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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 22.07.2016

Einleitung

Fettstoffwechselstörungen werden aus zwei Gründen therapiert: Erstens zur Senkung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen und zweitens zur Prävention einer akuten Pankreatitis bei Hypertriglyzeridämie. Wegen des grundsätzlich unterschiedlichen Ansatzes werden beide Indikationen getrennt betrachtet.

Therapie von Fettstoffwechselstörungen zur Senkung des Risikos kardiovaskulärer Erkrankungen

Angesichts ihrer nach wie vor hohen Inzidenz und Prävalenz kommen der Primär- und Sekundärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen mit einer Lipidtherapie eine außerordentlich hohe Bedeutung zu. Atherogene Lipoproteine sind vor allem LDL, Lipoprotein (a) (Lp[a]) sowie die Restpartikel („remnants“) von Chylomikronen und VLDL. Die HDL-Konzentration ist nicht signifikant therapeutisch beeinflussbar; HDL-Partikeln wird eine atheroprotektive Funktion nachgesagt.

Therapieziele

Das primäre Therapieziel ist das LDL-Cholesterin (LDL-C): Die Assoziation der LDL-C-Konzentration mit dem kardiovaskulären Risiko gilt als unbestritten. Laut epidemiologischen und interventionellen Daten bewirkt eine Änderung des LDL-C um 30 mg/dl (0,7 mmol/l) eine gleichsinnige Änderung des relativen Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen um etwa 30 %. Über einen weiteren LDL-C-Bereich ergibt sich allerdings ein loglinearer Zusammenhang: Das heißt, bei hohen LDL-C-Spiegeln ist eine überproportionale Risikoerhöhung zu erwarten und umgekehrt (Grundy et al. 2004).
Die Therapieziele für das LDL-C richten sich nach dem individuellen Risiko des Patienten. In der Primärprävention kann das Risiko berechnet werden (Tab. 1). In der Sekundärprävention und in Sonderfällen wie der familiären Hypercholesterinämie wird es durch die zugrunde liegenden Erkrankungen definiert.
Tab. 1
Berechnung des kardiovaskulären Risikos durch Kalkulatoren in der Primärprävention
 
