Definition und Klassifikation
Die Granulomatose mit Polyangiitis
(
GPA, Morbus Wegener
) und
mikroskopische Polyangiitis (MPA) werden zusammen mit der
Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (früher:
Churg-Strauss-Syndrom, CSS) unter dem Begriff ANCA-assoziierte Vaskulitiden
(AAV) subsummiert. Gemeinsames Charakteristikum ist das Vorliegen einer Kleingefäßvaskulitis
und einer (allerdings unterschiedlich starken) Assoziation zu einem
Autoantikörper, dem Anti-Neutrophilen zytoplasmatischen
Antikörper („anti-neutrophil cytoplasm antibody“, ANCA
). Während die MPA als reine
Vaskulitis aufgefasst werden kann, ist die GPA außerdem durch eine granulomatöse Entzündung gekennzeichnet, die sich vor allem im oberen und unteren Respirationstrakt abspielt und mit Raumforderungen einhergehen kann (z. B. pulmonale Granulome) (Holle
2013, Übersichtsarbeit). Die
EGPA ist mit Asthma sowie einer Blut- und Gewebeosinophilie assoziiert und histologisch durch eine granulomatöse, eosinophilenreiche Entzündung (ohne Raumforderungen) gekennzeichnet.
Für die Vaskulitiden existieren bisher keine diagnostischen Kriterien. Zur Abgrenzung von anderen primär systemischen Vaskulitiden bestehen zwei Klassifikationssysteme, eine überwiegend histologische Klassifikation (nach der sog. Chapel-Hill-Consensus-Definition
; überarbeitet in 2012, Jennette et al.
2013) sowie eine Klassifikation, die sich an den klinischen Symptomen orientiert (Klassifikation des American College of Rheumatology; Leavitt et al.
1990 für die
GPA), wobei letztere keine Klassifikationskriterien für die MPA ausweist. Die Klassifikationskriterien sind in Tab.
1 dargestellt.
Tab. 1
Klassifikationskriterien von GPA und MPA.
Granulomatose mit Polyangiitis (Wegenersche Granulomatose) | Nasale oder orale Entzündung Röntgen des Thorax pathologisch: Granulome, Infiltrate, Kavernen Urinsediment pathologisch: Mikrohämaturie, Erythrozytenzylinder Biopsie: granulomatöse Entzündung
Mindestens 2 der 4 Kriterien müssen erfüllt sein
| Granulomatöse Entzündung im Inspirationstrakt Nekrotisierende Entzündung kleiner bis mittelgroßer Gefäße
Nekrotisierende Glomerulonephritis ist häufig
|
Mikroskopische Polyangiitis
| Keine Kriterien | Nekrotisierende Entzündung kleiner bis mittelgroßer Gefäße
Nekrotisierende Glomerulonephritis ist sehr häufig, pulmonale Kapillaritis ist häufig
|
Pathophysiologie
Die Ätiologie der AAV ist unklar. Genetische Risikofaktoren scheinen eine Rolle zu spielen (Lyons et al.
2012). Pathophysiologisch scheint der ANCA eine wesentliche Rolle bei der Vermittlung der Kleingefäßvaskulitis
zu spielen. So konnte
in vitro und zum Teil auch anhand von Tiermodellen (v. a. mit MPO-ANCA) nachgewiesen werden, dass die Interaktion von ANCA mit neutrophilen Granulozyten zu einer Aktivierung dieser Zellen und konsekutiver Endothelzellschädigung im Kleingefäßbett durch Freisetzung toxischer Radikale, Adhäsion und
Migration ins Gewebe führt (Salama und Little
2012, Übersichtsarbeit).
Unklar ist, warum die MPA eine starke Assoziation mit dem MPO-ANCA hat, dessen Zielantigen die
Myeloperoxidase (MPO) neutrohiler Granulozyten ist, während die
GPA v. a. mit dem PR3-ANCA (Zielantigen: Proteinase 3 neutrophiler Granulozyten) assoziiert ist.
Unverstanden ist auch, warum die
GPA mit einer nekrotisierenden, granulomatösen Entzündung mit Prädilektion im HNO-Trakt (Nasenschleimhaut, Trachea, Lunge) einhergeht. Die typische histologische Trias der GPA ist die landkartenartige Nekrose in Verbindung mit einer granulomatösen Entzündung und
Vaskulitis (prädominante Kleingefäßvaskulitis).
