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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 04.01.2019

Leitsymptom: Gelenkschwellung/Gelenkschmerz

Verfasst von: Julia Holle
Die Arthralgie ist als Gelenkschmerz ohne Gelenkschwellung definiert. Sie kann auf eine rheumatische Erkrankung hinweisen, ist aber häufig unspezifisch. Die wichtigste Differenzialdiagnose des Gelenkschmerzes ist neben einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung die Arthrose. Die Arthritis ist klinisch durch eine Arthralgie in Kombination mit einer Gelenkschwellung definiert. Die Kombination aus Gelenkschmerz und Gelenkschwellung sollte immer an eine entzündlich-rheumatische Erkrankung denken lassen. Wichtige Differenzialdiagnosen umfassen neben einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung insbesondere eine infektiöse bzw. septische Arthritis, eine Gichtarthritis und eine aktivierte Arthrose („Pfropfarthritis“).

Definition

Die Arthralgie ist als Gelenkschmerz ohne Gelenkschwellung definiert. Sie kann auf eine rheumatische Erkrankung hinweisen, ist aber häufig unspezifisch. Die wichtigste Differenzialdiagnose des Gelenkschmerzes ist neben einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung die Arthrose.
Die Arthritis ist klinisch durch eine Arthralgie in Kombination mit einer Gelenkschwellung definiert. Die Kombination aus Gelenkschmerz und Gelenkschwellung sollte immer an eine entzündlich-rheumatische Erkrankung denken lassen. Wichtige Differenzialdiagnosen umfassen neben einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung insbesondere eine infektiöse bzw. septische Arthritis, eine Gichtarthritis und eine aktivierte Arthrose („Pfropfarthritis“).
Arthritiden werden nach Zahl der betroffenen Gelenk in eine Monarthritis (1 Gelenk betroffen), eine Oligoarthritis (2–4 Gelenke betroffen) und eine Polyarthritis (>4 Gelenke betroffen) eingeteilt. Die Anzahl der betroffenen Gelenke kann bereits einen wertvollen Hinweis auf die Ätiologie der Arthritis geben.
Zu den klassischen entzündlich-rheumatischen Arthritiden zählen die rheumatoide Arthritis (RA) und die Gruppe der Spondyloarthritiden (SpA).

Rheumatoide Arthritis

Die rheumatoide Arthritis manifestiert sich typischerweise mit einer symmetrischen Polyarthritis kleiner Gelenke, insbesondere der Hand- und Fingergelenke. Die Prävalenz der Erkrankung liegt bei 0,5–1 %. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer (Schneider et al. 2011). Diagnostische Kriterien für eine rheumatoide Arthritis existieren nicht; die rheumatoide Arthritis kann aber durch Klassifikationskriterien von anderen entzündlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen abgegrenzt werden (Tab. 1).
Tab. 1
EULAR/ACR-Klassifikationskriterien von 2010 für die rheumatoide Arthritis (Aletaha et al. 2010)
Kriterien
Score
Zielpopulation:
• Patienten mit Synovitis (Schwellung) an mindestens einem Gelenk
• Patienten mit Synovitis, die nicht besser durch eine andere Erkrankung erklärt werden kann
A. Gelenkbeteiligung
1 großes Gelenk
0
2–10 große Gelenke
1
1–3 kleine Gelenke
2
4–10 kleine Gelenke
3
>10 kleine Gelenke
5
B. Serologie (mindestens 1 Testergebnis ist für die Klassifikation erforderlich)
Negative RF und negative ACPA
0
Niedrig positive RF oder niedrig positive ACPA (<3-fach der oberen Normgrenze)
2
Hoch positive RF oder hoch positive ACPA (>3-fach der oberen Normgrenze)
3
C. Akute-Phase-Proteine (mindestens 1 Testergebnis ist für die Klassifikation erforderlich)
Normales CRP und normale BSG
0
Erhöhtes CRP oder erhöhte BSG
1
D. Dauer der Symptome
<6 Wochen
0
≥6 Wochen
1
Ein Score von ≥6–10 wird für die Klassifikation als definitive rheumatoide Arthritis benötigt
ACPA, anti-citrullinated protein antibodies; BSG, Blutsenkungsgeschwindigkeit; CRP, C-reaktives Protein; RF, Rheumafaktoren
Eine rheumatoide Arthritis kann demnach frühestens nach einem Verlauf von mindestens 6 Wochen diagnostiziert werden. Dieses Kriterium trägt der Tatsache Rechnung, dass reaktive Arthritiden (nach bakteriellen oder viralen Infektionen) oft spontan remittieren und nicht als seronegative rheumatoide Arthritis fehldiagnostiziert werden sollen.
Es besteht eine Assoziation zu den Autoantikörpern Rheumafaktor (RF) und Anti-CCP-AK (Antikörper gegen citrullinierte Peptide) (Schneider et al. 2011; Aletaha et al. 2010); typische weitere Manifestationen sind neben der Synovitis die Tenosynovitis (z. B. der Ulnarissehne oder Extensorensehnen der Finger) und Bursitiden. Die serologischen Entzündungsparameter sind beim Vollbild der Erkrankung in der Regel erhöht. Die rheumatoide Arthritis verläuft unbehandelt erosiv und kann zu schweren Gelenkdestruktionen und Verformungen führen (Ulnardeviation, Bajonettstellung des Handgelenks, Ninety-Ninety-Daumen, Schwanenhals- und Knopflochdeformität der Langfinger).

