Abdomensonographie
Zahlreiche Erkrankungen lassen sich oft bereits sonographisch vermuten oder sogar beweisen: Cholezystitis,
Cholezystolithiasis,
Gallenblasenkarzinom, akute und
chronische Pankreatitis,
Pankreaskarzinom,
Appendizitis, chronisch-entzündliche Darmerkrankung,
Ileus (paralytisch, mechanisch), Nierensteine, Perforation mit freier abdomineller Luft, mesenteriale Ischämie, Aortenaneurysma, Milzruptur,
Abszess, Gravidität.
Trotz der hohen Sensitivität bildgebender Verfahren wie
Sonographie, Computertomographie und Endoskopie ist bei der Notwendigkeit einer raschen Klärung der Ursache akuter Bauchschmerzen die Erfahrung des Arztes oft wichtiger als Labor- und bildgebende Verfahren (Vahl et al.
1998). Dennoch bleibt eine zu späte und falsche Indikationsstellung zur Operation in vielen Fällen ein ungelöstes Problem beim Vorliegen eines akuten Abdomens.
Fehlentscheidungen zur Operation wären eine
akute intermittierende Porphyrie, eine
intestinale Pseudoobstruktion, hämolytische Krisen (z. B. bei Sichelzellanämie) oder „Raritäten“ (Muskeleinblutung unter Antikoagulanzientherapie, Bleivergiftung). So sollte an eine Bleivergiftung bei akuten Bauchschmerzen und Vorliegen einer
Anämie gedacht werden. Eine Bleivergiftung kann vorliegen bei einer beruflichen Exposition oder seltenen Ursachen wie Salbenrezepturen (Wolf et al.
2001), asiatischen Kräuterzubereitungen (Anderson et al.
2001). Zu den Symptomen gehören Müdigkeit, Appetitlosigkeit,
Obstipation, Schwächegefühl, Kopf- und
Muskelschmerzen und abdominelle Koliken. Laborchemisch findet sich eine normozytäre, sideroachrestische Anämie und eine sekundäre Porphyrinurie. Erhöhte Blutbleispiegel sind beweisend. Im Blutbild findet sich eine
basophile Tüpfelung der
Erythrozyten und klinisch die Burtons-Linie im Bereich der Gingiva. Aufgrund gesetzlicher Auflagen werden in Deutschland kaum noch Bleivergiftungen beobachtet. In Leipzig wurde kürzlich über eine fast schon epidemische Bleivergiftung aufgrund mit Bleikügelchen „gestreckten“ Marihuanas berichtet. Einer der Patienten wurde aufgrund starker Bauchschmerzen fälschlicherweise laparotomiert (Busse et al.
2008). Zu weiteren Symptomen der Bleivergiftung zählen neurologische Symptome bis hin zu einer schweren Enzephalopathie mit
Halluzinationen und einer peripheren Neuropathie. Weitere Fehlentscheidungen zur Operation wären nicht gastroenterologische Erkrankungen wie pulmonale, kardiale, metabolische und renale Ursachen.
Die
intestinale Pseudoobstruktion ist ein klinisches Syndrom mit mangelnder intestinaler Propulsion. Ein mechanisches Hindernis als Ursache lässt sich nicht nachweisen. Es handelt sich um unterschiedliche Störungen der glatten Muskulatur, des myenterischen Plexus oder des extraintestinalen Nervensystems. Die intestinale Pseudoobstruktion kann auch sekundär bei Systemerkrankungen (z. B. Amyloidose, Muskeldystrophie, progressive Sklerose) oder primär idiopathisch auftreten.
Das akute Abdomen bleibt ein tägliches Problem der Notfallaufnahme. Die Ziele der initialen Diagnostik sind eine Reduktion der negativen Laparotomierate, aber natürlich auch eine Reduktion der Anzahl unterlassener oder verzögerter dringlicher Operationen. Die Rate schwerwiegender Fehldiagnosen muss minimiert werden. Die rasche Verfügbarkeit der Computertomographie mit deren Hilfe sich oft die Ursache akuter Bauchschmerzen klären lässt, verleitet aber auch zu einem zu großzügigen, unkritischen Einsatz mit der Folge einer unnötigen Strahlenbelastung.
Eine sorgfältige Anamneseerhebung, gezielte körperliche Untersuchung, „einfache“ Labor- und bildgebende Diagnostik wie Abdomensonographie erreicht das Ziel der richtigen Diagnosestellung in ca. 80 % der Fälle. Bezüglich des differenzierteren Einsatzes bildgebender Verfahren wie Ösophago-Gastro-Duodenoskopie, Koloileoskopie, Magnetresonanz-Jejunoileographie (ursprünglich von Sellink beschriebene Röntgendarstellung des Dünndarms nach Applikation von Kontrastmittel via Jejunalsonde), Angiographie etc. wird auf die einzelnen Kapitel verwiesen.