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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 09.07.2015

Endokrine Tumoren des Pankreas: Chirurgische Therapie

Verfasst von: Volker Fendrich und Detlef K. Bartsch
Pankreatische neuroendokrine Neoplasien entstehen aus Zellen der Langerhans-Inseln. Die meisten pankreatische neuroendokrine Neoplasien synthetisieren und sezernieren ein oder mehrere Hormone und induzieren ein Syndrom, das fast immer typisch ist und zur Diagnose führt. Die bekanntesten Syndrome durch funktionelle pankreatische neuroendokrine Neoplasien sind der organische Hyperinsulinismus beim Insulinom, das Zollinger-Ellison-Syndrom beim Gastrinom und das WDHA-Syndrom beim VIPom. Bei nicht funktionellen pankreatischen neuroendokrinen Neoplasien bleibt die Hormonsekretion klinisch stumm oder wird kein Hormon synthetisiert oder sezerniert. Diagnostik, Differenzialdiagnostik und Therapie richten sich nach der jeweiligen Neoplasie.

Definition

Pankreatische neuroendokrine Neoplasien (pNEN) entstehen aus Zellen der Langerhans-Inseln (z. B. Insulinome, Glukagonome). Die meisten pNEN synthetisieren und sezernieren ein oder mehrere Hormone und induzieren ein Syndrom, das fast immer typisch ist und zur Diagnose führt (Öberg und Eriksson 2005). Die bekanntesten Syndrome durch funktionelle pNEN sind der organische Hyperinsulinismus beim Insulinom, das Zollinger-Ellison-Syndrom beim Gastrinom und das WDHA(wässrige Diarrhöen, Hypokaliämie, Achlorhydrie)-Syndrom beim VIPom. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von pNEN, deren Hormonsekretion klinisch stumm bleibt oder die kein Hormon synthetisieren oder sezernieren (sog. nicht funktionelle pNEN). Die Charakteristika der unterschiedlichen pNEN sind in Tab. 1 zusammengefasst. In den letzten Jahren hat sich die im Jahre 2010 entwickelte WHO-Klassifikation durchgesetzt (Tab. 2).
Tab. 1
Übersicht der endokrinen Pankreastumoren
Tumor
Häufigkeit (%)
Hormon
Klinik
Insulinom
40
Insulin
Hyperinsulinismus
Gastrinom
25
Gastrin
Zollinger-Ellison-Syndrom
VIPom
2
VIP
Verner-Morrison-Syndrom
1
Glukagon
Diabetes, nekrolytisches Exanthem
1
Somatostatin
Steatorrhö, Cholelithiasis, Diabetes
Nicht funktionelle Tumoren
30
Kein Hormon oder PP
Abdominelle Schmerzen, Ikterus
Andere
1
ACTH, Kortikotropin, Parathormon
Tab. 2
WHO-Klassifikation der neuroendokrinen Pankreastumoren (Rindi und Wiedenmann 2011)
Klassifikation
Grading
Mitosen (pro 10× HPF)
Ki67-Index (%)
NET
G1
<2
<2
NET
G2
2–20
3–20
NEC
G3
>20
>20
HPF „high-power field“, NEC neuroendokrines Karzinom, NET neuroendokriner Tumor

Pathophysiologie

Insulinom

Insulinome sind insulinproduzierende Tumore, die von den Betazellen der Langerhans-Inseln im Pankreas ausgehen und einen organischen Hyperinsulinismus verursachen. Von den Insulinomen abgegrenzt werden muss die Nesidioblastose, eine diffuse Hyperplasie des Inselzellapparates bei Neugeborenen meist diabetischer Mütter.

Gastrinom

Gastrinome sind seltene, gastrinproduzierende Tumoren und Ursache des Zollinger-Ellison-Syndroms. Hauptmanifestation sind multiple Ulzera im oberen Gastrointestinaltrakt.

VIPom

Verner und Morrison beschrieben 1958 ein Krankheitsbild, das durch profuse wässrige Diarrhöen, Hypokaliämie, Hypo- und Achlorhydrie des Magens beim Vorliegen eines endokrinen Pankreastumors, der vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP) produziert, charakterisiert ist (Verner-Morrison-Syndrom). Daher wird dieses Syndrom auch als pankreatogene Cholera oder WDAH-Syndrom („watery-diarrhea-achlorhydria-hypocalemia syndrome“) bezeichnet.

