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DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Evelyn Kramme und Ines Fenner
Publiziert am: 07.11.2015

Hygienisches Verhalten im Krankenhaus

In Deutschland beträgt die Prävalenzrate nosokomialer Infektionen 4,99 %. Das Ziel der Krankenhaushygiene besteht darin, die Anzahl der nosokomialen Infektionen durch die Maßnahmen Erkennen – Verhüten – Bekämpfen zu minimieren. Die gesetzliche Grundlage dafür bietet das Infektionsschutzgesetz. Ziel des Infektionsschutzgesetzes ist es, der Übertragung von Krankheiten vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Hygienemaßnahmen sollen der Infektionsprävention dienen und umfassen ein ganzes Spektrum, das Maßnahmen zur Desinfektion und zum Umgang mit betroffenen Patienten, der Umgebung und den verwendeten Materialien beinhaltet. Dabei unterscheidet man zwischen der Standardhygiene, die bei jedem Patienten gilt, und weiterführenden hygienischen Maßnahmen in speziellen Situationen oder Bereichen, z. B. beim Vorliegen bestimmter Infektionen oder auf Intensivstation, in operativen Bereichen oder der Endoskopie.

Einleitung

Die Hygiene ist nach einer Definition der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie die „Lehre von der Verhütung der Krankheiten und der Erhaltung, Förderung und Festigung der Gesundheit“. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und ist von Hygiéia, der griechischen Göttin der Gesundheit, abgeleitet.
Als Begründer der Krankenhaushygiene gilt Ignaz Semmelweis (1818–1865), der als Assistenzarzt in der geburtshilflichen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Budapest tätig war. Die Letalitätsrate in dieser Abteilung betrug zwischen 5 und 15 %, in anderen Kliniken lag sie bei bis zu 30 %. In der Abteilung, in der Ärzte und Medizinstudenten arbeiteten, lag die durch das Kindbettfieber bedingte Sterblichkeit wesentlich höher als in der Abteilung, in der Hebammenschülerinnen ausgebildet wurden. Die Mediziner und die Studenten führten täglich klinische Sektionen an den Leichen der Patientinnen durch, die zuvor am Kindbettfieber verstorben waren. Anschließend wuschen sie sich die Hände mit Seife und untersuchten zwischendurch Frauen während der Entbindung. Die Hebammenschülerinnen kamen weder mit Leichen in Berührung, noch führten sie vaginalen Untersuchungen durch.
Semmelweis Anweisung, nach Leichensektionen die Hände und Instrumente mit Chlorlösung zu desinfizieren, stellte eine wirkungsvolle Maßnahme dar, die Sterblichkeitsrate von 12,3 auf ca. 3 % zu senken. Die Übertragung von Bakterien aus einem infizierten Uteruskarzinom einer lebenden Mitpatientin führte zu der Erkenntnis, dass die Ansteckung nicht nur von Leichen, sondern auch von lebenden Personen ausgehen konnte. Durch die Verschärfung der Vorschriften, die Hände vor jeder Untersuchung zu desinfizieren, gelang es, die Sterblichkeitsrate auf 1,3 % zu senken.
Die Arbeiten von Semmelweis wurden trotz dieses Erfolgs lange nicht anerkannt. „Seine Studenten hielten Sauberkeit für unnötig, und viele Ärzte wollten noch immer nicht wahrhaben, dass sie selbst die Verursacher jener Krankheit waren, die sie eigentlich heilen wollten“ (wikipedia).
Hier wurde zum ersten Mal eindeutig gezeigt, dass hygienisches Verhalten – Händedesinfektion – im Krankenhaus entscheidend dazu beiträgt, die Übertragung von Erregern zu verhindern und damit der Prävention von nosokomialen Infektionen (im Krankenhaus erworbene Infektionen) dient. Diese stellen nach wie vor ein großes Problem in Kliniken und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens dar. In den 27 EU-Mitgliedsländern geht man jährlich von 4 Millionen Patienten mit nosokomialen Infektionen aus (www.ecdc.europa.eu, Abschn. Internetadressen).
In Deutschland beträgt die Prävalenzrate nosokomialer Infektionen 4,99 %. Es liegen deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Krankenhäusern vor (Gesamtprävalenzrate für Universitätskliniken 6 %). Erhöht ist die Prävalenzrate außerdem in Risikobereichen (Intensivpatienten 18,6 % in Bezug auf alle nosokomialen Infektionen). Die häufigsten Infektionen sind Harnwegsinfektionen (22,4 %), postoperative Wundinfektionen (24,7 %) und untere Atemwegsinfektionen (21,5 %) gefolgt von Clostridium-difficile-Infektionen (CDAD, 6,6 %) und primärer Sepsis (6,0 %) (Robert Koch-Institut 2012).
Die Dramatik nosokomialer Infektionen wird an aktuellen Ausbruchsgeschehen in Deutschland, zum Beispiel auf Frühgeboren- und Intensivstationen, deutlich. Dabei ist die Aufdeckung der Ursache oft schwierig, weshalb die Einhaltung von Hygienevorgaben essenziell ist, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.
Das Ziel der Krankenhaushygiene besteht darin, die Anzahl der nosokomialen Infektionen durch die Maßnahmen Erkennen – Verhüten – Bekämpfen zu minimieren. Die gesetzliche Grundlage dafür bietet das Infektionsschutzgesetz.

