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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 10.07.2015

Anaphylaktische Reaktionen

Verfasst von: Ingo Sagoschen
Die anaphylaktische Reaktion stellt eine gravierende, potenziell lebensbedrohliche Form der allergischen Reaktion dar. Als auslösendes Agens stehen Nahrungsmittel, Insektenstiche und Medikamente an vorderster Stelle. Die bedeutendsten Manifestationen erscheinen an Haut, Atemwegen, kardiovaskulärem System und Gastrointestinaltrakt. Führender Pathomechanismus ist die innerhalb von Sekunden bis Minuten eintretende Permeabilitätserhöhung der Kapillaren mit nachfolgender Plasmaexsudation und die zytokinvermittelte Vasodilatation. Entsprechend der Intensität der klinischen Symptomatik der Anaphylaxie hat sich eine Einteilung in Schweregrade von I bis IV nach Ring und Messemer bewährt. Entscheidend für die Diagnosestellung bei der akuten anaphylaktischen Reaktion ist die klinische Präsentation des Patienten mit Expositions- und eventueller Allergieanamnese und klinischer Untersuchung. Individuelle Risikofaktoren für eine schwere anaphylaktische Reaktion sind im Kindes- und Jugendalter ein Asthma bronchiale, eine anaphylaktische Reaktion in der Vorgeschichte, eine atopische Dermatitis mit hochgradiger Sensibilisierung und eine Mastozytose. Vor allem im Jugend- und Erwachsenenalter besteht ein Zusammenhang zwischen Augmentationsfaktoren und dem Auftreten einer anaphylaktischen Reaktion. Nach initialer Stabilisierung und Behandlung ist eine allergologische Diagnostik mit Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper unabdingbar. Die initialen Maßnahmen haben zum Ziel, die weitere Zufuhr des Allergens zu stoppen, die Vitalfunktionen zu erhalten, die anaphylaktische Reaktion zu limitieren und schließlich zu beenden sowie den Übergang zur Diagnostik und zur präventiven Therapie zu schaffen. Die systemische Adrenalingabe stellt das Mittel der Wahl zur Kreislaufstabilisierung dar. Patienten, die eine schwere Anaphylaxie erlitten haben und bei denen ein weiteres Anaphylaxierisiko besteht, sollten mit einem Selbstmedikationsset ausgestattet werden und eine entsprechende Patientenschulung erhalten.

Definition

Die anaphylaktische Reaktion stellt eine gravierende, potenziell lebensbedrohliche Form der allergischen Reaktion dar. Anaphylaxie bedeutet Schutzlosigkeit, also das Gegenteil von Immunität. In der heute verbreiteten klinischen Definition umfasst die anaphylaktische Reaktion verschiedene Formen der Allergie auf exogen zugeführte Stoffe, die sich meist mit einer typischen akuten klinischen Manifestation zeigen, selten aber auch okkulte, chronische und atypische Verläufe nehmen können. Als auslösendes Agens stehen Nahrungsmittel, Insektenstiche und Medikamente an vorderster Stelle.

Pathophysiologie

Bei der akuten anaphylaktischen Reaktion steht die Immunglobulin-E-vermittelte Aktvierung der Immun- und Zytokinkaskade im Vordergrund. Präformierte Antikörper gegen das auslösende Agens führen zur Freisetzung von vasoaktiven Substanzen aus Mastzellen und basophilen Granulozyten. Neben dem zentralen Mediator Histamin sind auch Tryptase, Carboxypeptidase A, Prostaglandin D2, Leukotriene, plättchenaktivierender Faktor (PAF) und verschiedene Zytokine sowie weitere Prostaglandine beteiligt.
Es kommt zunächst lokal und eventuell sekundär generalisiert zu einer Vasodilatation, erhöhter Gefäßpermeabilität und zur Aktivierung des Komplementsystems sowie der Gerinnungskaskade. Es sind weiter Immunmechanismen beschrieben, bei denen Immunkomplexe aus dem Allergen und IgG- oder IgM-Antikörpern eine Komplementaktivierung mit Freisetzung von Komplementfaktoren C3a und C5a sowie Mastzellen oder basophilen Leukozyten zur Mediatorfreisetzung stimulieren (Järvinen et al. 2008; Kalesnikoff und Galli 2010; Khan et al. 2011; Vadas et al. 2008).
Lässt sich kein IgE-vermittelter Mechanismus nachweisen, spricht man von nicht immunologischen, pseudoallergischen oder anaphylaktoiden Reaktionen. Auslösend können physikalische Faktoren, wie Hitze oder Kälte, Medikamente, wie nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR), Antibiotika (z. B. Vancomycin), sein (Khan et al. 2011; Lee und Vadas 2011; Ring et al. 2010).
Die resultierenden klinischen Symptome sind unabhängig davon, ob die Zellaktivierung immunologisch oder nicht immunologisch erfolgt, und sind somit außerlich nicht unterscheidbar.