Glukagonom

Glukagonome sind glukagonproduzierende endokrine Pankreastumoren, die zu einem Glukagonomsyndrom führen.

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Mindestens 50 % der endokrinen Pankreastumoren sind nicht funktionell oder hormoninaktiv. Dies bedeutet, dass sie kein Hormon in ausreichendem Maß sezernieren und somit im Unterschied zu den funktionell aktiven neuroendokrinen Pankreastumoren keine spezifische klinische Symptomatik auslösen.

Epidemiologie

Die Inzidenz dieser Tumoren liegt bei ein bis zwei Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr und nimmt in den letzten Jahren zu, wahrscheinlich auch bedingt durch den ubiquitären Einsatz der modernen Bildgebung.

Insulinom

Insulinome sind die häufigsten endokrinen Tumoren des Pankreas. Über 90 % treten solitär auf. Bei multiplen Insulinomen liegt immer eine multiple endokrine Neoplasie (MEN) Typ I vor. Etwa 5 % der Insulinome sind maligne, sie metastasieren vorwiegend in die Lymphknoten und in die Leber (Fendrich et al. 2007).

Gastrinom

Gastrinome kommen sporadisch und in etwa 30 % der Fälle im Rahmen der multiplen endokrinen Neoplasie Typ I vor (Fendrich et al. 2009; Yu et al. 1999; Weber et al. 1995). Sporadische Gastrinome liegen in gleicher Häufigkeit im Pankreas und Duodenum, während die überwiegende Mehrzahl der Gastrinome im Rahmen des MEN-I-Syndroms im Duodenum lokalisiert ist. Gastrinome treten in mehr als 50 % der Fälle multipel auf, mehr als 60 % sind maligne (Roy et al. 2000).

VIPom und Glukagonom

Beides sind sehr seltene Tumore. Ihre Inzidenz dürfte bei 1 pro 20 Millionen Einwohner pro Jahr liegen (Metz und Jensen 2008).

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Der Anteil der nicht funktionellen endokrinen Pankreastumoren beträgt 40–70 % (Metz und Jensen 2008). Die Mehrzahl der nicht funktionellen pNEN sind größer als 3 cm, solide und im Pankreaskopf lokalisiert. Es wird geschätzt, dass bis zu 90 % der sporadischen nicht funktionellen pNEN maligne sind, und nicht selten liegt bei Diagnosestellung bereits ein metastasiertes Leiden vor (Fendrich et al. 2009; Yu et al. 1999; Weber et al. 1995; Metz und Jensen 2008), wobei aufgrund verbesserter Bildgebung immer häufiger auch kleine asymptomatische nicht funktionelle pNEN diagnostiziert werden. Typischerweise werden sie im fünften und sechsten Lebensjahrzehnt diagnostiziert (Öberg und Eriksson 2005).

Klinik

Insulinom

Die klinische Symptomatik ist durch die Folgen der Hypoglykämie charakterisiert. Durch den Versuch, die Symptome durch Kohlehydratzufuhr zu kompensieren, besteht bei den meisten Patienten bei Diagnosestellung eine erhebliche Adipositas. Das Krankheitsbild ist durch die Whipple-Trias charakterisiert: Hypoglykämiesymptomatik (Verwirrtheit, Bewusstseinsstörung, Schock) mit Blutzuckerwerten <45 mg/dl und sofortige Besserung der Symptomatik durch Glukosegabe (Fendrich et al. 2007; Metz und Jensen 2008).

Gastrinom

Die Trias exzessive Magensäuresekretion, rezidivierende Ulzera in Magen, Duodenum und proximalem Jejunum in Gegenwart eines nicht insulinproduzierenden Pankreastumors wurde 1955 von Zollinger und Ellison als eigenständige Krankheitsentität erkannt. Eine rezidivierende Ulkuserkrankung liegt bei über 90 % der Patienten mit Zollinger-Ellison-Syndrom vor. Schwerwiegende Komplikationen wie Ulkusperforation, Penetration und Blutung treten seit Einführung hochpotenter Säurehemmer nur noch selten auf, sind aber bei inadäquater Säuresuppression weiterhin zu beobachten. 30 % der Patienten mit Zollinger-Ellison-Syndrom weisen zusätzlich schwere sekretorische Diarrhöen oder eine Refluxerkrankung auf (Dhillo et al. 2006; Berna et al. 2006).

