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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 07.04.2023

Amöbiasis

Verfasst von: Sebastian G. Schönherr und Christoph Lübbert
Als Amöbiasis wird eine Infektion mit Entamoeba histolytica bezeichnet. Primär betrifft diese das Kolon, sekundär können auch weitere Organe, insbesondere die Leber betroffen sein. Die Infektion erfolgt fäkal-oral durch Aufnahme von Zysten, z. B. mit kontaminierter Nahrung oder Getränken. Die meisten Amöbeninfektionen verlaufen asymptomatisch. Klinische Manifestationen beginnen in der Regel subakut über wenige Wochen. Typische Symptome reichen von milder Diarrhoe über abdominelle Krämpfe, blutig-schleimige Diarrhoe, Schüttelfrost und Fieber im Rahmen der Amöbendysenterie (Amöbenruhr) bis hin zu fulminanten Kolitiden mit dem Risiko der Darmperforation. Der Amöbenleberabszess stellt die weitaus häufigste extraintestinale Absiedelung der Amöbiasis dar. Als wichtigste Diagnostika stehen die native Stuhlmikroskopie, Antigentests und PCR-Methoden zur Verfügung. Im Gegensatz zur Mikroskopie weisen Antigentests und PCR eine höhere Sensitivität auf und ermöglichen eine Speziesdifferenzierung. Als bildgebendes Verfahren ist insbesondere die Sonografie zur Abklärung möglicher Amöbenleberabszesse relevant. Therapeutisches Mittel der Wahl für alle symptomatischen Amöbeninfektionen ist die systemische Antibiose mit Metronidazol. Unabhängig von der Symptomatik ist zudem bei allen Patienten mit Erregernachweis eine Sanierung des Darmlumens mittels eines intraluminal wirkenden Antibiotikums (z. B. Paromomycin) indiziert, um die Weitergabe und spätere Entwicklung von Symptomen zu vermeiden.

Definition

Die Amöbiasis bezeichnet eine Infektion durch das einzellige Protozoon Entamoeba histolytica.

Erreger

Es gibt vier Amöbenspezies, die sich morphologisch nicht unterscheiden: E. histolytica, E. dispar, E. moshkovskii und E. bangladeshi. Lediglich E. histolytica gilt als sicher humanpathogen und ist daher der einzige Erreger der Amöbiasis. Morphologisch sind zwei Entwicklungsstadien von E. histolytica zu unterscheiden: Trophozoiten und Zysten. Als Trophozoiten werden vegetative Amöben bezeichnet, die durch verschiedene Virulenzfaktoren in der Lage sind, ins Gewebe einzudringen, Wirtszellen abzutöten und zu phagozytieren. Aus Trophozoiten entstehen vierkernige Zysten, welche die infektiöse, bekapselte und dadurch umweltresistentere Ruheform des Erregers darstellen.

Epidemiologie

Amöbeninfektionen treten weltweit auf, betreffen aber disproportional ressourcenschwache Regionen mit schlechten Hygienebedingungen. Insgesamt sind schätzungsweise 10 % der Weltbevölkerung mit intestinalen Amöben infiziert, wobei der weitaus größte Teil jedoch auf nicht pathogene Amöben, insbesondere E. dispar zurückzuführen ist. Die Amöbiasis zählt zu den weltweit häufigsten Durchfallursachen und hat jährlich etwa 55.000 Todesfälle zur Folge. Aufgrund der limitierten Diagnostik und Surveillance in vielen Endemiegebieten liegen genaue Daten zur weltweiten Krankheitslast leider nicht vor. Einzelne Studien weisen jedoch auf hohe Prävalenzen in Endemiegebieten mit schlechten Hygienebedingungen hin. So betrug 2015 beispielsweise in ländlichen Regionen Mexikos die Seroprävalenzrate von E. histolytica bis zu 42 %, und eine Querschnittsstudie im Nordosten Indiens erbrachte im selben Jahr E.-histolytica-Nachweise mittels PCR bei 13,7 % der getesteten Stuhlproben. In Industrienationen kommt E. histolytica hingegen kaum endemisch vor. In Deutschland sind daher vor allem Reisende und Menschen mit Migrationshintergrund betroffen. Laut Daten des GeoSentinel-Surveillance-Netzwerks ist E. histolytica der am dritthäufigsten nachgewiesene Erreger infektiöser Gastroenteritiden bei Reiserückkehrern aus Endemiegebieten (mit 12,5 % der Erregernachweise). Studien aus Taiwan, Japan und der VR China zeigen zudem deutlich höhere Prävalenzen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), insbesondere bei HIV-Koinfektion. Asymptomatische Infektionen und Amöbenkolitiden scheinen unterschiedliche Altersgruppen und Geschlechter ähnlich stark zu betreffen. Im Gegensatz dazu treten invasive Verläufe und Amöbenleberabszesse aus bislang ungeklärten Gründen 3- bis 20-fach häufiger bei Männern zwischen 18 und 50 Jahren als bei anderen Gruppen auf.

