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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 23.04.2015

Infektiöse Ösophagitiden

Verfasst von: Stephan Miehlke
Als infektiöse Ösophagitiden gelten Schleimhautveränderungen des Ösophagus, die durch Pilze, Viren, Bakterien oder Parasiten hervorgerufen werden. Die Leitsymptome sind Odynophagie und Dysphagie. Wegweisend in der Diagnostik ist die Endoskopie mit Biopsien für Histologie und ggf. Zytologie/Kultur. Die Therapie erfolgt medikamentös.

Definition

Als infektiöse Ösophagitiden gelten Schleimhautveränderungen des Ösophagus, die durch Pilze, Viren, Bakterien oder Parasiten hervorgerufen werden. Der alleinige Nachweis von Keimen (insbesondere der Mundflora) ohne Mukosaläsionen ist meist ohne klinische Bedeutung.

Ätiologie und Pathophysiologie

Invasive Pilzinfektionen des Ösophagus werden begünstigt durch Erkrankungen, die das Immunsystem beeinträchtigen (z. B. AIDS, hämatoonkologische Erkrankungen) oder im Rahmen medikamentöser Therapien (z. B. Steroide, Immunsuppressiva, Antibiotika) (Rosołowski und Kierzkiewicz 2013).
Der häufigste Erreger ist Candida albicans, seltener sind C. tropicalis, C. krusei oder C. parapsylosis. Bei AIDS-Patienten können selten auch Aspergillus fumigatus, Blastomyces oder Histoplasma capsulatum vorkommen.
Bakterielle Infektionen treten vor allem bei immuninkompetenten Patienten oder infolge einer primären Schädigung der Ösophagusschleimhaut durch Magensonden, Radio- oder Chemotherapie auf. Die häufigsten Erreger sind grampositive Bakterien (z. B. Staphylokokken, Streptococcus viridans) oder Mycobacterium tuberculosis, bei AIDS-Patienten auch Mycobacterium avium.
Eine parasitäre Ösophagitis kann als lokale Manifestation einer systemischen Infektion mit Kryptosporidien oder Pneumocystis carinii auftreten.
Virale Ösophagitiden entstehen durch hämatogene Streuung. Wichtigste Erreger sind Zytomegalievirus (CMV), Herpes-simplex-Virus (HSV) Typ 1, Epstein-Barr-Virus (EBV) und humanes Immunschwächevirus (HIV)

Epidemiologie

Die Epidemiologie der infektiösen Ösophagitiden ist nicht genau bekannt. 30–40 % der AIDS-Patienten können im Verlauf der Erkrankung eine Pilz- oder Virusinfektion des Ösophagus entwickeln (Neumann und Mönkemüller 2007).

Klinik

Die Leitsymptome sind Odynophagie und Dysphagie. Erbrechen und Fieber können in Abhängigkeit vom Grundleiden auftreten. Komplikationen wie Blutungen, Perforation oder Fisteln sind selten.

Diagnostik

Wegweisend ist die Endoskopie (Abb. 1) mit Biopsien für Histologie und ggf. Zytologie/Kultur.
Bei Pilzinfektionen sollte die Mundhöhle bewusst inspiziert werden (bei bis zu 50 % der Betroffenen ist die Mundhöhle auch befallen). Eine Kultur und Resistenztestung sind in der Regel nicht erforderlich. Das Befundspektrum reicht von kleinen weißlichen Plaques bis zu ausgedehnten Pseudomembranen mit Ulzerationen (Brncić et al. 2005).
Das Befundspektrum der bakteriellen und parasitären Ösophagitis reicht vom unspezifischen Erythem bis zu Ulzerationen mit Peudomembranen und Blutungen. Bei der Tuberkulose können Perforationen mit Fistelbildungen zum Bronchialsystem entstehen.
Bei der Virusösophagitis findet man initial aphthöse bläschenartige Veränderungen, im Verlauf typischerweise einzelne oder mehrere, meist tiefe Ulzera, die großflächig konfluieren können. Eine ergänzende serologische Diagnostik kann hilfreich sein (Lemonovich und Watkins 2012).

Differenzialdiagnosen

Zu den wichtigen Differenzialdiagnosen gehören die eosinophile Ösophagitis, die Refluxkrankheit und medikamenten- oder radiogen induzierten Ösophagitiden.

Therapie

Pilzinfektion
Die systemische Therapie mit Azolantimykotika ist der topischen Therapie überlegen. Therapie der Wahl ist Fluconazol 200 mg am Tag 1 und 100 mg täglich für 10–14 Tage. Itraconazol ist vergleichbar wirksam, aber schlechter verträglich. Ketokonazol ist in der Wirksamkeit unterlegen. Bei Versagen der Primärtherapie ist intravenöses Amphotericin B 0,1–1 mg/kg KG täglich für 2–4 Wochen indiziert. Bei AIDS-Patienten kann eine langfristige Prophylaxe mit Fluconazol 100 mg 3× wöchentlich durchgeführt werden.
M. tuberculosis
Vierfachkombination mit Isoniazid (INH, 5 mg/kg KG), Rifampicin 10 mg/kg KG), Pyrazinamid (30 mg/kg KG) und Ethambutol (15 mg/kg KG).
M. avium
Clarithromycin (2× 500 mg), Rifabutin (4× 300 mg), Ethambutol (25 mg/kg KG).
Kryptosporidien
Paromomycin 1,5–2,25 g/Tag.
Pneumocytsis carinii
Cotrimoxazol 4× 2 g i.v., alternativ Pentamidin (4 mg/kg KG).
CMV
Ganciclovir 5 mg/kg KG i.v. alle12 Stunden, alternativ Foscarnet 90 mg/kg KG, Dauer 3–6 Wochen. Bei Rezidiv evtl. Langzeittherapie mit Valganciclovir oral.
HSV
Aciclovir 5–10 mg/kg KG i.v. alle 8 Stunden oder 400 mg 5× täglich oral für 10 Tage.
HIV
Wie Grunderkrankung.

Verlauf und Prognose

Immunkompetente oder nur temporär immuninkompetente Patienten haben in der Regel eine günstige Prognose mit kompletter Ausheilung der Ösophagitis. Ansonsten ist die Prognose im Wesentlichen von der Grundkrankheit bestimmt.
Literatur
Brncić N, Mijandrusić-Sincić B, Visković I (2005) Candida esophagitis. Wien Klin Wochenschr 117:520–524CrossRefPubMed
Lemonovich TL, Watkins RR (2012) Update on cytomegalovirus infections of the gastrointestinal system in solid organ transplant recipients. Curr Infect Dis Rep 14:33–40CrossRefPubMed
Neumann H, Mönkemüller K (2007) Diagnosis and therapy of HIV associated esophagitis – HIV and esophagitis. Z Gastroenterol 45(11):1185–1190CrossRefPubMed
Rosołowski M, Kierzkiewicz M (2013) Etiology, diagnosis and treatment of infectious esophagitis. Prz Gastroenterol 8:333–337PubMedCentralPubMed