VIPom

Das dominierende Symptom bei Patienten mit Verner-Morrison-Syndrom sind die profusen, choleraähnlichen Durchfälle, die häufig in Episoden auftreten. Sie sind bedingt durch die Stimulation der intestinalen Flüssigkeitssekretion durch VIP. Der große Flüssigkeitsverlust führt zu Hypovolämie, Exsikkose, Hypokaliämie sowie Hypo- und Achlorhydrie mit Veränderungen im Elektrokardiogramm, Adynamie, Muskelschwäche und evtl. zur Nierenschädigung. Etwa die Hälfte der Patienten weist eine diabetische Stoffwechsellage auf (Metz und Jensen 2008).

Glukagonom

Wesentliche klinische Symptome des Glukagonoms sind das migratorisch nekrolytische Exanthem, begleitet von Schleimhaut- (Glossitis, Vulvitis, Stomatitis) und Nagelveränderungen. Bevorzugte Lokalisation sind das Genitale, Perineum, Leistenregion und Brustregion. Zudem präsentieren sich die Patienten mit einer diabetischen und katabolen Stoffwechsellage (Kachexie, Anämie, niedriges Albumin und Cholesterin). Auffällig ist zudem eine ausgeprägte Neigung zu Thromboembolien (Metz und Jensen 2008).

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Unspezifische Symptome wie Gewichtsverlust, abdominelle Beschwerden, Ikterus und eine palpable Tumormasse im Abdomen sind häufig. Allerdings werden durch den weitverbreiteten Einsatz moderner CT- und MRT-Diagnostik zunehmend häufiger auch kleinere asymptomatische nicht funktionelle PNET diagnostiziert (Kouvaraki et al. 2005).

Diagnostik

Insulinom

Die Labordiagnostik stützt sich auf die Whipple-Trias. Laborchemische Beweise für einen organischen Hyperinsulinismus sind neben Blutzuckerwerten (BZ) <45 mg/dl eine erhöhte Insulinsekretion und ein parallel erhöhtes C-Peptid im Serum. Zudem sollte der Sulfonylharnstoff bestimmt werden, um eine Hypoglycaemia factitia auszuschließen. Der Hungerversuch, bei dem die Patienten unter stationären Bedingungen nur glukosefreie Flüssigkeit zu trinken bekommen und bis zu 72 Stunden hungern, ist der aussagekräftigste Test. Als Beweis gilt der Abfall des Blutzuckerspiegels mit Hypoglykämiesymptomatik ohne adäquaten Abfall von Insulin und C-Peptid. Dies kann bei hoher Insulinsekretion durch den Tumor schon wenige Stunden nach Testbeginn auftreten (Fendrich et al. 2007; Metz und Jensen 2008).
Der Lokalisationsnachweis mit bildgebenden Verfahren ist schwierig, da die meisten Insulinome eine Größe < 2 cm haben. Dennoch ist es sinnvoll, präoperativ eine perkutane Sonographie oder eine Spiralcomputertomographie (CT) durchzuführen, um ggf. ein malignes Insulinom mit Fernmetastasen aufzudecken. Zudem ist eine Endosonographie als sensitivstes Verfahren zur Lokalisation eines Insulinoms indiziert, insbesondere wenn ein laparoskopisches operatives Vorgehen geplant werden soll (Fendrich et al. 2007; Fendrich et al. 2009; Metz und Jensen 2008).