Epidemiologie

Genaue Angaben zur Inzidenz der anaphylaktischen Reaktionen in Deutschland existieren nicht. Für die Allgemeinbevölkerung in den industrialisierten Ländern wird mit einer Inzidenz zwischen 2–49 Ereignissen pro 100.000 Personen und Jahr gerechnet. Dabei finden sich alters- und geschlechtsabhängig variierende Inzidenzen. Generell nimmt in beiden Geschlechtern die Inzidenz der Anaphylaxie mit dem Alter ab (Beyer et al. 2012; Worm 2013; Zapol et al. 1979). Auch ein höherer Sozialstatus erhöht das Risiko für anaphylaktische Reaktionen (Lieberman und Lieberman 2008).
Sowohl die Inzidenz als auch die Lebenszeitprävalenz scheinen in den letzten zehn Jahren anzusteigen. Bei Kindern und Jugendlichen kam es insgesamt fast zu einer Verdoppelung der Inzidenz, mit einem besonderen Fokus auf die nahrungsmittelinduzierte Anaphylaxie, gefolgt von anaphylaktischen Reaktionen auf die Stiche von Hautflüglern wie Bienen, Wespen und Hornissen (Koplin et al. 2011; Tracy et al. 2011).

Klinik

Symptomatik

Die klinisch imponierenden Beschwerden haben nicht zwingend mit dem Kontaktweg zu tun. Sie können im Bereich der Expositionsstellen beginnen und sich dann generalisiert ausbreiten oder gleich systemisch in Erscheinung treten. Auch Augmentationsfaktoren können die Geschwindigkeit und den Schweregrad der Reaktion beeinflussen.
Die bedeutendsten Manifestationen erscheinen an Haut, Atemwegen, kardiovaskulärem System und Gastrointestinaltrakt. Führender Pathomechanismus ist die innerhalb von Sekunden bis Minuten eintretende Permeabilitätserhöhung der Kapillaren mit nachfolgender Plasmaexsudation und die zytokinvermittelte Vasodilatation.
Entsprechend der Intensität der klinischen Symptomatik der Anaphylaxie hat sich eine Einteilung in Schweregrade von I bis IV nach Ring und Messemer bewährt (Tab. 1).
Tab. 1
Schweregradeinteilung der anaphylaktischen Reaktion. (Modifiziert nach Ring und Messmer 1977 und Ring et al. 2014a)
Grad
Haut
Abdomen
Respirationstrakt
Herz-Kreislauf-System
I
Juckreiz
Flush
   
II
Juckreiz
Flush
Urtikaria
Angioödem (nicht obligat)
Nausea
Krämpfe
Rhinorrhö
Heiserkeit
Dyspnoe
Arrhythmie
Tachykardie (Anstieg ≥20/min)
Hypotonie (Abfall ≥20 mmHg systolisch)
III
Juckreiz
Flush
Urtikaria
Angioödem (nicht obligat)
Erbrechen
Defäkation
Larynxödem
Bronchospasmus
Zyanose
Schock
IV
Juckreiz
Flush
Urtikaria
Angioödem (nicht obligat)
Erbrechen
Defäkation
Atemstillstand
Kreislaufstillstand
In der Regel zeigt sich ein stadienhafter Verlauf, der jedoch rasch von Grad I bis Grad IV fortschreiten kann. Es können dabei ein oder mehrere Organsysteme beteiligt sein. Sind die Atemwege (Husten, Bronchokonstriktion, Heiserkeit, in- und/oder exspiratorisches Giemen durch Larynxödem, Atemnot) oder das Herz-Kreislauf-System (Tachykardie, Blutdruckabfall, Herzrhythmusstörungen) betroffen, deutet dies auf einen gravierenden Verlauf hin, und es sollte umgehende eine Therapie unter entsprechender Überwachung eingeleitet werden.
An der Haut zeigt sich ein generalisiertes Erythem, begleitet von Juckreiz, Urtikaria und/oder Angioödem. Gastrointestinale Beschwerden wie intestinale Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können sowohl durch Nahrungsmittel als auch durch Insektenstiche und Medikamente ausgelöst werden. Bei Kindern und Jugendlichen sind Symptome an Haut und Atemwegen/Lunge deutlich häufiger als die Beteiligung des Herz-Kreislauf-Systems oder des Gastrointestinaltrakts (Simons et al. 2007).

Zeitliche Kinetik

Die anaphylaktische Reaktion entwickelt sich nach einer intravenösen Allergenexposition meist rasch innerhalb von wenigen Minuten.
Subkutane Injektionen, auch Hyposensibilisierungsinjektionen, und Insektenstiche (z. B. durch Wespen, Bienen, Hornissen) bewirken eine Reaktion innerhalb von etwa 15 Minuten. Unabhängig von der Expositionsart gilt, dass die Reaktion umso schwerer ausfällt, je rascher sich die klinische Symptomatik entwickelt.
Bei oraler Aufnahme des Allergens, zum Beispiel bei festen Nahrungsmitteln (Erdnüsse, Baumnüsse) oder verkapselten Medikamenten (Tablettenform), können Reaktionen auch verzögert auftreten. Biphasische Verläufe mit einem zweiten Gipfel durchschnittlich nach sechs bis acht Stunden kommen eher selten vor, meist als Folge des Verbleibs des auslösenden Allergens im Körper und Nachlassen bzw. Unzulänglichkeit der Primärtherapie (Rietschel et al. 2013).

