Damit ein Antiinfektivum eine Infektion effektiv bekämpfen kann, muss es in ausreichender Konzentration und Dauer (sowohl im Verhältnis zum Dosisintervall als auch absolut) zum Wirkort gelangen (Navarro
2009). Für Knochen- und Gelenksinfektionen gibt es nur kleine Studien zu
Pharmakokinetik/
Pharmakodynamik (kurz PK/PD), was an der im Vergleich zur Blutabnahme erschwerten Probengewinnung liegen könnte. Im Rahmen der Kinetikstudien werden Antibiotikakonzentrationen beinahe ausschließlich im gesunden Knochen und nicht z. B. bei
Osteomyelitis bestimmt (Landersdorfer et al.
2009; Sendi und Zimmerli
2012). Der Knochen wird im Rahmen von Operationen gewonnen (z. B. Hüft- oder Knie-TEP), sodass hier die Konzentration nach Einmalgabe im Rahmen der
perioperativen Antibiotikaprophylaxe bestimmt wird (Sendi und Zimmerli
2012). Ein Rückschluss auf Mehrfachgabe im Rahmen der Therapie einer Knochen- oder Gelenksinfektion
ist nur begrenzt möglich (Sendi und Zimmerli
2012). Die Analysenmethoden sind für Knochenproben im Gegensatz zu
Serum nicht standardisiert, was die Interpretation der Daten erschwert (Landersdorfer et al.
2009; Sendi und Zimmerli
2012). Vielfach wird die Gesamtkonzentration im Knochen angegeben, die nicht nur die ungebundene und damit aktive Antibiotikakonzentration enthält, sondern auch die inaktive gebundene Fraktion mit erfasst (Landersdorfer et al.
2009). Letztere ist für Fluorochinolone nicht zu vernachlässigen, die wahrscheinlich Komplexbindungen mit Kalzium im Knochen bilden; Fosfomycin und Tetracycline binden ebenfalls teilweise an die anorganische Knochensubstanz (Landersdorfer et al.
2009). Entsprechend könnten die angegebenen Werte für Fluorochinolone
, Tetracycline
und Fosfomycin
(Tab.
1) zu hoch sein. In unterschiedlichen Strukturen des Knochens finden sich für viele Wirkstoffe zudem unterschiedliche Wirkstoffkonzentrationen, in der Regel gilt Spongiosa > kortikaler Knochen (Landersdorfer et al.
2009). Auch die oft operativ bedingte Verunreinigung der Probe mit Blut, das eventuell eine höhere Konzentration an Wirkstoff enthält als der Knochen selber, muss differenziert werden (Landersdorfer et al.
2009). Demzufolge sind die in der Tab.
1 aufgeführten Relationen der Konzentration im Knochen vs. Serum als Näherungswerte anzusehen.
Tab. 1
Knochengängigkeit von Antiinfektiva (Näherungswerte)
Makrolide | 0,91* |
Tetracycline | 0,72 |
Chinolone | 0,50 |
Linezolid | 0,40 |
Clindamycin | 0,35 |
Rifampicin | 0,27 |
Fosfomycin | 0,25 |
β-Lactamaseinhibitoren | 0,24 |
Glycopeptide | 0,21 |
Cephalosporine | 0,19 |
Penicilline | 0,17 |
Daptomycin | 0,06 |
Carbapeneme sind nicht aufgeführt (Probleme im Rahmen der Analysen aufgrund der Instabilität von Imipenem ex vivo), die Werte liegen aber wahrscheinlich im Bereich der anderen Betalaktame. Für Cotrimoxazol ist die Penetration für Trimethoprim wahrscheinlich größer als für die Sulfamethoxazol-Komponente (Saux et al.
1982), hierzu gibt es allerdings keine neueren Studien. Für Daptomycin wird auf die Ergebnisse einer Studie gewartet, bisher gibt es nur wenige Daten (Moenster et al.
2013).
Neben der Knochengängigkeit
ist für chronische Infektionen mit einliegendem Fremdmaterial, z. B. infizierte Gelenkprothesen, noch die Biofilmgängigkeit
der Antiinfektiva entscheidend (Sendi und Zimmerli
2012). Hier gilt die Kombination mit Rifampicin für Infektionen durch sensible
Staphylokokken als wirksam (Sendi und Zimmerli
2012; Osmon et al.
2013).
Für die Substanzwahl, die Kombinationstherapie, die Therapiedauer und die Möglichkeit einer oralen Sequenzialtherapie existieren bisher nur wenige Studien mit kleinen Patientenkollektiven, was bei der Bewertung der Empfehlungen in den einzelnen Abschnitten zu beachten ist.