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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 06.03.2015

Anomalien der thorako-abdominallen Aorta (Coarctatio aortae thoraco-abdominalis, mid aortic syndrome)

Verfasst von: Peter Klein-Weigel
Während bei Neugeborenen und Kleinkindern die Aortenisthmusstenose im Vordergrund steht, ist im Erwachsenenalter vor allem die Aortenstenose im thorakoabdominellen Segment („mid aortic syndrome“) von klinischer Bedeutung. Leitsymptom ist der im Bereich der oberen Extremitäten erhöhte arterielle Bluthochdruck und ein im Vergleich hierzu niedriger Druck bzw. eine Minderperfusion in den unteren Extremitäten, was sich in einem Pulsqualitätsunterschied zwischen oberer und unterer Extremität äußert. Magnetresonanzangiographie und computertomographische Angiographie liefern eine gute Darstellung der anatomischen Situation der Aorta. Die Ballondilatation ggf. mit Stentimplantation gilt als Methode der ersten Wahl.

Definition

Während bei Neugeborenen und Kleinkindern die Aortenisthmusstenose im Vordergrund steht, ist im Erwachsenenalter vor allem die Aortenstenose im thorako-abdominellen Segment („mid aortic syndrome“) von klinischer Bedeutung (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008; Delis und Gloviczki 2005).
Der durch die Stenose der Aorta erhöhte Widerstand induziert einen Bluthochdruck in der oberen Körperhälfte, während die distal der Stenose lokalisierten Körperabschnitte vornehmlich über interkostale oder -lumbale Kollateralen sowie über die Aa. thoracicae internae und die epigastrischen Gefäße versorgt werden und einen relativ niedrigen Blutdruck aufweisen (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008; Delis und Gloviczki 2005).
Die Mehrzahl der Patienten weist darüber hinaus Nierenarterienstenosen auf, ca. 20 % auch Stenosen der übrigen Viszeralarterien (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008).

Epidemiologie

Genaue Angaben zur Häufigkeit in der Bevölkerung können nicht gemacht werden. Stenosen des thorakoabdominellen Segments der Aorta sind aber selten und machen lediglich 0,5–2 % aller Aortenstenosen aus (Porhassan 2009).

Ätiologie und Pathogenese

Es wird eine Störung der komplexen Fusionsvorgänge der zunächst paarig angelegten abdominellen Aorta angenommen bzw. eine vermehrte Obliterationen im Mündungsbereich der vierten Kiemenbogenarterie. Daneben existiert eine Theorie, die von einer primären Reifungsstörung mesenchymaler Zellen ausgeht, die sekundär zu einer Hypoplasie der Aorta führt.
Ein gehäuftes Vorkommen im Rahmen seltener genetisch bedingter Erkrankungen wie der Neurofibromatose, des Wiliam-Beuren-Syndroms, des Alagille-Syndroms oder im Rahmen von Mukopolysaccharidosen sowie ein Bericht über eine familiäre Häufung weisen auf mögliche zugrunde liegende genetische Faktoren hin (Sethna et al. 2008).

Klinik

Leitsymptom ist der im Bereich der oberen Extremitäten erhöhte arterielle Bluthochdruck und ein im Vergleich hierzu niedriger Druck bzw. eine Minderperfusion in den unteren Extremitäten, was sich in einem Pulsqualitätsunterschied zwischen oberer und unterer Extremität äußert (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008; Delis und Gloviczki 2005). In Verbindung mit der arteriellen Hypertonie können gehäuft Epistaxis, Kopfschmerzen, Schwindel und Unruhezustände auftreten. Eine Claudicatio intermittens der unteren Extremitäten kommt in der Regel ab dem Jugendalter hinzu. Bei kompromittierter Darmdurchblutung können auch Symptome einer Claudicatio abdominalis im Vordergrund stehen. Zuweilen fallen auch die Folgen der Umgehungskreisläufe z. B. in der Röntgen-Thoraxaufnahme in Form von Usuren zuerst auf, oder die Erkrankung wird zufällig im Rahmen einer Duplexsonographie entdeckt (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008; Delis und Gloviczki 2005).

Diagnostik

Die Messung des arteriellen Blutdrucks im Bereich der oberen und der unteren Extremitäten ist im Rahmen der Abklärung der arteriellen Hypertonie essenziell, insbesondere wenn sie im Kindes- und Jugend- oder jüngeren Erwachsenenalter auftritt.
Magnetresonanzangiographie und computertomographische Angiographie liefern eine gute Darstellung der anatomischen Situation der Aorta und eine Visualisierung der begleitenden Viszeralarterienbeteiligung (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008; Delis und Gloviczki 2005). Unterhalb des Zwerchfells lokalisierte Stenosen lassen sich oft auch mit der Duplexsonographie direkt darstellen.
Formen
Nach Hallet wird ein suprarenaler, ein interrenaler und ein infrarenaler Typ der Coractatio thoraco-abdominalis unterschieden (Porhassan 2009; Sethna et al. 2008; Delis und Gloviczki 2005).

Therapie

Die Ballondilatation ggf. mit Stentimplantation gilt heute als Methode der ersten Wahl (Porhassan 2009; Delis und Gloviczki 2005). Bei jungen Patienten muss die Materialauswahl die Erfordernisse des Wachstums berücksichtigen. Die Erfolgsrate ist gut. Langstreckige Stenosen und hypoplastische Segmente insbesondere mit Einbeziehung von Viszeralarterien sind die Domäne der chirurgischen Rekonstruktionen (Delis und Gloviczki 2005).
Literatur
Delis KT, Gloviczki P (2005) Middle aortic syndrome: from presentation to contemporary open surgical and endovascular treatment. Perspect Vasc Surg Endovasc Ther 17:187–203CrossRefPubMed
Porhassan S (2009) Arterielle Gefäßmissbildungen. In: Cissarek T, Kröger K, Santosa F, Zeller T (Hrsg) Gefäßmedizin – Therapie und Praxis. ABW Wissenschaftsverlag GmbH, Berlin
Sethna CB, Kaplan BS, Cahill AM, Velazquez OC, Meyers KE (2008) Idiopathic mid-aortic syndrome in children. Pediatr Nephrol 23:1135–1142CrossRefPubMed