Klinik
Den AAV gemeinsam ist eine
Vaskulitis mit Prädominanz kleiner Gefäße, die zu einer Endorganschädigung in fast jedem Organsystem führen kann. Klassische Beispiele hierfür sind die nekrotisierende Glomerulonephritis (GN) und die pulmonale Kapillaritis, die zu einer schweren alveolären Hämorrhagie führen kann. Das gemeinsame Auftreten von pulmonaler Kapillaritis und GN wird auch als pulmorenales Syndrom
bezeichnet. Neben diesen klassischen organbedrohenden Vaskulitismanifestationen treten häufig auch weniger schwerwiegende Manifestationen auf, z. B. in Form einer Purpura oder Episkleritis.
Der klinische Verlauf der AAV ist – insbesondere bei der
GPA – stadienabhängig. Man geht davon aus, dass sich die GPA im oberen und unteren Respirationstrakt mit einer granulomatösen Entzündung erstmanifestiert und im Verlauf der Erkrankung dann typische Vaskulitismanifestationen hinzutreten. Typische Symptome im lokalisierten Stadium sind blutiger Schnupfen als Ausdruck der Nasenschleimhautbeteiligung, nasale und orale Ulzera, Paukenergüsse, subglottische und/oder Bronchusstenosen, ulzerierende Tracheobronchitiden und „Granulom“bildungen in den Nasennebenhöhlen, in den Orbitae und in der Lunge. Die granulomatöse Entzündung kann destruierend verlaufen (z. B. mit Ausbildung einer Sattelnase). Im Weiteren treten dann Vaskulitismanifestationen auf, die entweder nicht lebensbedrohlich sein können (frühsystemisch, z. B. Episkleritis, Purpura) oder lebensbedrohlich verlaufen (generalisiert, z. B. pulmorenales Syndrom). Tritt ein Organversagen auf (z. B. dialysepflichtiges
Nierenversagen), so wird die Erkrankung als schwer klassifiziert. Die MPA verfügt nach heutigem Kenntnisstand nicht sicher über ein solches lokalisiertes Stadium, sondern ist ausschließlich durch die systemischen Vaskulitismanifestationen gekennzeichnet. Selten können GPA-Patienten im sog. lokalisierten Stadium verbleiben und generalisieren nicht. Dies betrifft ca. 5 % der Patienten (Holle
2013, Übersichtsarbeit). Die Häufigkeiten der Organmanifestationen und genauen Definitionen der Krankheitsstadien sind in Tab.
2 und
3 aufgelistet.
Tab. 2
Stadien der ANCA-assoziierten Vaskulitiden. (Übersetzt aus Hellmich et al.
2007, EULAR recommendations for conducting clinical studies and/or clinical trials in systemic vasculitis: focus on anti-neutrophil cytoplasm antibody-associated vasculitis, Annals of the Rheumatic Diseases 66,5; mit Genehmigung der BMJ Publishing Group Ltd.)
Lokalisiert | Nein | Nein | Keine B-Symptome ANCA in der Regel negativ | Normal |
Frühsystemisch | Ja | Nein | B-Symptome ANCA negativ oder positiv | <120 |
Generalisiert | Ja | Ja | ANCA positiv | <500 |
Schwer | Ja | Organversagen | ANCA positiv | >500 |
Refraktär | Ja | Ja | Standardtherapie nicht erfolgreich | Jedes |
Tab. 3
Häufigkeiten von Organbeteiligungen. (Modifiziert nach Holle
2013, Übersichtsarbeit)
Oberer Respirationstrakt: blutige Rhinitis, Sinusitis, Mittelohrbeteiligung, Tracheobronchitis, subglottische Stenosen, orale/nasale Ulzera | >90 | Unklar, sehr selten, keine granulomatöse Entzündung |
Unterer Respirationstrakt: Infiltrate bei alveolärer Hämorrhagie oder Alveolitis, bei GPA auch Bronchusstenosen, pulmonale Granulome | Ca. 50–70 | Ca. 25 |
Niere: nekrotisierende intra- und extrakapilläre Glomerulonephritis | Ca. 50–70 | Ca. 80 |
Gelenke: Arthralgien/Myalgien, Arthritiden | Ca. 60–80 | Ca. 50 |
Herz: Myokarditis, sehr selten: Koronariitis, Herzklappenbeteiligung | Ca. 5–20 | Ca. 5–20 |
Haut: Purpura, Knoten | Ca. 20–30 | Ca. 60 |
Peripheres Nervensystem: Polyneuropathie (Mononeuritis multiplex, sensomotorische Polyneuropathie) | Ca. 40 | Ca. 60 |
Gastrointestinaltrakt: Schleimhautläsionen, Ulzera, Blutungen, Perforationen) | Selten, ca 3–8 | Ca. 30 |
Diagnostik
Patienten mit AAV sollten einer Zentrumsbehandlung zugeführt werden. Es sollte eine standardisierte Anamnese und Diagnostik (Staging) erfolgen, um systematisch Organbeteiligungen zu erfassen. Typisch in der Anamnese ist eine ausgeprägte B-Symptomatik in den systemischen Stadien sowie eine HNO-Trakt-Symptomatik („Kopfklinik“) bei
GPA. Ein MRT des Neurokraniums ist bei Erstdiagnose ebenfalls zu empfehlen (Sinusitis, granulomatöse Raumforderungen und/oder Destruktionen?).
