Die häufigste Ursache einer Aortitis ist die nichtinfektiöse
Vaskulitis großer Gefäße, nämlich
Riesenzellarteriitis und
Takayasu-Arteriitis. Darüber hinaus können eine Vielzahl von bakteriellen, mykobakteriellen und pilzartigen Organismen die Wandkomponenten der Aorta infizieren. Der Mechanismus der Infektion durch Mikroorganismen ist unterschiedlich; es wird vermutet, dass es über Vasa vasorum zu einer Absiedlung von Mikroorganismen im Gewebe der Aortenwand kommen kann. Darüber hinaus soll eine direkte Invasion der Aortenwand aus dem Lumen in Anwesenheit von ausgeprägten Endothelschädigungen der Aorta möglich sein. Auch eine direkte Durchwanderungsinfektion aus benachbarten Strukturen wird diskutiert, sowohl im Kontext einer Aortenverletzung als auch ohne eine traumatische Aortenverletzung. Septische Embolien als Ursache einer Aorteninfektion sind eher ungewöhnlich (Tab.
1). Infektionen durch
Bakterien oder Pilze können darüber hinaus nichtinfektiöse
Vaskulitiden auslösen, indem
Immunkomplexe gebildet werden oder eine Kreuzreaktion stattfindet. In Analogie zur
infektiösen Endokarditis kann eine bakterielle oder fungale Aortitis sich in vorgeschädigten Regionen der Aorta entwickeln, z. B. auf dem Boden von atherosklerotischen Läsionen oder in Aneurysmata (Gornik und Creager
2008; Oskoui et al.
1993; Soravia-Dunand et al.
1999). Eine Aortitis ist die wesentliche kardiovaskuläre Manifestation einer tertiären
Syphilis, vor allem in der aszendierenden Aorta (Erbel et al.
2001). Heute ist die tertiäre Syphilis allerdings weitgehend eradiziert und seit der Penicillin-Ära eher ein Kuriosum. Allerdings wird die tertiäre Syphilis gelegentlich bei Patienten mit reduziertem
Immunstatus diagnostiziert (Cheng
2001). Der Staphylokokkus aureus
ist die Ursache für die meisten grampositiven Infektionen; eine Aortitis wurde aber auch als Folge von Streptokokkeninfektionen
gesehen (Kearney et al.
1994; Bronze et al.
1999). Gramnegative Keime wie
Salmonellen und Proteus oder
Escherichia coli wurden weniger häufig als Ursache angetroffen (Soravia-Dunand et al.
1999). Auch Tuberkulosekeime oder Pilze wie
Candida, Cryptokokkus und Aspergillen wurden beschrieben (Bronze et al.
1999; Deitch et al.
1999).
Tab. 1
Zusammenfassung aller Ursachen von Aortitis
Ursachen der nichtinfektiösen Aortitis
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-Vaskulitis großer Gefäße |
-Riesenzellarteriitis |
-Takayasu-Arteriitis |
-Rheumatoide Arteriitis |
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-HLA-B27-assoziierte Spondyloarthropathie |
ANCA-assoziierte Vaskulitiden
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-Wegnersche Arteriitis |
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-Sakoidose |
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Ursachen der infektiösen Aortitis
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-Grampositive Erreger (60 %) |
-Gramnegative Erreger (20–40 %) |
-Staphylokokkus aureus (30–50 %) |
-Streptokokkus (20 %) |
-Salmonellen |
Infektiöse Syphilis
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Auch Autoimmunerkrankung
en können die Versorgung der Aortenwand, d. h. die Integrität der Vasa vasorum zerstören und damit die Sauerstoffversorgung der Gefäßmuskulatur unterbrechen. In diesem Kontext müssen Krankheiten wie die Serumkrankheit,
Kryoglobulinämie,
systemischer Lupus erythematodes, rheumatische Arthritis, Polychondritis,
Morbus Behçet,
Purpura Schönlein-Henoch und die postinfektiöse oder medikamenten-induzierte Immunkomplexerkrankung genannt werden (Tsui et al.
2004; Selim et al.
2001; O’Duffy
1990; Gravallese et al.
1989; Guard et al.
1995; Willett et al.
1996).
Darüber hinaus können antineutrophile zytoplasmatische
Autoantikörper (ANCA-assoziierte Kleingefäßvaskulitis) auch große Gefäße betreffen, wie bei der Wegenerschen Granulomatose, der Polyangitis und dem
Churg-Strauss-Syndrom (Evangelista et al.
2005). Daneben kommt es in seltenen Fällen von Transplantatabstoßung, inflammatorischer Darmerkrankung, bei paraneoplastischen
Vaskulitiden und bei Präsenz von
Antikörpern (z. B. anti-glomeruläre Antikörper gegen Balsammembran (
Goodpasture-Syndrom) oder Antikörper gegen Endothel (
Kawasaki-Erkrankung) zur Beteiligung der Aorta. Die genauen Ursachen der Aortitis beim Takayasu
-Syndrom oder bei
Riesenzellarteriitis sind nicht bekannt; es werden allerdings antigengesteuerte Autoimmunprozesse gegen körpereigene Zellen diskutiert. Die
Takayasu-Arteriitis ist eine chronische inflammatorische Erkrankung der großen Arterien, die sowohl die Aorta als auch ihre Seitenäste und andere Gefäßregionen betreffen kann (Chirinos et al.
2004; Ishikawa
1988). Die Riesenzellarteriitis befällt in der Regel mittelgroße, extrakranielle Arterien und in 10–15 % auch die Aorta (Evangelista et al.
2005; von Kodolitsch et al.
2003). Sowohl die Riesenzellarteriitis als auch die Takayasu-Arteriitis sind durch inflammatorische Zellinfiltrate in der Aortenmedia, der Adventitia und in den Vasa vasorum gekennzeichnet mit Anhäufung von
Lymphozyten,
Makrophagen und Riesenzellen. Diese Phänomene führen zur Vernarbung der Aortenwand und Zerstörung der Lamina elastica und schließlich zur Fibrosierung der Aortenwand (Erbel et al.
2001). Bei der syphilitischen Aortitis wandert das Bakterium
Treponema pallidum über die Vasa vasorum ein mit der Folge von perivaskulären Infiltraten aus Lymphozyten und
Plasmazellen, die schließlich zu einer Endarteriitis obliterans führen mit fleckiger Nekrose der Mediaschichten und Zerstörung der elastischen Fasern in der Aortenwand (Cohen et al.
2001). Die inflammatorische Reaktion mit der lokalen Zerstörung der Aortenwand verursacht zunächst eine Dilatation sowie Aneurysmabildung und kann eine plötzliche Ruptur zur Folge haben. Etwa die Hälfte der nichtbehandelten Syphilitiker zeigen im Zeitraum von 10 Jahren kardiovaskuläre Veränderungen, wobei die sogenannten mykotischen Aneurysmen häufig rasch progredient sind. Andere Verlaufsformen führen zur Verdickung der Aortenwand und Obstruktion von relevanten Seitenästen mit kritischen Stenosen
oder chronischen Verschlüssen (Sasaki et al.
2000).