Diagnostik

Die initiale Vorstellung und Behandlung finden oft bei Notärzten, Hausärzten oder in Notaufnahmen von Kliniken statt. Sollte hier keine entsprechende Kompetenz vorliegen, ist der Patient, gerade nach schweren anaphylaktischen Reaktionen, zur weiteren Diagnostik und Therapie (inkl. Schulung zur Selbstbehandlung) einem spezialisierten Facharzt (z. B. einem Allergologen) vorzustellen.

Klinik

Entscheidend für die Diagnosestellung bei der akuten anaphylaktischen Reaktion ist die klinische Präsentation des Patienten mit Expositions- und eventueller Allergieanamnese (ggf. mit Augmentationsfaktoren) und klinischer Untersuchung.
Um den Schweregrad abschätzen zu können muss bei Untersuchung besonderes Augenmerk auf die freie Durchgängigkeit der Atemwege, eine ausreichende Sauerstoffversorgung (Atemfrequenz, SpO2-Messung, ggf. Blutgasanalyse) und die Kreislaufsituation (Blutdruck, Puls, Rekapillarisierungszeit, Laktatbestimmung) gelegt werden, um schwere Verlaufsformen zur detektieren.
Der Übergang von Diagnostik zu Therapie ist gerade bei schweren Reaktionen fließend, und der Patient sollte entsprechend überwacht und ggf. bei schwerem Verlauf einem kontinuierlichen Monitoring unterzogen werden. Patienten aller Altersklassen dürfen in dieser Frühphase nicht alleine gelassen werden, damit vor allem die rasch progressiven Verläufe nicht übersehen werden.

Klinische Diagnosekriterien

Patienten, die eine Urtikaria, Atemnot und/oder Hypotonie entwickeln – z. B. nach Genuss von bestimmten Nahrungsmitteln, nach initialer oder wiederholter Gabe von Medikamenten oder nach Insektenstichen – sind immer anaphylaxieverdächtig (Rietschel et al. 2013).
Eine klinische Definition der Anaphylaxie, definiert durch das „National Institute of Allergy and Infectious Disease and Food Allergy and Anaphylaxis Network“ aus dem Jahr 2005 besagt, dass eine Anaphylaxie hochwahrscheinlich ist, wenn eines der folgenden drei Kriterien erfüllt ist (Sampson et al. 2006):
1.
Akuter Beginn mit Beteiligung von Haut und/oder Schleimhaut und mindestens einem der folgenden Symptome:
a.
Atemstörung (z. B. Dyspnoe, Giemen, Stridor, Zyanose)
 
b.
Blutdruckabfall oder andere Symptome der Endorgandysfunktion (z. B. Kollaps, Synkope, Inkontinenz)
 
 
2.
Mehr als zwei der folgenden Symptome rasch nach Kontakt mit einem wahrscheinlichen Allergen:
a.
Haut- und/oder Schleimhautsymptome
 
