Skip to main content
DGIM Innere Medizin
Info
Publiziert am: 17.05.2017

Leitsymptom: Synkope

Verfasst von: Frank Bode
Als Synkope wird der vorübergehende Bewußtseinsverlust durch eine transiente globale Minderperfusion des Gehirns bezeichnet. Eine Einteilung erfolgt gemäß der zugrundeliegenden Ursache in reflexvermittelte, orthostatische und kardial bedingte Synkopen. Häufig lassen sich Synkopen bereits nach initialer Diagnostik (Anamnese, körperliche Untersuchung, EKG) einordnen. Bei Vorliegen von Risikomarkern für kardiovaskuläre Ereignisse ist eine intensive Abklärung und ggf. spezifische Therapie erforderlich.

Definition

Als Synkope wird der vorübergehende Bewusstseinsverlust durch eine transiente globale Minderperfusion des Gehirns bezeichnet. Er ist charakterisiert durch schnelles Eintreten, kurze Dauer (i. d. R. bis zu 20 s) und spontane, vollständige Erholung. Prodromi wie Übelkeit, Schwitzen, Schwindelgefühl oder Sehstörungen können auftreten. Nach Beendigung sind Orientierung und adäquates Verhalten unmittelbar wieder vorhanden. Eine retrograde Amnesie ist unüblich.
Die Synkope grenzt sich damit ab von anderen Formen des Bewusstseinsverlustes wie z. B. Epilepsie, vertebrobasilärer TIA/Apoplex, Intoxikationen oder metabolischen Störungen (Hypoglykämie, Hypoxie, Hyperventilation), die nicht mit einer globalen zerebralen Ischämie einhergehen. Auch bei Kataplexie, Drop Attacks oder psychogenen Störungen („psychogene Pseudosynkope“) liegt kein Verlust des Bewusstseins im Sinne einer Synkope vor.
Als Präsynkope werden Symptome bezeichnet, die den Prodromi einer Synkope entsprechen, der vollständige Bewusstseinsverlust bleibt hier jedoch aus.

Pathophysiologie

Ursache einer Synkope ist ein Blutdruckabfall mit Verminderung der globalen Hirndurchblutung. Eine Stagnation des zerebralen Blutflusses für 6–8 s kann zum vollständigen Bewusstseinsverlust führen, ebenso ein Abfall des systolischen Blutdrucks unter 60 mmHg. Der systemische Blutdruck wird bestimmt durch den kardialen Auswurf einerseits und den peripheren vaskulären Gesamtwiderstand andererseits. Der Abfall eines Parameters kann eine Synkope bedingen oder die kombinierte Verringerung beider Parameter.
Aufgrund unterschiedlicher Pathomechanismen werden Synkopen in drei übergeordnete Gruppen eingeteilt: Reflexsynkopen, orthostatische Hypotension und kardiale (kardiovaskuläre) Synkopen (Tab. 1).
Tab. 1
Klassifikation der Synkopen. (Modifiziert nach: Moya et al. 2009)
Klassifikation
Pathophysiologie
Reflexsynkope (nerval vermittelt)
Vasovagal (emotionaler Stress: Angst, Schmerz, Phobie)
Situativ (Husten, Miktion, Defäkation, nach Belastung, postprandial, viszeraler Schmerz)
Karotissinussynkope
Atypische Formen (ohne erkennbare Trigger)
Primäres autonomes Versagen (Systematrophie, M. Parkinson)
Sekundäre autonome Dysfunktion (Diabetes mellitus, Systematrophie)
Medikamenteninduziert (Alkohol, vasoaktive Substanzen, Antihypertensiva, Diuretika, Antidepressiva)
Volumenmangel (Erbrechen, Diarrhö, Blutung)
Kardiale (kardiovaskuläre) Synkope
Bradykardie: Sinusknotensyndrom, AV-Blockierung, Schrittmacherdysfunktion
Tachykardie: ventrikulär (strukturelle Herzerkrankung, Ionenkanaldefekt), supraventrikulär
Medikamentös induzierte Bradykardie oder Tachykardie (QT-Verlängerung)
Kardiale strukturelle Erkrankung:
• akuter Myokardinfarkt/Ischämie, Kardiomyopathie (dilatativ, hypertroph), Vitien (Aortenstenose), Myxom, Perikardtamponade