Spondyloarthritiden

Zu den Spondyloarthritiden gehören folgende Erkrankungen:
Typische Gelenkbeteiligungen der ankylosierenden Spondylitis sind sog. axiale Manifestationen in Form einer Arthritis des Sacroiliacalgelenks (SI-Arthritis) sowie Beteiligung der Wirbelsäule. Die Erkrankung ist durch einen chronischen, oft entzündlichen Rückenschmerz (siehe unten), progrediente Einsteifung der Wirbelsäulenbeweglichkeit und Thoraxexkursionen gekennzeichnet (Tab. 2; Kiltz et al. 2013; Sieper et al. 2009b; Sieper und Poddubnyy 2017). Periphere Gelenke können – wie bei den anderen Spondyloarthritiden – zusätzlich betroffen sein. Typische periphere Manifestationen sind Oligoarthritis der unteren Extremität, die Daktylitis und sowie die Enthesitis. Die ankylosierende Spondylitis weist eine Prävalenz zwischen 0,2–1,4 % auf (Kiltz et al. 2013). Typischerweise sind junge Männer mit Erstmanifestation zwischen dem 20.–40. Lebensjahr betroffen (Kiltz et al. 2013).
Tab. 2
Modifizierte New-York-Kriterien der ankylosierenden Spondylitis von 1984
Klinische Parameter
Radiologische Parameter
Entzündlicher Rückenschmerz
Limitation der Wirbelsäulenbeweglichkeit in 3 Ebenen
Einschränkung der Thoraxexkursionsfähigkeit
Sakroiliitis mindestens
• Bilateral Grad II
• Unilateral Grad III oder IV
Die Gruppe der Spondyloarthritiden hat in den letzten Jahren eine Re-Klassifikation durch die Assessment of SpondyloArthritis International Society (ASAS) erfahren (Sieper et al. 2009b): Man unterscheidet dabei nun zwischen einer axialen und einer peripheren Spondyloarthritis. Die axiale Form wird wiederum in eine „röntgenologische“ Form mit auf dem Röntgenbild sichtbaren Veränderungen einer SI-Arthritis (entsprechend dem Vollbild einer ankylosierenden Spondylitis) und in eine „nicht-röntgenologische“ Form ohne röntgenologischen Anhalt für eine SI-Arthritis eingeteilt. Diese neue Klassifikation berücksichtigt die Tatsache, dass heute aufgrund der MRT-Bildgebung SI-Arthritiden früher detektiert werden, ohne dass die Röntgenbildgebung auffällig ist. Als Leitsymptom der axialen Spondyloarthritis (siehe ASAS-Kriterien, Tab. 3) gilt der chronische Rückenschmerz von mindestens 3 Monaten Dauer mit Erstmanifestation des Rückenschmerzes im Alter von <45 Jahre (Kiltz et al. 2013). Ca. 75 % der Patienten mit einer axialen Spondyloarthritis erfüllen neben dem Kriterium des chronischen Rückensschmerzes auch die des entzündlichen Rückenschmerzes (siehe unten; Kiltz et al. 2013; Sieper et al. 2009a). Die ASAS-Kriterien berücksichtigen neben den klassischen Manifestationen auch assoziierte extraartikuläre Manifestationen (Psoriasis, chronisch-entzündliche Darmerkrankung, Uveitis) (Tab. 3 und 4; Sieper et al. 2009b).
