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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 13.01.2015

Gallenblasenpolypen

Verfasst von: Henrike Lenzen und Tim Lankisch
Gallenblasenpolypen sind Schleimhautvorwölbungen der Gallenblasenwand. Die meisten Gallenblasenpolypen verursachen keine Symptome, weshalb sie in der Regel Zufallsbefunde bei Ultraschalluntersuchungen oder nach Cholezystektomie sind. Der häufigste Gallenblasenpolyp ist der nicht neoplastische Cholesterolpolyp. Für die Entwicklung von Gallenblasenpolypen sind keine eindeutigen Risikofaktoren bekannt. Die konventionelle Abdomensonographie ist die einfachste Methode zur Detektion und Charakterisierung von polypoiden Gallenblasenläsionen. Bei symptomatischen Patienten sowie bei Risikopatienten (z. B. Polypengröße >10 mm, Alter >50 Jahre) ist eine Cholezystektomie indiziert. Kleine Polypen (<10 mm) sind meist gutartig und müssen nicht entfernt werden, Verlaufskontrollen sind aber angezeigt.

Definition

Gallenblasenpolypen sind Schleimhautvorwölbungen der Gallenblasenwand. Sie sind in der Regel Zufallsbefunde bei Ultraschalluntersuchungen oder nach Cholezystektomie. Ihre klinische Bedeutung hängt weitgehend vom Potenzial der malignen Entartung ab. Obwohl die Mehrzahl der Gallenblasenpolypen benigne sind, ist aufgrund der schlechten Prognose des Gallenblasenkarzinoms eine Früherkennung wichtig, um angemessene Maßnahmen für die kurative Behandlung zu treffen und das langfristige Überleben zu sichern (Matos et al. 2010).

Pathophysiologie

Gallenblasenpolypen stellen eine heterogene Gruppe von Veränderungen der Gallenblasenwand dar. Das Spektrum reicht von Cholesterolpolypen und entzündlichen Polypen bis hin zu Adenomen und Karzinomen. Gallenblasenpolypen können wie alle Läsionen in benigne und maligne Läsionen eingeteilt werden. Vereinfacht unterteilt man die benignen Gallenblasenpolypen in drei Gruppen:
  • Pseudotumore (Cholesterolpolypen, Adenomyomatose, inflammatorische Polypen),
  • epitheliale Tumore (Adenome) und
  • mesenchymale Tumore (Fibrome, Lipome, Leiomyome) (Christensen und Ishak 1970; Andren-Sandberg 2012).
Maligne Gallenblasenpolypen werden als Gallenblasentumore bezeichnet und sind meistens Adenokarzinome.
Die meisten Gallenblasenpolypen (60 %) sind nicht neoplastische (nicht entartende) Cholesterolpolypen. Cholesterolpolypen entstehen durch lokalisierte Cholesterinablagerungen (Cholesteatose) in der Gallenblasenwand. Bei der Cholesteatose (syn. Cholesterose) handelt es sich um Cholesterinablagerungen in Form von lipidspeichernden Makrophagen in der Gallenblasenwand. Sie können lokalisiert als Cholesterolpolypen oder diffus als kleine gelbliche Stippchen auftreten, dann auch als Erdbeergallenblase bezeichnet. Sonographisch imponiert die Cholesteatose als echoreiche Reflexionen (wie ein Kometenschweif).
Die Adenomyomatose ist eine seltene (Prävalenz ca. 1 % in Autopsiestudien), meist asymptomatische diffuse oder im Fundus lokalisierte Wandverdickung der Gallenblase, charakterisiert durch eine Proliferation des Gallenblasenepithels mit Invagination durch die hyperplastische Muscularis mit Formierung von intramuralen Divertikeln (Rokitansky-Aschoff-Sinus). Die Adenomyomatose der Gallenblase ist mit einer Cholezystolithiasis assoziiert (Nishimura et al. 2004). Ob ein erhöhtes Risiko für ein Gallenblasenkarzinom bei Patienten mit einer Adenomyomatose besteht, ist noch nicht abschließend geklärt.
Adenome sind die häufigsten benignen neoplastischen (mit Entartungstendenz) Gallenblasenpolypen mit einer Prävalenz von 0,5 %. Für Adenome der Gallenblase ist eine Adenom-Karzinom-Sequenz beschrieben worden (Aldridge und Bismuth 1990).