Reflexsynkopen

Reflexsynkopen werden durch das autonome Nervensystem über sympathische und parasympathische Efferenzen vermittelt und sind durch eine unangemessene Reaktion auf einen Auslöser gekennzeichnet, was zu einer Vasodilatation und/oder Bradykardie führt. Eine Reaktion vom vasodepressorischen Typ liegt vor, wenn durch Verlust des vasokonstriktorischen Tonus eine Hypotonie entsteht. Als Reaktion vom kardioinhibitorischen Typ wird das Auftreten einer Bradykardie oder einer Asystolie bezeichnet. Oft kommt es durch die Wirkung beider Mechanismen zu einer Reaktion vom gemischten Typ. In Abhängigkeit vom Auslöser werden Reflexsynkopen weiter untergliedert.
Vasovagale Synkopen werden durch emotionalen Stress oder längere orthostatische Belastung getriggert. Oft kündigen sie sich durch Prodromi wie Schwitzen, Blässe oder Übelkeit an. Eine akute emotionale Belastung kann durch Schreck, Angst oder Bedrohung eintreten. Die häufigste Form der vasovagalen Synkope ist die neurokardiogene Synkope. Sie tritt im Stehen auf, wenn die Anpassung an die Orthostase nach mehreren Minuten bis zu einer Stunde aufgehoben wird. Nach einer überschießenden Sympathikuserregung mit Hyperkontraktilität eines volumengeminderten Ventrikels kommt es zu einer überschießenden inhibitorischen Gegenregulation mit Reduktion des kardialen und peripheren Sympathikotonus. Begünstigend wirken überwärmte Räume, geringe Flüssigkeitsaufnahme und Infekte. Auch nach Beendigung einer körperlichen Anstrengung können vasovagale Synkopen als Ausdruck einer autonomen Fehlfunktion auftreten.
Situative Synkopen sind durch ihr Auftreten in bestimmten Auslösesituationen gekennzeichnet. Zur Triggerung einer vagalen Reaktion können Miktion, Defäkation, Schlucken, Husten sowie ein postprandialer Zustand führen. Aufgrund der gut eruierbaren Auslösesituation sind situative Synkopen leicht abzuklären.
Karotissinussynkopen im Rahmen eines hypersensitiven Karotissinus sind selten und werden durch mechanische Reizung der Karotisbarorezeptoren vermittelt. Auslösend wirken Kopfdrehung, beengende Hemdkragen oder Rasur. Nur bei derartigem spontanen Auftreten sollte die Diagnose einer Karotissinussynkope gestellt werden und nicht isoliert auf der Basis eines pathologischen Karotisdruckversuchs.
Als atypische Synkopen werden Reflexsynkopen ohne eruierbaren Auslöser bezeichnet. Die Diagnose basiert auf dem Ausschluss anderer Synkopenursachen, der Abwesenheit struktureller Herzerkrankungen und der Symptomreproduktion mittels Kipptischuntersuchung.

Orthostatische Synkopen

Orthostatische Hypotonie ist durch einen abnormen Abfall des systolischen Blutdrucks bei Lagewechsel ins Stehen definiert. Im Gegensatz zur Reflexsynkope ist die sympathische Efferenz im Rahmen einer autonomen Dysfunktion chronisch beeinträchtigt, was zu insuffizienter reaktiver Vasokonstriktion führt. Die Synkope tritt unmittelbar nach Lagewechsel auf und unterscheidet sich damit auch klinisch von der vasovagalen Reflexsynkope, die durch eine orthostatische Intoleranz nach längerem Stehen gekennzeichnet ist. Prädisponierend für eine orthostatische Hypotonie sind Erkrankungen mit autonomer Dysfunktion (primär, sekundär), eine medikamentös induzierte Hypotonie durch Behandlung mit vasoaktiven Substanzen oder Diuretika sowie ein Volumenmangel.