Hämoptysen können ein Hinweis auf eine alveoläre Hämorrhagie sein. Bei dem Vorliegen eines systemischen Stadiums ist eine Erhöhung der serologischen Entzündungsparameter zu erwarten, begleitend liegt oft eine Thrombozytose vor. Eine
Anämie und/oder eine Kreatininerhöhung können ein Hinweis auf eine pulmonale bzw. renale Beteiligung (alveoläre Hämorrhagie mit Blutverlust in die Lunge bzw. GN) sein. Bei der GPA ist eine genaue HNO-ärztliche Evaluation obligat. Zur Abklärung der klassischen pulmonalen und renalen Manifestationen sollte zunächst ein Röntgen des Thorax sowie eine
Sonographie der Nieren mit Bestimmung des
Urinsediments (nephritisches Sediment mit Erythrozyturie, Erythrozytenzylindern, Akanthozyten?), der Kreatininclearance und der 24-h-Proteinurie bzw. der Albumin-Kreatinin-Ratio im
Urin erfolgen. In Abhängigkeit der weiteren Symptomatik sind weitere Organsysteme abzuklären (z. B. neurologische Vorstellung mit elektrophysiologischer Untersuchung bei Verdacht auf Schwerpunktpolyneuropathie, ophthalmologische Vorstellung bei Episkleritis).
Die Bestimmung des ANCA kann diagnostisch richtungsweisend sein. Hierzu wird als Suchtest zunächst ein indirekter Immunfluoreszenztest (IFT) empfohlen. Bei Nachweis eines ANCA im IFT sollte ein ELISA angeschlossen werden, der die Identifizierung des Zielantigens (PR3 oder MPO) des ANCA ermöglicht. Ein zytoplasmatisches Fluoreszenzmuster im IFT (C-ANCA) ist in der Regel mit einem PR3-ANCA assoziiert, während eine perinukleäre
Fluoreszenz (P-ANCA) in der Regel beim Vorliegen eines MPO-ANCA zu finden ist. Nur der Nachweis eines PR3-ANCA oder MPO-ANCA gilt als diagnostisch richtungsweisend, der IFT allein ist nicht ausreichend. PR3-ANCA und MPO-ANCA können allerdings auch im Rahmen anderer Erkrankungen detektiert werden, z. B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder infektiösen Endokarditiden (Abschn.
6 Differenzialdiagnostik). Der Nachweis eines ANCA sollte daher immer im klinischen Kontext interpretiert werden. Tabelle
4 gibt eine Übersicht über die durchzuführenden Staging-Untersuchungen bei Verdacht auf eine entsprechende Organbeteiligung.
Tab. 4
Empfohlene Staging-Untersuchungen.
