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DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Benjamin Heidrich und Karsten Wursthorn
Publiziert am: 06.01.2015

Lebertransplantation

Die Lebertransplantation ist eine etablierte Behandlungsoption eines akuten Leberversagens und einer fortgeschrittenen Lebererkrankung. In Deutschland und weiteren benachbarten Ländern erfolgt die Zuteilung der Organe von postmortalen, hirntoten Organspendern zentral über die Organisation Eurotransplant. Zur objektiven Beurteilung der Notwendigkeit einer Lebertransplantation wird der MELD-Score verwendet. Die medizinische Versorgung nach einer Lebertransplantation beinhaltet die immunsuppressive Behandlung zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen, die Diagnose und Therapie von Nebenwirkungen der Immunsuppression, die Behandlung von Komplikationen der Gallenwege sowie das Management einer rekurrenten Grunderkrankung. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach einer Lebertransplantation liegt unabhängig von der Grunderkrankung bei über 70 %.

Einleitung

Die Lebertransplantation konnte in den vergangenen Jahrzehnten als Behandlungsoption eines akuten Leberversagens und einer fortgeschrittenen Lebererkrankung unterschiedlicher Ätiologie etabliert werden. In Deutschland erfolgt die Zuteilung der Organe von postmortalen, hirntoten Organspendern zentral über die Organisation Eurotransplant, der neben Deutschland sieben weitere benachbarte europäische Länder angehören. Die verfügbaren Organe werden nach Dringlichkeit vergeben, wobei die Blutgruppe von Spender und Empfänger verträglich sein sollten. Zur objektiven Beurteilung der Notwendigkeit einer Lebertransplantation wurde Ende 2006 im Eurotransplantbereich der MELD-Score („model for endstage liver disease“) eingeführt. Der MELD-Score wird aus den drei Laborwerten Bilirubin, Quick und Kreatinin (labMELD) berechnet, kennt aber auch Ausnahmen („standard exceptions“, SE). Zu den Lebererkrankungen, für die eine SE infrage kommt, gehören u. a. das hepatozelluläre Karzinom (HCC) sowie seltenere zystische und Stoffwechselerkrankungen der Leber. Wenn kein postmortal gespendetes Organ zur Verfügung steht, kann in manchen Fällen eine Lebendspende in Frage kommen, bei der ein Teil der Leber bei einem freiwilligen gesunden Verwandten entnommen und transplantiert wird. Durch eine Lebertransplantation kann die zugrunde liegende Erkrankung nicht immer geheilt werden. So infiziert beispielsweise das Hepatitis-C-Virus nahezu immer die neue Leber. Nach der Organtransplantation ist eine lebenslange immunsuppressive Behandlung zur Verhinderung einer Abstoßung notwendig. Eine akute oder chronische Abstoßung kann zu einem Verlust der Organfunktion führen. Die 5-Jahres-Funktionsrate liegt bei postmortal gespendeten Organen bei ca. 53 %, bei Transplantationen nach einer Lebendspende bei ca. 59 % (DSO 2013).

Indikationen

Die Indikation für eine Lebertransplantation besteht bei einer zunehmenden Einschränkung der Leberfunktion unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Häufige Erkrankungen, die zu einer – akuten oder chronischen – Verschlechterung der Leberfunktion und damit zur Notwendigkeit einer Lebertransplantation führen können, sind in Tab. 1 aufgelistet (Murray und Carithers 2005).
Tab. 1
Indikationen für eine Lebertransplantation. (nach Murray und Carithers, AASLD Practice Guideline 2005)
Chronische nicht cholestatische Lebererkrankungen
Chronische Hepatitis C
Alkoholische Lebererkrankung
Cholestatische Lebererkrankungen
Primär sklerosierende Cholangitis
Genetische Ursachen, u. a. zystische Fibrose, Alagille-Syndrom
Metabolische Erkrankungen, die zu einer Leberzirrhose führen
Nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH)
Metabolische Erkrankungen mit schwerer extrahepatischer Morbidität
Amyloidose
Hyperoxalurie
Defekte des Harnstoffzyklus
Defekte der verzweigtkettigen Aminosäuren
Maligne Erkrankungen der Leber
Hämangioendotheliom
Weitere Ursachen
Metastasierte neuroendokrine Tumoren
Polyzystische Erkrankungen
Retransplantation
 