Kardiale (kardiovaskuläre) Synkopen

Arrhythmien sind die häufigste kardiale Synkopenursache. Sie erzeugen eine kritische Reduktion des kardialen Auswurfs mit konsekutiver Einschränkung des zerebralen Blutflusses. Das Ausmaß der hämodynamischen Kompromittierung ist abhängig von Herzfrequenz, Art der Arrhythmie (supraventrikulär oder ventrikulär), linksventrikulärer Pumpfunktion und vaskulärer Kompensationsmöglichkeit. Bradykarde Herzrhythmusstörungen können durch sinu-atriale Blockierungen bzw. Sinusarrest bei fehlendem Ersatzrhythmus zu symptomatischen Pausen führen (Sick-Sinus-Syndrom). Im Rahmen einer Sinusknotenerkrankung kann es auch bei Beendigung eines intermittierenden Vorhofflimmerns zu relevanten präautomatischen Pausen kommen (Bradykardie-Tachykardie-Syndrom). Höhergradige AV-Blockierungen (AV-Block II. Grades Typ Mobitz II, AV-Block III. Grades) weisen klar auf eine rhythmogene Synkopenursache hin. Das Einsetzen infranodaler Ersatzrhythmen ist unsicher, ihre Frequenz ist oft sehr bradykard. Zudem begünstigt eine Bradykardie das Auftreten ventrikulärer Tachyarrhythmien bei Vorliegen struktureller Herzerkrankungen oder QT-Verlängerung. Das Einsetzen tachykarder Herzrhythmusstörungen kann über ein vermindertes Schlagvolumen zu (prä)synkopalen Ereignissen führen, bevor vaskuläre Kompensationsmechanismen greifen und das volle Bewusstsein wiedererlangt wird. Das Auftreten ventrikulärer Tachyarrhythmien auf dem Boden einer eingeschränkten linksventrikulären Funktion kann zu einer stärkeren hämodynamischen Kompromittierung mit höherer Synkopenwahrscheinlichkeit führen als das Auftreten einer supraventrikulären Tachykardie bei zumeist fehlender struktureller Herzerkrankung. Vor allem bei der rhythmogenen Synkope ist die Medikamentenanamnese sehr wichtig. Substanzen wie z. B. Betablocker oder Digitalis können im Rahmen einer Überdosierung oder durch Wirkungspotenzierung Bradykardien provozieren. Substanzen mit repolarisationsverlängernder Wirkung wie z. B. Antiarrhythmika, aber auch einige Neuroleptika, Antidepressiva und Antibiotika können – insbesondere in Kombination eingesetzt – ein langes QT-Syndrom mit polymorphen Ventrikelarrhythmien provozieren.
Strukturelle Herzerkrankungen können die kardiale Kapazität einschränken, den kardialen Auswurf bedarfsgerecht zu erhöhen. Im Rahmen einer Aortenstenose oder hypertroph obstruktiven Kardiomyopathie können belastungsinduzierte Synkopen hämodynamisch über eine Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes oder durch ventrikuläre Tachyarrhythmien erklärt sein. Obstruierend für den kardiopulmonalen Blutfluss können auch atriale Myxome oder eine Thrombeneinschwemmung bei akuter Lungenembolie wirken. Synkopenverursachende ventrikuläre Tachyarrhythmien treten überwiegend bei ischämischer Herzerkrankung im Rahmen eines akuten Herzinfarktes oder bei Vorliegen einer chronischen Infarktnarbe auf, gehäuft auch bei dilatativer Kardiomyopathie.

Epidemiologie

Synkopen kommen in der Allgemeinbevölkerung nicht selten vor. Überwiegend führen sie zu keiner Inanspruchnahme medizinischer Hilfe. Reflexsynkopen stellen die häufigste Ätiologie dar. Vasovagale Synkopen treten besonders bei jungen Menschen mit einem Gipfel zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr auf, oft als isolierte Episode und bei Frauen etwas häufiger als bei Männern. In höherem Lebensalter kommt es zu einem erneuten Inzidenzanstieg von Synkopen. Diese sind dann öfter assoziiert mit kardiovaskulären Erkrankungen, der insgesamt zweithäufigsten Synkopenursache, sowie mit neurologischen Störungen. Auch zeigen sich vermehrt orthostatische und postprandiale Hypotension als Ausdruck einer autonomen Dysfunktion. Synkopen infolge orthostatischer Hypotonie sind bis zum mittleren Lebensalter selten und treten insbesondere bei sehr alten Patienten auf.