HNO-Trakt | HNO-ärztliche Vorstellung inkl. Laryngoskopie, Bildgebung (CT, MRT) des Kopfes, ggf. Biopsie (nasale Mukosa, Subglottis) |
Lunge | |
Niere | Serumkreatinin und Harnstoff, Urinsediment inkl. Akanthozyten, 24-h-Sammelurin mit Kreatininclearance und Proteinurie oder Albumin-Kreatinin-Ratio im Urin |
Auge | Augenärztliche Vorstellung, ggf. MRT bei Verdacht auf orbitale Granulome |
Herz | |
Haut | Hautärztliche Vorstellung, ggf. Biopsie |
Gastrointestinaler Trakt | Ultraschall, ggf. CT des Abdomens, Endoskopie, Angiographie |
Peripheres Nervensystem | Neurologische Vorstellung, EMG, ENG, ggf. Muskel-MRT (bei Verdacht auf Myositis), ggf. Biopsie (Muskel, N. suralis) |
Zentrales Nervensystem | Neurologische Vorstellung, MRT des Kopfes, Liquoranalyse, ggf. Ultraschall/Angiographie intra-/extrakranieller Gefäße |
Gelenke/Muskulatur | Ultraschall, MRT |
B-Symptome | Klinische Untersuchung: Fieber >38 °C, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Fatigue-Syndrom |
Unbedingt anzustreben ist im Rahmen der Erstdiagnose eine histologische Sicherung der AAV. Hierzu kann eine Biopsie aus der Nasenschleimhaut, aus der Niere oder seltener auch bei entsprechender Beteiligung aus dem Tracheobronchialsystem, dem Lungenparenchym, der Skelettmuskulatur oder den peripheren Nerven (Suralisbiopsie) erfolgen.
Patienten sollten nach Erstdiagnose und therapeutischer Einstellung regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchlaufen. Hierzu bietet sich zunächst ein drei- bis viermonatiges Intervall an (v. a. unter einer remissionsinduzierenden Therapie); dieses kann im Verlauf auf sechs Monate ausgedehnt werden. Regelmäßige Laborkontrollen werden in der Regel vom Hausarzt durchgeführt und dienen einerseits zur Kontrolle der Krankheitsaktivität und andererseits zur Überwachung potenzieller Nebenwirkungen unter Immunsuppression.
Therapie
Die Therapie der AAV erfolgt heute in Abhängigkeit des Krankheitsstadiums und der Aktivität auf der Basis randomisierter kontrollierter Studien (siehe Empfehlungen der European League Against Rheumatism, EULAR) (Mukhtyar et al.
2009; Hellmich et al.
2007). Grundsätzlich erfolgt bei Aktivität zunächst eine remissionsinduzierende Therapie (in der Regel über 3–4 Monate), an die sich nach Feststellung eines Therapieansprechens bzw. einer Remission eine remissionserhaltende Therapie anschließt. Die Dauer der remissionserhaltenden Therapie ist unklar, es werden jedoch mindestens 18 Monate empfohlen (Tab.
5).
Tab. 5
Therapie der ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV). (Nach Holle
2013; Übersichtsarbeit, und Mukhtyar et al.
2009)
Krankheitsstadium | |
Remissionsinduktion
|
Lokalisiert | Keine Empfehlung |
Frühsystemisch | MTX parenteral, initial 15 mg/Woche, steigern auf 20–25 mg/Woche + GC unter Folsäuresubstitution |
Generalisiert | Cyclophosphamid* i.v. (6× 15–20 mg/kg KG alle 2–3 Wochen oder 2 mg/kg KG/Tag oral für 3–4 Monate) + GC oder
Rituximab i.v. (4× 375 mg/m2 KÖF im wöchentlichen Abstand oder 2× 1 g im Abstand von 14 Tagen) + GC |
| Standardtherapie wie bei generalisierter Erkrankung + Plasmaaustausch |
GC-Dosierung | Initial: Prednisolon/Prednison 1 mg/kg KG/Tag oral (oder auch höher) Dann: auf 10 mg/Tag oder weniger innerhalb von 3 Monaten reduzieren |
Remissionserhaltung
|
Nach erfolgreicher Remissionsinduktion | Azathioprin 2 mg/kg KG/Tag oral oder MTX 20–25 mg/Woche jeweils + GC („First choice“-Optionen) Leflunomid 20 mg/Tag oral + GC Mycophenolat 2 g/Tag (Mittel der Reserve) + GC Rituximab (z. B. 500mg) alle 6 Monate i.v. + GC Dauer: mindestens 18 Monate |
GC-Dosierung | Prednisolon/Prednison 10 mg/Tag (niedrigdosierte GC) oder weniger |
Refraktäre, rezidivierende und persistente Krankheit
|
Nach fehlgeschlagener Remissionsinduktion unter Standardtherapie (immer in Kombination mit GC) | IVIG 2 g/kg i.v. für 5 Tage Rituximab Infliximab 3–5 mg/kg KG i.v. alle 6–8 Wochen MMF 2 g/Tag oral 15-Deoxyspergualin 0,5 mg/kg KG/Tag s.c. bis zum Leukozytennadir Anti-Thymozytenglobulin (ATG) 2,5 mg/kg KG/Tag i.v. für 10 Tage (angepasst an Leukozytenzahl) |
In den systemischen Therapiestadien erfolgt die Remissionsinduktion
mit
Methotrexat (MTX), sofern die Erkrankung nicht lebensbedrohlich ist („early systemic“) und mit Cyclophosphamid
(CYC) oder Rituximab
(RTX) im organbedrohenden Stadium („generalised“). Hierbei ist Rituximab in die EULAR-Empfehlungen noch nicht aufgenommen, da die entsprechende Zulassungsstudie und die Zulassung nach Publikation dieser Empfehlungen erfolgten. Ist bereits ein Organversagen eingetreten („severe“, v. a. dialysepflichtiges
Nierenversagen), so sollte
additiv ein Plasmaaustausch erfolgen.