Framingham
ARRIBA
PROCAM
ESC-SCORE
Zugrunde liegende Studie
Framingham (seit 1946)
adaptiert nach Framingham
PROCAM
ESC-Score Project
Population
USA, v. a. irischer Abstammung
s. Framingham
Deutschland, Region Münster
Männer > Frauen
europaweit, Berücksichtigung regionaler Risikounterschiede
Besonderheit
überschätzt möglicherweise das Risiko in der europäischen Population
abgeleiteter Score
nur arbeitende Bevölkerung, limitierte Originaldaten für Frauen
basiert auf Daten aus Totenscheinen
Quelle
www.framinghamheartstudy.org
www.arriba-hausarzt.de
www.assmann-stiftung.de
www.escardio.org
Die einzelnen Zielwerte für das LDL-C unterscheiden sich je nach Fachgesellschaft etwas. Derzeit sind in Deutschland die gemeinsamen Empfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) die gebräuchlichsten (Reiner et al. 2011).
Bei Patienten mit erhöhten Triglyzeriden und Insulinresistenz kann das Non-HDL-Cholesterin (Non-HDL-C; Gesamt-Cholesterin minus HDL-C) einen alternativen Zielwert darstellen, um die Atherogenität der diabetischen Dyslipidämie besser zu berücksichtigen.
Konkurrierende Empfehlungen der American Heart Association (AHA) und des American College of Cardiology (ACC) betonen mehr den Einsatz von Statinen als primäres Ziel unabhängig vom LDL-C (Stone et al. 2014), führen in der Praxis aber kaum zu anderem therapeutischem Vorgehen.
Die aufgeführten Therapieziele (Tab. 2) dürfen als Kompromiss zwischen der zu erstrebenden kardiovaskulären Risikoreduktion und den aktuellen therapeutischen Möglichkeiten betrachtet werden. Aus diesem Grund werden für HDL-C und für Triglyzeride in der Regel nicht Ziel- sondern Optimalwerte angegeben. In Zukunft ist in Anbetracht neuer therapeutischer Möglichkeiten eine weitere Absenkung der LDL-C-Zielwerte zu erwarten.
Tab. 2
Therapeutische LDL-C-Zielwerte in Abhängigkeit vom kardiovaskulären Risiko (mod. nach Reiner et al. 2011)
Risikoeinschätzung
Zielwerte
Patienten mit sehr hohem Risiko
• dokumentierte KHK
Diabetes Typ 2
• Diabetes Typ 1 mit Endorganschäden
• mittlere bis schwere Niereninsuffizienz
• SCORE-Risiko ≥ 10 %
• PROCAM-/Framingham-Risiko ≥ 20 %
LDL-C < 70 mg/dl (<1,8 mmol/l)
Non-HDL-C < 100 mg/dl (<2,6 mmol/l)
Patienten mit hohem Risiko
• SCORE-Risiko 5–10 %
• PROCAM-/Framingham-Risiko 10–20 %
• prominente einzelne Risikofaktoren (z. B. familiäre Hypercholesterinämie oder ausgeprägte Hypertonie)
LDL-C < 100 mg/dl (<2,6 mmol/l)
Non-HDL-C < 130 mg/dl (<3,2 mmol/l)
Patienten mit moderatem Risiko
• SCORE-Risiko 1–5 %
• PROCAM-/Framingham-Risiko < 10 %
LDL-C < 115 mg/dl (<3 mmol/l)
Non-HDL-C ist ein alternatives Therapieziel bei erhöhten Triglyzeriden

Diät- und Lebensstil

Der wichtigste Effekt von Nahrungscholesterin ist die Senkung der Aktivität der LDL-Rezeptoren und damit eine leichte Erhöhung des LDL-C. Patienten sprechen allerdings sehr unterschiedlich auf eine entsprechende Diätintervention an. Ursache hierfür ist die individuelle Kinetik der Cholesterinresorption. Während bei vielen Patienten die Cholesterinresorption einen Sättigungscharakter aufweist – das heißt, der Erfolg einer Cholesterinreduktion in der Nahrung ist begrenzt – gibt es „High-Absorber“, bei denen das LDL-C wesentlich durch den Nahrungscholesteringehalt determiniert wird. Der Versuch einer cholesterinarmen Diät (200–300 mg/Tag) ist in jedem Fall zunächst sinnvoll. Bei ausbleibendem Erfolg kann die Diät dann womöglich wieder gelockert werden.
Der Einfluss von unterschiedlichen Fettsäureentitäten auf die Plasmalipoproteinkonzentrationen ist komplex. Die meisten Studien untersuchen nur die Auswirkungen verschiedener Fette auf Lipoproteine. Endpunktstudien mit Diätintervention sind naturgemäß schwierig durchzuführen. Langkettige gesättigte Fettsäuren senken die Aktivität der LDL-Rezeptoren und erhöhen damit das LDL-C; ungesättigte Fettsäuren haben eine umgekehrte Wirkung. Linolsäure senkt hierbei das LDL-C stärker als Ölsäure (Mensink und Katan 1992); Omega-3-Fettsäuren aktivieren LDL-Rezeptoren mehr als Omega-6. Hinzu kommen verschiedene Interaktionen sowie direkte Effekte einzelner Fettsäuren auf nukleäre Regulatoren. Die HDL-Konzentrationen werden durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren leicht gesenkt. In Zusammenfassung (Wolfram et al. 2015):
  • Die Cholesterinaufnahme sollte reduziert, die Gesamt-Fettaufnahme sollte möglichst reduziert werden.
  • Langkettige gesättigte Fettsäuren sollten durch mono- und polyungesättigte Fettsäuren ersetzt werden.
  • Omega-3-Fettsäuren sollten gegenüber Omega-6 bevorzugt werden.
  • Trans-Fettsäuren sollten vermieden werden (<1 % der Energieaufnahme).
Gesättigte Fettsäuren sollen durch Konsum von Früchten, Fisch und ballaststoffreicher Kost soweit wie möglich durch monoungesättigte oder polyungesättigte Fettsäuren ersetzt werden. Als Richtwerte können nach wie vor eine Reduktion der Gesamtfettaufnahme auf < 30 % der Energiezufuhr, Reduktion der gesättigten Fettsäuren auf < 10 % der Energiezufuhr und deren Ersatz zu gleichen Teilen durch einfach- und mehrfachungesättigte Fette gelten. Eine viel beachtete, spanische Endpunktstudie zur kardiovaskulären Risikoreduktion durch Ernährungsintervention zeigt den Vorteil von Diäten reich an Olivenöl oder Nüssen gegenüber einer allgemeinen fettreduzierten Kontrolldiät (Estruch et al. 2013).
Körperliche Aktivität beeinflusst den LDL-C-Spiegel nur wenig; größer ist der Einfluss auf Triglyzeride und die Erhöhung des HDL-C (Kap. Typ-2-Diabetes).