b.
Atemstörung
 
c.
Blutdruckabfall
 
d.
Persistierende gastroenterale Symptome
 
 
3.
Blutdruckabfall rasch nach Kontakt mit einem bekannten Allergen
 

Allergenanamnese

Um das auslösende Agens zu identifizieren und einer Wiederholung der Reaktion vorzubeugen, muss, falls nicht bekannt, nach den ursächlichen Substanzen gesucht werden. Dabei ist vor allem der Zeitraum von 30 Minuten bis zu vier Stunden vor dem Ereignis interessant, im Einzelfall bei retardierten Medikamenten auch länger (Hompes et al. 2011; Lange et al. 2011; Muraro et al. 2007; Renaudin et al. 2013).
Insektengifte spielen bei Kindern (24 %) und Erwachsenen (55 %) eine bedeutende Rolle bei der Auslösung schwerer Anaphylaxien (Worm 2010).
Im Kindes- und Jugendalter stehen, nicht zuletzt wegen der Expositionshäufigkeit, Nahrungsmittel im Vordergrund. Sie sind in Registerdatenbaken für etwa 58 % der anaphylaktischen Reaktionen bei Kindern und Adoleszenten verantwortlich. Dabei findet sich eine Altersverteilung, die aber auch durch die Exposition beeinflusst wird. Bei Säuglingen stehen noch (Kuh-)Milch und Hühnereiweißallergien im Vordergrund, während bei Vorschulkindern vor allem Erdnüsse, aber auch Baumnüsse eine Rolle spielen.
Deutlich seltenere Allergene sind Fische, Krustentiere, Soja, Früchte (Kiwi, Äpfel), Weizen und Sesam. Oft finden sich hier auch Kreuzsensibilisierungen, die sowohl zu oralem Allergiesyndrom als auch (seltener) zu anaphylaktischen Reaktionen führen können:
  • Birkenpollenallergie mit Kernobst (Apfel, Pfirsich), Soja oder Nüssen (Hasel-, Para-, Walnuss)
  • Hausstaubmilbenallergie mit Krusten- oder Weichtieren.
Bedacht werden sollten auch mögliche versteckte Allergene wie Nahrungsmittelzusätze (Nahrungsmittelfarben, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Fischgelatine).
Anaphylaktische Reaktionen, ausgelöst durch Medikamente, sind zwar vorwiegend bei Erwachsenen beschrieben, kommen aber auch im Kindes- und Jugendalter vor. Dabei sind in Registerdaten vor allem NSAR und Antibiotika (meist Penicilline, aber auch Cephalosporine, seltener Gyrasehemmer), deutlich seltener Muskelrelaxanzien und Anästhetika zu finden. Röntgen- und MRT-Kontrastmittel waren hier eher selten Ursache einer Anaphylaxie. Reaktionen auf Latex wurden in den letzten Jahren seltener gesehen.
Bei einer vom Patienten geäußerten Medikamentenallergie lohnt sich regelhaft die Erhebung einer detaillierten Anamnese der Auslöseumstände, da vom Behandelten regelhaft empfundene Nebenwirkungen unter dem Begriff Allergie subsummiert werden. Dies kann im Einzelfall dazu führen dass wegen eine missverstandenen Unverträglichkeit/unerwünschten Wirkung in der Vergangenheit dem Patienten eine aktuell notwendige effektive Therapie vorenthalten wird. Eine Beispiel hierfür sind die häufig geäußerten Penicillinallergien, die sich bei näherer Betrachtung z. B. oft als leichte Diarrhoeepisoden darstellen. Hier wird dann regelhaft ohne nähere Anamnese auf weniger gut wirksame Therapiealternativen zurückgegriffen.
Auch bei NSAR kann es nach der Einnahme größerer, oft supratherapeutischer Mengen (z. B. im Rahmen von Selbstmedikationen) zu einer intensiven COX-Hemmung mit der Ausbildung anaphylaktoider Reaktionen kommen, ohne dass präformierte Immunglobuline vorliegen.
Weitere Formen der therapieassoziierten anaphylaktischen Reaktionen können bei subkutanen Hyposensibilisierungsinjektion (v. a. Steigerungsdosis, aber auch wiederholte Gabe von Erhaltungsdosen) und der sublingualen Hyposensibilisierung (deutlich seltener als bei subkutanen Injektionen) auftreten.

Risiko- und Augmentationsfaktoren

Individuelle Risikofaktoren für eine schwere anaphylaktische Reaktion sind im Kindes- und Jugendalter ein Asthma bronchiale, eine anaphylaktische Reaktion in der Vorgeschichte, eine atopische Dermatitis mit hochgradiger Sensibilisierung und eine Mastozytose (Lange et al. 2011; Ma 2012).
Für die anaphylaktischen Reaktion auf Insektenstiche konnten Rueff et al. an 962 Patienten zeigen, dass schwere Reaktionen (Stadium III/IV nach Ring und Messemer) u. a. durch männliches Geschlecht, Therapie mit ACE-Hemmer und Betarezeptorenblocker und Alter >30 Jahre begünstigt wurden (Rueff et al. 2009).
Es gibt Hinweise, dass das bewusste Vermeiden einer Exposition (hier z. B. Erdnüsse) im Kindesalter die Entwicklung von Allergien fördern kann (Toit et al. 2015).
Vor allem im Jugend- und Erwachsenenalter, in geringerem Umfang auch im Kindesalter, besteht ein Zusammenhang zwischen Augmentationsfaktoren (körperliche Anstrengung, Infektionen, Einnahme von NSAR, Alkohol, Zyklusabhängigkeit) und dem Auftreten einer anaphylaktischen Reaktion. Diese sollten daher auf jeden Fall anamnestisch erfasst bzw. strukturiert abgefragt werden. Beispielsweise kann der Verzehr von Weizenprodukten wie Pizza oder Pasta mit nachfolgender körperlicher Anstrengung bei einer Sensibilisierung gegen Omega-5-Gliadin aus dem Weizen eine schwere Anaphylaxie auslösen. Ähnliche Symptome wurden nach dem Genuss von rohem Obst, Hülsenfrüchten, Gemüse bzw. Erdnüssen, Krustentieren und nachfolgendem Sport beschrieben. Das Zeitintervall beträgt in der Regel unter zwei Stunden nach der Exposition. Für Medikamente ist eine Anstrengungsaugmentation vor allem für Analgetika, Antibiotika und Protonenpumpeninhibitoren beschrieben. Wylon et al. beschreiben einen Algorithmus (Abb. 1) zur diagnostischen Abklärung bei Verdacht auf anstrengungsinduzierte Anaphylaxie (Rietschel et al. 2013; Watanabe et al. 1990; Wong und Krishna 2013; Wylon et al. 2013).