Infektionsschutzgesetz

Ziel des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ist es, der Übertragung von Krankheiten vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Die Zusammenarbeit zwischen am Gesundheitssystem beteiligten Einrichtungen und Behörden wird beschrieben und die Eigenverantwortung der entsprechenden Einrichtungen soll verdeutlicht und gefördert werden.
Durch das seit dem 01.01.2001 geltende neue Infektionsschutzgesetz wurden die Vorschriften sowohl allgemeiner Art als auch in Einzelbereichen wie Meldewesen, Krankenhaushygiene, Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen sowie Beschäftigte in Lebensmittelbetrieben grundlegend verändert.
In Hinblick auf die Krankenhaushygiene ist besonders der Paragraph 23 von Bedeutung. Hier geht es unter anderem um die Prävention von nosokomialen Infektionen.
Mit der Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes zum 28.07.2011 wurden Verbesserungen der Hygienestandards und der rationale Einsatz von Antibiotika sowie die Erfassung von nosokomialen Infektionen gesetzlich niedergelegt und verankert. Im § 23 IfSG ist jetzt unter anderem festgelegt, dass in Krankenhäusern und Einrichtungen für ambulante Operationen bestimmte Krankenhausinfektionen zu erfassen und zu bewerten. sind. Außerdem müssen Erreger mit besonderen Resistenzen und Multiresistenzen erfasst werden. Der IfSG § 23 (Nosokomiale Infektionen, Resistenzen, Rechtsverordnungen durch die Länder) ist zu finden unter www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__23.html.
Bereits unter § 2 des Infektionsschutzgesetzes (Begriffsbestimmungen, Punkt 8. Nosokomiale Infektionen) wird eine nosokomiale Infektion als „eine Infektion mit lokalen oder systemischen Infektionszeichen als Reaktion auf das Vorhandensein von Erregern oder ihrer Toxine, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer stationären oder einer ambulanten medizinischen Maßnahme steht, soweit die Infektion nicht bereits vorher bestand, (…)“ defniert.
Die Neuordnung des Meldewesens berücksichtigt die Weiterentwicklung von diagnostischen Tests und die Erfahrung aus der Erfassung der HIV-Infektion. Die Liste der meldepflichtigen Erkrankungen wurde deutlich reduziert, die zu meldenden Laborbefunde hingegen ausgeweitet.
§ 6 IfSG: MeldepflichtigeKrankheiten
(1)
Namentlichist zu melden:
1.
der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an
b.
 
d.
humaner spongiformer Enzephalopathie, außer familiär-hereditärer Formen
 
e.
akuter Virushepatitis
 
f.
enteropathischem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS)
 
g.
virusbedingtem hämorrhagischen Fieber
 
h.
 
i.
Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis
 
j.
Milzbrand
 
k.
Poliomyelitis (als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt)
 
l.
Pest
 
m.
 
n.
Typhus abdominalis/Paratyphus sowie die Erkrankung und der Tod an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose, auch wenn ein bakteriologischer Nachweis nicht vorliegt,
 
 
2.
der Verdacht auf und die Erkrankung an einer mikrobiell bedingten Lebensmittelvergiftung oder an einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn
a.
eine Person betroffen ist, die eine Tätigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 ausübt,
 
b.
zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird,
 
 
3.
der Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung,
 
4.
die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers,
 
5.
soweit nicht nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig, das Auftreten
a.
einer bedrohlichen Krankheit oder
 
b.
von zwei oder mehr gleichartigen Erkrankungen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, wenn dies auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist und Krankheitserreger als Ursache in Betracht kommen, die nicht in § 7 genannt sind.
 
 
Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 8, § 9 Abs. 1, 2, 3 Satz 1 oder 3 oder Abs. 4 zu erfolgen.
 
(2)
Dem Gesundheitsamt ist über die Meldung nach Absatz 1 Nr. 1 hinaus mitzuteilen, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose leiden, eine Behandlung verweigern oder abbrechen. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 und 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen.
 
(3)
Dem Gesundheitsamt ist unverzüglich das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, als Ausbruch nicht namentlich zu melden. Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 5, § 10 Absatz 6 zu erfolgen.
 

