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DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Jürgen Feisthammel und Jens Ulrich
Publiziert am: 03.09.2015

Feigwarzen (Condyloma acuminata)

Feigwarzen (Condylomata acuminata, spitze Kondylome) gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen des Genitoanalbereiches und machen den Hauptanteil benigner genitoanaler Tumoren aus. Sie werden in aller Regel durch humane Papillomaviren (HPV) induziert. Sie treten primär als kleine, oft disseminiert angeordnete Papeln auf, können aber auch beetartig konfluieren und große Konglomerate bilden. Wegen der grundsätzlichen Gefahr der malignen Entartung und der weiteren Verbreitung sollten Feigwarzen auch bei fehlenden Symptomen behandelt werden, wobei eine spezielle, gegen HPV gerichtete Therapie nicht existiert.

Definition

Feigwarzen (Condylomata acuminata, spitze Kondylome) gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen des Genitoanalbereiches und machen den Hauptanteil benigner genitoanaler Tumoren aus. Sie werden in aller Regel durch humane Papillomaviren (HPV) induziert. Sie treten primär als kleine, oft disseminiert angeordnete Papeln auf, können aber auch beetartig konfluieren und große Konglomerate bilden.

Epidemiologie

Exakte Zahlen zur Prävalenz existieren weltweit nicht. Aufgrund der sexuellen Aktivität ist sie in der zweiten und dritten Lebensdekade am höchsten und liegt zwischen 1,5 und 40 %. HPV-Antikörper als Zeichen einer stattgehabten HPV-Infektion findet man bei etwa 60 % der Erwachsenen (Patel et al. 2013).

Pathophysiologie

Die Entstehung der Feigwarzen erfolgt durch Infektion ausschließlich mehrschichtigen Plattenepithels mit HPV. Dabei werden die sehr häufig nachweisbaren „Low-Risk“-Typen (HPV 6, 11) von den selteneren „High-Risk“-Typen (HPV 16, 18, 31) unterschieden. Letztere sind häufig in genitalen Neoplasien (Kap. Zervixkarzinom, Peniskarzinom, Kap. Analkarzinom) und deren Vorstufen (Morbus Bowen, bowenoide Papulose, zervikale intraepitheliale Neoplasie [CIN]) nachweisbar.
Die Virenübertragung erfolgt überwiegend durch Sexualpraktiken, seltener durch Schmierinfektionen oder kontaminierte Gegenstände. Bei Neugeborenen kann eine Übertragung intra partum erfolgen. Infektionen bei Kindern können hinweisend auf sexuellen Missbrauch sein. Autoinokulation bei bestehenden vulgären Warzen der Finger (HPV-Typ 2) ist aber nicht so selten.
Verschiedenen Terrainfaktoren wie Analekzeme (Kap. Analekzem), Fluor, nässende Entzündungen oder mechanische Läsionen begünstigen die Infektion. Promiskuität ist der wichtigste Risikofaktor. Drogenkonsum, Nikotinabusus und iatrogene Immunsuppression (organtransplantierte Patienten) sind weitere Kofaktoren der HPV-Infektion. Andere sexuell übertragbare Infektionen (Herpes genitalis, HIV [Kap. HIV/AIDS], Syphilis, Chlamydia trachomatis) spielen oft als assoziierte Erkrankungen eine Rolle.

Klinik

Nach einer Inkubationszeit von vier Wochen bis zu einigen Monaten treten die Warzen oft zunächst asymptomatisch auf. Bei (peri)analer Lokalisation und in Abhängigkeit von Begleiterkrankungen kann Juckreiz ein führendes Symptom sein. Hier finden sich dann öfter auch Nässen oder geringfügige Blutungen, z. B. beim Abwischen mit Toilettenpapier. Beim perianalen Befall bei homosexuellen Männern finden sich Condylomata acuminata auch häufig intraanal, jedoch selten oberhalb der Linea dentata.

Diagnostik

Bereits bei der Inspektion kann die Diagnose vermutet werden. Es finden sich meist genital/perianal stecknadelkopfgroße Papeln bis hin zu mehreren Zentimeter großen tumorartigen Läsionen (Abb. 1). Condylomata acuminata kommen seltener einzeln vor, zumeist neigen sie zur Dissemination. Monströse Varianten (Condylomata gigantea, Buschke-Löwenstein-Tumoren) sind selten und werden heute zur Gruppe der verrukösen Karzinome gerechnet. Neben der klinischen Inspektion sollte ein intraanaler Befall stets durch Proktoskopie/Rektoskopie ausgeschlossen werden. Bei unklaren Befunden ist vor Therapie eine Biopsie indiziert.
Zur Identifizierung subklinischer Läsionen wird die Durchführung einer Essigsäureprobe empfohlen: Durch Betupfen des Areals mit 5 %iger Essigsäure lassen sich die Condylome nach wenigen Minuten durch eine scharf berandete Weißfärbung demaskieren (Weyandt 2011). Cave: Epitheldefekte oder andere entzündliche Dermatosen können zu falsch positiven Ergebnissen und damit zu Fehlinterpretationen führen.
Eine HPV-Subtypisierung mittels PCR ist in der täglichen Routine entbehrlich, bei Kindern (sexueller Missbrauch) und Buschke-Löwenstein-Tumoren sollte sie jedoch erfolgen.
Eine Diagnostik auf andere sexuell übertragbare Infektionen sollte durchgeführt werden. Der Test auf HIV-Infektion und Syphilis ist dabei obligat, Untersuchungen auf Chlamydia trachomatis und Hepatitis B (Kap. Hepatitis B) und C (Kap. Hepatitis C) empfehlenswert. Wichtig ist die Mituntersuchung des Sexualpartners.

Differenzialdiagnostik

Benigne Veränderungen wie Fibrome, Nävuszellnävi, seborrhoische Keratosen, heterotope Talgdrüsen, Mollusca contagiosa und prämaligne sowie maligne Tumoren wie bowenoide Papulose, Morbus Bowen, Erythroplasie Queyrat oder Plattenepithelkarzinome müssen klinisch oder besser histologisch ausgeschlossen werden. Condylomata lata (Syphilis) lassen sich serologisch ausschließen.

Therapie

Wegen der grundsätzlichen Gefahr der malignen Entartung und der weiteren Verbreitung sollten Feigwarzen auch bei fehlenden Symptomen behandelt werden, wobei eine spezielle, gegen HPV gerichtete Therapie nicht existiert. Die Behandlung von Condylomata acuminata gestaltet sich, in Abhängigkeit vom klinischen Befund und Zustand des Patienten, durchaus schwierig. HPV-DNA kann trotz klinisch erfolgreicher Behandlung im Epithel persistieren und so Ursache von Rezidiven sein, die dann in 20–70 % der Fälle innerhalb der nächsten Monate auftreten können.
Methodisch ist eine Selbsttherapie des Patienten von einer ärztlichen Behandlung zu unterscheiden. Zu den empfehlenswerten Selbsttherapien gehören die Anwendung von Podophyllotoxin als 0,5 %ige Lösung oder als 0,15 %ige Creme und die Anwendung von Imiquimod 5 % Creme. Obwohl Ergebnisse kontrollierter Studien fehlen, existieren positive Fallstudien über den intraanalen Einsatz von Imiquimod mittels Analtampons (Gross 2011; Kaspari et al. 2002). Eine weitere Möglichkeit der Selbstbehandlung besteht in der Lokaltherapie mit Catechinen (Polyphenon E 10 %) auf Cremegrundlage. Alle genannten Therapeutika können Brennen, Schmerzen, Hautirritationen bis hin zu Ulzerationen hervorrufen.
Bei klinisch ausgedehnterem Befall und/oder intraanalem Auftreten sollte eine ärztliche Therapie mittels Destruktionsverfahren durchgeführt werden. Hier kommen neben der Abtragung einzelner Kondylome mit der Schere, der elektrokaustischen Abtragung, der photodynamischen Therapie auch eine Kryotherapie oder Abtragung mittels Laser in Betracht. Aufgrund der Schwierigkeit, die Tiefenwirkung bei der Kryotherapie zu steuern, und der eingeschränkten intraanalen Anwendungsmöglichkeit sind die Elektrokaustik und die Laserablation (CO2- oder Neodym-YAG-Laser) zu präferieren.
Da es sich bei Condylomata acuminata um epidermale Veränderungen handelt, ist eine operative Exzision mittels Skalpell nicht indiziert. Grundsätzlich gilt es, operative Verfahren „schonend“ einzusetzen, um Perforationen, Verletzung des M. sphincter ani und Narbenbildung mit nachfolgenden Strikturen oder Stenosen zu vermeiden. Bei chronisch-rezidivierenden Verläufen kann eine postoperative Nachbehandlung (erst nach kompletter Reepithelisierung!) mit Imiquimod sinnvoll sein.

Nachsorge und Prävention

Trotz einer Spontanheilungsrate einzelner Kondylome von etwa 30 % werden häufig Rezidive beobachtet. Eine engmaschige Nachsorge (initial monatlich für drei Monate) wird deshalb empfohlen.
Zur Prävention ist grundsätzlich die Anwendung von Kondomen zu empfehlen, auch wenn nur ein begrenzter Schutz besteht. Die seit 2006 bestehende Möglichkeit der Vakzinierung mit einem tetravalenten Impfstoff (HPV-Typen 6, 11, 16 und 18). In Ländern mit hoher Impfprävalenz (z. B. Australien) konnte nachweislich die Rate an HPV-Infektionen und damit auch an Condylomata acuminata dramatisch gesenkt werden (Dochez et al. 2014).
Literatur
Dochez C et al (2014) HPV vaccines to prevent cervical cancer and genital warts: un update. Vaccine 32:1595–1601CrossRefPubMed
Gross G (2011) Konservative Behandlungsmethoden anogenitaler HPV-Infektionen. Hautarzt 62:34–39CrossRefPubMed
Kaspari M et al (2002) Application of imiquimod by suppositories (anal tampons) efficiently prevents recurrences after ablation of anal canal condyloma. Br J Dermatol 147:757–759CrossRefPubMed
Patel H et al (2013) Systematic review of the incidence and prevalence of genital warts. BMC Infect Dis 13:39PubMedCentralCrossRefPubMed
Weyandt GH (2011) Neue operative Ansätze zur Sanierung anogenitaler HPV-Infektion. Hautarzt 62:28–33CrossRefPubMed
Anmerkung
Für 2015 sind die Fertigsstellung eines aktualisierten leitlinie erwartet.vgl. www.​AWMF.​de