Statine

Statine sind Hemmer der HMG-CoA-Reduktase. Sie senken – abhängig von ihrer Potenz – das LDL-C deutlich und haben einen geringeren Effekt auf Triglyzeride (leichte Reduktion) und HDL-C (leichte Erhöhung). Der Nutzen einer Statintherapie zur kardiovaskulären Risikoreduktion ist unbestritten und gilt spätestens seit einer Metaanalyse mit über 170.000 Patienten als bewiesen: Cholesterol Treatment Trialists’ (CTT) Collaborators 2015). Eine Therapie mit Statinen, meist mit Atorvastatin, ist grundsätzlich die primäre Maßnahme zur Senkung des kardiovaskulären Risikos und kann auch in der Primärprävention eingesetzt werden (Tab. 3).
Tab. 3
Gebräuchliche Statine (Die Stärke entspricht der Dosis, mit der das LDL-C um 30–40 % reduziert wird.), mod. nach Weng et al. 2010
Präparat
Dosierung
Stärke
Metabolisierung
Bemerkung
Simvastatin
10–40 mg/d
20 mg
CYP 3A4
Nicht mit HIV-Protease-Inhibitoren oder Cyclosporin A kombinieren
10–80 mg/d
10 mg
CYP 3A4
Nicht mit HIV-Protease-Inhibitoren oder Cyclosporin A kombinieren
Pravastatin
10–40 mg/d
>40 mg
Sulfierung u. a.
Metabolisierung weitgehend CYP unabhängig
Fluvastatin
10–80 mg/d
80 mg
CYP 2C9
In der Regel als 80 mg Retardpräparat
Rosuvastatin
5–20 mg/d
ca. 5 mg
CYP 2C9, 2C19, 3A4, 2D6
Nicht zulasten gesetzlicher Krankenkassen zu verordnen
Lovastatin wurde nicht aufgeführt, da es kaum noch angewendet wird.
Statine sind in der Regel gut verträglich und gehören zu den weltweit am häufigsten verordneten Medikamenten. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Muskelschmerzen (ca. 10 %), die meist ohne Nachweis einer echten Myopathie (keine CK-Erhöhung, keine histologischen Veränderungen) einhergehen und vermehrt nach schwerer körperlicher Belastung auftreten. Diese Beschwerden können auch nach längerer Therapie entstehen und sind der häufigste Grund für das Absetzen dieser Medikation (Stroes et al. 2015). Weitere Nebenwirkungen sind allergische Reaktionen (meist Hauterscheinungen) oder sehr seltene, lebensgefährliche Rhabdomyolysen (<1:100.000/Jahr). Regelmäßige CK- und GOT-Bestimmungen sind bei Statin-Therapie obligat. Statine erhöhen abhängig von ihrer Stärke das Risiko einer Diabetes-Manifestation; diese Nebenwirkung steht aber weit hinter ihrem Nutzen bei der KHK-Prävention zurück. Die Substanzgruppe ist während Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.