Hygienemanagement in Krankenhäusern

Auf europäischer Ebene enthält ein erfolgreiches Hygienemanagement folgende wesentlichen Aspekte:
  • Präsenz einer angemessenen Zahl von Hygienefachpersonal („infection control nurse“, „infection control doctor“)
  • Monitoring der Compliance mit den Händehygieneregimen
  • Schulungsprogramm für das Personal
  • Regelmäßige Auditierung der Strategien und Präventionsstandards.
Verantwortlich für Maßnahmen der Infektionsprävention sind Träger bzw. Leitung eines Krankenhauses, deren Eigenverantwortung im Infektionsschutzgesetz und den einzelnen Landeshygieneverordnungen dargestellt wird. Voraussetzungen für krankenhaushygienische Belange und deren Überprüfung sind das Vorhandensein von qualifiziertem Personal, Festlegung von krankenhausinternen Regelungen (z. B. Hygienepläne) zur Infektionsprävention sowie Schulungen und Weiterbildungen. Die zu treffenden Regelungen betreffen meistens mehrere Berufsgruppen und häufig mehrere Abteilungen einer Einrichtung. Die Vertreter aller betroffenen Berufsgruppen treffen sich regelmäßig in der Hygienekommission (Abb. 1). In der Hygienekommission werden hauseigene Arbeitsanweisungen und Empfehlungen erarbeitet, somit dient sie der Beratung und Unterstützung der Leitungsebene und kann bei entsprechender Zusammensetzung und Kompetenz auch verbindliche Festlegungen treffen. Die Vertreter vermitteln getroffenen Entscheidungen in die Abteilungen, setzen sie mit um und geben der Hygienekommission Rückmeldung über Praktikabilität bzw. Probleme bei der Umsetzung.
Ein Krankenhaushygieniker ist für jedes Krankenhaus erforderlich, entweder als externe Beratung oder hauptamtlich abhängig von der Größe und dem Risikoprofil der Einrichtung. Seine Aufgaben bestehen aus:
  • Beratung der Leitung und des Personals zur Prävention und Kontrolle nosokomialer Infektionen
  • Koordination der Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen
  • Sicherstellung von baulich-funktionellen und betrieblich-organisatorischen Maßnahmen zur Infektionsprävention
  • Erfassung und Bewertung nosokomialer Infektionen in Zusammenarbeit mit den Hygienefachkräften.
Der Hygienebeauftragter Arzt soll möglichst Facharzt in seinem Gebiet sein und eine Zusatzqualifikation durch Teilnahme an entsprechenden Fortbildungskursen besitzen. Er ist verantwortlich für die Umsetzung der Maßnahmen im Haus bzw. in seiner Abteilung zur Infektionsprävention in Zusammenarbeit mit der Hygienefachkraft. Die Ermittlung der Ursachen nosokomialer Infektionen zählt ebenso zu seinen Aufgaben wie die Durchführung der Infektionssurveillance und die Optimierung des Antibiotikagebrauchs.
Die Hygienefachkraft ist Fachgesundheits- und Krankenpfleger für Hygiene und Infektionsprävention und weist eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit nach staatlicher Anerkennung zum Gesundheits- und Krankenpfleger sowie eine zusätzliche Fachpflegeausbildung nach. Sie ist dem Krankenhaushygieniker bzw. ärztlichen Leiter unterstellt. Als zentrale Ansprechpartnerin berät sie alle Berufsgruppen bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Infektionsprävention, sie erstellt Hygienepläne und überwacht deren Einhaltung und wirkt bei der Erkennung von Krankenhausinfektionen bzw. dem Aufdecken von Infektionsketten mit. Auch Schulungen und Fortbildungen zählen zu ihren Aufgaben.
Die Benennung von Hygienebeauftragten in der Pflege als feste Ansprechpartner für die einzelnen Bereiche stellt eine weitere wichtige Möglichkeit zur engen Vernetzung der Hygiene innerhalb einer Einrichtung dar. Eine Weiterbildung durch die Hygienefachkräfte mit Inhalten analog der Fortbildung zum Hygienebeauftragten Arzt bereitet auf diese Aufgabe vor.

Hygienemaßnahmen

Hygienemaßnahmen sollen der Infektionsprävention dienen und umfassen ein ganzes Spektrum, das Maßnahmen zur Desinfektion und zum Umgang mit betroffenen Patienten, der Umgebung und den verwendeten Materialien beinhaltet. Dabei unterscheidet man zwischen der sog. Standardhygiene, die bei jedem Patienten gilt, und weiterführenden hygienischen Maßnahmen in speziellen Situationen oder Bereichen, z. B. beim Vorliegen bestimmter Infektionen oder auf Intensivstation, in operativen Bereichen oder der Endoskopie.
Standardhygiene : Infektionspräventive Standardmaßnahmen sind solche, die bei jedem Patienten, unabhängig von der Kenntnis des Infektionsstatus, zur Vermeidung einer Übertragung von Krankheitserregern zur Anwendung kommen. Die wichtigste Maßnahme, um eine Übertragung von Erregern zu verhindern, ist die Händedesinfektion.