Häufigkeit

Die weltweit erste Lebertransplantation wurde 1967 in Pittsburgh, Pennsylvania, USA, von Thomas E. Starzl durchgeführt. In Deutschland wurde zwei Jahre später die erste Leber von Alfred Gütgemann und Tschong-Su Lie in Bonn transplantiert. Im Jahr 2012 wurden in Deutschland an 24 Zentren 1097 Lebertransplantationen durchgeführt, 78 davon nach einer Lebendspende. Für das Jahr 2013 ist ein weiterer Rückgang zu verzeichnen. Zwischen 2007 und 2011 hat die Zahl der Lebertransplantationen ohne Lebendspender noch über 1000 gelegen. Deutschland liegt bezüglich der Zahl der postmortalen Organspender mit 14,7 pro 1 Million Einwohner im unteren Drittel im Vergleich europäischer und angelsächsischer Länder (DSO 2012). Dabei ist die Zahl der Patienten, die erstmals zur Lebertransplantation angemeldet wurden, mit 1689 Patienten im Jahr 2012 ca. 50 % über der Zahl der tatsächlich durchgeführten Transplantationen.

Patientenauswahl

Jeder Patient mit einem akuten Leberversagen, dekompensierter Zirrhose oder hepatozellulärem Karzinom ist ein potenzieller Kandidat für eine Lebertransplantation. Falls möglich, sollte eine Anbindung an ein Lebertransplantationszentrum frühzeitig im Krankheitsverlauf mit dem Patienten und seinen Angehörigen diskutiert werden. Ist das Risiko der Transplantation und ihrer Nachbehandlung zu hoch und sind die Erfolgsaussichten zu schlecht, wird der Eingriff nicht in Betracht gezogen. Die Entscheidung über die Aufnahme eines Patienten auf die Warteliste trifft eine interdisziplinäre Transplantationskonferenz am Transplantationszentrum, in der das Acht-Augen-Prinzip gilt. Nach den Richtlinien der Bundesärztekammer ist an der interdisziplinären Transplantationskonferenz neben Internisten, Anästhesisten und Chirurgen auch mindestens ein Mediziner beteiligt, der nicht unmittelbar in das Transplantationsgeschehen eingebunden ist (DSO 2014).
Häufige Ursachen für ein akutes Leberversagen sind medikamentös-toxische Reaktionen sowie Intoxikationen mit Paracetamol, eine Hepatitis B und Perfusionsstörungen, wobei die Ursache nur in 60–80 % der Fälle identifiziert werden kann. Ein akutes Leberversagen heilt aus oder führt unbehandelt binnen weniger Tage zum Tode. Klinische Symptome beinhalten Müdigkeit und Abgeschlagenheit als Folge einer hepatischen Enzephalopathie, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schmerzen im rechten Oberbauch, Aszites und Ikterus. Die hepatische Enzephalopathie wird in vier Grade unterteilt und reicht von Schlafstörungen und leichter Verwirrtheit (Grad 1) über Lethargie und moderater Verwirrtheit (Grad 2) sowie Stupor, unzusammenhängende Sprache (Grad 3) bis hin zum Koma (Grad 4). Im Labor finden sich eine Einschränkung der Gerinnung mit einer Verlängerung der Prothrombinzeit (INR ≥1,5), deutlich erhöhte Transaminasen, erhöhtes Bilirubin und Thrombozytopenie. Die genauen Kriterien zur Diagnose eines akuten Leberversagens sind in den King’s-College-Kriterien definiert. Es gibt zwei Varianten der Kriterien, eine für Paracetamol-induziertes Leberversagen und eines für andere Ursachen. Zu den weiteren Scores, die zur Einschätzung eines akuten Leberversagens eingesetzt werden, gehören der „Acute Physiology and Chronic Health Evaluation II Score“ (APACHE II) und die Clichy-Kriterien.
