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DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Berend Isermann und Juliane Hoffmann
Publiziert am: 21.03.2018

Labordiagnostik: Plasmaproteine

Unter dem Begriff Plasmaproteine werden die Proteine des Blutplasmas und der interstitiellen Flüssigkeit verstanden, die unter physiologischen Bedingungen eine konstante Verteilung in beiden Flüssigkeitsräumen haben. Nicht dazu gezählt werden z. B. Enzyme, Hormone oder Gerinnungsfaktoren. Bis auf wenige Ausnahmen werden die Plasmaproteine überwiegend in den Hepatozyten synthetisiert, modifiziert (häufig zu Glyko-, teilweise zu Lipoproteinen) in Vesikeln des Golgi-Apparates gespeichert und durch Exozytose in den extrazellulären Raum geleitet. Durch verschiedene Prozesse (Diffusion, Pinozytose, interzelluläre Brücken) verteilen sich die Plasmaproteine kontinuierlich von der interstitiellen Flüssigkeit in die Blutbahn und umgekehrt, wobei die Verteilung u. a. vom Molekulargewicht der Proteine abhängig ist.

Stellenwert der Diagnostik

Unter dem Begriff Plasmaproteine werden die Proteine des Blutplasmas und der interstitiellen Flüssigkeit verstanden, die unter physiologischen Bedingungen eine konstante Verteilung in beiden Flüssigkeitsräumen haben. Nicht dazu gezählt werden z. B. Enzyme, Hormone oder Gerinnungsfaktoren. Bis auf wenige Ausnahmen (vgl. Tab. 1) werden die Plasmaproteine überwiegend in den Hepatozyten synthetisiert, modifiziert (häufig zu Glyko-, teilweise zu Lipoproteinen) in Vesikeln des Golgi-Apparates gespeichert und durch Exozytose in den extrazellulären Raum geleitet. Durch verschiedene Prozesse (Diffusion, Pinozytose, interzelluläre Brücken) verteilen sich die Plasmaproteine kontinuierlich von der interstitiellen Flüssigkeit (40 % der Plasmaproteine in ca. 8 l Extrazellulärwasser) in die Blutbahn (60 % der Plasmaproteine in ca. 3 l Blutplasma) und umgekehrt, wobei die Verteilung u. a. vom Molekulargewicht der Proteine abhängig ist.
Tab. 1
Diagnostisch relevante Plasmaproteine (Notfalldiagnostik fett markiert)
Bezeichnung
Syntheseort
Indikation für Analyse (Beispiel)
Protein, total (Gesamtprotein)
 
Dysproteinämie, Verlauf
Albumin
Leber
Abklärung von Ödemen und Dysproteinämien, Verlaufsbeurteilung bei Lebererkrankungen
Hyperalbuminämien kommen nicht vor, klinisch bedeutsam sind Hypoalbuminämien
Viele Medikamente binden an Albumin, Hypoalbuminämien können hier zu einer Erhöhung der pharmakologischen Wirkung führen
 