Cholesterinresorptionshemmer

Ezetimib (feste Dosis: 10 mg, 1 x täglich) senkt durch Angriff am Dünndarmepithel (am Transporter NPC1L1) die Resorption von Cholesterin und unterliegt einem enterohepatischen Kreislauf. Hierdurch wirkt es additiv zu Statinen und senkt das LDL-C um weitere etwa 20 %. Dies führt zu einer zusätzlichen kardiovaskulären Risikoreduktion (IMPROVE-IT-Studie) (Cannon et al. 2015). Bei einer Statin-Unverträglichkeit kann es auch als Monotherapie eingesetzt werden.
Nebenwirkungen von Ezetimib sind selten; gelegentlich kommt es zu einer leichten Transaminasenerhöhung. Für Ezetimib sind Non-Responder beschrieben. Es wirkt weniger bei Patienten, die grundsätzlich eine niedrige Cholesterinresorption haben.
Andere Hemmer der Cholesterinresorption sind die Gallensäurebinder Colestyramin bzw. Colestipol und Colesevelam. Sie senken die Cholesterinresorption ähnlich wie pflanzliche Sterole durch Störung der intestinalen Mizellenbildung. Colestyramin (z. B. als Pulver zum Einrühren, 12–24 g täglich) ist nicht gut verträglich und führt zu Obstipationen, Blähungen, manchmal zu einer Triglyzerid-Erhöhung und Resorptionsstörungen anderer Medikamente. Colesevelam (z. B. 6 x 625 mg) ist besser verträglich und hat weniger Medikamenteninteraktionen. Gallensäurenbinder sind derzeit nur noch Reservemedikamente und führen ein Nischendasein; ihr Nutzen ist nicht durch Endpunktstudien gesichert.

Inhibitoren des Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9)

Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) wird v. a. in Hepatozyten sezerniert und verhindert ein Recycling des LDL-Rezeptors. Bei Inhibition von PCSK9 steigt also die LDL-Rezeptor-Aktivität, und das Plasma-LDL-C sinkt. Zwei humane monoklonale Antikörper, Evolocumab (140 mg/2 Wochen) und Alirocumab (75 bzw. 150 mg/2 Wochen) sind verfügbar. Diese werden subkutan injiziert und senken das LDL-C um etwa 60 %; gleichzeitig wird das Lp(a) um 20–30 % reduziert.
PCSK9-Inhibitoren sind zur Senkung des LDL-C bei Hypercholesterinämie alleine oder in Kombination mit anderen Medikamenten zugelassen, wenn der LDL-C-Zielwert anders nicht erreicht wird. Angesichts des hohen Preises sind aber weitere Zulassungsbeschränkungen (z. B. ein nachgewiesener Progress der Arteriosklerose unter maximaler Therapie mit oraler Medikation) und Verordnungsbeschränkung (Verordnung nur durch bestimmte Fachgruppen erlaubt) in der Diskussion.
Nebenwirkungen sind selbst bei sehr niedrigen LDL-C-Spiegeln selten; möglicherweise treten neurokognitive Ereignisse vermehrt auf. Endpunktstudien zu PCSK9-Inhibitoren werden Ende 2016/Anfang 2017 erwartet; eine Metaanalyse über Daten aus den Zulassungsstudien lassen aber einen kardioprotektiven Effekt vermuten (Navarese et al. 2015).