Gastrinom

Die Diagnosestellung eines Zollinger-Ellison-Syndroms erfolgt durch den Nachweis erhöhter Werte des Serumgastrins bei gleichzeitigem Vorliegen eines sauren Magenmilieus (pH <4). Die Diagnose wird durch einen Sekretintest bestätigt. Beim Sekretintest wird nach Bestimmung des basalen Gastrins beim nüchternen Patienten 2 I.E./kg KG Sekretin als Bolus i.v. verabreicht. Bei fast allen Patienten mit Gastrinomen zeigt sich ein Anstieg des Serumgastrins auf mindestens das Doppelte des Ausgangswertes (>200 pg/l) (Berna et al. 2006).
Neben dem Primärtumor muss nach Lymphknoten- und ggf. auch Fernmetastasen vor allem in der Leber gesucht werden. Für den Nachweis der im Pankreaskopf gelegenen Gastrinome stehen eine Reihe bildgebender Verfahren zur Verfügung, während duodenale Gastrinome sich der Bildgebung meist entziehen. Zu den empfindlichsten Verfahren zum Nachweis eines pankreatischen Gastrinoms zählen die Somatostatinrezeptorszintigraphie und der endoskopische Ultraschall. Beide sind der Spiral-CT, der Magnetresonanztomographie (MRT) und der konventionellen Sonographie deutlich überlegen. Das sensitivste Verfahren zur Lokalisation von Duodenalwandgastrinomen ist die intraoperative Palpation der Duodenalwand nach Duodenotomie. Dagegen lassen sich Lebermetastasen mittels konventioneller Sonographie, Spiral-CT und kontrastmittelverstärktem MRT mit relativ hoher Sensitivität und Spezifität diagnostizieren. Aber auch zum Nachweis von Metastasen sind die Somatostatinrezeptorszintigraphie und die68Ga-PET-CT die sensitivsten Methoden, da insbesondere auch Fernmetastasen in Knochen und Thorax erkannt werden können.

VIPom

Der entscheidende diagnostische Schritt neben der klinischen Symptomatik ist der Nachweis hoher VIP-Spiegel im Serum. Die Lokalisationsdiagnostik der meist >5 cm im Durchmesser großen Tumoren erfolgt mittels Abdominalsonographie, Spiral-CT oder MRT und Somatostatinrezeptorszintigraphie (Metz und Jensen 2008).

Glukagonom

Die Diagnosestellung erfolgt durch das typische klinische Bild in Kombination mit einem deutlich erhöhten Glukagonspiegel im Serum. Die Lokalisationsdiagnostik der zumeist großen Tumoren erfolgt mittels Abdominalsonographie, CT oder MRT (Metz und Jensen 2008).

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Die präoperative Lokalisation des Primärtumors gelingt durch die Sonographie des Abdomens und die Computertomographie. Bis zu 80 % der nicht funktionellen endokrinen Pankreastumoren sind maligne. Differenzialdiagnostische Überlegungen sollten funktionell aktive NEN und das exokrine Pankreaskarzinom einschließen. Die Abgrenzung zu funktionell aktiven NEN gelingt durch Hormonbestimmung und entsprechende Funktionstests. Hingegen ist die Abgrenzung zum Adenokarzinom des Pankreas, insbesondere bei Tumoren im Bereich des Pankreaskopfes, aufgrund einer ähnlichen Symptomatik sehr schwierig. Erste diagnostische Hinweise liefert die kontrastmittelverstärkte Computertomographie. Hier stellen sich nicht funktionelle NEN hyperdens dar, ganz im Gegensatz zu Adenokarzinomen, die sich hypodens zeigen. Erhärtet wird der Verdacht auf einen NEN durch die Somatostatinrezeptorszintigraphie (SRS) oder die68Ga-PET-CT (Abb. 1), die beim NEN im Gegensatz zum duktalen Adenokarzinom meist positiv sind (Kouvaraki et al. 2005).

Differenzialdiagnostik

Insulinom

Differenzialdiagnostisch müssen eine Epilepsie und andere Hypoglykämieformen, insbesondere eine Hypoglycaemia factitia (selbst induzierte Hypoglykämie durch Einnahme von oralen Antidiabetika oder Insulin) in Erwägung gezogen werden.

Gastrinom

Die antrale G-Zellhyperplasie, eine Magenausgangsstenose oder in seltenen Fällen ein am Duodenalstumpf belassener Antrumrest nach Billroth-II-Operation dazu. Die sekundäre Hypergastrinämie ist Folge einer verminderten oder aufgehobenen Magensäureproduktion. Auch die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren führt zu unterschiedlich ausgeprägter Hypergastrinämie (Dhillo et al. 2006).