Verdacht auf Mangelernährung
Alpha-1-Antitrypsin (α1-AT)
Leber (aber auch von Monozyten und Granulozyten)
Verdacht auf hereditären Mangel (z. B. bei Lungenemphysem Erwachsener)
Anstieg in der Akute-Phase-Reaktion, daher gleichzeitige Messung von CRP empfohlen
Genetische Varianten mit Punktmutationen verursachen Mangel an α1-AT
Leber
Kupfer-(Cu-)oxidierendes Enzym
Funktion: Bindung von Cu und Transport ins Gewebe
Verminderung von Cp bei M. Wilson, Menkes-Erkrankung oder Cu-Mangelernährung
Akute-Phase-Protein (CRP [C-reaktives Protein] mitbestimmen!)
Haptoglobin (HP), Hemopexin (HX)
Leber
HP: Diagnostik und Verlaufsbeurteilung von hämolytischen Erkrankungen
Akute-Phase-Protein
HX: Abschätzung des Ausmaßes der Hämolyse, wenn HP unter den Messbereich gesunken ist
Transferrin (Trf)
Leber
Marker des Eisenstoffwechsels
Eisentransportprotein
Negatives Akute-Phase-Protein
Bestimmung bei Verdacht auf Funktionseisenmangel und zur Ermittlung der Transferrinsättigung (Fe und CRP mitbestimmen)
Leber
Alkoholmarker (chronisch)
CDT besteht aus Disialo- und Asialotransferrin
Erhöhte Werte bei 50–80 g Alkohol/Tag an mindestens 7 aufeinanderfolgenden Tagen
Diagnostische Spezifität >90 %
Antikörpermangel, Allergie
Plasmazellen
U. a. Subklassenmangel
C-reaktives Protein (CRP)
Leber
Entzündungsmarker
Klassisches Akute-Phase-Protein zur Diagnostik einer Inflammation (Maximalwert nach 48 Stunden, Abfall mit einer Halbwertszeit von 48 Stunden)
Daneben Marker einer „low grade inflammation“ (hs-CRP) zur Risikostratifizierung der koronaren Herzkrankheit
Plasmazellen
Verdacht auf Kryoglobulinämie im Zusammenhang mit einer bei Kälteexposition auftretenden Symptomatik
Kryoglobuline sind Immunglobuline, die bei <37 °C Komplexe bilden und präzipitieren
Blutentnahme muss im vorgewärmten (37 °C) Röhrchen erfolgen, Probentransport ebenso
 
Protein des Komplementsystems
Mangel an C1-INH führt zur unkontrollierten Aktivierung des klassischen Wegs
Bestimmung bei Verdacht auf Angioödem
Plasmaproteine haben einerseits wichtige unspezifische Aufgaben (Erhaltung des kolloidosmotischen Druckes, Transport anderer Substanzen), anderseits haben einzelne Plasmaproteine sehr spezifische Funktionen (z. B. in der Infektabwehr, Akute-Phase-Proteine, das Komplementsystem, Antikörper).
Die größte Fraktion der Plasmaproteine stellt mit 50–60 % des Gesamtproteins im Blutplasma das Albumin dar. Veränderungen der Albuminkonzentration bzw. der Immunglobulinkonzentration gehen immer mit Veränderungen der Gesamtproteinkonzentration einher, die bereits in einer Serumelektrophorese sichtbar sind. Hingegen verursachen Veränderungen anderer Plasmaproteine (sofern isoliert auftretend) keine messbaren Abweichungen in der Gesamtproteinkonzentration.
Die Proteinanalytik ermöglicht es, Dysproteinämien, d. h. Störungen der unter physiologischen Bedingungen sehr gleichmäßigen Plasmaproteinzusammensetzung, zu erkennen sowie gezielt einzelne Plasmaproteinkonzentrationen zu bestimmen. Eine Rolle spielt die Proteinanalytik somit bei Verdacht auf Störungen des Proteinstoffwechsels (angeborenen oder erworbene Defekte der Proteinbiosynthese bzw. des Proteinabbaus, Verteilungsstörungen in der Zelle oder im Organismus, Proteinverluste über Darm oder Niere). Des Weiteren kommen Proteinbestimmungen zum Einsatz bei Entzündungen (Entzündungsmarker bzw. Akute-Phase-Proteine), Lebererkrankungen (z. B. Leberinsuffizienz bei Leberzirrhose), Zuständen mit Proteinverlust (z. B. nephrotisches Syndrom), Erkrankungen des lymphoplasmozytären Systems (z. B. Plasmozytom), Autoimmunerkrankungen, Störungen des Wasserhaushalts, Proteinmangelzuständen oder Schwangerschaft.