Labor

Nach initialer Stabilisierung und Behandlung ist eine allergologische Diagnostik mit Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper unabdingbar (Abb. 2).

Tryptase- und Mediatorbestimmung

Die Bestimmung der Tryptase im Serum (biologische Halbwertszeit 2 h) sollte zur Abklärung herangezogen werden. Man sieht 15–120 Minuten nach Beginn der anaphylaktischen Reaktion die höchsten Anstiege im Serum. Diese sollen dann mit einer zweiten Probe nach 24 Stunden oder auch später verglichen werden. Die zweite Bestimmung eines individuellen Normalwertes ist vor allem bedeutend, da Patienten mit einer Mastozytose dauerhaft erhöhte Tryptasespiegel im Serum haben können. Diese sollten in jedem Fall identifiziert werden, um zu verhindern, dass sie fehlerhaft als „reine“ Allergiepatienten weiter behandelt werden.
Der Nachweis von Histamin und N-Methylhistamin im Serum bzw. Harn wird aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Histamin und zahlreichen Störfaktoren heute nicht mehr verfolgt. Der Nachweis von Prostaglandin D2 und PAF hat sich bei Verdacht auf Anaphylaxie ebenfalls nicht als eine praktikable diagnostische Hilfe bewährt (Estelle und Simons 2009; Lange et al. 2011).

Spezifisches Immunglobulin E

Als Basis der Diagnostik dient der Nachweis einer entsprechenden Sensibilisierung durch die Bestimmung von spezifischen IgE-Antikörpern im Serum gegen die verdächtigten Allergene, ggf. auch gegen deren Allergenkomponenten. Diese soll helfen, das auslösende Allergen zu identifizieren und Kreuzreaktivitäten sowie individuelle Reaktionsmuster besser einzugrenzen. So können durch den Nachweis von Antikörpern gegen bestimmte Allergenkomponenten schwere Reaktionen vorausgesagt werden. Die quantitative Höhe (Spiegel) der nachgewiesenen Antikörper ist dabei nicht aussagekräftig für die Schwere oder Wahrscheinlichkeit einer anaphylaktischen Reaktion – es existieren also (noch) keine definierten „Cut-off“-Werte. In vielen Fällen sind Antikörper gegen die Hauptantigene negativ (z. B. Soja [Gly-m-4] und Weizen [Tri-a-19]), und der Nachweis gelingt nur durch die Antikörper gegen diese Allergenkomponenten (Lange et al. 2011).

Hauttests

Ein alternatives Vorgehen ist der Hautpricktest, evtl. auch als „Prick-to-Prick“-Verfahren. Diese kommen vor allem zur Anwendung, wenn Anamnese und die In-vitro-Testung keine Aussage über das auslösende Allergen ergeben. Davon sollte Abstand genommen werden bei erhöhter Gefährdung durch den Hauttest (Rueff et al. 2011):
  • Sehr schwere anaphylaktische Reaktionen in der Anamnese
  • Bedeutsame Beschwerden zum Testzeitpunkt, vor allem Asthma bronchiale
  • Allergenkontakt kurz vor dem Test
  • Test mit hochkonzentrierten Allergenen
  • Intrakutantests
  • Test mit nativen Allergenen
  • Behandlung mit Betablockern
Klare Kontraindikationen sind:
  • Hautkrankheit im Testfeld
  • Deutlich beeinträchtigter Allgemeinzustand
  • Instabiles oder therapeutisch nicht adäquat eingestelltes Asthma bronchiale
  • Bei Tests, die mit dem erhöhten Risiko einer systemischen Reaktion behaftet sind: Behandlung mit Betablockern (Ausnahme: Vom Testresultat hängt eine wichtige therapeutische Entscheidung ab, und eine systemische anaphylaktische Reaktion ist aufgrund der Gesamtumstände mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten)
  • Schwangerschaft (Ausnahme: Vom Testresultat hängt eine wichtige therapeutische Entscheidung ab und eine systemische anaphylaktische Reaktion ist aufgrund der Gesamtumstände mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten)

Differenzialdiagnostik

Abzugrenzen sind vasovagale Synkopen, Panikattacken mit Hyperventilation, respiratorische Erkrankungen wie „vocal cord dysfunction“ und eine schwere bronchiale Hyperreagibilität, ferner das hereditäre Angioödem, die infektassoziierte Urtikaria und die Mastozytose. Wenn auch Letztere bei Erwachsenen als Komplikation bei der Insektengiftallergie eine ernst zu nehmende Rolle spielt, ist sie im Kindes- und Jugendalter eine ausgesprochene Rarität.
Die klinische Präsentation und Anamnese erlaubt in der Regel eine Unterscheidung zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie z. B. Glutamatunverträglichkeit. Abzugrenzen sind auch anaphylaktoide Reaktionen wie sie z. B. bei der raschen intravenösen Infusion von Vancomycin, hochdosierten N-Acetylcystein, hochdosierten NSAR auftreten können. Hier kann durch eine langsamere Infusion das Auftreten von klinischen Beschwerden zuverlässig vermeiden werden. Eine wichtige Differenzialdiagnose zur anstrengungsinduzierten Anaphylaxie ist die cholinerge Urtikaria.