Epidemiologie

Die Prävalenz von Gallenblasenpolypen beträgt bei europäischen Patienten ungefähr 5 % (Jorgensen und Jensen 1990; Myers et al. 2002) und sind meist Zufallsbefunde im Rahmen von Ultraschalluntersuchungen. Gallenblasenpolypen kommen etwas häufiger bei Männern als bei Frauen vor (Matos et al. 2010; Andren-Sandberg 2012).

Risikofaktoren

Im Gegensatz zu den bekannten Risikofaktoren für Gallensteine sind keine eindeutigen Risikofaktoren für die Entwicklung von Gallenblasenpolypen bekannt (Andren-Sandberg 2012). Für Faktoren wie Alter, Geschlecht, Adipositas oder Diabetes liegen inkonstante Studiendaten vor (Gallahan und Conway 2010). Als Risikofaktoren für maligne Gallenblasenpolypen gelten: Alter >50 Jahre, Vorhandensein von Gallensteinen, primär sklerosierende Cholangitis (PSC) sowie Polypen mit bestimmten Risikomerkmalen (Größe >10 mm, solitär und sessil) (Gallahan und Conway 2010).

Klinik

Die meisten Gallenblasenpolypen verursachen keine Symptome. In einigen Fällen können Gallenblasenpolypen Ursache von abdominellen Beschwerden sein, wie kolikartige Oberbauchbeschwerden, Ikterus, Übelkeit oder Erbrechen, bedingt durch eine intermittierende Obstruktion prolabierender Polypen oder sich ablösende Cholesterolpartikel (Andren-Sandberg 2012). Hierdurch können ähnlich wie bei der Cholelithiasis auch akute Pankreatitiden ausgelöst werden (Parrilla Paricio et al. 1990). Als seltene Komplikation sind außerdem akute Cholezystitiden beschrieben worden (Gallahan und Conway 2010).

Diagnostik

Die konventionelle Abdomensonographie ist die einfachste Methode zur Detektion und Charakterisierung von polypoiden Gallenblasenläsionen (Abb. 1). Am häufigsten sind dabei die Cholesterolpolypen, die zu den nicht neoplastischen Gallenblasentumoren zählen. Sie treten meist multipel auf und sind deutlich kleiner als 10 mm. Charakteristischerweise sind sie wandständig, glatt begrenzt und eher echoreich/hyperreflexiv (Schmidt und Görg 2008). Im Gegensatz zu den Gallensteinen sind sie bei Umlagerung nicht beweglich und weisen keinen kompletten Schallschatten auf. Sie lassen sich im Gegensatz zu anderen Gallenblasenpolypen relativ gut von malignen Gallenblasenläsionen abgrenzen. Gallenblasenpolypen, die solitär auftreten und >5 mm sind, sprechen für ein Adenom. Adenome können echoreiche und echoarme Areale aufweisen, meist mit einer lappigen Oberfläche. Ein weiteres sonographisches Zeichen der Gallenblasenpolypen ist eine unauffällige Gallenblasenwand (Schmidt und Görg 2008). Bei Gallenblasenpolypen von einer Größe >10 mm muss differenzialdiagnostisch an ein Karzinom gedacht werden. Bei großen oder unregelmäßigen Läsionen in der Gallenblase empfiehlt sich daher auch eine Computertomographie (CT) zur weiteren Abklärung beziehungsweise zum Staging.
Die Kontrastmittelsonographie kann weitere Hinweise für die Charakterisierung von polypoiden Gallenblasenveränderungen geben. Typischerweise sind benigne Gallenblasenpolypen arteriell vaskularisiert und gut abgrenzbar (Rifai et al. 2008).
Die Endosonographie Untersuchung (endoskopischer Ultraschall, EUS) ist sensitiver als die transabdominelle Abdomensonographie und kann zur weiteren Abgrenzung von Gallenblasenstrukturen und der Differenzialdiagnose zwischen Gallenblasenadenomen und Cholesterolpolypen eingesetzt werden (Gallahan und Conway 2010; Cho et al. 2009). Ob der alleinige Einsatz der Endosonographie zur Festlegung einer Behandlungsstrategie ausreicht, ist aktuell aber noch unklar (Andren-Sandberg 2012).
Insgesamt bleibt allerdings die Unterscheidung von Steinen, Cholesterolpolypen, Adenomyomatose, Adenomen und dessen Abgrenzung zu Karzinomen bei ähnlicher Echogenität und Morphologie in der Abdomenultraschalluntersuchung schwierig (Andren-Sandberg 2012; Oestmann 2012). Auch mithilfe der Kontrastmittelsonographie (Inoue et al. 2007) oder des endoskopischen Ultraschalls (Sun et al. 2004) ist eine Abgrenzung zu malignen Gallenblasenläsionen manchmal nur schwer möglich, auch abhängig von der individuellen Konstitution des Patienten und der Erfahrung des Untersuchers.
Tumormarker wie das CEA und CA 19-9 im Serum sind für die Differenzialdiagnose zwischen benignen und malignen Gallenblasenpolypen nicht weiterführend, da es sich bei den malignen Gallenblasenpolypen meistens um Frühkarzinome handelt (Andren-Sandberg 2012).