Material und Präanalytik

Die Analyse von Plasmaproteinen kann in Serum und Plasma erfolgen. Die Serumelektrophorese wird wiederum, wie der Name schon sagt, ausschließlich mit Serum (Cave: Störfaktor Hämolyse) durchgeführt, da Fibrinogen bei dieser Methode Schwierigkeiten in der Interpretation verursachen würde (Vortäuschung eines Extragradienten in der Elektrophorese, Gefahr einer Verwechslung mit dem sog. M-Gradienten beim Plasmozytom). Bedingt durch die Molekülgröße und die Häufigkeit des Fibrinogens sind die Gesamtproteinwerte (TP) im Serum niedriger als im Plasma. Die Probennahme sollte im Liegen erfolgen, da bis zu 10 % höhere Werte bei Blutentnahme in aufrechter Körperhaltung gemessen werden. Bei Patienten mit Ödemen zeigt sich derselbe Effekt aufgrund einer Verringerung des Intravasalvolumens. Aktive Muskelarbeit (vor der Blutentnahme) sowie eine Stauung >3 Minuten verursachen ebenso höhere Proteinwerte (TP).
Albumin und Gesamtprotein sind sehr stabil in der Blutprobe, bei Lagerung des Serums/Plasmas bei 4 °C bis zu 1 Monat. Andere Plasmaproteine sollten möglichst am Abnahmetag bestimmt werden. Ist dies nicht möglich, ist die Lagerung bei 4 °C bzw. ein Einfrieren bei −80 °C empfohlen (nicht bei −20 °C). Bei Infusionstherapien ist zu beachten, dass proteinartige Infusionsbestandteile (z. B. Polydextrane und Zuckerlösungen) bei der Bestimmung von Gesamtprotein zu falsch hohen Messwerten (10–25 % höher) führen können.

Analytik

Gesamtprotein

Biuret-Methode. Es bilden sich violette Komplexe, die fotometrisch gemessen werden können und deren Konzentration proportional der Zahl der Peptidbindungen und somit der eingesetzten Proteinkonzentration der Probe ist.

Albumin

Farbstoffbindungsmethode (Bromkresolgrün). Der Farbstoff bindet bevorzugt an Albumin, die Abnahme der Extinktion wird fotometrisch gemessen und erlaubt Rückschlüsse auf die Albuminkonzentration. Daneben werden auch immunturbidimetrische und nephelometrische Methoden angewandt. Diese Methoden zeigen höhere Werte als die Bromkresolgrün-Methode.
Ist das Gesamtprotein verändert, ist dies entweder ein Zeichen einer Störung des Wasserhaushalts (vgl. mit Hämatokrit) oder einer Dysproteinämie. Absolute Veränderungen der Gesamtproteinkonzentration beruhen immer auf einer Albuminverminderung oder auf einer Verminderung bzw. Erhöhung der Immunglobulinfraktion. Eine absolute Erhöhung des Albumins kommt nicht vor (Hallbach 2011). Die gleichzeitige Bestimmung von Gesamtprotein und Albumin erlaubt somit Rückschlüsse auf die Immunglobulinkonzentration.

Serumelektrophorese

Elektrophoretische Auftrennung der Serumproteine mit anschließender Färbung der 5 Proteinfraktionen. Dysproteinämien sowie charakteristische, durch bestimmte Erkrankungen verursachte Veränderungen lassen sich erkennen. Sichtbare M-Gradienten (verursacht durch monoklonale Immunglobuline bei Plasmazellerkrankungen) lassen sich durch die Immunfixationselektrophorese bestätigen. Der diagnostische Werte der Serumelektrophorese bei anderen Erkrankungen, wie z. B. Leberinsuffizienz oder nephrotischem Syndrom, ist heute als gering einzuschätzen.

Einzelproteine

Immunologische Nachweisverfahren, nephelometrische und turbidimetrische Assays.
Literatur
Hallbach J (2011) Klinische Chemie und Hämatologie. Thieme, Stuttgart