Übertragungsweg

Die Infektion erfolgt fäkal-oral durch Aufnahme infektiöser Zysten (Abb.  1 und  2), beispielsweise durch Schmierinfektionen über die Hände, kontaminierte Lebensmittel und kontaminiertes Wasser, sowie während des Sexualkontaktes, insbesondere bei MSM. Die Zysten werden von häufig asymptomatischen Individuen mit dem Stuhl ausgeschieden und können unter feuchten und kühlen Bedingungen über Wochen bis Monate überleben.

Infektionszyklus und Pathogenese

Bereits die Aufnahme einer einzigen Zyste kann ausreichen, um eine Infektion zu verursachen. Im Darm entstehen durch Exzystierung und Teilung einkernige Trophozoiten. Diese siedeln sich primär saprophytär im Dickdarm an, wo sie überwiegend asymptomatisch das Darmlumen besiedeln. Durch verschiedene pathogene Mechanismen wie Adhäsion, Phagozytose sowie Induktion von Apoptose sind gewebsinvasive Trophozoiten (früher Magnaformen genannt) jedoch auch in der Lage, nahezu sämtliche menschliche Gewebe zu zerstören (daher „histolytica“) und die Schleimhautbarriere zu durchdringen (Abb. 3). In der Folge kommt es zur invasiven Amöbenkolitis mit verstärkter Sekretbildung und Blutung sowie – bei Eindringen in die Pfortader – zu extraintestinalen Manifestationen, insbesondere dem Amöbenleberabszess. Der größte Teil der Trophozoiten bleibt jedoch saprophytär im Kolon, vermehrt sich durch Teilung und enzystiert sich wieder mit Bildung einer Zystenmembran. Durch Kernteilungen und Dehydratation im Kolon entstehen vierkernige Zysten, welche mit dem Stuhl ausgeschieden werden und zu erneuten Infektionen führen können.

Klinik

Etwa 90 % der E.-histolytica-Infektionen verbleiben asymptomatisch. Die Gründe hierfür sind noch wenig verstanden, jedoch scheint das Zusammenspiel verschiedener Erreger-, Wirts- und Umweltfaktoren von Relevanz zu sein. Risikofaktoren, die mit schwereren Verläufen assoziiert sind, umfassen etwa junges Alter, Schwangerschaft, Kortikosteroidtherapie, Alkoholismus und Unterernährung. So beschrieb ein systematischer Review mit Amöbiasis-Patienten, die aufgrund einer Fehldiagnose Kortikosteroide erhielten, eine rapide klinische Verschlechterung und eine Mortalitätsrate von 25 %.

Intestinale Amöbiasis

Eine feststehende Inkubationszeit ist nicht bekannt. Der Symptombeginn ist in der Regel subakut, mit einer Symptomzunahme über ein bis drei Wochen. Symptome der Amöbenkolitis umfassen typischerweise Durchfall, abdominelle Krämpfe und Schmerzen, seltener zudem Fieber und Gewichtsverlust. Massive Durchfälle sind eher untypisch. In der Praxis kann eine Amöbenkolitis einem Reizdarmsyndrom ähneln. Als Amöbendysenterie (Amöbenruhr) werden Verläufe mit blutig-schleimiger Diarrhoe bzw. Auflagerungen auf dem Stuhl bezeichnet, welche Folge einer stärkeren Entzündung und Gewebeinvasion sind. Diese gehen häufiger mit stärkeren Allgemeinsymptomen wie Fieber und Schüttelfrost sowie Tenesmen einher. Fulminante Verläufe mit septischen Temperaturen, ausgeprägter Leukozytose, geblähtem Abdomen und peritonitischen Symptomen treten insbesondere bei Immunsuppression auf. Hierbei besteht das Risiko der Entwicklung eines toxischen Megakolons und in der Folge einer Darmperforation. Sehr selten kommt es in Folge einer Amöbenkolitis (Abb. 4) zur Entwicklung von entzündlichen Tumoren aus Granulationsgewebe, welche als Amöbome bezeichnet werden.

Extraintestinale Amöbiasis

Der Amöbenleberabszess stellt die weitaus häufigste extraintestinale Manifestation der Amöbiasis dar Der Abszess kann Wochen bis Jahrzehnte nach Exposition auftreten. Eine vorher aufgetretene Amöbenkolitis ist häufig nicht zu eruieren, und Amöben werden zum Diagnosezeitpunkt meist nicht mehr nachgewiesen. Der Symptombeginn kann subakut bis akut sein. Typische Symptome umfassen rechtsseitige Oberbauchschmerzen, Fieber und ein deutliches Krankheitsgefühl. Zudem können Gewichtsverlust und Husten als Folge der Kompression der rechten Lunge durch die Lebervergrößerung vorliegen. Meist handelt es sich um einen großen Solitärabszess im rechten Leberlappen, oft subdiaphragmal und wandständig zur Thoraxwand (Abb. 5). Selten sind, auch unter Einbeziehung des linken Leberlappens, multiple Abszesse vorhanden. Typische Laborbefunde umfassen eine Leukozytose ohne Eosinophilie und erhöhte alkalische Phosphatase (AP)-Werte. Die wichtigste und mitunter lebensgefährliche Komplikation stellt die Abszessruptur dar, in deren Folge es zu plötzlich auftretender Peritonitis und Schock kommt. Abhängig von der Abszesslokalisation kann es zu Rupturen in das Peritoneum oder die Pleura bzw. Lunge sowie selten das Perikardium kommen. Durch hämatogene Aussaat von einem Amöbenleberabszess kann es zudem selten zum Amöbenhirnabszess kommen, welcher eine äußerst gefährliche Komplikation darstellt. Eine weitere seltene Manifestation ist die genitale Amöbiasis, die als Folge einer rektovaginalen Fistelbildung entstehen kann. Auch kutane Manifestationen mit flächigen Hautulzera in der Anogenital- und Leistenregion sind in der Literatur beschrieben.

Differenzialdiagnosen

Wichtige Differenzialdiagnosen sind andere Ursachen für akute und blutige Diarrhoen, beispielsweise intestinale Infektionen durch Shigellen, Clostridioides difficile, Campylobacter spp. und enteroinvasive E. coli (EIEC). Hinzu kommen nicht-infektiöse Ursachen wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) oder das Reizdarmsyndrom (RDS, Colon irritabile). Relevante Differenzialdiagnosen zum Amöbenleberabszess sind insbesondere bakterielle (pyogene) Leberabszesse sowie die zystische und die alveoläre Echinokokkose.

Diagnostik

Eine Reihe spezifischer Diagnostika stehen für die Diagnosestellung der Amöbiasis zur Verfügung. Die Stuhluntersuchungen mittels Mikroskopie, Antigentests und PCR haben dabei den höchsten Stellenwert. In der Regel ist eine Kombination von Methoden erforderlich, um die Diagnose zu erhärten. Extraintestinale Manifestationen wie der Amöbenleberabszess stellen eine größere diagnostische Herausforderung dar als intestinale, da hier aufgrund der langen Inkubationszeit häufig kein direkter Erregernachweis im Stuhl möglich ist. Entzündungsparameter im Blut können der Abschätzung der Krankheitsschwere und zur Verlaufsbeurteilung dienen. Zum Ausschluss bzw. der Diagnose eines Leberabszesses sollte bei Verdacht auf oder Nachweis einer Amöbiasis eine Abdomen-Sonografie erfolgen. Da die Koloskopie bei Amöbenkolitis mit einem erhöhten Perforationsrisiko einhergeht, sind nicht-invasive Verfahren bei Verdacht auf Amöbiasis zu bevorzugen.

Stuhluntersuchung

Mikroskopie

In der Stuhlmikroskopie können sowohl Zysten als auch Trophozoiten dargestellt werden (Abb. 1). Frischer Stuhl erhöht hierbei die Sensitivität. Der mikroskopische Nachweis erfordert jedoch Erfahrung und ist mitunter zeitaufwändig. Aufgrund der begrenzten Sensitivität der Mikroskopie (ca. 70 %) sollten mindestens drei frische Stuhlproben aus unterschiedliche Stuhlgängen mikroskopiert werden. Ein wesentlicher Nachteil der Mikroskopie besteht neben der begrenzten Sensitivität darin, dass sich E. histolytica morphologisch meist nicht von den apathogenen bzw. fraglich pathogenen Spezies E. dispar, E. bangladeshi und E. moshkovskii unterscheiden lässt. Lediglich bei Nachweis von Trophozoiten, die Erythrozyten phagozytiert haben (früher als Magnaform bezeichnet) ist ein E.-histolytica-Nachweis und damit die Diagnosestellung möglich. Spezifische Antigen- und PCR-Tests stehen daher heute diagnostisch im Vordergrund.

Antigentest

Antigentests sind sensitiver als die Mikroskopie, schnell und einfach durchzuführen und in der Lage, zwischen den Antigenen von E. histolytica und E. dispar zu unterscheiden. Sie sollten in der täglichen Praxis bevorzugt zur Anwendung kommen.

PCR

Die PCR-Diagnostik im Stuhl besitzt die höchste Sensitivität und erlaubt eine sichere Speziesdifferenzierung. Der PCR-Nachweis gilt daher als diagnostischer Goldstandard. Amöbiasis-PCRs werden jedoch nur in Speziallabors durchgeführt und sind vergleichsweise teuer.PCR-Untersuchungen kommen daher nicht routinemäßig zum Einsatz, sind aber z. B. dann sinnvoll, wenn trotz negativer Mikroskopie und Antigentest der begründete Verdacht auf eine Amöbiasis besteht, sowie bei anderen speziellen Fragestellungen.

Serologie

Etwa 99 % der Patienten mit extraintestinaler Amöbiasis und ca. 90 % mit intestinaler Amöbiasis bilden innerhalb einer Woche Antikörper gegen E. histolytica. Diese können mitunter für Jahre positiv bleiben, somit hat die Serologie vor allem einen Stellenwert zum Ausschluss eines Amöbenleberabszesses. Bei Patienten mit Herkunft aus Endemiegebieten ist die Aussagekraft der Serologie begrenzt.

Diagnostik bei Verdacht auf Amöbenleberabszess

Die abdominelle Sonografie ist bei hoher Sensitivität das Mittel der Wahl zum Nachweis eines Amöbenleberabszesses. Typischerweise stellt sich der Abszess rund, solitär, echoarm und ohne klare Wand dar und ist häufig peripher im rechten Leberlappen gelegen. Da eine Differenzierung von anderen Abszessätiologien rein bildgebend schwierig ist, ist die Spezifität begrenzt. In Zusammenschau mit einem Erregernachweis aus dem Stuhl oder einer positiven Serologie bei passender Klinik und Reiseanamnese kann die Diagnose des Amöbenleberabszesses meist zuverlässig gestellt werden. Eine perkutane diagnostische Abszesspunktion ist nur bei drohender Perforationsgefahr indiziert. Amöben können in dem durch ständige Einblutungen typischerweise blutig bis bräunlich gefärbten (Abb. 6), seltener rahmig-gelben Eiter mikroskopisch meist nicht nachgewiesen werden, da sie sich in erster Linie in der Abszesswand befinden. Eine erweiterte Schnittbildgebung (Computertomografie [CT] oder ggf. Magnetresonanztomografie [MRT]) kann ergänzend sinnvoll sein bei zwerchfellnahen Abszessen und bei V. a. eine Perforation. Die beim Amöbenleberabszess erhöhten Entzündungswerte (deutliche Leukozytose und Erhöhung des CRP) dienen als Verlaufsparameter. Transaminasen und Cholestaseparameter sind meist nicht oder nur moderat erhöht und geeignet, um Kompressionsfolgen zu erfassen. Zur differenzialdiagnostischen Abklärung von bakteriellen Abszessen sollten immer auch Blutkulturen abgenommen werden. Eine Eosinophilie ist beim Amöbenleberabszess nicht typisch. Liegt diese vor, sind bei entsprechender Reiseanamnese akute parasitär bedingte Leberabszesse beispielsweise durch Fasciola hepatica oder Askariden wichtige Differenzialdiagnosen.

Therapie

Mittel der Wahl für die Therapie einer invasiven Amöbiasis ist Metronidazol. Metronidazol wirkt sehr gut gegen alle gewebsinvasiven Formen, jedoch nicht ausreichend gegen manche Formen im Darmlumen. Daher werden anschließend (oder simultan) zur Sanierung einer möglicherweise zurückbleibenden Darmlumeninfektion nicht resorbierbare sog. Kontaktamöbizide verabreicht. Paramomycin ist hierbei Mittel der Wahl und Diloxanid-Furoat überlegen. Bei den weitaus häufigeren asymptomatischen Darmlumeninfektionen wäre eine Behandlung mit Paromomycin oder einem anderen darmlumenwirksamen Medikament ausreichend. Da sich aber nicht immer sicher eine bereits eingetretene Gewebsinvasion durch einzelne Amöben ausschließen lässt, kann eine zusätzliche Metronidazol-Behandlung erwogen werden. Die Dosierungen bei Erwachsenen sind wie folgt:
  • Metronidazol 3 × 10 mg/kg Körpergewicht/d (max. 3 × 800 mg/d) i.v. oder oral über 10 Tage
  • Paromomycin 25–30 mg/kg Körpergewicht/d in drei Einzeldosen oral über 7–10 Tage
Im Gegensatz zu bakteriellen Abszessen ist der Amöbenleberabszesses in der Regel rein konservativ-medikamentös gut zu behandeln und bedarf nur in Ausnahmefällen einer chirurgischen Intervention. Die Medikation entspricht dabei der der Amöbenkolitis. In der Regel zeigt sich unter Therapie mit Metronidazol eine rasche klinische Besserung mit Abnahme des Druckschmerzes und Fieberabfall bereits in den ersten zwölf Stunden. Nach erfolgreicher Therapie bildet sich die Abszesshöhle erst allmählich über viele Wochen bis Monate zurück. Wenn der klinische Zustand einen Therapiebeginn vor der serologischen Bestätigung der Diagnose notwendig macht, sollte zusätzlich zu Metronidazol eine empirische Therapie bakterieller Leberabszesse (z. B. durch zusätzliche Gabe von Cefotaxim 3 × 2 g i.v.) erwogen werden. Eine Abszesspunktion kann bei großen Amöbenleberabszessen (>10 cm) unter bereits begonnener Metronidazol-Therapie erwogen werden, da sich so eine schnellere Symptomreduktion erzielen lässt. Zudem ist sie bei unklarer Differenzialdiagnostik zur parasitologischen und mikrobiologischen Untersuchung des Abszesspunktats sinnvoll. Potenziell lebensgefährliche Komplikationen mit Ruptur in benachbarte innere Hohlräume (z. B. Pleurahöhle, Perikard) erfordern stets ein intensivmedizinisches individuelles Vorgehen.

Prophylaxe

Der Schutz vor einer Amöbeninfektion, vor allem bei Reisen in Tropen und Subtropen, entspricht den allgemeinen Regeln zum Schutz vor bakteriellen Darminfektionen. Besonders wichtig ist die vorherige reisemedizinische Beratung bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und chronischen Lebererkrankungen. Wenn beispielsweise CED-Patienten im schubfreien Intervall als Rucksacktouristen in Hochprävalenzländer wie Indien reisen, kann das Auftreten einer Amöbenkolitis zur Überlagerung beider Erkrankungen führen. Bei gesunden Zystenausscheidern, die z. B. im Rahmen eines Screenings nach Reiserückkehr diagnostiziert werden, sollte eine Behandlung mit Paromomycin p.o. erfolgen, um eine spätere invasive Infektion oder Übertragungen zu vermeiden.

Meldepflicht

Laut Infektionsschutzgesetz ist die Amöbiasis in Deutschland nur dann meldepflichtig, wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist.
Literatur
Abd El Bagi ME, Sammak BM, Mohamed AE, Al Karawi MA, Al Shahed M, Al Thagafi MA (2004) Gastrointestinal parasite infestation. Eur Radiol 14(Suppl 3):E116–E131. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00330-003-2041-2CrossRefPubMed
Internetadressen
https://​register.​awmf.​org/​assets/​guidelines/​042-002l_​S1_​Diagnostik-Therapie-Amoebiasis_​_​2022-05_​03.​pdf (Update der S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Amöbiasis der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit, DTG)