Händedesinfektion

Auf der Hautoberfläche befinden sich Mikroorganismen, die sich einteilen lassen in eine residente (ortsständige) und transiente (vorübergehende) Hautflora:
  • Residente Hautflora: Mikroorganismen, die ständig auf der Haut leben, sich dort vermehren (z. B. Staphylokokken, Corynebakterien, Propionibakterien) und als Schutz der Haut und des Organismus vor pathogenen Keime wirken
  • Transiente Hautflora: Mikroorganismen, die durch Kontakt mit der Umgebung auf die Haut gelangen.
Das Ziel der hygienischen Händedesinfektion ist die Elimination der transienten Hautflora, um der Übertragung von pathogenen Keimen durch das Personal vorzubeugen.
Wann soll eine Händedesinfektion durchgeführt werden? Dazu hat die WHO die sog. „five movements“ zur Händehygiene zusammengefasst, die auch die „Aktion saubere Hände“ (Abb. 2, Tab. 1) empfiehlt.
Tab. 1
„Five movements“ zur Händehygiene der WHO. (Mit freundlicher Genehmigung von AKTION Saubere Hände)
Indikationsgruppe
Warum
WHO-Empfehlung
VOR Patientenkontakt
Um den Patienten vor Kolonisation mit Erregern, welche die Hand der Mitarbeiter temporär besiedeln zu schützen
- VOR direktem Patientenkontakt, im Sinne eines direkten Körperkontaktes (Kategorie IB)*
VOR aseptischen Tätigkeiten
Um den Patienten vor dem Eintrag von potenziell pathogenen Erregern, inklusive seiner eignen Standortflora, in sterile/nicht kolonisierte Körperbereiche zu schützen
- VOR Konnektion/Diskonnektion eines invasiven Devices unabhängig vom Gebrauch von Handschuhen (Kategorie IB)*
- Wechsel zwischen kolonisierten/kontaminierten und sauberen Körperbereichen während der Patientenversorgung (Kategorie IB)*
NACH Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien
Schutz des Personals und der erweiterten Patientenumgebung vor potenziell pathogenen Erregern, Schutz nachfolgender Patienten
- NACH Kontakt mit Körperflüssigkeiten und Exkreten, Schleimhäuten, nicht intakter Haut oder Wundverbänden (Kategorie IA)*
- Wechsel zwischen kolonisierten/kontaminierten und sauberen Körperbereichen während der Patientenversorgung (Kategorie IB)*
- NACH dem Ausziehen der Handschuhe (Kategorie IB)*
NACH Patientenkontakt
Schutz des Personals und der erweiterten Patientenumgebung vor potenziell pathogenen Erregern, Schutz nachfolgender Patienten
- NACH direktem Patientenkontakt, im Sinne eines direkten Körperkontaktes (Kategorie IB)*
- NACH dem Ausziehen der Handschuhe (Kategorie IB)*
NACH Kontakt mit Oberflächen in unmittelbarer Umgebung des Patienten
Schutz des Personals und der erweiterten Patientenumgebung vor potenziell pathogenen Erregern, Schutz nachfolgender Patienten
- NACH Kontakt mit Oberflächen und medizinischen Geräten in unmittelbarer Umgebung des Patienten (Kategorie IB)*
- NACH dem Ausziehen der Handschuhe (Kategorie IB)*
* Diese Kategorien spiegeln den Grad der Evidenz wieder, der hinter diesen Empfehlungen steht:
Kategorie IA = unbedingte Empfehlung, wird durch gut designte experimentelle, klinische und epidemiologische Studien unterstützt
Kategorie IB = unbedingte Empfehlung, wird durch gut designte experimentelle, klinische und epidemiologische Studien sowie durch anerkannte theoretische Modelle unterstützt
Die chirurgische Händedesinfektion hat im Gegensatz zur hygienischen Händedesinfektion das Ziel, nicht nur mikrobielle Kontaminanten zu inaktivieren, sondern auch die hauteigene mikrobielle Flora (residente Flora) stark zu reduzieren (Abb. 3).
Händedesinfektionsmittel
Händedesinfektionsmittel unterliegen in Deutschland dem Arzneimittelgesetz, d. h., sie werden streng auf Wirksamkeit, Qualität und Verträglichkeit geprüft. Als Wirkstoffe enthalten sie v. a. Alkohole in Konzentrationen von etwa 70–95 % unter Zusatz von hautpflegenden Substanzen. Sie schädigen die Haut bei regelmäßiger Anwendung weniger als die Händewaschung, da keine Fette ausgespült werden.
Bei der Händedesinfektion kommt es ganz entscheidend auf die Compliance an. Dazu gehört der Verzicht auf Ringe, Uhren und künstliche Fingernägel.
Auch Politik und Fachgesellschaften setzen sich für die Verbesserung der Händehygiene in den Bereichen des Gesundheitssystems ein. So unterstützt das Bundesministerium für Gesundheit die WHO-Kampagne „Aktion saubere Hände“, die einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Händehygienecompliance leistet. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene vermittelt in Lehrvideos die Problematik der Händehygiene (Abschn. Internetadressen).
Desinfektionsmittel sind in herstellerunabhängigen Listen (VAH: Verbund für angewandte Hygiene oder RKI) aufgeführt. Dort sind sie unter dem jeweiligen Anwendungsbereich, zum Beispiel zur Hände-, aber auch zur Flächen- oder Instrumentendesinfektion mit der Konzentration und der dabei erforderlichen Einwirkzeit zu finden.

Schutzkleidung

Zum Schutz der Augen bzw. der Nasen- und Mundschleimhaut werden Brillen/Visiere und Masken getragen, wenn bei medizinischen/pflegerischen Maßnahmen mit dem Verspritzen von Blut, Aerosolen, Sekreten oder Exkreten zu rechnen ist. Die Auswahl der Schutzkleidung erfolgt je nach dem zu erwartenden Risiko und dem Übertragungsmodus. Die Schutzkleidung soll vor Verlassen des Patientenzimmers abgelegt und geeignet entsorgt oder aufbereitet werden.
Medizinische Schutzhandschuhe sind als eine mechanische Barriere gegen Verschmutzungen und Erreger gedacht. Mit zunehmender Tragedauer treten Mikroperforationen auf, die vom Nutzer häufig nicht erkannt werden und die Schutzwirkung beeinträchtigen. Außerdem werden beim Tragen von Handschuhen weniger häufig die Hände desinfiziert. Daher ergänzt das Tragen von Handschuhen andere Händehygienemaßnahmen, kann sie aber nicht ersetzen.

Reinigung/Desinfektion der Patientenumgebung

Die Reinigung bzw. Desinfektion der Patientenumgebung erfolgt abhängig davon, welches Risiko einer Übertragung von Krankheitserregern von ihr ausgeht. Besteht kein Risiko einer Übertragung durch Kontakt mit der Umgebung, so sind Reinigungsmaßnahmen ausreichend. Bei bestehendem Risiko werden Hand-/Hautkontaktflächen mit einem nachweislich auf den Krankheitserreger wirksamen Mittel desinfiziert. Auch hier erfolgt die Auswahl des Flächendesinfektionsmittels aus den VAH-Listen (oben).

Isolierungsmaßnahmen

Unter Isolierung ist die Separierung einer infizierten Person oder eines Keimträgers für die Zeitspanne der Ansteckungsfähigkeit oder des Risikos einer Übertragung auf gefährdete Mitpatienten zu verstehen. Die Information und Schulung von Patienten, Angehörigen und medizinischem Personal sind von entscheidender Bedeutung für die Effizienz und Akzeptanz der Maßnahme. Die Isolierung kann als EinzelzimmerisolierungUnterbringung einer infizierten Person oder eines Keimträgers im Einzelzimmer – erfolgen oder als Kohortenisolierung – Unterbringung im gleichen Raum bei Infektion mehrerer Patienten mit dem gleichen Erreger. Bei der sog. Umkehrisolierung werden immundefiziente Patienten vor Infektionen aus der Umgebung geschützt.

Nosokomiale Infektionen

Wie entstehen nosokomiale Infektionen?
  • Endogen durch die körpereigenen Mikroorganismen des Patienten (primär oder sekundär; häufigster Fall)
  • Exogen z. B. durch direkten Kontakt mit kontaminierten Oberflächen oder Gegenständen
  • Ursachen/Faktoren: Patient, Personal, Umwelt, Technologie.
Etwa ein Drittel ist vermeidbar durch konsequente Anwendung von Hygienestandards und kontinuierliche Schulung des Personals (NIDEP-II-Studie unter Gastmeier et al. 2002).

Problemkeime im Krankenhaus

Bei Problemkeimen im Krankenhaus handelt es sich in der Regel um Erreger, die Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika aufweisen, welche eigentlich bei Infektionen zu ihrer Therapie eingesetzt werden.
Für die Resistenzentwicklung und Weiterverbreitung gibt es unterschiedliche Ursachen. Ein unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika trägt wesentlich dazu bei, außerdem die Verbreitung von multiresistenten Erregern aus anderen Ländern oder aus dem Veterinärbereich. Diese Problemkeime besitzen nicht nur Resistenzen gegen Antibiotika, sie zeichnen sich zum Teil auch durch eine extrem hohe Umweltstabilität aus (Beispiel: MRSA, VRE, Acinetobacter baumannii).
Um andere Patienten im Krankenhaus vor Übertragungen und daraus folgenden Kolonisierungen und Infektionen zu schützen, müssen gezielte Hygienemaßnahmen eingehalten werden.

Multiresistente Gram-positive Erreger

Multiresistente Gram-positive Erreger sind
  • Bei den Staphylokokken (Gram-positive Haufenkokken):
    • Staphylococcus aureus kann sowohl ambulant erworbenene als auch nosokomiale Infektionen hervorrufen. Da er jedoch auch im Keimspektrum der normalen Hautflora zu finden ist (20 % der Bevölkerung sind ständig, 60 % intermittierend kolonisiert) und vorrangig die Nasenschleimhaut besiedelt, kann es über eine Ausbreitung auf andere Hautareale zu einer Übertragung auf andere Menschen kommen. Damit wird die Bedeutung der Übertragungsmöglichkeit über die Hände des medizinischen Personals deutlich.
    • Als MRSA werden methicillinresistente Staphylococcus- aureus-Isolate bezeichnet, das heißt, es liegt eine Resistenz gegen Staphylokokken-wirksame Penicilline wie Oxacillin vor. Die Resistenz gegen Oxacillin bewirkt ein verändertes Penicillinbindeprotein PBP2a. Das veränderte PBP2a wird durch das mecA-Gen kodiert. Bei Vorliegen dieser Resistenz sind alle Betalaktamantibiotika, damit auch alle Cephalosporine und Carbapeneme, unwirksam (Abb. 4).
    • VRSA (vancomycinresistenter Staphylococcus aureus): Resistenz gegen Vancomycin, vermittelt durch ein übertragenes Plasmid. Dieses enthält die Kodierung für einen veränderten Zellwandaufbau, sodass kein Angriffspunkt mehr für Vancomycin besteht.
    • Linezolidresistente MRSA und MRSE (methicillinresistenter Staphylococcus epidermidis): zusätzliche Resistenz gegen Linezolid, die ribosomal oder über das cfr-Gen über ein mobiles Plasmid kodiert wird.
  • Enterokokken (Gram-positive Diplokokken):
    • VRE (vancomycinresistente Enterokokken)
    • Genetisch kodierte Resistenz gegen Vancomycin, über das vanA- oder das vanB-Gen.

Gram-negative Erreger

Zu den Problemkeimen im Gram-negativen Bereich zählen die Gram-negativen Stäbchenbakterien wie Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii. Nach Festlegung gemäß den KRINKO-Empfehlungen (KRINKO 2012) weisen multiresistente Gram-negative Stäbchenbakterien (MRGN) Resistenzen gegen die hauptsächlich zur Therapie eingesetzten vier Antibiotikaklassen Ureidopenicilline, Cephalosporine der 3. Generation, Fluorchinolone und Carbapeneme auf. Da es hier zahlreiche Möglichkeiten der Resistenzentwicklung gibt, wurde das phänotypische Erscheinungsbild als Ausdruck für das Resistenzverhalten gewählt. Die Begriffe 3MRGN und 4MRGN weisen darauf hin, dass die Erreger gegen drei bzw. vier der aufgeführten Antibiotikaklassen resistent sind. Liegt bei Enterobacteriaceae oder bei Acinetobacter baumannii eine Resistenz gegen Carbapeneme vor, so werden sie – im Unterschied zu Pseudomonas aeruginosa – immer zur Gruppe der 4MRGN gezählt.

Mykobakterien

Bei Mykobakterien aus dem Mycobacterium- tuberculosis-Komplex gibt es inzwischen hochresistente Varianten, die sog. MDR(„multidrug resistant“)- oder sogar XDR(„extremely multidrug resistant)-Mykobakterien. Hier liegen Resistenzen gegen die hauptsächlich (MDR) bzw. alle (XDR) zur Therapie eingesetzten Tuberkulostatika vor.

Präventionsmaßnahmen

Um Übertragungen dieser multi- und panresistenten Keime zu verhindern, sind folgende Maßnahmen sinnvoll:
  • Hygienemaßnahmen
    • Bei betroffenen Patienten/Personen
    • (Zum) Schutz der nicht betroffenen Patienten/Personen
  • Prävention
    • Träger zum richtigen Zeitpunkt erkennen
    • Screening
    • Reservoir erkennen
  • Beseitigung einer Infektion/Besiedlung
    • Geeignete antibiotische Therapie, Indikation abwägen
    • Sanierung, wenn möglich
  • Regelmäßige Kommunikation aller Beteiligten und effektives Informationsmanagement durch
    • Information der entsprechenden Abteilungen, Personen und Angehörigen bei Untersuchungen, Verlegungen oder Entlassung
    • „Alert“-System zur raschen Identifikation von MRE-Patienten bei Wiederaufnahme
    • Schulungen
    • Netzwerke
  • Surveillance
    • Einschätzen der Situation
Die Hygienemaßnahmen sind den an der Einrichtung gültigen Hygieneplänen bzw. den RKI-Veröffentlichungen zu entnehmen und hier nur exemplarisch dargestellt.

Standardmaßnahmen der Basishygiene

  • Händedesinfektion
  • Handschuhe bei möglichem Kontakt mit Blut, Sekreten oder kontaminierten Flächen
  • Geeigneter Mund-Nasen-Schutz bei Verspritzen von oder Tröpfchenbildung aus Blut, Sekreten oder Exkreten (bei Mycobacterium-tuberculosis-Komplex mit geeigneten FFP2- bzw. FFP3-Masken)
  • Schürze bei Pflegemaßnahmen (Abb. 5)
  • Einzelzimmer für Patienten, denen adäquates hygienisches Verhalten nicht möglich ist
  • Geeignete Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen für Patientenumgebung sowie Instrumente.
Zusätzlich bei einer erforderlichen Isolierung, wie z. B. bei allen 4MRGN und MRSA:
  • Einzelzimmer mit Nasszelle
  • Langärmliger flüssigkeitsdichter Schutzkittel
  • Patientenbezogene Zuordnung von Geräten und Pflegeutensilien
  • Schlussdesinfektion bei Entlassung bzw. Verlegung.
Eine wesentliche Maßnahme zur Verhinderung der Entstehung und Ausbreitung von Resistenzen ist ein rationaler Umgang mit Antiinfektiva.
Interventionen sind z. B. Erstellung von hausinternen Leitlinien, die sich an der lokalen Resistenzsituation orientieren, Durchführung von infektiologischen Visiten und fallbezogene Beratung sowie Erhebung der Antibiotikaverbrauchsdaten. Sie werden unter dem Begriff „Antibiotic Stewardship“ zusammengefasst und möglichst von einem Team aus klinischen Infektiologen, Pharmazeuten, Mikrobiologen und Hygienikern umgesetzt.
Am Beispiel von MRSA sind im Folgenden Hinweise für ein effektives Screening sowie Sanierungsmaßnahmen aufgeführt

Screening

Ein Screening wird durch Abstriche der Nasenvorhöfe, des Rachens sowie ggf. von Wunden durchgeführt. Es ist bei folgenden Risikopatienten sinnvoll:
  • Anamnestische MRSA-Träger bei Wiederaufnahme
  • Patienten aus Einrichtungen mit hohem MRSA-Aufkommen (Dialyseeinrichtungen, Pflegeheimen, etc.) und aus Ländern mit hoher MRSA-Prävalenz
  • Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt in den letzten zwölf Monaten
  • Patienten, die beruflich direkten Kontakt zu Tieren in der landwirtschaftlichen Tiermast haben
  • Patienten, die während eines stationären Aufenthaltes Kontakt zu MRSA-Trägern hatten
  • Patienten mit zwei oder mehr der folgenden Risikofaktoren:
    • Chronische Pflegebedürftigkeit
    • Antibiotikatherapie in den letzten sechs Monaten
    • Liegender Katheter
    • Dialysepflichtigkeit
    • Chronische Hautwunden
    • Brandverletzungen.
Wird bei mehr als zwei Patienten, die in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, MRSA nachgewiesen, sollten die MRSA-Stämme möglichst mithilfe einer Genotypisierung verglichen werden. Auf diese Weise lässt sich feststellen, ob die Patienten mit demselben MRSA-Stamm besiedelt bzw. infiziert sind und ob es zu einer Übertragung gekommen ist. Bei klonaler Identität sollte ein Screening des behandelnden Personals sowie aller Patienten der Behandlungseinheit durchgeführt werden.

Sanierung

Eine Sanierung sollte bei einer Besiedelung mit MRSA nach dem nachfolgenden Schema erfolgen:
  • Applikation von Mupirocinnasensalbe in die Nasenvorhöfe dreimal täglich über fünf Tage
  • Tägliche Haut- und Haarwäsche mit antiseptischen Lösungen
  • Rachenspülung mit antiseptischer Lösung
  • Täglicher Wäschewechsel einschließlich Bettwäsche und Utensilien der Körperpflege
Wenn drei Tage nach erfolgten Sanierungsmaßnahmen an drei aufeinanderfolgenden Tagen erfolgte Abstriche negativ bleiben, können die Isolationsmaßnahmen aufgehoben werden. Eine MRSA-Infektion muss mit einem geeigneten Antibiotikum behandelt werden. Selbstverständlich sollten Isolierungsmaßnahmen aber nicht die Behandlungsqualität des Patienten einschränken!
Aus der Karte in Abb. 6 ist ersichtlich, dass in Ländern, in denen Screening- und Hygienemaßnahmen seit Jahren konsequent umgesetzt werden (vor allem in den Niederlanden), niedrige MRSA-Raten bestehen.

Ausbruchsmanagement

Ein Ausbruch ist nach § 6 Abs. 3 IfSG folgendermaßen definiert: gehäuftes Auftreten nosokomialer Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.
Das in Tab. 2 beschriebene schrittweise Vorgehen ist bei einem Ausbruchgeschehen sinnvoll:
Tab. 2
Fließschema der Einzelschritte im Rahmen der reaktiven Phase des Ausbruchmanagements nosokomialer Infektionen nach Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut. (Aus: Exner et al. 2002)
Schritt 1
Feststellen eines Auslöseereignisses
Schritt 2
Beurteilung der aktuellen Situation aufgrund der bereits vorliegenden Erkenntnisse und Entscheidung über die Einberufung des Ausbruchmanagement-Teams
Schritt 3
Einberufung des Ausbruchmanagement-Teams, Fallermittlung und ggf. Bestätigung eines Ausbruches und entsprechende Meldung (§ 6 IfSG Abs. 3)
Schritt 4
Erste krankenhaushygienische Ortsbegehung und Festlegung des akuten Handlungsbedarfs
Schritt 5
Festlegung von ersten Interventionsmaßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung von Erregern (Schadensbegrenzung)
Schritt 6
Ermittlung der Infektionsquelle (Ursachenfindung):
- Ggf. Einbeziehung weiterer Experten (z. B. Landesgesundheitsämter, Nationale Referenzzentren, RKI)
- Detaillierte krankenhaushygienische Ortsbegehung, Analyse von Handlungsabläufen, Umgebungsuntersuchungen
- Medizinisch-mikrobiologische Untersuchungen (zentrale Sammlung der Erreger zur Typisierung)
- Erweiterte epidemiologische Untersuchungen (deskriptiv, analytisch, interventionell)
Schritt 7
Bewertung aller erhobenen Befunde und Festlegung gezielter (ursächlicher) Interventionsmaßnahmen
Schritt 8
Abschluss des Ausbruchmanagements und Festlegung absichernder Maßnahmen
Schritt 9
Abschließende Evaluierung, Defizitanalyse und Festlegung von zukünftigen Präventionsstrategien
Schritt 10
Abschließende Dokumentation
Das Vorgehen bei Ausbrüchen sowie Informationswege sollten möglichst im Hygieneplan verankert sein. Beim Erkennen von auffälligen Infektionsereignissen (Tab. 3) soll schnellstmöglich der hygienebeauftragte Arzt benachrichtigt werden, der sich mit dem Krankenhaushygieniker in Verbindung setzt. Ein Ausbruchsteam wird gebildet, die Zusammensetzung ist im Hygieneplan festgelegt. Basisdaten zu betroffenen Patienten, Infektionserregern, Risikofaktoren und möglichen Übertragungswegen werden erhoben und vom Hygieneteam hinsichtlich der Gefährdung bewertet. Bei Vorliegen eines Ausbruchs wird das Gesundheitsamt informiert, dieses wird bzgl. der zu treffenden Maßnahmen beratend tätig.
Tab. 3
Beispiele für Ereignisse, die einen Hinweis auf ein nosokomiales epidemisches Geschehen geben und ein Auslöseereignis darstellen können; nach Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut. (Aus: Exner et al. 2002)
Infektionen, die bereits bei vereinzeltem Auftreten Anlass für eine hygienische Analyse darstellen können
Während eines Krankenhausaufenthaltes auftretende
- Legionellose
- Aspergillus spp.-bedingte Organmykose
- Infektion mit Streptococcus pyogenes (Gruppe A)
- Konjunctivitis epidemica
- Scabies
Infektionen, bei denen bei einem Auftreten bei zwei oder mehr Patienten ein epidemischer Zusammenhang gegeben sein kann
- Infektionen mit Erregern mit speziellen Resistenzen (bei identischem Resistenzmuster) (z. B. die nach § 23 Abs. 1 IfSG erfassten Erreger mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen)
- Methicillinresistente Staphylococcus aureus (MRSA)
- Vancomycinresistente Enterokokken (VRE)
- S. pneumoniae
- E. coli
- Klebsiella spp.
- Enterobacter cloacae
- Citrobacter spp.
- Serratia marcescens
- Pseudomonas aeruginosa
- Stenotrophomonas maltophilia
- Burkholderia cepacia
- Acinetobacter baumannii
- Candida spp. (invasive Candidainfektion)
- Infektionen mit ungewöhnlichem Erreger
- Sepsis mit einheitlichem Erreger (Einheitlichkeit auf Speciesebene und gegebenenfalls im Resistenzmuster)
- Infektionen durch blutübertragene Erreger (z. B. HBV, HCV. Aufgrund der langen Inkubationszeit auch bei Auftreten nach Entlassung,wenn ein Zusammenhang der Fälle aufgrund eines vorausgegangenen Aufenthaltes in der gleichen Einrichtung anzunehmen ist)
- Erreger der Gastroenteritis (z. B. Clostridium difficile, Rotaviren)
Ortsbegehungen im betroffenen Bereich geben weiteren Aufschluss über mögliche Infektionsquellen bzw. Abweichungen von Hygienestandards. Maßnahmen zur Begrenzung des Ausbruchs werden eingeleitet und vom Ausbruchsteam überwacht. Die Infektionsquelle soll durch Probenentnahmen je nach Sachlage von Patienten, Medikamenten, weiteren angewandten Substanzen, Luft-, Wasserproben ermittelt werden. Eine Surveillance zur weiteren Entwicklung des Ausbruchsgeschehens wird durchgeführt. Ist der Ausbruch beendet, so wird das Ausbruchsmanagement abschließend vom Ausbruchsteam dokumentiert und hinsichtlich der Effektivität der Maßnahmen bewertet. Zukünftige Präventionsmaßnahmen werden festgelegt.

Sterilisation und Desinfektion

Sterilisation: Abtötung oder Entfernung aller lebensfähigen Formen von Mikroorganismen. Bei einer Sterilisation erfolgt eine Keimreduktion um den Faktor 10-6.
Desinfektion: erhebliche Keimreduktion bzw. irreversible Inaktivierung eines erheblichen Teils der Mikroorganismen, um ein Infektionsrisiko durch Krankheitserreger auszuschließen. Bei der Desinfektion erfolgt die Keimreduktion um den Faktor 10-5. Das heißt, dass nach einer Desinfektion von 1 000 000 Keimen noch 10 Keime überleben.
Sterilisationsverfahren
  • Physikalisch:
    • Thermisch: Heißluft- oder Dampfdrucksterilisation
    • Strahlensterilisation
  • Chemisch:
    • Einsatz von Gasen, z. B. Formaldehyd oder Ethylenoxid.
Die Auswahl des Verfahrens ist von den Eigenschaften des zu sterilisierenden Materials abhängig.
Die Verpackung des Sterilgutes sollte einerseits die Rekontamination nach dem Sterilisationsvorgang verhindern, andererseits eine Sterilisation aller Stellen des Objektes ermöglichen (Heißluftsterilisation: Metallbehälter mit geeigneten Öffnungen, Gassterilisation: gasdurchlässige, keimdichte Kunststofffolien).
Desinfektionsmittel sind in herstellerunabhängigen Listen (VAH: Verbund für angewandte Hygiene oder RKI) aufgeführt. Dort sind sie unter dem jeweiligen Anwendungsbereich, zum Beispiel zur Hände-, aber auch zur Flächen- oder Instrumentendesinfektion mit der Konzentration und der dabei erforderlichen Einwirkzeit zu finden.
Literatur
Exner M, Hornei B, Jürs U et al (2002) Ausbruchmanagement und strukturiertes Vorgehen bei gehäuftem Auftreten nosokomialer Infektionen. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 45:180–186CrossRef
Gastmeier P, Bräuer H, Forster D et al (2002) A quality management project in 8 selected hospitals to reduce nosocomial infections: a prospective controlled study. Infect Control Hosp Epidemiol 23:91–97CrossRefPubMed
KRINKO (2012) Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI). Bundesgesundheitsbl 55:1311–1354CrossRef
Robert Koch-Institut (2012) Deutsche Daten im Rahmen der ersten europäischen Prävalenzerhebung zum Vorkommen nosokomialer Infektionen und zur Antibiotikaanwendung. Epidemiol Bull (26)