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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 02.01.2015

Hepatitis C

Verfasst von: Sandra Ciesek
Die Hepatitis-C-Virusinfektion zählt zu den häufigsten chronischen Infektionskrankheiten. Der komplette HCV-Replikationszyklus ist nach aktuellen Kenntnissen nur in der Leber möglich ist. Es gibt sieben HCV-Genotypen, deren Prävalenz regional verschieden ist. Die akute HCV-Infektion verläuft in der Regel symptomarm und unspezifisch, oft auch gänzlich klinisch stumm. Typische Symptome einer chronischen Hepatitis C sind Müdigkeit, Depressionen, Oberbauchschmerzen und Verdauungsprobleme. Auch Gelenkschmerzen oder eine Sicca-Symptomatik können auftreten. Oft verläuft die chronische Infektion aber auch klinisch stumm. Für die Diagnostik einer Hepatitis-C-Virusinfektion werden Anti-HCV-Antikörpertests als Screening eingesetzt. Im Fall eines positiven Ergebnisses erfolgt die Bestimmung der HCV-RNA mittels PCR oder ein HCV-Core-Antigenassay. Die aktuelle Therapie besteht aus einer Kombination verschiedener Arzneimittel (PEG-Interferon, Ribavirin, Sofosbuvir, Simeprevir, Daclatasvir).

Einleitung

Die Hepatitis-C-Virusinfektion zählt mit weltweit 160 Millionen Infizierten zu den häufigsten chronischen Infektionskrankheiten. Seit der Identifizierung des Hepatitis-C-Virus (HCV) im Jahr 1989 ist es gelungen, Therapien zu entwickeln, die in kontrollierten Studien bei etwa 75 % der behandelten Patienten zu einer dauerhaften Ausheilung der Infektion führen. Dennoch stellen die Folgen der chronischen Hepatitis C ein globales Gesundheitsproblem dar und gelten weltweit als eine der führenden Indikationen für eine Lebertransplantation.

Pathophysiologie

Das Hepatitis-C-Virus ist ein umhülltes RNA-Virus aus der Familie der Flaviviridae. Es hat einen Durchmesser von etwa 50 nm und ein Genom aus 9600 Nukleotiden. Die RNA kodiert für ein Polyprotein, das von Proteasen in zehn Struktur- und Nichtstrukturproteine gespalten wird (Abb. 1). Insgesamt wurden sieben HCV-Genotypen und zahlreiche Subtypen beschrieben, die sich in ihrer Aminosäuresequenz unterscheiden.
Es gelangt durch direkten Blut-zu-Blut-Kontakt (z. B. Nadelstichverletzungen und Hautverletzungen) in den Blutkreislauf des Wirts und anschließend in die Leber. Die Leber gilt als einziges Zielorgan, in dem der komplette HCV-Replikationszyklus möglich ist. Dies liegt vor allem an den verschiedenen Wirtsfaktoren, die das HCV hierfür benötigt. Das Virus ist an sich für die infizierte Leberzelle nicht zytopathisch. Stattdessen scheint die Aktivierung und Reaktion des Immunsystems für den Leberschaden verantwortlich zu sein. Die Immunzellen zerstören hierbei die infizierten Leberzellen, was sich laborchemisch durch erhöhte Transaminasen und im fortgeschrittenen Stadium durch eine Störung der Lebersynthese und Entgiftungsfunktion bemerkbar macht.

Epidemiologie

Weltweit sind derzeit nach den Zahlen der WHO 160 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus chronisch infiziert. Das entspricht ca. 3 % der Weltbevölkerung. Die Prävalenz ist in Afrika und Regionen im Westpazifik sowie dem östlichen Mittelmeerraum höher als in Europa oder Nordamerika. Die höchsten Prävalenzraten werden unter anderem in Ägypten gefunden. Hier sind 10–30 % der über 40-Jährigen mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert. Als Ursache für die hohe Prävalenz in Ägypten gelten parenterale Anti-Schistosomiasis-Therapien.
In Deutschland gibt es derzeit ca. 300.000 bis 400.000 Hepatitis-C-Virusträger. Personen, die intravenösen Drogenabusus betreiben, sind bis zu 79 % HCV-positiv und gelten als eine der Hauptrisikogruppen.
Insgesamt ist die Inzidenz der akuten Hepatitis-C-Virusinfektion in Deutschland in den letzten Jahren rückläufig. Hier spielen unter anderem die Testung von Blutkonserven auf HCV, bessere Aufklärung und das Vermeiden von gemeinsam benutzten Injektionsnadeln („needle sharing“) bei Drogenabhängigen eine große Rolle.
Vor der routinemäßigen Testung von Blutprodukten auf HCV galt dies als größter Risikofaktor für eine Hepatitis C, was die hohe Anzahl an HCV-Infizierten bei Hämophiliepatienten erklärt.
In Deutschland existieren überwiegend die Genotypen 1 und 3. Der Genotyp 2 findet sich gehäuft in Südeuropa und Nordamerika, der Genotyp 3 in Indien und Pakistan. Der HCV-Genotyp 4 tritt endemisch in Ägypten und den Nachbarstaaten auf. Die Genotypen 5 und 7 finden sich in Afrika, der Genotyp 6 in Südostasien.

Klinik

Die akute HCV-Infektion verläuft in der Regel symptomarm und unspezifisch, oft auch gänzlich klinisch stumm. Nach einer Inkubationszeit von ca. 20–80 Tagen führt die Infektion in manchen Fällen zu einem grippeähnlichen Prodromalstadium. Einige Patienten klagen über Fieber, Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Oft wird die akute Infektion gar nicht bemerkt, was zu den hohen Zahlen an chronischen Infektionen beiträgt.
Typische Symptome einer chronischen Hepatitis C sind Müdigkeit, Depressionen, Oberbauchschmerzen und Verdauungsprobleme. Auch Gelenkschmerzen oder eine Sicca-Symptomatik können auftreten. Oft verläuft die chronische Infektion aber auch klinisch stumm. Typische Zeichen der Leberzirrhose sind in fortgeschrittenen Stadien zu beobachten (Kap. Leberzirrhose).
Obwohl die Leber als Zielorgan für HCV gilt, treten bei bis zu 74 % der Patienten mit chronischer Hepatitis C verschiedene extrahepatische Manifestationen auf. Der genaue Pathomechanismus ist unklar, es wird jedoch vermutet, dass zirkulierende Immunkomplexe und die Aktivierung von peripheren Blutzellen eine Rolle spielen. Typische extrahepatische Manifestationen sind unter anderem die Kryoglobulinämie, Porphyria cutanea tarda, Arthralgien, membranoproliferative Glomerulonephritis, eine Immunthyreopathie sowie das Sicca-Syndrom (Himoto et al. 2012).
Das mit etwa 20 % häufigste Symptom der Hepatitis C ist jedoch eine ausgeprägte Müdigkeit, vor allem am Tag. Die Ursache dieser Müdigkeit ist bisher nicht bekannt. Eine Replikation von HCV im Zentralnervensystem wird diskutiert, ist aber nicht gesichert.

Diagnostik

Für die Diagnostik einer Hepatitis-C-Virusinfektion werden Anti-HCV-Antikörpertests als Screening eingesetzt. Im Fall eines positiven Ergebnisses erfolgt die Bestimmung der HCV-RNA mittels PCR oder ein HCV-Core-Antigenassay. Bei negativer HCV-RNA kann ergänzend ein Immunoblot (Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen einzelne Struktur- oder Nichtstrukturproteine) durchgeführt werden. Beim Zeitpunkt der Diagnostik muss bedacht werden, dass ein Teil der Patienten keine oder nur verzögert Antikörper gegen Virusproteine bilden, sodass sich hier eine HCV-Infektion nur durch die Detektion von HCV-RNA nachweisen lässt.
Da dies für die Therapieart von entscheidender Bedeutung ist, wird außerdem beim Nachweis einer HCV-Infektion der HCV-Genotyp mittels PCR bestimmt. Zu jeder Diagnostik einer HCV sollte neben der Bestimmung der Lebersyntheseparameter, der Entgiftungsfunktion und der Leberenzyme auch eine Abdomensonographie und gegebenenfalls eine transiente Elastographie (FibroScan) oder Leberbiopsie erfolgen, um das Ausmaß der Leberschädigung zu bestimmen.
Genetische Diagnostik
Neben der Bestimmung von virusspezifischen Parametern wie Viruslast und Genotyp spielen seit neuester Zeit auch bestimmte wirtsspezifische genetische Faktoren eine entscheidende Rolle für den klinischen Verlauf und den Erfolg einer antiviralen Therapie. Im Jahr 2009 konnten mehrere Forschergruppen zeigen, dass ein Polymorphismus, also eine Variation, im Interleukin-28B-(Il28B-)Gen für die Prognose der HCV-Infektion und dem Ansprechen auf eine antivirale Therapie verantwortlich ist. Es wird vermutet, dass der Polymorphismus über die Regulation von Interferon-λ3 die Immunantwort auf HCV beeinflusst (Bellanti et al. 2012).

Differenzialdiagnostik

Differenzialdiagnostisch müssen bei erhöhten Leberwerten auch andere virale Leberentzündungen, wie nach Infektion durch Hepatitis-A- bis -E-Virus, Herpes-simplex-Virus (HSV), Cytomegalievirus (CMV), Epstein-Barr-Virus (EBV) oder Varizella-zoster-Virus (VZV), ausgeschlossen werden. Weitere Erkrankungen, die mit einer Hepatitis einhergehen, sind die Autoimmunhepatitis, die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), Alkoholkonsum sowie die Einnahme von hepatotoxischen Medikamenten oder Stoffwechselerkrankungen wie die Hämochromatose. Auf diese Erkrankungen wird in den jeweiligen Artikeln eigenständig eingegangen.

Therapie

Bisher steht zur Prävention einer Hepatitis-C-Virusinfektion keine aktive oder passive Impfung zur Verfügung. Die Standardtherapie bestand bis 2011 aus pegyliertem Interferon alpha (pegIFN-α) und Ribavirin für alle HCV-Genotypen und wurde für 48 Wochen (Genotyp 1 und 4) beziehungsweise 24 Wochen (Genotyp 2 und 3) durchgeführt. Die Heilungsraten („sustained virological response“, SVR) lagen hiermit bei ca. 85 % für den HCV Genotyp 2 und 3 sowie bei ca. 50 % für den HCV Genotyp 1 und 4. Die Therapie mit Interferonen gilt als unspezifisch, nebenwirkungsreich und teuer. Der Mechanismus, wie Ribavirin die HCV-Infektion inhibiert, ist unklar. Letztendlich ist es das große Ziel der aktuellen HCV-Forschung, neue besser verträgliche, potentere orale Medikamente zu entwickeln. Derzeit befinden sich über 100 Wirkstoffe in der klinischen Entwicklung (Ciesek and Manns 2011).
Im Laufe des Jahres 2014 wurden bisher drei neue, äußerst viel versprechende, direkt antiviral wirksame Medikamente zugelassen: der Polymeraseinhibitor Sofosbuvir, der NS5A-Inhibitor Daclatasvir sowie der Proteaseinhibitor Simeprevir. Diese Medikamente gelten in Kombination mit und auch ohne Interferon und Ribavirin nun als Standardtherapie der chronischen Hepatitis C. Die SVR-Raten konnten in klinischen Studien hiermit auf über 90 % bei allen Genotypen gesteigert werden.
Ein großes Problem dieser neuen direkt antiviral wirkenden Substanzen ist jedoch, dass ihr Einsatz zur Ausbildung von Resistenzen und somit zum Wirkverlust führen kann. Zusammenfassend lässt sich vorhersagen, dass die HCV-Therapie in den folgenden Jahren durch die Neuzulassung mehrerer neuer Medikamente mit unterschiedlichem Wirkmechanismus grundlegend verändert werden wird. In Tab. 1 ist die aktuelle, in der Regel 12-wöchige Therapie zusammengefasst.
Tab. 1
Hepatitis-C-Therapie gemäß Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) (Stand August 2014).
Genotyp
Therapie
1
PEG-Interferon + Ribavirin + Sofosbuvir
oder Sofosbuvir + Simeprevir +/- Ribavirin
oder Sofosbuvir + Daclatasvir +/- Ribavirin
2
Sofosbuvir + Ribavirin
3
PEG-Interferon + Ribavirin + Sofosbuvir
oder Sofosbuvir + Ribavirin
oder Sofosbuvir + Daclatasvir +/- Ribavirin
4
PEG-Interferon + Ribavirin + Sofosbuvir
oder Sofosbuvir + Simeprevir +/- Ribavirin
oder Sofosbuvir + Daclatasvir +/- Ribavirin
5
PEG-Interferon + Ribavirin + Sofosbuvir
6
PEG-Interferon + Ribavirin + Sofosbuvir

Verlauf und Prognose

In bis zu 85 % der Fälle entwickelt sich aus der akuten HCV-Infektion eine chronische HCV-Infektion. Bei Patienten mit symptomatischer akuter Hepatitis C sind es jedoch nur ca. 50 %. Der natürliche Verlauf der Hepatitis C ist in der Regel langsam über viele Jahrzehnte progredient. Während ca. 30 % der Patienten mit chronischer Hepatitis normale Transaminasen haben, hat die Mehrzahl eine milde bis moderate Hepatitis. Etwa 0,4–40 % der Patienten entwickeln im weiteren Verlauf – oft erst nach Jahrzehnten – eine Leberzirrhose. Liegt eine Leberzirrhose bereits vor, erkranken 1–7 % der Patienten mit chronischer Hepatitis C an einem hepatozellulären Karzinom.
Nach einer Lebertransplantation kommt es bei nahezu allen Patienten zu einer HCV-Reinfektion des Transplantats. Schützende neutralisierende Antikörper, wie sie gegen Hepatitis B eingesetzt werden, stehen bis heute nicht zur Verfügung. Bemerkenswerterweise verläuft die HCV-Infektion nach erfolgter Lebertransplantation deutlich schwerer und schneller: In der Regel sind die HCV-RNA-Titer nach Transplantation ein bis zwei Log höher als vor der Transplantation. Nahezu alle Patienten entwickeln eine chronische Hepatitis und bis 44 % innerhalb von fünf bis zehn Jahren eine erneute Leberzirrhose. Bei etwa 8 % der transplantierten Patienten kann eine so genannte fibrosierende cholestatische Hepatitis beobachtet werden, die charakterisiert ist durch eine schwere Cholestase und eine schnelle Zirrhoseentwicklung. Als Ursache für den schweren Verlauf nach Lebertransplantation wird unter anderem die Immunsuppression oder das Spenderalter diskutiert (Ciesek and Wedemeyer 2012).
Ist die Behandlung der Hepatitis C erfolgreich und erreicht der Patient eine SVR, so gilt der Patient als geheilt. Reinfektionen zum Beispiel unter Chemotherapie wie bei der Hepatitis-B-Virusinfektion treten hier nicht auf, da HCV sich als RNA-Virus nicht in das Genom seines Wirtes integriert.
Literatur
Bellanti F, Vendemiale G, Altomare E, Serviddio G (2012) The impact of interferon lambda 3 gene polymorphism on natural course and treatment of hepatitis C. Clin Dev Immunol 2012:849373PubMedCentralCrossRefPubMed
Ciesek S, Manns MP (2011) Hepatitis in 2010: the dawn of a new era in HCV therapy. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 8(2):69–71CrossRefPubMed
Ciesek S, Wedemeyer H (2012) Immunosuppression, liver injury and post-transplant HCV recurrence. J Viral Hepat 19(1):1–8CrossRefPubMed
Himoto T, Masaki T (2012) Extrahepatic manifestations and autoantibodies in patients with hepatitis C virus infection. Clin Dev Immunol 2012:871401PubMedCentralCrossRefPubMed