Tab. 3
ASAS-Klassifikationskriterien für die axiale Spondyloarthritis (Sieper et al. 2009b). Die ASAS-Klassifikationskriterien sollen für die Diagnose einer axialen SpA herangezogen werden
Patienten mit chronischen Rückenschmerzen ≥3 Monate, bei Beginn <45 Jahre
Entweder:
• Bildgebung (Röntgen, MRT)*
• Plus ≥1 weiteres SpA-Zeichen
Oder:
• Plus ≥2 weitere SpA-Zeichen
Zusätzliche SpA-Zeichen:
• Entzündlicher Rückenschmerz
• Arthritis
• Anthesitis
• Anteriore Uveitis
• Daktylitis
• Psoriasis
• Kolitis bei CED
• Gutes Ansprechen auf NSAR
• Familienanamnese für SpA
• HLA-B27+
• Erhöhtes CRP
CED, chronisch-entzündliche Darmerkrankung; CRP, C-reaktives Protein; HLA-B27, humanes Leukozytenantigen B27; MRT, Magnetresonanztomographie; NSAR, nichtsteroidale Antirheumatika; SpA, Spondyloarthritiden
*Aktive (akute) Entzündung im MRT, gut vereinbar mit einer SpA-assoziierten Sakroiliitis oder definitive röntgenologische Sakroiliitis gemäß den modifizierten New-York-Kriterien
Tab. 4
ASAS-Klassifikationskriterien für die periphere Spondyloarthritis (Sieper et al. 2009b)
Arthritis oder Enthesitis oder Daktylitis
Plus ≥1 der folgenden Kriterien:
• Psoriasis
• CED
• Vorangegangene Infektion
• HLA-B27+
• Uveitis
• Sakroiliitis
oder
Plus ≥2 der folgenden Kriterien:
• Arthritis
• Enthesitis
• Daktylitis
• Entzündlicher Rückenschmerz in der Vergangenheit
• Positive Familienanamnese für SpA
Abkürzungen siehe Tab. 3
Definition des entzündlichen Rückenschmerzes
Anzuwenden bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen >3 Monate (Sieper et al. 2009a):
  • Alter bei Beginn <40 Jahre
  • Schleichender Beginn
  • Besserung bei Bewegung
  • Keine Besserung in Ruhe
  • Nächtlicher Schmerz (mit Besserung nach dem Aufstehen)

Weitere entzündlich-rheumatische Erkrankungen

Neben den klassischen Arthritisentitäten RA und SpA können auch die anderen 2 Gruppen der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die Kollagenosen (z. B. der systemische Lupus erythematodes, SLE) und die Vaskulitiden (insbesondere Kleingefäßvaskulitiden wie ANCA-assoziierten Vaskulitiden [AAV], IgA-Vaskulitis oder kryoglobulinämische Vaskulitis) mit Gelenkbeteiligungen einhergehen.