Differenzialdiagnostik

Hinter einem sonographisch diagnostizierten Gallenblasenpolyp können sich die unterschiedlichsten histopathologischen Befunde verbergen (Zielinski et al. 2009). Das Spektrum reicht von Gallenblasensteinen, harmlosen Polypen wie den Cholesterolpolypen bis zu Adenomen oder Karzinomen. Auch das Gallenblasenkarzinom kann selbst als polypoide Läsion imponieren. Da die Unterscheidung zwischen benignen und prämalignen oder malignen Gallenblasenpolypen in der bildgebenden Diagnostik oftmals schwierig sein kann, müssen zusätzliche prädiktive Faktoren wie die Polypengröße, das Patientenalter und auch Grunderkrankungen (z. B. PSC) als Grundlage zur Risikostratifizierung für die weitere Diagnostik und Therapie herangezogen werden (Oestmann 2012; Boulton und Adams 1997).

Therapie

Das primäre Ziel bei der Behandlung von Gallenblasenpolypen ist es, die Entwicklung von einem Gallenblasenkarzinom zu verhindern. Einheitliche Empfehlungen zum Management von Gallenblasenpolypen, insbesondere hinsichtlich der Verlaufskontrollen bei kleinen (<10 mm) asymptomatischen Gallenblasenpolypen existieren aktuell nicht (Gurusamy et al. 2009).
Bei symptomatischen Patienten mit Gallenblasenpolypen ist eine Cholezystektomie indiziert, ebenso bei einer Polypengröße >10 mm aufgrund der erhöhten Karzinominzidenz (Abb. 2) (Boulton und Adams 1997). Bei Gallenblasenpolypen <10 mm mit begleitender Cholezystolithiasis, bei Patienten >50 Jahre (Koga et al. 1988; Yang et al. 1992), bei einer Größenprogredienz der Polypen oder einer assoziierten irregulären Wandverdickung sollte ebenfalls eine Cholezystektomie erfolgen, insbesondere bei solitären oder suspekten Gallenblasenpolypen. Auch bei Patienten mit einer PSC wird aufgrund eines erhöhten Entartungsrisikos eine Cholezystektomie empfohlen (Chapman et al. 2010).
Die laparoskopische Chirurgie ist die Therapie der Wahl bei fehlendem Anhalt für Malignität (Lee et al. 2004). Bei Gallenblasenpolypen >10 mm sollte bei hoher Wahrscheinlichkeit eines Gallenblasenkarzinoms ein präoperatives Staging (mittels CT/EUS) zur Planung des operativen Prozedere erfolgen (Kubota et al. 1995).

Verlauf und Prognose

Die meisten kleinen Polypen (<10 mm) sind gutartig und müssen nicht entfernt werden. Drei- bis sechsmonatige sonographische Verlaufskontrollen sind in den ersten zwei Jahren gerechtfertigt, im weiteren Verlauf dann zweijährliche Kontrollen (Lee et al. 2004). Eine Polypengröße >10 mm und ein Polypenwachstum sind wichtige Prädiktoren für Malignität in polypoiden Läsionen der Gallenblase. Hier besteht die Indikation zur Cholezystektomie. Patienten mit einer PSC sollten als Hochrisikogruppe eine besondere Beobachtung erfahren.
Literatur
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Internetadressen
http://​www.​dgvs.​de (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V., DGVS)