VIPom

Differenzialdiagnostisch müssen Krankheitsbilder, die ebenfalls mit sekretorischen Diarrhöen einhergehen, ausgeschlossen werden, wie das Zollinger-Ellison-Syndrom und das Karzinoidsyndrom. Bei diesen Entitäten sind die Durchfälle selten so ausgeprägt wie bei einem VIPom.

Glukagonom

Seltene dermatologische Krankheitsbilder und der kompliziert verlaufende Diabetes mellitus sind differenzialdiagnostisch anzugrenzen.

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Die Differenzialdiagnose schließt vor allem funktionell aktive endokrine Pankreastumoren und exokrine Pankreaskarzinome ein. Die Abgrenzung gegenüber funktionell aktiven pNEN ist durch Hormonbestimmung und entsprechende Funktionstests möglich. Eine diagnostische Abgrenzung zum duktalen Pankreaskarzinom ist erforderlich, da Therapie, Ausmaß des chirurgischen Eingriffs und Prognose beider Erkrankungen sehr unterschiedlich sind. Sollte bei einem Patienten in der Sonographie des Abdomens ein Pankreastumor diagnostiziert worden sein, sind zur Differenzialdiagnose zunächst eine Dünnschichtspiral-CT oder eine „One-Stop-Shop“-MRT indiziert. Handelt es sich um einen großen Pankreastumor, der nicht die typischen bildmorphologischen Kriterien eines exokrinen Tumors aufweist, sollte immer eine Somatostatinrezeptorszintigraphie angefertigt werden. Ist diese positiv, ist die Diagnose nicht funktioneller pNEN hochwahrscheinlich. Ist die Somatostatinrezeptorszintigraphie negativ, kann noch eine CT- oder ultraschallgesteuert Feinnadelaspiration angeschlossen werden (Kouvaraki et al. 2005).

Therapie

Insulinom

Die Therapie der Wahl ist die operative Entfernung des Insulinoms (Fendrich et al. 2007; Fendrich et al. 2009). Intraoperativ erfolgt zunächst eine komplette Freilegung des Pankreas mit anschließender bidigitaler Palpation. Zusätzlich wird eine intraoperative Sonographie (IOUS) durchgeführt. Dieses Vorgehen erlaubt es, mehr als 95 % der Insulinome zu identifizieren. Die operative Entfernung bei benignen Tumoren ist meist durch Enukleation möglich (Abb. 2). Ansonsten kommen resezierende Verfahren der Pankreaschirurgie, am häufigsten die milzerhaltende Pankreaslinksresektion zum Einsatz. Diese Verfahren werden heute in Expertenzentren zunehmend laparoskopisch durchgeführt (Fendrich et al. 2009). Bei malignen, meist metastasierten Tumoren sollte eine Tumorentfernung (Debulking) so weit als möglich erfolgen, da die medikamentösen Therapieoptionen zur Behandlung des organischen Hyperinsulinismus begrenzt sind. Auch multiviszerale Resektionen sind, wenn hierdurch mehr als 90 % der Tumormasse entfernt werden können, indiziert, da maligne Insulinome meist eine langsame Progression haben. Nach erfolgreicher Entfernung eines Insulinoms kommt es häufig postoperativ für einige Stunden zu einer reaktiven Hyperglykämie.

Gastrinom

Obwohl bei >50 % der Patienten mit Zollinger-Ellison-Syndrom zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Lymphknotenmetastasen und bei etwa 10 % Lebermetastasen vorliegen, ist die operative Behandlung die einzige Option mit kurativem Ansatz. Eine Operationsindikation ist gegeben, wenn keine diffusen Lebermetastasen vorliegen. Operationsziel ist nicht nur den Primärtumor oder die Primärtumoren im Pankreas und Duodenum, sondern auch die regionären Lymphknotenmetastasen und ggf. Lebermetastasen zu resezieren. Entscheidend ist es, vor der Operation zu wissen, ob es sich bei dem Patienten um ein sporadisches oder um ein Gastrinom im Rahmen eines MEN-I-Syndroms handelt (Langer et al. 2003; Stabile et al. 1984). Dies ist deshalb wichtig, weil bei sporadischen Gastrinomen fast immer mit dem Vorliegen eines solitären Primärtumors zu rechnen ist, wobei dieser im Pankreas oder im Duodenum liegen kann, während bei MEN-I-Patienten überwiegend multiple Duodenalwandgastrinome nachweisbar sind (Zogakis et al. 2003). Präoperativ und bei Vorliegen eines diffus metastasierten Gastrinoms ist eine symptomatische Säureblockade mit Protonenpumpeninhibitoren sehr wirksam. Bei metastasiertem Gastrinom kann zudem eine antiproliferative Therapie mit Somatostatinanaloga oder auch Chemotherapeutika wie Dacarbazin erfolgreich sein.