Sonstige Erkrankungen

Weitere Erkrankungen, die mit einer Arthritis einhergehen können, sind:

Differenzialdiagnostik

Folgende Symptome/Charakteristika sind zur Einordnung und Abklärung einer Arthritis wichtig:
1.
Charakter der Gelenkschwellung
 
2.
Zahl und Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke
 
3.
Alter und Geschlecht des Patienten
 
4.
Zeitliche Entwicklung der Symptomatik
 
5.
Assoziierte Manifestationen
 

Charakter der Gelenkschwellung

Die Gelenkschwellung bei einer Arthritis wird als „prallelastische“ Weichteilschwellung beschrieben. Diese entsteht durch eine entzündliche Verdickung der Synovialis (Synovitis) und/oder einen entzündlichen Gelenkerguss. Fakultative weitere Symptome einer Arthritis sind Rötung und Überwärmung. Im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis können auch Rheumaknoten vorliegen, die in der Regel gelenkassoziiert, erbsengroß und derb palpabel sind.
Palpable osteophytäre Anbauten, insbesondere der proximalen Interphalangeal-(PIP-)Gelenke (Bouchard-Arthrose) oder distalen Interphalangeal-(DIP-)Gelenke (Heberden-Arthrose) sind Zeichen einer Arthrose und nicht einer Arthritis. Auch im Rahmen degenerativer Gelenkerkrankungen kann es zu signifikanten Ergussbildungen kommen (z. B. Kniegelenkerguss bei Gonarthrose). Im Zweifel muss ein Erguss punktiert und eine Synovialanalyse durchgeführt werden, um zu differenzieren, ob ein degenerativer oder ein entzündlicher Gelenkerguss besteht (siehe unten).
Eine wichtige Differenzialdiagnose zu Rheumaknoten sind Gichttophi (Neogi et al. 2015).

Zahl und Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke

Monarthritis

Eine rheumatoide Arthritis und die Spondyloarthritis (insbesondere Psoriasis-Arthritis) können mit einer Monarthritis einhergehen.
Cave: Eine Monarthritis ist aber immer verdächtig auf das Vorliegen einer
Differenzialdiagnostisch sollte auch an eine aktivierte Arthrose oder Hämochromatose (Metacarpophalangeal-[MCP-]Gelenk 2) gedacht werden z. B. bei Befall des MCP2 Gelenks.

Oligoarthritis

Folgende Erkrankungen sind typischerweise mit einer Oligoarthritis assoziiert:
  • Löfgren-Syndrom (Arthritis des oberen Sprunggelenks und Kniegelenks)
  • Borreliose (Oligo- oder Polyarthritis, häufig Beteiligung der Kniegelenke)

Polyarthritis

Die Polyarthritis ist die klassische Manifestation einer rheumatoiden Arthritis.
Zudem können andere rheumatische Systemerkrankungen mit Polyarthritiden einhergehen (SLE, Vaskulitiden); diese verlaufen nicht erosiv. Die chronische Gichtarthritis verläuft ebenfalls meist polyartikulär.

Alter und Geschlecht des Patienten

Rheumatoide Arthritis

Manifestation eher im höheren Lebensalter (>55 Jahre) (Schneider et al. 2011), Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Spondyloarthritiden

Ankylosierende Spondylitis
Manifestation zwischen dem 20.–40. Lebensjahr, Männer sind häufiger betroffen als Frauen (Kiltz et al. 2013).
Reaktive Arthritis
Manifestation insbesondere im jungen Erwachsenenalter. Cave: Eine reaktive Arthritis mit klassischen Enteritiserregern ist im höheren Lebensalter eher unwahrscheinlich.

Kollagenosen: SLE

Manifestation im jüngeren Erwachsenenalter, Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Degenerative Erkrankungen

Manifestation eher im höheren Alter.