Therapie

Zur Therapie der Anaphylaxie wurde 2014 eine S2K-Leitlinie von mehreren allergologischen Fachgesellschaften veröffentlicht (Ring et al. 2014a).
Weil der Verlauf einer anaphylaktischen Reaktion, vor allem die maximale Schwere von den ersten Symptomen her, nicht absehbar ist, sollten – unabhängig von Alter, Auslöser oder aktuellem Stadium – die Therapieoptionen wie beim anaphylaktischen Schock vorbereitet und ggf. schon begonnen werden. Sofern noch nicht erfolgt, sollte in jedem Umfeld (Haus, Praxis, Krankenhaus) ein notfallmedizinisches Behandlungsteam (Notarzt, innerklinisches Notfallteam) hinzugezogen werden (Abb. 3).

Notfallbehandlung

Die initialen Maßnahmen haben zum Ziel:
  • die weitere Zufuhr des Allergens zu stoppen
  • die Vitalfunktionen zu erhalten
  • die anaphylaktische Reaktion zu limitieren und schließlich zu beenden sowie
  • den Übergang zur Diagnostik und zur präventiven Therapie zu schaffen.

Exposition beenden

Soweit möglich sollte die weitere Zufuhr des Allergens unterbunden werden. Im Einzelfall ist also
  • die Nahrungsaufnahme, soweit nicht schon spontan geschehen, zu beenden,
  • eine Infusion mit einem auslösenden Medikament zu beenden (Verschließen der Infusionsleitung, Diskonnektion des Infusionssystems, Anlage eines neuen intravenösen Zuganges und Entfernen des Zuganges, welcher noch Allergen enthält) sowie
  • ein noch in der Haut steckender Insektenstachel zu entfernen (möglichst ohne Druck auf den anhängenden Giftsack) – die rasche Entfernung ist dabei bedeutender als die Methode der Entfernung und sollte die weitere Behandlung nicht wesentlich verzögern (Visscher et al. 1996).

Atemwege und Atmung

Bei vorherrschend pulmonaler Symptomatik sollte eine atemerleichternde Stellung (Oberkörper hoch lagern) versucht werden. Steht die Kreislaufbeteiligung im Vordergrund, ist ggf. eine Schocklagerung durchzuführen, bei Erbrechen oder Bewusstseinsstörung die stabile Seitenlage.
Jeder Patient mit Verdacht auf anaphylaktische Reaktion erhält initial Sauerstoff über eine Reservoirmaske mit hohem Fluss (15 l/min), und es sollte eine kontinuierliche Überwachung mittels SpO2-Messung erfolgen.