Nicht jeder Patient mit einer Leberzirrhose ist ein Kandidat für eine Lebertransplantation. Mit der Einführung des MELD-Scores zur Beurteilung der Dringlichkeit einer Transplantation im Eurotransplantbereich Ende 2006 wurde der Versuch unternommen, zentrumsübergreifend objektivierbare Kriterien für den einzelnen Patienten zu definieren. MELD steht für „Model for Endstage Liver Disease“ und ist eine prospektiv evaluierte Formel, die die Wahrscheinlichkeit des kurzfristigen Überlebens von Patienten mit Leberzirrhose vorhersagt. Sie basiert auf Serumbilirubin, Serumkreatinin und der „international normalized ratio“ (INR) des Quick-Werts und steigt mit einer schlechter werdenden Leberfunktion von 6 Punkten (90-Tage-Überlebenswahrscheinlichkeit 100 %) auf maximal 40 Punkte (90-Tage-Überlebenswahrscheinlichkeit 0 %). Neben diesem laborbasierten MELD (labMELD) gibt es für einige Erkrankungen einen Punktzuschlag, da die Dringlichkeit zur Transplantation in diesen Fällen durch das Labor nur unzureichend abgebildet wird. Zu diesen „standard exceptions“ (SE, matchMELD) gehören das HCC und weitere Neoplasien der Leber, Zystenlebern, zystische Fibrose und weitere genetische, die Leber betreffende Erkrankungen sowie wiederholte septische Episoden aufgrund von Entzündungen der Gallenwege (Bundesärztekammer 2013). In Ausnahmefällen kann das Transplantationszentrum in einem Antrag an die Vermittlungsstelle begründen, warum bei einem Patienten der labMELD die Dringlichkeit einer Transplantation nicht adäquat widerspiegelt („non-standard exception“, NSE). Für junge Patienten unter 16 Jahren gilt der pädiatrische MELD. Die Zuteilung der Organe erfolgt durch die Vermittlungsstelle (Eurotransplant) nach dem MELD-Score in absteigender Reihenfolge.
Eine Lebertransplantation bei hepatozellulärem Karzinom beseitigt nicht nur den malignen Herd, sondern gleichzeitig auch die zirrhotische Leber und damit die Ursache des HCC. Um das Risiko einer Rekurrenz des malignen Prozesses unter Immunsuppression zu minimieren, wird die Größe und Zahl der HCC-Herde zum Zeitpunkt der Diagnose bestimmt und als Evaluationskriterium herangezogen. Patienten mit einem Herd ≤5 cm oder maximal drei Herden ≤3 cm (Mailand-Kriterien) haben nach einer Lebertransplantation eine den übrigen Indikationen vergleichbare 5-Jahres-Überlebensrate von >70 %.

Nach der Lebertransplantation

Die medizinische Versorgung nach einer Lebertransplantation beinhaltet die immunsuppressive Behandlung zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen, die Diagnose und Therapie von Nebenwirkungen der Immunsuppression, die Behandlung von Komplikationen der Gallenwege sowie das Management einer rekurrenten Grunderkrankung.

Immunsupression

Zur Verhinderung einer Abstoßung und des damit verbundenen Risikos des Organverlustes bedarf es nach einer Lebertransplantation einer in der Regel lebenslangen medikamentösen Immunsuppression. Während diese in den ersten Wochen und Monaten auf einer Dreierkombination aus Calcineurininhibitor, Mycophenolatmofetil und Steroiden beruht, kann die Immunsuppression nach 6–12 Monaten sowohl bezüglich der Dosis als auch bezüglich der Zahl der verwendeten Substanzen reduziert werden. Die Kombination aus zwei Substanzklassen oder gar eine Monotherapie sind möglich, wobei ein Calcineurinantagonist die Basis der Behandlung darstellt. Die Immunsuppressiva haben eine Reihe von unerwünschten Effekten. Zu diesen gehören die Anfälligkeit für Infektionen durch Bakterien, Pilze und Viren, metabolische Erkrankungen (Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Hypertonie, Adipositas), eine akute und/oder chronische Niereninsuffizienz, eine Mineralisierungsstörung der Knochen sowie das Neuauftreten von malignen Prozessen (Gaglio und Cotler 2013).
Glukokortikoide gehören in der initialen Therapie sowie in der Behandlung der Organabstoßung zur Standardtherapie. Aufgrund der zahlreichen Nebenwirkungen wird die Dauer und Dosis der Steroidgabe nach Möglichkeit eingeschränkt. Eine zu schnelle Reduktion oder Absetzen kann jedoch zu einem Aufflammen der Grunderkrankung oder einer Abstoßungsreaktion führen.
Mit der Einführung von Ciclosporin A im Jahr 1981 konnte das Langzeitüberleben nach einer Lebertransplantation deutlich verbessert werden. Ciclosporin gehört zur Gruppe der Calcineurininhibitoren, die eine deutliche Verminderung der T-Zell-Aktivierung und damit der Abstoßung erreichen. Die Bioverfügbarkeit des zweimal täglich dosierten Ciclosporins ist jedoch niedrig, weshalb eine regelmäßige Messung des Talspiegels (d. h. des Medikamentenspiegels vor der Einnahme der nächsten morgendlichen Dosis) vonnöten ist. Ebenfalls zur Gruppe der Calcineurininhibitoren gehört Tacrolimus, das eine höhere immunsuppressive Wirksamkeit bei hoher Variabilität der oralen Bioverfügbarkeit aufweist. Wie auch Ciclosporin bedarf Tacrolimus der regelmäßigen Messung des Talspiegels. In mehreren Studien und Metaanalysen konnte eine Überlegenheit von Tacrolimus gegenüber Ciclosporin in Bezug auf das allgemeine Überleben, Organverlust und akute Abstoßung festgestellt werden. Beide Calcineurininhibitoren weisen ein erhebliches Nebenwirkungsspektrum auf, wobei die Entwicklung einer Niereninsuffizienz im Vordergrund steht.
Eine weitere Klasse der Immunsupressiva stellen die mTOR(„mammalian target of rapamycin“)-Inhibitoren dar. Diese haben über eine Hemmung des IL-2-Rezeptors eine antiproliferative Wirkung auf B- und T-Lymphozyten. Im Oktober 2012 wurde Everolimus zur Prophylaxe der Transplantatabstoßung bei Patienten nach Lebertransplantation in Kombination mit Tacrolimus und Kortikosteroiden zugelassen. Sirolimus ist für den Einsatz nach Nierentransplantation zugelassen, aber nicht bei lebertransplantierten Patienten. Die mTOR-Inhibitoren haben v. a. im Hinblick auf die fehlende Nephro- und Neurotoxizität ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als die Calcineurininhibitoren und weisen eine antiproliferative tumorhemmende Wirkung auf.
Sowohl die Calcineurinantagonisten als auch die mTOR-Inhibitoren werden in der Leber über das Cytochrom P450 3A4 metabolisiert und interagieren mit einer Reihe von Medikamenten, die entweder zu einem starken Anstieg oder einer gefährlichen Reduktion der Wirkspiegel führen können.
Mycophenolatmofetil, ein Purinsyntheseinhibitor, wird in Kombination mit Calcineurininhibitoren und Steroiden zur Verhinderung der Transplantatabstoßung eingesetzt. Dadurch können Steroide eingespart werden.
Unmittelbar nach der Transplantation und zur Behandlung akuter Abstoßungsreaktionen können Antikörper eingesetzt werden. Zu diesen gehören polyklonale antihumane T-Zell-Immunglobuline vom Kaninchen, monoklonale Antikörper gegen das CD3-Antigen auf maturen T-Zellen und IL-2-Rezeptor Antikörper, die eine Immunreaktion gegen fremde Antigene unterbinden (Tab. 2).
Tab. 2
Übersicht über die Immunsuppressiva bei Lebertransplantation.
Medikamentenklasse
Wirkstoff
Wirkung
Nebenwirkung (Auswahl)
Steroide
Prednisolon
Unterdrücken Antikörper- und Komplementbindung, reduzieren Interleukin- und Interferon-γ-Synthese
Diabetes, Hypertonie, Hyperlipidämie, eingeschränkte Wundheilung, Infektanfälligkeit
Methylprednisolon
Prednison
Calcineurininhibitoren
Bindet Cyclophilin, dadurch Verminderung der Calcineurinaktivierung und T-Zell Aktivierung
Niereninsuffizienz, Neurotoxizität, Wechselwirkungen mit Medikamenten, die über CYP P450 3A4 verstoffwechselt werden
Inhibiert IL-2 und IFN-γ
mTOR-Inhibitoren
Hemmung des IL-2-Rezeptors
Verzögerte Wundheilung, Anämie, Infektanfälligkeit, Thrombose der A. hepatica
Purinsyntheseinhibitor
Mycophenolatmofetil
Verhindert die Replikation
Infektanfälligkeit, Stoffwechselstörungen, erhöhtes Krebsrisiko
Antikörper
Anti-Thymozytenglobulin
Antihumane T-Zell-Immunglobuline vom Kaninchen
Fieber, Schüttelfrost, Anämie
Muromonab-CD3 (OKT3)
Monoklonale Antikörper gegen das CD3-Antigen auf maturen T-Zellen
„Posttransplant lymphoproliferative disorder“ (PTLD)
Basiliximab
IL-2-Rezeptorantikörper

Management der Rekurrenz der Grunderkrankung am Beispiel der Hepatitis C

Die Lebertransplantation stellt nicht immer eine Heilung der Grunderkrankung dar. Insbesondere bei der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC), der Autoimmunhepatitis (AIH) und der primär biliären Zirrhose (PBC) kann es zu einem Wiederauftreten der Erkrankung nach der Lebertransplantation kommen. Ebenso können Patienten mit chronischem Alkoholabusus auch nach der Transplantation trotz der mindestens sechsmonatigen Alkoholkarenz vor der Transplantation rückfällig werden.
Eine Reinfektionsprophylaxe nach der Lebertransplantation, wie man sie von der Hepatitis B kennt, ist für das Hepatitis-C-Virus (HCV) bisher nicht verfügbar, sodass praktisch alle Patienten, die zum Zeitpunkt der Transplantation HCV-RNA positiv sind, eine HCV-Reinfektion erleiden. Klinische Studien zeigen, dass das Transplantatüberleben nach HCV-Reinfektion schlechter als bei Patienten ist, die aufgrund anderer Indikationen transplantiert werden. Die Entwicklung einer Leberzirrhose in der Transplantatleber ist beschleunigt, sodass ein Großteil der Patienten bereits 5–10 Jahre nach der Transplantation wieder eine Zirrhose aufweisen. Eine weitere Komplikation ist eine cholestatische Hepatitis, die üblicherweise kurz nach der Transplantation auftritt. Typischerweise findet sich eine hohe HCV-RNA-Konzentration und ein massiver Anstieg des Bilirubins mit entsprechendem Ikterus ohne Gallengangobstruktion. Eine antivirale Therapie ist für viele Patienten die einzige Möglichkeit, der Entwicklung einer Leberzirrhose der Spenderleber entgegen zu wirken. Faktoren, die mit einem Transplantatüberleben assoziiert sind, sind das Alter des Spenders, eine Überimmunsuppression während einer Abstoßungstherapie, ein metabolisches Syndrom nach der Transplantation sowie eine HIV-Koinfektion. Die Wahl der Immunsuppression scheint weniger mit dem Langzeitüberleben assoziiert zu sein, jedoch hatten in einer Studie mit über 8800 Patienten die Tacrolimus-Patienten einen Überlebensvorteil gegenüber der Ciclosporin-A-Gruppe.
Steroide in der Immunsuppression sind ebenfalls umstritten. Klinisch scheinen geringe Steroiddosen in der Erhaltungstherapie keinen negativen Einfluss auf das Überleben zu haben. Allerdings führen wiederholte Steroidboli im Rahmen einer Abstoßungstherapie zu einem Anstieg der viralen Replikation und zu einer Beschleunigung der Fibroseprogression (De Martin et al. 2010). Zusammenfassend gilt für Patienten mit HCV-Reinfektion nach Lebertransplantation, dass auf eine Überimmunsuppression möglichst verzichtet werden sollte.
Aktuell befinden sich mehrere direkt antiviral wirksame Substanzen („direct acting antiviral“, DAA) in der klinischen Entwicklung, die das Management der Patienten mit chronischer Hepatitis C auf der Warteliste und nach Transplantation vereinfachen werden. Der HCV-NS5B/Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir, dessen Zulassung im Januar 2014 erfolgte, ist eine Substanz, die die Viruslast bei Patienten auf der Warteliste effektiv reduziert und beim Einsatz nach einer Transplantation wenig Interaktionen mit den Immunsuppressiva bei vergleichsweiser hohem dauerhaften Therapieansprechen erwarten lässt. Eine weitere Substanz, die ebenfalls bei transplantierten Patienten untersucht wird und im August 2014 in Deutschland zugelassen wurde, ist der NS5A-Inhibitor Daclatasvir.

Verlauf und Prognose

Die 5-Jahres-Überlebensrate nach einer Lebertransplantation liegt unabhängig von der Grunderkrankung bei über 70 %. Nach einer Transplantation wird die interdisziplinäre Betreuung des Patienten im ambulanten Bereich fortgesetzt, wobei der primär versorgende Arzt mit eingebunden wird. Schwerpunkte der Nachsorge sind die immunsuppressive Behandlung und ihre Nebenwirkungen, die Behandlung bei Komplikationen der Gallenwege, wie Galleleckage oder Gallengangstenosen, sowie die Diagnostik und Therapie bei einem Wiederauftreten der Grunderkrankung.

Besondere Aspekte

Durch den anhaltenden Rückgang der Spenderorgane in den letzten Jahren kam es zu einem Anstieg der Patienten, die auf eine Transplantation warten. Die Wartezeit auf eine Lebertransplantation beträgt ein bis zwei Jahre, allerdings ist die Aufnahme und der Verbleib auf der Warteliste abhängig von der Grunderkrankung und dem individuellen Verlauf der Lebererkrankung und somit wenig aussagekräftig.
Literatur
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(DSO) DSO. Lebertransplantation 2013 [cited 2014]. Available from: http://​www.​dso.​de/​organspende-und-transplantation/​transplantation/​lebertransplanta​tion.​html. Zugegriffen am 01.10.2014.
(DSO) DSO. Organspende und Transplantation in Deutschland - Jahresbericht 2012. 2013.
(DSO) DSO. Warteliste und Vermittlung 2014 [cited 2014]. Available from: http://​www.​dso.​de/​organspende-und-transplantation/​warteliste-und-vermittlung.​html. Zugegriffen am 01.10.2014.
Gaglio P, Cotler S. Long-term management of adult liver transplant recipients (2013) [cited 2014]. Available from: uptodate.com
Murray KF, Carithers RL Jr (2005) Aasld. AASLD practice guidelines: evaluation of the patient for liver transplantation. Hepatology 41(6):1407–1432, PubMed PMID: 15880505PubMedCrossRef