Zeitliche Entwicklung der Symptomatik

Zur zeitlichen Entwicklung siehe Tab. 5.
Tab. 5
Zeitliche Entwicklung einer Gelenksymptomatik
Manifestation innerhalb von
Erkrankung
Stunden
Gichtarthritis (Gichtanfall)
Wochen bis Monate
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen: rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritiden, Kollagenosen
Monate bis Jahre
Degenerative Erkrankungen
Cave: Septische Arthritiden können unter Immunsuppression in ihrer Ausprägung unterdrückt („maskiert“) sein. Im Zweifelsfall: Immunsuppression pausieren, Gelenkpunktion, Synovialanalyse (Zellzahl, Zelldifferenzierung und Kultur).

Assoziierte Manifestationen

Nach folgenden Symptomen/Begleiterscheinungen sollte gefragt bzw. der Patient darauf untersucht werden:
  • Vorausgehender oder begleitender gastrointestinaler Infekt, urogenitaler Infekt, Balanitis (reaktive Arthritis)
  • Zeckenstich, Erythema migrans (Borreliose)
  • Hautmanifestationen:
  • Chronisch-entzündliche Darmkerkrankung (CED), Uveitis:
    • CED-assoziierte SpA, SpA in Assoziation mit Uveitis
  • Kollagenosezeichen:
    • Raynaud-Syndrom, Alopezie, Aphthen, Sonnenempfindlichkeit, Schmetterlingserythem, heliotropes Erythem, Sicca-Symptomatik, Mikrostomie, akrale Erosionen, Kalzinosis, Thrombose/Lungenembolie (Hinweis auf sekundäres Anti-Phospholipidsyndrom)
  • Vaskulitiszeichen

Diagnostik bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

Patienten mit einer Gelenkschwellung >6 Wochen an mehr als 2 Gelenken sollen nach der Leitlinie zum Management der frühen rheumatoiden Arthritis dem Rheumatologen vorgestellt werden (Schneider et al. 2011).
Patienten mit chronischem Rückenschmerz und einem Alter bei Beginn <45 Jahre und weiteren Symptomen, die für eine SpA sprechen, sollten nach der Leitlinie zur axialen Spondyloarthritis zum Rheumatologen überwiesen werden (Kiltz et al. 2013).

Klinische Untersuchung

Neben der gründlichen Anamneseerhebung muss eine Untersuchung des entkleideten Patienten zur Erhebung des Gelenkstatus erfolgen. Dabei wird der Patient auf druckschmerzhafte und geschwollene Gelenke untersucht, und es werden Bewegungseinschränkungen und Begleitsymptome erhoben.
Die Erfassung druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke ist zur Bestimmung der gängigen Aktivitätsscores bei rheumatoider Arthritis notwendig. Die Therapie des Patienten folgt heute einer „Treat-to-target“-Strategie unter Einbeziehung dieser Scores (Smolen et al. 2017).

Röntgenuntersuchung

Die Röntgenuntersuchung der Hände und Vorfüße mittels dorsovolarer bzw. dorsoplantarer Aufnahme (sowie ggf. die Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule in 2 Ebenen inklusive Inklinationsaufnahme zur Erfassung möglicher atlantodentaler Instabilitäten) gehört zur Primärdiagnostik der rheumatoiden Arthritis (Schneider et al. 2011). Der typische Röntgenbefund der rheumatoiden Arthritis ist die Erosion. Nativradiologische Veränderungen bei der rheumatoiden Arthritis werden insbesondere im Rahmen von Studien mittels systematischer Scores erfasst (z. B. Larsen-Score, Sharp-van der Heijde-Score).
Als Primärdiagnostik bei Patienten mit Verdacht auf axiale Spondyloarthritis wird eine Röntgenuntersuchung der Sacroiliacalgelenke empfohlen (Kiltz et al. 2013), um mögliche strukturelle Veränderungen zu erfassen. Weitere Röntgenuntersuchungen (z. B. der Wirbelsäule) sollten beschwerdeorientiert erfolgen (Röntgen des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts in 2 Ebenen) (Kiltz et al. 2013). Typische Veränderungen stellen die chronischen radiologischen Veränderungen einer SI-Arthritis dar (Sklerosierung, Erosion, Gelenkspaltverschmälerung bis zur Ankylose). Typische radiologische Veränderungen der Wirbelkörper sind die Syndesmophytenbildung, die „shiny corners“, die einer Spondylitis anterior (Romanus-Läsion) oder posterior entsprechen, sowie die Spondylodiszitis (Andersson-Läsion).
Fehlende röntgenologische Veränderungen schließen die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis bzw. Spondyloarthritis keineswegs aus. Bei kurzem Verlauf sind nativradiologische Veränderungen oft noch nicht vorhanden.