Herz-Kreislauf-System

Es sollte bei allen Patienten frühzeitig eine kontinuierliche Kreislaufüberwachung etabliert werden (EKG-Monitor, engmaschige oszillometrische oder manuelle Blutdruckmessung, SpO2-Messung). Die permanente Anwesenheit von entsprechend ausgebildetem ärztlichen und medizinischen Fachpersonal ist obligat.
Zur weiteren Therapie sollte rasch mindestens ein peripher-venöser intravenöser Zugang etabliert werden, der mittels Gabe einer kristalloiden Vollelektrolytlösung (hohe Flussrate) offengehalten wird. Bei Schwierigkeiten mit intravenösen Zugängen sollte frühzeitig ein intraossärer Zugang gelegt werden.
Im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstandes müssen sofort Maßnahmen der kardiopulmonalen Wiederbelebung nach aktuellen Empfehlungen eingeleitet werden. Hierbei haben neben den Basismaßnahmen (z. B. Thoraxkompression und Beatmung im Verhältnis 30:2) vor allem die frühe Adrenalintherapie und die Beendigung der Exposition einen hohen Stellenwert (Soar et al. 2010).
Adrenalin
Die systemische Adrenalingabe stellt das Mittel der Wahl zur Kreislaufstabilisierung dar. Über die Alpha- und Betarezeptoren (Agonist) bewirkt es eine Vasokonstriktion, positive Inotropie, Erniedrigung der Gefäßpermeabilität, Bronchodilatation und so indirekt eine Ödemreduktion. Über Betarezeptoren auf den Mastzellen werden die weiteren IgE-vermittelten Reaktionen abgemildert. So werden alle relevanten Pathomechanismen der Anaphylaxie behandelt.
Bei pulmonaler oder kardiovaskulärer Symptomatik sollte immer eine systemische Adrenalintherapie erfolgen. Auch bei noch nicht voll ausgeprägter Reaktion, wie dem alleinigem Auftreten einer Urtikaria und entsprechender potenter Allergieanamnese (z. B. Erdnussallergie), soll Adrenalin früh verabreicht werden, um einen weiteren Progress mit kardiopulmonaler Beteiligung zu verhindern.
Die intramuskuläre Applikation von Adrenalin zeigt in adäquater Dosis bei herzgesunden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen keine schweren Nebenwirkungen und sollte deshalb bei den ersten Zeichen einer mittelschweren oder schweren anaphylaktischen Reaktion umgehend erfolgen. Als Applikationsort eignet sich die anterolaterale Seite des mittleren Drittels des Oberschenkels. Dabei muss die Länge der Injektionsnadel so gewählt werden, dass eine intramuskuläre Injektion sichergestellt ist.
Wirkungseintritt ist nach etwa acht Minuten zu erwarten, und die Verabreichung kann grundsätzlich bei ausbleibender Wirkung alle fünf bis zehn Minuten wiederholt werden. Gerade bei schwerer Symptomatik sollte bei unzureichender Wirkung aber früh eine intravenöse Gabe erwogen werden (Ring et al. 2007, 2014a; Soar et al. 2010; Vogelberg 2011).
Die intravenöse Applikation von Adrenalin stellt bezüglich des raschen Wirkeintritts die schnellste Therapievariante dar und ist daher geeignet auch schwere Symptomatiken mit drohendem Versagen von Atmung und Kreislauf zu behandeln. Die Anwendung kann aber, vor allem bei früher Applikation unter milder Symptomatik, auch relevante kardiovaskuläre Nebenwirkungen (Hypertonie, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen) bedingen. Bei einem unzureichenden Therapieansprechen nach intramuskulärer Gabe sollte für die weitere Applikation eine intravenöse Therapie bevorzugt werden.
Idealerweise sollte die intravenöse Applikation von Adrenalin durch einen in der Handhabung erfahrenen Notfall- oder Intensivmediziner (bei Kindern mit entsprechender Ausbildung und Erfahrung) erfolgen. Als Dosis haben sich Bolusgaben (unter rasch laufender Infusion) von 50 μg bis zum gewünschten Wirkeintritt unter kontinuierlichem Monitoring bewährt (z. B. Suprarenin 1 ml = 1 mg ad 9 ml NaCl 0,9 geben; dann entspricht 1 ml etwa 100 μg und kann so gut in Schritten von 0,5 ml titriert werden). Sind repetitiv Bolusgaben notwendig, empfiehlt sich die Gabe über eine Spritzenpumpe mit Dosierungen von 0,05–1 μg/kg KG/Minute (Tab. 2).
Tab. 2
Adrenalindosierungen. (Adaptiert aus Vogelberg 2011; Soar et al. 2010; Rietschel et al. 2013; Ring et al. 2014a)
Applikationsweg
Kinder <1 Jahr oder <12 kg
Kinder 1–6 Jahre (12–29 kg)
Kinder 7–16 Jahre (30–60 kg)
Kinder >12 Jahre und Erwachsene
Intravenös
Bolusgabe 10 μg/kg KG, kontinuierlich 0,5–1,0 μg/kg KG/min
Bolusgabe 50 μg
Intramuskulär
10 μg/kg KG
150 μg
300 μg
300–500 μg
Intramuskulär
Autoinjektor
Entfällt
150 μg
300 μg
300–600 μg
Inhalativ
Vernebler
2 ml (4 mg/ml)
Die inhalative Behandlung mit Adrenalin stellt zur Behandlung des Larynxödems eine Therapieoption dar. Hierzu können über einen Vernebler 2 ml einer fertigen Inhalationslösung (InfectoKrupp Inhal, 4 mg/ml) inhaliert werden.
Bei Patienten unter Betablockertherapie ist die Anwendung von Dopamin und/oder Glukagon bei schwerer anaphylaktischer Reaktion zur Kreislauftherapie beschrieben (Ring et al. 2014a; Thomas und Crawford 2005).
Volumentherapie
Eine durch die Anaphylaxie verursachte Hypovolämie erfordert eine rasche Kreislaufstabilisierung durch Gabe von geeigneten Infusionslösungen (kristalloide Vollelektrolytlösungen, VEL) innerhalb kurzer Zeit. Die Zufuhr beträgt bei Kindern 20 ml/kg KG in den ersten 20–60 Minuten; bei höherem Flüssigkeitsbedarf sollten vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern pädiatrische Infusionslösungen erwogen werden. Bei Erwachsenen haben sich repetitive Bolusgaben von 500 ml VEL bewährt, um 500–1000 ml (je nach klinischem Ansprechen bis zu 3000 ml) in den ersten 60 Minuten zu infundieren.

Antihistaminika

In der Akuttherapie einer anaphylaktischen Reaktion sollte nachrangig nach der Adrenalingabe eine Therapie mit einem Antihistaminikum erfolgen.
Für die intravenöse Therapie der schweren Anaphylaxie und des anaphylaktischen Schocks stehen hier die älteren, sedierenden H1-Antihistaminika Dimetinden (0,1 mg/kg KG) und Clemastin (0,05 mg/kg KG) zur Verfügung und sind in dieser Indikation auch zugelassen.
Die orale Applikation von neueren Antihistaminika als Tropfen, Saft oder Tabletten (z. B. Cetirizin) ist bei milden Formen mit kutaner und evtl. nasaler Symptomatik (Urtikaria, Juckreiz, Niesen) geeignet.
Bei schweren Anaphylaxiereaktionen kann die Therapie mit einem H2-Antihistaminikum ergänzt werden (Ring et al. 2014a).