Andere medikamentöse Optionen

Mipomersen ist ein Antisense-Oligonukleotid gegen Apolipoprotein B und senkt das LDL-C auch bei schweren, z. B. homozygoten Formen der Hypercholesterinämie um etwa 30 %. Die wichtigste Nebenwirkung ist eine Steatosis hepatis. Es ist in der EU nicht zugelassen.
Eine ähnliche Wirkung und Nebenwirkung hat der Inhibitor des mikrosomalen Triglyzerid-Transferproteins (MTP) Lomitapid, der in der EU eine Zulassung als Orphan-Medikament bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie hat. Angesichts der jetzt verfügbaren PCSK9-Inhibitoren werden diese beiden Medikamente zukünftig wohl nur noch eine geringe Rolle spielen.
Nikotinsäure senkt Triglyzeride, LDL-C sowie Lp(a) und erhöht HDL-C. Die Substanz hat vor allem wegen der Flush-Symptomatik ein ungünstiges Nebenwirkungsprofil. Sie ist seit der HPS2-THRIVE-Studie, in der ein kardiovaskulärer Nutzen nicht belegt werden konnte, auch in der retardierten und mit Laropiprant kombinierten Form nicht mehr verfügbar.
Ein Nutzen medikamentöser Ansätze zur Erhöhung des HDL-C durch Inhibition des Cholesterinester-Transferproteins (CETP) konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Fast alle Studien waren bisher negativ oder wurden wegen fehlenden Nutzens abgebrochen; einzig für Anacetrapib läuft noch die REVEAL-Studie.

Lipidapherese

Eine extrakorporale Entfernung von Lipiden (Lipidapharese) kann LDL-C und Lp(a) deutlich reduzieren. Es werden verschiedene physiko-chemische Auftrennprinzipien verwendet, unter anderem die Heparin-induzierte extrakorporale LDL-Präzipitation (HELP), Lipidfiltration, Dextran-Sulfat-Zellulose-Adsorption (DSA), Immunadsorption oder Polyacrylatadsorption (DALI). Alle Therapieverfahren können das LDL-C um über 60 % senken. Das Therapieintervall beträgt ein bis zwei Wochen. Die medikamentöse Therapie wird hierbei weitergeführt.
Die LDL-Apherese wird bei familiärer Hypercholesterinämie in homozygoter Ausprägung sowie bei schwerer sonstiger Hypercholesterinämie angewendet, wenn mit einer über zwölf Monate dokumentierten maximalen diätetischen und medikamentösen Therapie das LDL-C nicht ausreichend gesenkt werden kann. Für die Indikation der Lp(a)-Reduktion ist zusätzlich der Nachweis eines Progresses der kardiovaskulären Erkrankung notwendig. Eine Apherese muss für jeden Patienten gesondert genehmigt werden.

Fibrate

Fibrate wirken über Aktivierung von nukleären Rezeptoren (Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptoren PPAR; v. a. PPARα). Der intrazelluläre Stoffwechsel wird hierdurch an verschiedenen Stellen moduliert. Als Ergebnis ist eine deutliche Senkung der Triglyzeride, mäßige Erhöhung Erhöhung des HDL und auch eine leichte LDL-Senkung zu beobachten. Nicht zuletzt werden Remnant-Partikel reduziert. Beispielsubstanzen sind:
  • Fenofibrat (z. B. 250 mg retard)
  • Bezafibrat (z. B. 400 mg retard)
  • Gemfibrozil (z. B. 600 mg)
Die Leitsubstanz ist wegen der geringen Nebenwirkungsrate Fenofibrat. Ob die retardierte Form Vorteile gegenüber der normalen Galenik hat, ist nicht klar.
Zwei große Fibrat-Studien – FIELD und ACCORD – konnten im primären Endpunkt keinen kardiovaskulären Nutzen zeigen. Dennoch könnte es Patienten geben, die von Fibraten profitieren: Ein Schutz vor kardiovaskulären Ereignissen fand sich in den Daten einer Subgruppe der ACCORD-Studie mit niedrigen HDL- und hohen Triglyzerid-Werten. Die Ergebnisse der FIELD-Studie zeigen, dass Fibrate die Amputationsrate bei Patienten mit Diabetes senken. Nicht zuletzt konnte Fenofibrat in beiden Studien den Progress der diabetischen Retinopathie vermindern.
Eine Fibrat-Therapie ersetzt bei der kardiovaskulären Risikoreduktion nicht die Anwendung von Statinen, aber ein Benefit durch Fibrate gerade für Patienten mit Diabetes kann nicht ausgeschlossen werden. Auf das Risiko einer Myopathie durch eine Statin-Fibrat-Kombination muss hingewiesen werden. Bei der Verwendung von Fenofibrat ist dieses allerdings wohl kaum gegenüber einer alleinigen Statingabe erhöht.

Therapeutisches Vorgehen bei Hypercholesterinämie

Bei Hypercholesterinämie wird nach oder gleichzeitig mit der lipidmodifizierenden Diät ein Statin verordnet; in der Regel wegen des günstigen Wirkungs-/Nebenwirkungsverhältnisses Atorvastatin. Prinzipiell sollten – wenn möglich – alle Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen ein Statin bekommen; bei entsprechendem Risiko auch Patienten mit Typ-2-Diabetes. Wird trotz ansteigenden Dosierungen der individuelle LDL-C-Zielwert nicht erreicht, sollte zusätzlich Ezetimib gegeben werden. Hierdurch wird das LDL-C in einem Großteil der Fälle ausreichend gesenkt. In Ausnahmefällen und bei hohem kardiovaskulärem Risiko bieten sich die PCSK9-Inhibitoren oder als Ultima Ratio die Lipidapherese an.
Bei Unverträglichkeit eines Statins sollten zunächst mindestens zwei andere Statine, womöglich mit einem anderen Abbaumechanismus, versucht werden. Ist auch dies wegen der Nebenwirkungen erfolglos, ist eine Monotherapie mit Ezetimib und eine Therapieeskalation wie oben aufgeführt ohne Statin indiziert.

Therapie der familiären Hypercholesterinämie (FH)

Patienten mit nachgewiesener heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie haben ein über den aktuellen LDL-C-Spiegel hinausgehendes hohes kardiovaskuläres Risiko. Das liegt daran, dass diese Patienten bereits seit der Geburt überdurchschnittlich hohe LDL-C-Spiegel haben. Gefäßveränderungen (namentlich eine Verdickung der Intima-Media der Carotiden) können bereits in der Jugend nachgewiesen werden. Aus diesem Grund wird eine Lipidsenkung in der Regel nach Abschluss der Pubertät empfohlen; auch hier sind Statine die primären Mittel der Wahl. Eine Therapieeskalation mit Ezetimib und/oder PCSK9-Inhibitoren ist häufig notwendig. Bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie wird eine LDL-Apherese meist schon in der Kindheit initiiert. Eine Mitbetreuung in einer Spezialambulanz ist obligat.

Therapie der gemischten Hyperlipidämie und der diabetischen Dyslipidämie

Für die Manifestation und die Ausprägung dieser Dyslipidämien sind genetische Faktoren sowie Umwelteinflüsse und Lebensstilfaktoren (wie Ernährung) von hoher Bedeutung. Daher kommt der optimalen Therapie eines möglicherweise bestehenden Diabetes in Verbindung mit Diät- und Lebensstilmaßnahmen eine zentrale Bedeutung zu. Durch Gewichtsreduktion, fettarme Reduktionsdiät und Diabetes-Einstellung lässt sich ein wesentlicher Teil der Patienten mit gemischter Dyslipidämie und Triglyzeriderhöhung bereits gut therapieren.
Solange die Triglyzerid-Werte unter 800 mg/dl (10 mmol/l) liegen und damit kein erhöhtes Pankreatitis-Risiko besteht, hat auch bei diesen Patienten die Lipidtherapie eine kardiovaskuläre Risikoreduktion zum Ziel. Damit sind auch bei Hypertriglyzeridämie und diabetischer Dyslipidämie Statine die erste Wahl. Ezetimib wirkt möglicherweise bei Patienten mit Diabetes sogar besser als bei Patienten ohne Diabetes. Primäres Therapieziel ist das LDL-C (Tab. 2). Die Betrachtung des Non-HDL-C (Gesamt-Cholesterin minus HDL-C) hat den Vorteil, dass sämtliche Apo-B-haltigen Lipoproteine, also neben LDL auch beispielsweise cholesterinreiche Remnants, berücksichtigt werden. Eine große Metaanalyse hat den Wert des Non-HDL-C bestätigt: Je 1 % verringertem Non-HDL-C fand sich eine 1-%-Reduktion des kardiovaskulären Risikos (Robinson et al. 2009). Das Non-HDL-C wird als sekundäres therapeutisches Ziel herangezogen und bei Triglyzeriden über 200 mg/dl empfohlen. Die Non-HDL-C-Zielwerte liegen 30 mg/dl (0,8 mmol/l) oberhalb des jeweiligen Zielwertes für LDL-C.
Über die Verwendung von Fibraten zur kardiovaskulären Risikoreduktion besteht Uneinigkeit. In Anbetracht der Datenlage (s. o.) sollte aber insbesondere Fenofibrat bei Patienten mit Diabetes, die eine Triglyzeriderhöhung und mikrovaskuläre Komplikationen haben, als therapeutische Option zusätzlich zum Statin angesehen werden.

Therapie der Chylomikronämie zur Prävention der akuten Pankreatitis

Bei Triglyzeridspiegeln oberhalb von 800 mg/dl (10 mmol/l) und insbesondere über 1600 mg/dl (20 mmol/l) besteht ein erhöhtes Risiko für eine akute Pankreatitis. Dieses Risiko ist bei Chylomikronämie Typ I (meist bei Mutationen der Lipoproteinlipase, des Apolipoprotein C2, des GPIHBP1 „glycosylphosphatidylinositol-anchored high density lipoprotein-binding protein 1“, des Apolipoprotein A5 oder des Lipase-Maturation-Faktors [LMF]) höher als bei sekundärer Hypertriglyzeridämie, bei der meist das VLDL erhöht ist (Typ 5 nach Fredrickson). Die Schwelle für die akuten Pankreatitiden ist hierbei interindividuell unterschiedlich, aber bei jedem Patienten relativ konstant.
Konservative Maßnahmen bestehen in intensiver Therapie sekundärer Auslöser der Hypertriglyzeridämie (z. B. Therapie eines entgleisten Diabetes), strenger Diätführung mit Lipid- und Alkoholkarenz und insbesondere des diätetischen Fettaustauschs durch mittellange Fettsäuren (MCT-Fette). Hierbei macht man sich zunutze, dass MCT-Fettsäuren nicht über Chylomikronen, sondern an Albumin gebunden in die Leber transportiert werden. Bei akuten Pankreatitiden kann versucht werden, eine restliche Hydrolyse durch eine niedrig dosierte Heparininjektion (z. B. 5000 IE) zu verstärken. Bei bekannter Apolipoprotein-C2-Defizienz können Plasmapräparate (FFP), die ausreichend Apo C2 enthalten, infundiert werden.
Seit 2015 ist in der EU für Patienten mit homozygoter Lipoproteinlipase-Defizienz eine intramuskulär zu applizierende Gentherapie mit Alipogene tiparvovec (AAV1-LPLS447X) zugelassen. Diese erste überhaupt in der westlichen Welt erhältliche, extrem teure Gentherapie wird einmalig angewendet und kann die Rate an Pankreatitiden reduzieren (derzeitige Datenlage bis 6 Jahre nach Therapie).
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