Weitere bildgebende Methoden

Die Gelenksonografie und Kernspintomografie erlauben eine frühere Sicherung struktureller Veränderungen und zudem eine Darstellung der Weichteilstrukturen. Sie erlauben neben der Darstellung von Erosionen, die unter Umständen in der Röntgenbildgebung noch nicht sichtbar sind, das Assessment von Synovitis bzw. proliferierter Gelenkschleimhaut, Erguss und Knochenödem (im MRT) sowie einer Power-Doppler-(PD-)Aktivität (in der Sonografie). Die PD-Aktivität gilt als Nachweis einer vermehrten Vaskularisierung einer Synovitis (Schneider et al. 2011).
In der klinischen Praxis stellt die Ultraschalluntersuchung eine schnelle und günstige Untersuchungsmethode der peripheren Gelenke dar; die MRT-Untersuchung peripherer Gelenke sollte speziellen Fragestellungen vorbehalten bleiben.
Hingegen gilt die MRT-Untersuchung der Sacroiliacalgelenke als Standarduntersuchung zur Frage nach dem Vorliegen einer aktiven SI-Arthritis (Kiltz et al. 2013). Die übliche Darstellung erfolgt als T1-gewichtete Sequenz nach Applikation von Kontrastmittel oder STIR-(Short-Tau-Inversion-Recovery-)Sequenz in einer semikoronaren Schnittführung. Als typische Veränderungen der aktiven Erkrankung gelten das Knochenmarködem (Osteitis), die Kapsulitis, die Synovitis und die Enthesitis. Der alleinige Nachweis von Veränderungen wie Synovitis, Enthesitis und Kapsulitis ohne begleitendes Knochenmarködem gelten allerdings für die Diagnose einer axialen SpA als nicht ausreichend. Das Knochenmarködem ist typischerweise subchondral und/oder periartikulär lokalisiert. Zudem sollte – sofern nur eine Läsion vorhanden ist – das Knochenmarködem in mindestens 2 Schichten detektierbar sein (Kiltz et al. 2013; Sieper et al. 2009a).
Typische chronische Veränderungen sind neben Erosionen, Sklerosierungen und Ankylosen die postentzündliche Ablagerung von Fett im Knochen (Kiltz et al. 2013; Sieper et al. 2009a).

Labor

Bei Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis sollten BSG, CRP, Anti-CCP und RF bestimmt werden. (Schneider et al. 2011). Die serologischen Entzündungsparameter sind oft erhöht, aber unspezifisch. Ein RF ist bei ca. 65–85 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis nachweisbar (Schneider et al. 2011), ist aber weniger spezifisch als Anti-CCP und kann insbesondere im höheren Lebensalter auch bei Gesunden nachweisbar sein oder im Rahmen von anderen Erkrankungen auftreten (z. B. bei Kollagenosen, Virushepatitiden oder auch paraneoplastisch).
Im Rahmen der Erstdiagnostik einer Spondyloarthritis sollte auf das HLA-B27-Antigen getestet werden. Die Bestimmung des HLA-B27 ist vor allem zur Differenzialdiagnostik hilfreich. HLA-B27 hat eine hohe Sensitivität und Spezifität für Spondyloarthritiden. Ca. 80–95 % der Patienten mit ankylosierender Spondylitis sind HLA-B27-positiv (Kiltz et al. 2013; Sieper et al. 2009a). Dennoch ist der Nachweis eines HLA-B27 nicht gleichbedeutend mit der Diagnose einer Spondyloarthritis: Ca. 5–10 % der europäischen Bevölkerung ist HLA-B27-positiv. Der fehlende Nachweis eines HLA-B27 schließt die Diagnose einer Spondyloarthritis nicht aus. HLA-B27-positive Patienten mit axialer Spondyloarthritis zeigen einen schwereren Verlauf, erkranken früher und haben eine höhere Krankheitsaktivität (Kiltz et al. 2013).
Besteht der Verdacht auf eine Kollagenose, sollte eine Testung auf ANA (antinukleäre Antikörper; in der Regel mittels Immunfluoreszenztest [IFT]) durchgeführt werden. Der ANA gilt als Suchtest; bei positivem Testergebnis muss auf Anti-ds-DNA und ENA (extrahierbare nukleäre Antikörper) getestet werden (Agmon-Levin et al. 2014). Es ist anzumerken, das insbesondere niedrig positive ANA-Titer nicht spezifisch für eine Kollagenose sind (Agmon-Levin et al. 2014). Das Testergebnis ist in klinischem Kontext zu interpretieren. Während die Höhe des ANA-Titers nicht mit der Krankheitsaktivität korreliert und damit kein geeigneter Parameter für Verlaufskontrollen darstellt, korrelieren einige andere Autoantikörper mit der Krankheitsaktivität (z. B. Anti-ds-DNA bei SLE; Agmon-Levin et al. 2014).
Eine Testung auf ANCA (Anti-Neutrophile cytoplasmatische Antikörper; bei Verdacht auf eine ANCA-assoziierte Vaskulitis) wird nach dem revidierten internationalen Konsensus aus 2017 zunächst mit einem qualitativ hochwertigen Immunoassay (d. h. ELISA) gegen die typischen Zielantigene Proteinase 3 (PR3) und Myeloperoxidase (MPO) durchgeführt. Ist ein Test positiv, so folgt ein IFT (Immunfluoreszenztest) als Bestätigungstest. PR3-ANCA finden sich typischerweise bei der Granulomatose mit Polyangiitis; die Mikroskopische Polyangiitis und die Eosinophile Polyangiitis (EGPA) sind eher mit einem MPO-ANCA assoziiert (Bossuyt et al. 2017). Ein negativer ANCA-Test schließt die Diagnose einer ANCA-assoziierten Vaskulitis nicht aus; insbesondere die frühe, lokalisierte Form der GPA und die EGPA sind häufig ANCA-negativ (Holle 2015).
Eine Synovialanalyse sollte immer durchgeführt werden, wenn der Verdacht auf eine Infektion besteht (Zellzahl, Zelldifferenzierung, mikrobiologische Kultur). Zudem gilt die Synovialanalyse mit Nachweis von Harnsäurekristallen in der Synovialflüssigkeit noch immer als Goldstandard in der Gichtdiagnostik (Kiltz et al. 2016).
Die Zellzahl in der Synovialanalyse ist bei <200/μl als physiologisch zu bewerten. Eine Erhöhung der Zellzahl bis 2000/μl wird als nicht-entzündlicher Befund/Erguss bewertet. Eine Zellzahl zwischen 2000–50.000/μl ist als entzündlich zu bewerten und verdächtig auf eine rheumatische Erkrankung, oder – insbesondere bei hohen Zellzahlen – auch verdächtig auf eine Infektion. Zellzahlen >50.000/μl (insbesondere in Verbindung mit einem hohen Neutrophilenanteil von >90 %) gelten als hochverdächtig für eine Infektion. Allerdings können sehr hohe Zellzahlen (auch mit hohem Neutrophilenanteil) bei Kristallarthropathien (z. B. Gicht) gefunden werden.

Therapie

Die Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen sollte durch einen erfahrenen Rheumatologen vorgenommen werden und folgt heute einer „Treat-to-target“-Strategie.
Literatur
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