Glukokortikoide

Der langsame Wirkungseintritt, auch nach intravenöser Gabe, limitiert die Effektivität der Kortikoidtherapie in der akuten Phase einer anaphylaktischen Reaktion. Sie sind aber in der Lage, protrahierte oder biphasische anaphylaktische Reaktionen zu verhindern und werden auch zur Behandlung von kutanen Manifestationen sowie verzögerten asthmatischen Beschwerden verwendet. Eine wissenschaftlich genau evaluierte Dosisempfehlung liegt nicht vor. Allgemein werden 1–2 (max. 10) mg/kg KG Prednisolonäquivalent verwendet (500–1000 mg beim Erwachsenen) Der Wirkungseinritt ist nach intravenöser Gabe frühestens nach 30 Minuten zu erwarten (Ring et al. 2010, 2014a).

Inhalatives β2-Sympathomimetikum

Bei pulmonaler Symptomatik (Bronchialobstruktion) sollten Patienten eine Einzeldosis eines schnell wirksamen Betamimetikums (z. B. Salbutamol) analog zur Therapie des akuten Asthmaanfalls erhalten.

Verlauf und Prognose

Jeder Patient mit einer anaphylaktischen Reaktion sollte für 24 Stunden stationär überwacht werden. Danach erfolgt die weitere spezifische Abklärung, eventuell mit Überweisung zum spezialisierten Allergologen.

Besondere Aspekte

Prävention

Allergiepass und Expositionsprophylaxe

Sind nach Abschluss der Diagnostik ein oder mehrere auslösende Allergene identifiziert, sollte dem Patienten ein Anaphylaxie- bzw. Allergiepass ausgestellt und ausgehändigt werden. Darüber hinaus ist der Patient über die vorliegende Allergie und mögliche Vermeidungsstrategien aufzuklären.

Beratung und Desensibilisierung

Wenn die auslösenden Allergene eindeutig bekannt sind, ist die Vermeidung die beste Vorsorge.
Bei Nahrungsmittelallergien sollte eine Ernährungsberatung (Abschn. 10) erfolgen, um über versteckte Nahrungsmittel und Nahrungsmittelzusätze im Detail zu informieren. Nur so können eine sichere Prävention und falsche Ernährung bzw. Mangelerscheinungen vermieden werden.
Als gut etabliert und sehr sicher stellt sich die Immuntherapie mit Hymenopterengiften bei Patienten mit Insektengiftallergie dar. Diese führt in über 95 % der Fälle zu einem Schutz vor anaphylaktischen Reaktionen bei erneuten Stichen (Rietschel et al. 2013).

Selbstbehandlung und Akutmedikationsset

Patienten, die eine schwere Anaphylaxie erlitten haben und bei denen ein weiteres Anaphylaxierisiko besteht, sollten mit einem Selbstmedikationsset ausgestattet werden und eine entsprechende Patientenschulung erhalten.
Die Indikation für ein Akutmedikationsset besteht explizit bei (Brockow und Ring 2013):
  • Vorgeschichte früherer Anaphylaxien gegen nicht sicher vermeidbare Auslöser
  • Idiopathische Anaphylaxien
  • Progrediente Schwere der systemischen allergischen Reaktionen
  • Patienten mit Anaphylaxie und Asthma bronchiale
  • Systemische Allergie auf potente Allergene wie Erdnüsse, Baumnüsse oder Sesam
  • Patienten, die bereits auf kleinste Mengen des Allergens reagieren
  • Patienten mit Mastozytose (auch ohne bekannte Anaphylaxie).
Das Selbstmedikationsset besteht aus (Brockow und Ring 2013):
  • Anaphylaxiepass
  • Adrenalinautoinjektor (körpergewichtsadaptiert)
  • Antihistaminikum
  • Glukokortikoid
  • Gegebenenfalls β2-Sympathikomimetikum und/oder inhalatives Adrenalinpräparat.
Da die meisten anaphylaktischen Reaktionen nicht in Arztpraxen oder Krankenhäusern auftreten, ist für die Notfallversorgung durch den Patienten selbst oder seine Eltern sowie die betreuenden Personen (im Kindergarten und in der Schule) eine Schulung über die stadiengerechte Applikation und Handhabung des Sets unabdingbar.
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http://​www.​anaphylaxieschul​ung.​de (AGATE Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie - Training und Edukation e.V.)
http://​www.​gpau.​de/​home/​ (Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin)
http://​www.​pina-infoline.​de (Präventions- und Informationsnetzwerk Allergie/Asthma)
http://​www.​daab.​de (Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V.)
http://​www.​ak-dida.​de (Arbeitskreises Diätetik in der Allergologie)
http://​www.​dgaki.​de (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie)