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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 16.12.2014

Hepatitis B

Verfasst von: Karsten Wursthorn
Bei der Hepatitis handelt es sich um eine infektiöse Entzündung der Leber. Weltweit haben mehr als 2 Milliarden Menschen einen serologischen Hinweis auf eine aktuelle oder stattgehabte Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV). Bei der chronischen Infektion sind in der Regel hohe Virusmengen und das virale Oberflächenprotein Hepatitis-B-Surface-Antigen (HBsAg) im Serum betroffener Patienten nachweisbar. Die Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus kann beim Menschen zu einem akuten, im Erwachsenenalter meist selbst limitierenden Verlauf führen oder chronisch werden. Dann kann es zu Leberentzündungen mit dem Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose und von Leberzellkrebs kommen. Zur Behandlung der chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion stehen die Medikamentenklassen Alpha-Interferone und Nukleosid- bzw. Nukleotidanaloga zur Verfügung.

Einleitung

Man geht von weltweit über 240 Millionen chronisch infizierten Patienten aus, mehr als 2 Milliarden haben einen serologischen Hinweis auf eine aktuelle oder stattgehabte Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV). Der Nachweis einer HBV-Infektion erfolgt serologisch. Die wahrscheinlich erste Beschreibung einer durch das damals noch unbekannte Hepatitis-B-Virus ausgelösten parenteralen Infektion stammt von Lürmann aus dem Jahr 1885, als es unter Werftarbeitern in Bremen im Anschluss an eine Pockenschutzimpfung zu einer „Ikterusepidemie“ kam. Mittlerweile ist seit über 30 Jahren eine gut verträgliche und effektive Impfung verfügbar. Bis 2009 hatten 177 Länder die Hepatitis-B-Impfung für Kinder in ihre nationalen Impfprogramme aufgenommen.
Das Hepatitis-B-Virus ist der Hauptvertreter der Familie der Hepdnaviridae (Schaefer et al. 2010). Hepadnaviren sind leberspezifisch und können dauerhafte Infektionen verursachen. Sie kommen in verschiedenen Spezies vor, u. a. bei der Ente („duck hepatitis virus“, DHV) und beim Murmeltier („woodchuck hepatitis virus“, WHV). Gemeinsam ist den Hepadnaviren ein komplex organisiertes, partiell doppelsträngiges, zirkuläres Genom mit einer Länge von 3–3,3 kb, das gemeinsam mit einer viralen DNA-abhängigen Polymerase mit reverser Transkriptaseaktivität in umhüllten Virionen vorliegt. Ein weiteres Spezifikum ist deren enger Wirtstropismus.
Bei den chronischen Infektionen sind in der Regel hohe Virusmengen und das virale Oberflächenprotein Hepatitis-B-Surface-Antigen (HBsAg) im Serum betroffener Patienten nachweisbar. Die Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus kann beim Menschen zu einem akuten, im Erwachsenenalter meist selbst limitierenden Verlauf führen oder chronisch werden. Im letzteren Fall kommt es bei den Betroffenen zu Leberentzündungen mit dem Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose und von Leberzellkrebs.

Pathophysiologie

Das runde Virus hat einen Durchmesser von ca. 45 nm. Auf dessen Oberfläche befindet sich das Hepatitis-B-Oberflächenantigen („hepatitis B surface antigen“, HBsAg), das bei seiner Entdeckung 1963 als Australia-Antigen bezeichnet wurde. Die Virushülle umgibt das Kapsid, das einen Durchmesser von 34 nm hat und u. a. das Genom und eine virale Polymerase mit reverser Transkriptaseaktivität beinhaltet. Das Kapsid besteht aus Core-Proteinen, auf deren Spitze die Hauptepitope des HBc-Antigens (HBcAg) liegen. Das komplette, partiell doppelsträngige und zirkuläre HBV-Genom ist klein und kompakt organisiert. Es liegt im Virion als nicht kovalent geschlossener Minusstrang vor.
Nach der Bindung des Hepatitis-B-Oberflächenantigens an den erst kürzlich entdeckten Rezeptor auf den Leberzellen, dem Natrium-Gallensäure-Kotransporter oder „sodium taurocholate cotransporting polypeptide“ (NTCP) (Yan et al. 2012), wird das Kapsid durch Endozytose in die Leberzelle aufgenommen und anschließend in den Kern transportiert.
Die sehr stabile, kovalent geschlossene zirkuläre DNA („covalently closed circular DNA“, cccDNA) bildet sich nach dem Eintritt des viralen Genoms in den Zellkern der Leberzellen. Sie kann durch Teilung der Leberzellen an Tochterzellen weitergegeben werden und stellt die Matrize für die Transkription der vier viralen mRNA dar.
Das Virus selbst ist nicht zytopathogen. Jedoch kommt es durch die immunvermittelte Lyse infizierter Hepatozyten zu dem charakteristischen Anstieg der Leberentzündungswerte (Aminotransferasen, auch Transaminasen genannt). Je nach Ausprägung der Immunantwort folgt daraus entweder ein akuter, selbst limitierender Verlauf der Infektion, der in aller Regel einen dauerhaften Immunschutz bei dem betroffenen Patienten hinterlässt, oder eine chronische, oft jahrzehntelang andauernde Infektion mit dem Risiko der Entstehung einer Leberzirrhose und von Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC).

Epidemiologie

Das Hepatitis-B-Virus kommt weltweit vor und ist Auslöser einer der häufigsten Infektionserkrankungen. Nach Zahlen der WHO sind 2 Milliarden Menschen mit dem Virus infiziert, mehr als 240 Millionen haben eine chronische Hepatitis B. Es wird angenommen, dass 600.000 Menschen jährlich an einer akuten oder chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion versterben (WHO 2013).
Die Prävalenz der chronischen Hepatitis B bei Erwachsenen ist in Asien, dem Amazonasgebiet und der südlichen Sahara mit 8–10 % am höchsten. Eine mittlere Prävalenz des HBsAg von 5–7 % liegt in Süd- und Osteuropa, in den Staaten der Russischen Föderation, in Südwestasien sowie in Mittel- und Südamerika vor. Niedrigprävalenzregionen (HBsAg positiv bei 0,2–0,5 % der Bevölkerung) sind Mittel-, West- und Nordeuropa, Nordamerika (außer Alaska) und Australien. In Gegenden mit hoher und mittlerer Prävalenz kommen die neonatale Übertragung und die Infektion in der frühen Kindheit sehr häufig bis häufig vor, wohingegen die horizontale Übertragung zwischen Erwachsenen in Gegenden mit niedriger Prävalenz dominiert.

Klinik

Der Verlauf und der Schweregrad der Hepatitis-B-Virus-Infektion sind abhängig vom Alter des Patienten während der Infektion. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 45 und 200 Tagen. Klinisch verläuft die akute Hepatitis B bei Erwachsenen in der Mehrzahl der Fälle unauffällig mit wenigen Symptomen oder unspezifischen grippeartigen Beschwerden (anikterischer Verlauf). Weitere Beschwerden können Abgeschlagenheit, Übelkeit oder rechtsseitiger Oberbauchschmerz sein. 20–30 % der Fälle verlaufen ikterisch. 0,5–1 % der ikterischen Verläufe werden fulminant und können unbehandelt in bis zu 70 % letal enden. In der überwiegenden Zahl der Fälle (>95 %) heilt die Hepatitis B bei Erwachsenen spontan aus. Von einer Ausheilung wird dann ausgegangen, wenn keine HBV-DNA mehr im Blut vorhanden ist und eine vorwiegend antikörpervermittelte, aber auch T-Zell-bedingte immunologische Kontrolle der Infektion mit dem Nachweis von Anti-HBs-Antikörpern vorliegt.
Bei einem Kontakt in der frühen Kindheit wird die Infektion in >90 % der Fälle chronisch. Die chronische Infektion kann asymptomatisch verlaufen oder mit einer dauerhaften Leberentzündung mit den daraus resultierenden Veränderungen wie Leberfibrose und -zirrhose einhergehen. Extrahepatische Manifestationen ergeben sich bei 10–20 % der Patienten mit chronischer HBV-Infektion. Zu diesen gehören die Polyarteritis nodosa und eine Glomerulopathie mit Proteinurie (Clinical manifestations and natural history of hepatitis B virus infection [Internet] 2013).
Ausgehend von einer Infektion im Kindesalter werden vier Phasen der Hepatitis B unterschieden. Diese werden anhand des Vorhandenseins von HBeAg bzw. Anti-HBe, der HBV-DNA-Konzentration sowie der Höhe der Alanin-Aminotransferase (ALT) differenziert (Tab. 1).
Tab. 1
Phasen der Hepatitis B
 
Immunclearance
Inaktiver Träger
Reaktivierung
  
HBeAg-positive chronische Hepatitis
 
HBeAg-negative chronische Hepatitis
HBeAg
Positiv
Positiv
Negativ
Negativ
HBV-DNA
Sehr hoch
Hoch
Niedrig
Niedrig bis hoch
ALT
Normwertig
Erhöht
Normwertig
(Wechselnd) erhöht
Eine spontane Ausheilung der chronischen Infektion ist mit 0,5–2 % im Westen und 0,1–0,8 % in Asien selten.

Komplikationen

Die chronische Hepatitis B kann völlig unauffällig verlaufen oder zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Zu ihnen gehört die Entwicklung einer Leberzirrhose in 10–20 % nach 5 Jahren, die hepatische Dekompensation mit portaler Hypertension, Aszites, hepatorenalem Syndrom und oberer gastrointestinaler Blutung bei Patienten mit bislang kompensierter Leberzirrhose in bis zu einem Viertel der Fälle sowie der Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms (HCC) in bis zu 15 % nach 5 Jahren. Zu den weiteren Komplikationen gehören extrahepatische Manifestationen oder Tod.
Das Fortschreiten der Lebererkrankung betrifft vor allem Patienten in endemischen Gebieten mit vermutlich jahrzehntelanger HBV-Infektion und Patienten mit dauerhaft oder wechselnd erhöhten Transaminasen, bei denen eine Leberschädigung angenommen werden muss. Das Vorhandensein von HBeAg, erhöhte Transaminasen und eine Viruslast >2000 IU/ml sind mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung einer Leberzirrhose und eines HCC assoziiert (Chen et al. 2006; Iloeje et al. 2006).

Diagnostik

Klinik

Die klinischen Befunde des Patienten mit chronischer Hepatitis B sind in Abwesenheit der typischen Zeichen einer Leberzirrhose häufig unspezifisch. Zu den Befunden bei einer Leberzirrhose gehören ein Ikterus, Spider naevi, Palmar- und Plantarerythem, Lackzunge, ggf. sichtbare venöse Umgehungskreisläufe auf dem Abdomen (Caput medusae), Bauchglatze, Ödeme, Aszites, Gynäkomastie bei Männern sowie Symptome der hepatischen Enzephalopathie.

Labor

Die Indikation zur (Labor-)Diagnostik der Hepatitis B sollte großzügig gestellt werden. Zum einen hat eine nicht diagnostizierte, unbehandelte Hepatitis-B-Virus-Infektion häufig schwerwiegende Folgen, zum anderen liegt die Prävalenz von Anti-HBc in Deutschland bei rund 7 %. Die HBV-Diagnostik sollte grundsätzlich u. a. bei Patienten mit erhöhten Leberwerten, mit Leberzirrhose und mit hepatozellulärem Karzinom, bei Personen mit Migrationshintergrund aus Ländern mit erhöhter HBsAg-Prävalenz, bei HIV- und/oder HCV-Koinfizierten, bei Dialysepatienten sowie bei homosexuellen Männern und/oder Personen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern erfolgen. Auch Spender und Empfänger von Organtransplantaten sollten getestet werden. Die Reaktivierung des HBV unter medikamentöser Immunsuppression und/oder Chemotherapie kann zu einem fulminanten Verlauf der Lebererkrankung mit hoher Mortalität führen, weshalb eine rechtzeitige Diagnostik bei diesen Patienten zwingend angezeigt ist.
Die Diagnostik der Hepatitis B beruht auf serologischen, virologischen, laborchemischen und histologischen Parametern. Bei Verdacht auf eine HBV-Infektion werden zunächst die Anti-HBc-Antikörper und das HBs-Antigen bestimmt, beide sind bei chronischer Hepatitis B dauerhaft nachweisbar. Weitere serologische Parameter sind das HBeAg sowie die Antikörper Anti-HBe und Anti-HBs, wobei das Auftreten des Letzteren eine immunologische Kontrolle der Infektion nachweist. Hierbei kommen in der Regel qualitative Tests zum Einsatz. Lediglich für das Anti-HBs und das HBsAg stehen validierte Testsysteme zur Verfügung, die eine quantitative Bestimmung erlauben.

Quantitatives HBsAg

Das quantitative HBsAg kann als Surrogatparameter der intrahepatischen HBV-DNA dienen, hat jedoch zudem einen Stellenwert als prädiktiver Marker beim natürlichen Verlauf der Hepatitis B und während antiviraler Therapie.

Anti-HBs

Die Konzentration des Anti-HBs dient bei geimpften Personen zur Beurteilung des Impfschutzes. Ein Anti-HBs-Titer >100 IU/l wird in der Regel als ausreichend angesehen.

Virologische und biochemische Diagnostik

Ist die serologische Diagnose einer chronischen Hepatitis B gesichert, wird die Viruslast mittels quantitativer PCR bestimmt. Zusätzlich können der HBV-Genotyp sowie Resistenzmutationen durch die Sequenzierung der Reversen-Transkriptase-Domäne der viralen Polymerase bestimmt werden. Laborchemisch im Vordergrund stehen die Leberentzündungswerte Aspartat-Aminotransferase (AST) und Alanin-Aminotransferase (ALT), die Cholestase-anzeigenden Enzyme alkalische Phosphatase (AP) und Gamma-Glutamyltranspeptidase (γ-GT) sowie die Messung von Bilirubin und Leberfunktion anhand u. a. der Prothrombinzeit (Quick, INR). Bei Verdacht auf ein HCC kann zudem das Alpha-Fetoprotein (AFP) bestimmt werden.
Um sich ein feingewebliches Bild der Lebererkrankung zu machen, kann eine Leberpunktion auf das Vorliegen und den Grad einer Leberentzündung bzw. des Stadiums der Lebervernarbung untersucht werden. Diese werden nach (histo-)pathologischen Kriterien in reproduzierbaren Scores untersucherunabhängig quantitativ beurteilbar. Verbreitet sind der nur für die Hepatitis C evaluierte METAVIR-Score sowie der Ishak-Score, ein histologischer Aktivitätsindex zur Einschätzung der Entzündungsaktivität. Für die Einteilung des Stadiums der Leberfibrose wird das Staging nach Desmet bevorzugt. F0 bedeutet keine Leberfibrose, F4 Zirrhose.
Darüber hinaus gibt es Algorithmen zur Beurteilung der Leberfunktion bei zugrunde liegender Leberzirrhose. Eine weit verbreitete Einteilung ist der Child-Pugh-Score, der sich aus den drei Laborwerten Albumin, Bilirubin und Quick/INR, dem (sonographischen) Nachweis der Aszitesmenge sowie dem Stadium der hepatischen Enzephalopathie zusammensetzt. Bei der Einschätzung der Dringlichkeit einer Lebertransplantation wurde vor einigen Jahren der MELD-Score („Model of Endstage Liver Disease“) eingeführt, der sich auf die Werte Bilirubin, INR und Kreatinin stützt. Daraus ergibt sich ein Punktwert zwischen 6 (gesund) und 40 (sehr krank), der mit der zu erwartenden 3-Monats-Mortalität korreliert.

Bildgebung und Lokalisationsdiagnostik

Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens mit Dopplersonographie erlaubt die Beurteilung der Leber, der Milz sowie der weiteren Bauchorgane und die Flussverhältnisse der abdominellen Gefäße (v. a. der Pfortader, der Lebervenen und der A. hepatica) in Echtzeit. Weiterhin können verdächtige Raumforderungen in einer zirrhotischen Leber erkannt und beurteilt werden. Eine Weiterentwicklung der Sonographie ist die Kontrastmittelsonographie, mittels derer sich Leberläsionen in ihrer Dignität beurteilen lassen. Der Stellenwert der Abdomensonographie kann deshalb nicht hoch genug angesetzt werden. Eine Entwicklung der letzten Jahre ist die transiente Elastographie (Fibroscan), bei der die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Niedrigfrequenzimpulses gemessen wird und damit der bindegewebige Anteil des Leberparenchyms beurteilt werden kann. Für die chronische Hepatitis B ist der Einsatz der transienten Elastographie zur Einschätzung des Fibrosestadiums zunehmend evaluiert und korreliert mit dem histopathologischen Ergebnis.
Radiologische Verfahren wie die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT) des Abdomens ergänzen die bildgebende Diagnostik beim Vorliegen einer Lebererkrankung.