Zusätzlich werden in allen Stadien
Glukokortikoide (GC) verabreicht, initial 1 mg Prednisolonäquivalent/kg Körpergewicht/Tag oral, bisweilen auch höhere Dosen intravenös (z. B. 250 mg Prednisolonäquivalent i.v.). Die Glukokortikoiddosis wird in der Phase der Remissionsinduktion schrittweise reduziert und sollte bei der Umstellung auf eine remissionserhaltende Therapie auf oder unter der Cushingschwellendosis liegen (z. B. 7,5 mg Prednisolon
/Tag). Auf eine begleitende supportive Therapie ist zu achten (Osteoporoseprophylaxe, Pneumocystisprophylaxe unter GC-Dosis >15 mg/Tag und/oder CYC/RTX, Thromboseprophylaxe).
Als remissionserhaltende Medikamente der ersten Wahl stehen MTX und Azathioprin zur Verfügung. Eine weitere Option stellt Leflunomid dar; Mycophenolat gilt als Mittel der Reserve. Begleitend sollte eine niedrig dosierte Prednisolontherapie fortgeführt werden (z. B. 5–7,5 mg/Tag Prednisolonäquivalent). Neue Daten weisen darauf hin, dass Rituximab auch zum Remissionserhalt (z. B. 500 mg i.v. alle 6 Monate) eingesetzt werden kann (Guillevin et al.
2014; eine Zulassung hierfür besteht allerdings nicht).
Für die Therapie der lokalisierten
GPA liegen keine großen, randomisierten kontrollierten Studien vor. Hier sollte in Abhängigkeit der Schwere der Manifestation ebenfalls eine remissionsinduzierende Therapie mit MTX, CYC oder RTX in Kombination mit GC erfolgen. Cotrimoxazol
kann im lokalisierten Stadium eine Remission induzieren und erhalten, gilt aber als schwach wirksam und ist daher nur in milden Fällen anzuwenden. Cotrimoxazol bewirkt offensichtlich eine lokale Aktivitätsminderung endonasal über Reduktion einer nasalen
S.-aureus-Besiedlung.
S. aureus gilt als ein wichtiger Risikofaktor in der Triggerung lokaler GPA-Aktivität.
Ca. 10–20 % der Patienten sprechen auf eine remissionsinduzierende Therapie nicht an (refraktärer Verlauf) (Holle
2013, Übersichtsarbeit). Als Optionen stehen hier v. a. Biologika zur Verfügung, auch wenn Daten aus kontrollierten Studien fehlen. In der klinischen Praxis bestehen die größten Erfahrungen mit Rituximab. Infliximab und intravenöse
Immunglobuline sind weitere Optionen.
Verlauf und Prognose
Das Outcome von GPA- und MPA-Patienten hat sich seit der Einführung einer immunsuppressiven Therapie kontinuierlich verbessert. Einige Langzeitkohortenstudien zeigen Mortalitätsraten, die nur gering erhöht oder sogar mit der der Normalbevölkerung vergleichbar sind (Holle
2013, Übersichtsarbeit). Problematisch ist weiterhin die Frühmortalität, die Sterblichkeit im ersten Jahr, die nach Daten der europäischen Vaskulitisstudiengruppe bei ca. 11 % liegt. Haupttodesursache sind Infektionen (ca. 50 %) (Little et al.
2010). Ca. 14 % der Patienten sterben im ersten Jahr an der
Vaskulitis selbst. Diese Daten weisen darauf hin, dass die aktuellen Therapieschemata möglicherweise zu aggressiv hinsichtlich der Immunsuppression sind und damit eine deutlich erhöhte Infektrate bedingen.