VIPom

Da VIPome bei Diagnosestellung meist größer als 3 cm und häufig maligne sind, besteht die Therapie der Wahl in einer formalen onkologischen Pankreasresektion (Metz und Jensen 2008). Bei Lebermetastasierung ist, wenn möglich, eine Lebermetastasenresektion, ggf. auch eine Radiofrequenzablation indiziert. Bei diffuser Metastasierung kann eine medikamentöse Therapie mit Somatostatinanaloga, eine Chemotherapie mit Streptozotozin eine Peptidradiorezeptortherapie (PRRT) oder eine transarterielle Chemoembolisation die Symptome lindern und die Tumorprogression eindämmen.

Glukagonom

Die Therapie der Wahl ist die onkologische Tumorresektion durch eine formale Pankreasresektion. Bei Irresektabilität werden Somatostatinanaloga oder Chemotherapeutika eingesetzt.

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Aufgrund des langsamen Wachstums der nicht funktionellen pNEN ist die chirurgische Resektion – nach Ausschluss einer diffusen Lebermetastasierung – immer gerechtfertigt (Abb. 3). Liegt eine Lebermetastasierung vor, sollte zusammen mit der Pankreasresektion oder danach eine Leberteilresektion erfolgen, wenn dies der Zustand des Patienten erlaubt und ein wesentlicher Teil der Metastasen entfernt werden kann (Fendrich et al. 2009; Zogakis et al. 2003). Bei kleinen nicht funktionellen pNEN (<2 cm) ist eine Enukleation oder milzerhaltende Linksresektion, die auch laparoskopisch durchgeführt werden können, ausreichend. Zudem wird diskutiert, dass bei kleinen nicht funktionellen pNEN mit G1-Differenzierung aufgrund ihres langsamen Wachstums auch die Verlaufsbeobachtung eine Option darstellt. Bei Patienten mit diffuser Fernmetastasierung kann eine medikamentöse Therapie mit Somatostatinanaloga, eine Chemotherapie oder molekular-zielgerichtete Therapie durchgeführt werden.

Verlauf und Prognose

Insulinom

Über 95 % der Patienten sind nach vollständiger Tumorentfernung geheilt. Die wenigen Patienten mit malignem Insulinom haben dagegen eine schlechte Prognose, nicht zuletzt bedingt durch die schweren, oft kaum kontrollierbaren Hypoglykämien (Fendrich et al. 2007; Fendrich et al. 2009).

Gastrinom

Die biochemische Heilungsrate nach operativer Therapie eines sporadischen Gastrinoms liegt bei etwa 50 %, eines MEN-I-assoziierten Gastrinoms bei 0–50 % (Fendrich et al. 2009; Metz und Jensen 2008). Viele Gastrinome zeigen ein langsames, progressiv infiltrierendes Wachstum, sodass selbst bei ausgedehnter Metastasierung lange Überlebenszeiten beobachtet werden. Dies trifft insbesondere auf die duodenalen Gastrinome zu. Die 10-Jahres-Überlebensraten liegen für sporadische Gastrinome bei 90 % und für MEN-I-assoziierte Gastrinome bei 95 %. Die Metastasierung erfolgt frühzeitig in die regionären Lymphknoten, daneben vor allem in die Leber, jedoch auch in Milz, Knochen, Mediastinum und Peritoneum.

VIPom und Glukagonom

Die beiden Tumoren haben aufgrund ihrer frühen Metastasierung und der Folgekomplikationen durch die Hormonüberproduktion eine sehr schlechte Prognose (Metz und Jensen 2008).

Nicht funktionelle endokrine Pankreastumoren

Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt trotz der hohen Malignitätsrate >50 % (Metz und Jensen 2008).
Literatur
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