose zu führen.
Ebenso konnte für die Kombinationsbehandlung mit Pentoxifyllin und Glukokortikoiden im Vergleich zur Monotherapie mit Glukokortikoiden in einer kürzlich publizierten belgisch-franzöischen Multicenter-Studie kein Überlebensvorteil aufgezeigt werden (6-Monats-Überleben in beiden Armen ca. 69 %).
Möglichweise profitieren die Patienten jedoch von einer Behandlung mit Glukokortikoiden und Acetylcystein (ACC). Patienten mit einer solchen Kombinationstherapie wiesen in einer Studie im Vergleich zu Patienten mit Glukokortikoidmonotherapie eine niedrigere 1-Monats-Mortalitätsrate auf (8 % vs. 24 %, p = 0,006). Ein hepatorenales Syndrom als Todesursache war im Kombinationsarm deutlich seltener. Das 6-Monats-Überleben, der primäre Studienendpunkt, unterschied sich zwischen beiden Gruppen jedoch nicht signifikant.
Für andere Therapien, wie z. B. der Einsatz von TNF-Inhibitoren, konnte in der Vergangenheit kein Überlebensvorteil nachgewiesen werden.
Das Management von Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis sollte auch immer ein Screening auf eine bestehende Infektion beinhalten, die in bis zu 25 % der Fälle bei Diagnosestellung vorliegt. Häufigster Fokus ist demnach eine spontan bakterielle Peritonitis, gefolgt von pulmonalen Infektionen und Harnwegsinfektionen. Darüber hinaus wurde bei Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis, die mit Glukokortikoiden behandelt wurden, auch eine Häufung invasiver Aspergillosen beschrieben.
Zusammenfassend haben Patienten mit schwerer alkoholischer Hepatitis eine schlechte Prognose. Nur ein Teil der Patienten scheint von einer spezifischen Therapie zu profitieren. Eine Lebertransplantation kommt für die Patienten aufgrund der meist bestehenden Alkoholabhängigkeit nicht in Frage.
Kürzlich konnte eine Studiengruppe aus Frankreich nachweisen, dass hochselektionierte Patienten mit einer schweren alkoholischen Hepatitis (Maddrey-Score >32) und mit einem fehlenden Ansprechen auf eine Behandlung mit Glukokortikoiden (Lille-Score >0,45) von einer frühzeitigen Lebertransplantation profitieren (6-Monats-Überleben 77 % vs. 23 %, p < 0,001). Voraussetzung für eine Transplantation war ein stabiles soziales Umfeld und die Evaluation durch verschiedene Instanzen (Familie, Psychiater, Hepatologen, Internisten). 12 % der Patienten konsumierten im Posttransplantverlauf wieder Alkohol. Häufigste Todesursache nach Transplantation waren Infektionen, insbesondere invasive Aspergillosen. Die Studie wurde national und international kritisch diskutiert. Aufgrund des zunehmenden Organsmangels ist eine Ausweitung der Empfängerkriterien auf Patienten mit schwerer, therapierefraktärer alkoholischer Hepatitis aktuell nicht in Sicht.

Verlauf und Prognose

Die individuelle Prognose von Patienten mit alkoholbedingter Lebererkrankung wird v. a. durch die Schwere der Erkrankung und mögliche Komplikationen beeinflusst. Eine Alkoholkarenz verbessert die Prognose, insbesondere in frühen Stadien, da hier noch von einer Reversibilität der histologischen Veränderung auszugehen ist. Chronischer Alkoholkonsum oberhalb der oben angeführten Grenzen führt in >90 % der Fälle zur Ausbildung einer Steatosis hepatis. Bei fortgesetztem Konsum entwickelt sich nach im Schnitt 10 Jahren bei 10 % eine Leberzirrhose. 10–35 % der Patienten mit Alkoholabusus und Fettleber entwickeln im natürlichen Verlauf eine alkoholische Hepatitis, die in ca. 50 % der Fälle zur Ausbildung einer Leberzirrhose führt.
Auch die Langzeitprognose der alkoholischen Leberzirrhose wird wesentlich durch das Einhalten einer Alkoholabstinenz beeinflusst. Kompensierte Patienten mit Alkoholabstinenz weisen 5-Jahres-Überlebensraten (5-JÜR) bis zu 80–90 % auf. Bei fortgesetztem Alkoholkonsum liegt die 5-JÜR jedoch unter 70 %. Dekompensierte Zirrhosepatienten weisen eine signifikant schlechtere Prognose auf, insbesondere bei fortgesetzten Alkoholkonsum liegt die 5-JÜR bei nur noch <30 %. 3–10 % der Patienten mit Leberzirrhose entwickeln im Verlauf ein hepatozelluläres Karzinom.
Literatur
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