Differenzialdiagnostik

Zur Differenzialdiagnostik der HBV-Infektion gehören alle weiteren zu einer Leberentzündung bzw. Leberfibrose und -zirrhose führenden Erkrankungen.
Von den viralen Hepatitiden führen lediglich die parenteral übertragene Hepatitis C und die Hepatitis-B-D-Koinfektion zu chronischen Verläufen. Die fäkal-oral übertragenen Hepatitis-A- und Hepatitis-E-Virusinfektion haben in aller Regel nur eine akute Entzündung mit konsekutiver Ausheilung zur Folge. Die primär biliäre Zirrhose (PBC) und die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) führen über eine Destruktion der kleinen und großen Gallengwege und -gänge zur Leberzirrhose. Eine Autoimmunhepatitis (AIH) betrifft vorwiegend Frauen. Auf dem Vormarsch sind die nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) und die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), die ätiologisch eng mit dem metabolischen Syndrom und Diabetes mellitus verbunden sind. Eine alkoholische Fettleber bzw. Fettleberhepatitis ist in ca. einem Drittel der Fälle die Ursache einer Lebererkrankung. Alkohol gehört wie bestimmte Toxine (Amanitin des Grünen Knollenblätterpilzes, Aflatoxine) und Medikamente (Paracetamol) zu den Ursachen toxischer Leberkrankheiten. Hereditäre Ursachen sind eine Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), ein Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit), ein Alpha-1-Antitrypsinmangel sowie eine Mukoviszidose. Zystische Lebererkrankungen können infektiöser Genese sein (zystische Echinokokkose) oder genetische Ursachen haben.

Therapie

Indikationen zur Behandlung der Hepatitis B

Da die akute Hepatitis B in der überwiegenden Zahl der Fälle spontan ausheilt, ist eine antivirale Behandlung nur für die Fälle vorgesehen, bei denen die Lebererkrankung einen schweren akuten oder fulminanten Verlauf nimmt. Diese schweren Verläufe gehen mit einer Einschränkung der Lebersynthese einher, die sich anhand der Verlängerung der Prothrombinzeit bzw. Reduktion des Quick-Wertes bestimmen lässt. Sinkt der Quick-Wert auf unter 50 %, ist eine umgehende antivirale Behandlung mit Lamivudin sowie eine Verlegung in ein Transplantationszentrum angezeigt (Tillmann et al. 2006). Bei der chronischen Hepatitis B ist eine Behandlungsindikation abhängig von der Höhe der Viruslast, der Höhe der Transaminasen im Serum sowie des Entzündungs- und Fibrosestadiums in der Leber. Als Viruslastschwellenwert bei erhöhten Transaminasen wurden aufgrund des erhöhten Risikos der Entstehung einer Leberzirrhose und eines HCC 10.000 Kopien/ml bzw. 2000 IU/ml angesetzt (Chen et al. 2006; Iloeje et al. 2006). Für Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung bzw. Leberzirrhose ist eine antivirale Behandlung unabhängig von der Viruslast gegeben.

Medikamente

Zur Behandlung der chronischen Hepatitis-B-Virusinfektion stehen zwei Medikamentenklassen zur Verfügung. Zum einen sind Alpha-Interferone in einer kurzwirksamen nicht pegylierten Form (Roferon, 3×/Woche 2,5–5 Mio. IU/m2 Körperoberfläche subkutan, Intron A, 3×/Woche 5–10 Mio. IU subkutan, jeweils für 4–6 Monate) und einer langwirksamen pegylierten Form (Pegasys, 1×/Woche 180 μg subkutan für 48 Wochen) zur Behandlung der Hepatitis B zugelassen. Die zeitlich limitiert subkutan zugeführten Alpha-Interferone haben zum größeren Teil eine immunstimulierende Wirkung, die die Elimination infizierter Leberzellen fördert, und zu einem geringeren Teil eine direkt antiviral wirksame Funktion, ohne jedoch zu einer Resistenzbildung des Virus zu führen. Die zweite Medikamentenklasse besteht aus den einmal täglich oral einzunehmenden Nukleosid- und Nukleotidanaloga, die in den viralen Vermehrungszyklus direkt eingreifen und als „falsche“ Nukleos(t)ide die Funktion der viralen Polymerase hemmen. Dadurch können virale Resistenzmutationen entstehen. Diese führen zu einem Wiederanstieg der HBV-DNA im Serum und haben oft ein Wiederaufflammen der Leberentzündung zur Folge. Nachgewiesen werden Resistenzmutationen durch die Sequenzierung des Genoms der viralen Polymerase. Die Auswahl des Medikamentes richtet sich dabei nach virologischen, aber auch nach klinischen und sozialen Gesichtspunkten.
Die neueren Nukleosid- und Nukleotidanaloga Entecavir (Baraclude, 0,5 mg 1×/Tag p.o. bei Wildtyp-HBV und 1 mg 1×/Tag bei Lamivudinresistenz) und Tenofovir (Viread, 245 mg 1×/Tag p.o.) mit hoher antiviraler Wirksamkeit und hoher genetischer Resistenzbarriere sind in Monotherapie bei Patienten, bei denen eine Behandlungsindikation vorliegt, sicher einsetzbar. Die Gefahr der Resistenzentwicklung bei diesen beiden Medikamenten ist gering. Sie sind Therapie der Wahl bei naiven und vorbehandelten Patienten. Mittlerweile liegen für beide Substanzen Daten über mehr als 5 Jahre Therapiedauer vor, die einen Rückgang der Leberfibrose und -zirrhose in einem großen Prozentsatz zumindest der HBeAg-positiven behandelten Patienten zeigen (Chang et al. 2010a; Chang et al. 2010b; Marcellin et al. 2013). Eine Langzeitbehandlung mit Entecavir reduziert die Inzidenz für die Entstehung eines HCC (Hosaka et al. 2012). Auch für Tenofovir gibt es Hinweise, dass die Zahl hepatozellulärer Karzinome bei dauerhafter Behandlung abnimmt (Kim et al. 2013). Weitere zugelassene Nukleosid- und Nukleotidanaloga sind Lamivudin (Zeffix, 100 mg 1×/Tag p.o.), Adefovir (Hepsera, 10 mg 1×/Tag p.o.) und Telbivudin (Sebivo, 600 mg 1×/Tag p.o.).
Mit diesen Therapieansätzen kommt man dem Ziel der Hepatitis-B-Behandlung nahe, die Morbidität und Mortalität der HBV-Infektion zu senken. Als validierter Surrogatparameter gilt hierbei die dauerhafte Unterdrückung der HBV-DNA im Serum unterhalb der Nachweisgrenze, was unter der antiviralen Behandlung wiederholt alle 3–6 Monate kontrolliert werden muss (Cornberg et al. 2011). Eine immunologische Kontrolle der Hepatitis B liegt dann vor, wenn eine Serokonversion von HBsAg zu Anti-HBs mit ausreichend hohem Antikörpertiter (ab ≥10 IU/ml) stattgefunden hat. Die antivirale Therapie kann dann beendet werden.

Verlauf und Prognose

Der Verlauf der chronischen Hepatitis B ist sehr variabel. Er reicht vom inaktiven HBsAg-Träger mit normalen Leberwerten und unauffälliger Leberfunktion bis zur dekompensierten Leberzirrhose, einem HCC oder Tod. Zu den Faktoren, die das Voranschreiten der Hepatitis B beeinflussen, gehören ein positives HBeAg, eine Serum-HBV-DNA >2000 IU/ml und ein HBsAg >1000 IU/ml bei HBeAg-negativen Patienten mit niedriger Virämie. Eine mehrjährige Virusreplikation mit lang anhaltender Leberentzündung hat eine schlechte Prognose.
In der Regel entwickeln Patienten mit spontanem oder medikamentös induziertem HBsAg-Verlust im Verlauf Anti-HBs-Antiköper, die eine dauerhafte immunologische Kontrolle der Infektion ermöglichen.

Besondere Aspekte

Es kann auch nach erfolgter HBsAg-/Anti-HBs-Serokonversion zu einer HBV-Reaktivierung kommen. Dies liegt darin begründet, dass das Hepatitis-B-Virus auch nach Ausbildung von Anti-HBs-Antikörpern in Form der cccDNA in den Leberzellen verbleibt. Von einem HBV-Flare spricht man bei ansteigenden HBV-DNA-Titern gefolgt von einem deutlichen Anstieg der Transaminasen. Dieser kann spontan rückläufig sein oder zu einem fulminanten Leberversagen mit der Notwendigkeit einer Transplantation oder zum Tod führen. Assoziiert sind Flares u. a. mit einer HIV-Koinfektion, Superinfektionen mit anderen Hepatitisviren, immunsuppressiver Therapie bzw. deren Absetzen (v. a. Steroide) sowie Chemotherapie. Hervorzuheben ist hier der chimäre Anti-CD20-Antikörper Rituximab, dessen Gabe zu einer Reduktion von CD20-positiven, antikörperproduzierenden B-Zellen und damit einem Verlust der Anti-HBs-Antikörper führen kann. Deshalb sollte vor Beginn einer immunsuppressiven Behandlung oder Chemotherapie die Hepatitisserologie bestimmt werden, um bei entsprechender Konstellation eine prophylaktische antivirale Therapie einzuleiten, mit der man eine Hepatitis-B-Virus-Reaktivierung verhindern kann.
Anmerkung: Zur genauen Anwendung und Dosierung sollte die jeweilige Fachinformation konsultiert werden.
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