Klinik

Vasovagale Reflexsynkopen kündigen sich oft prodromal an. Schwächegefühl, Benommenheit, kalter Schweißausbruch, Übelkeit oder Sehstörungen können über wenige Sekunden bis zu Minuten auftreten. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit zu einem Vermeidungsverhalten, indem sich der Betroffene hinlegt und somit sturzbedingte Verletzungen oder sogar den Synkopeneintritt verhindert. Situative Reflexsynkopen, z. B. nach Miktion bei einem nächtlichen Toilettengang, sind anamnestisch leicht einzuordnen. Auch die orthostatische Hypotonie ist durch den Zusammenhang mit einem Lagewechsel bereits anamnestisch fassbar.
Rhythmogene Synkopen treten typischerweise plötzlich ohne Prodromalphase ein. Der Bewusstseinsverlust erfolgt positionsunabhängig aus Ruhe oder Belastung.
Während des kurzen Bewusstseins- und Tonusverlusts sind asymmetrische krampfartige Entäußerungen infolge zerebraler Hypoxie möglich. Anschließend kommt es zur raschen Wiedererlangung des vollen Bewusstseins ohne retrograde Amnesie.

Diagnostik

Ziel der Diagnostik ist einerseits die genaue Ursachenfindung, um die Einleitung einer spezifischen Therapie zu ermöglichen. Andererseits dient die Diagnostik der Identifikation des Risikos, das für den Patienten aufgrund einer ggf. zugrunde liegenden Erkrankung besteht und somit das unmittelbar synkopenassoziierte Risiko (Verletzung) übersteigen kann.

Initiale Abklärung

Die initiale Abklärung eines Patienten mit vorübergehendem Bewusstseinsverlust basiert auf einer gründlichen Anamneseerhebung, der körperlichen Untersuchung einschließlich Blutdruckmessung bei Orthostase sowie dem Elektrokardiogramm. Dabei sollen drei wesentlich Fragen beantwortet werden:
1. Handelt es sich bei der Bewusstseinsstörung um eine synkopale Episode?
Ein kompletter, vorübergehender Bewusstseinsverlust mit raschem Beginn und kurzer Dauer, der mit Verlust des Haltetonus und kompletter Spontanerholung einhergeht, spricht für eine Synkope. Sind diese Charakteristika nicht erfüllt, müssen andere Ursachen einer Bewusstseinsstörung ausgeschlossen werden, bevor eine weitere Evaluation hinsichtlich einer Synkope erfolgt.
2. Lässt sich die Synkope ätiologisch zuordnen?
Bis zu 50 % der Synkopenursachen werden im Rahmen der initialen Abklärung erfasst. Damit ist die initiale Abklärung das effizienteste Diagnostikum im Rahmen der Synkopenabklärung. Wichtige Fragen zur Anamnese sind in Tab. 2 aufgelistet. Tab. 3 stellt diagnostische Befunde dar, die eine Diagnose bereits aufgrund der Befunde der initialen Abklärung ermöglichen. Befunde, die nach der initialen Abklärung keine definitive Diagnose ermöglichen, aber eine Ätiologie vermuten lassen, sind ebenfalls in Tab. 3 wiedergegeben.
Tab. 2
Fragen zur Synkopenanamnese
 
Anamnese
Vor der Episode
Körperposition: aufrecht, sitzend, liegend
Aktivität: Ruhe, Lagewechsel, Belastung, Miktion, Defäkation, Husten, Schlucken
Disposition: langes Stehen, überwärmter Ort, postprandialer Zustand, Furcht, Schmerz, Halsbewegung
Episodenbeginn
Übelkeit, Erbrechen, abdominelles Unwohlsein, Kälte-/Hitzegefühl, Aura, Sehstörung, Palpitation
Während der Episode
Fall oder Hinsinken, Blässe, Zyanose, Dauer der Bewusstlosigkeit, Atemmuster, Bewegungen (Beginn vor/nach Sturz, Dauer, tonisch, klonisch, Automatismen), Zungenbiss
Ende der Episode
Übelkeit, Erbrechen, Kälte-/Hitzegefühl, Verwirrtheit, Palpitation, Muskelschmerzen, Thoraxschmerz, Verletzung, Harn-/Stuhlabgang
Hintergrund
Bisherige Synkopen, bekannte Herzerkrankung, neurologische Erkrankung (Epilepsie, M. Parkinson), Familienanamnese für plötzlichen Herztod, Diabetes, Medikation (Antihypertensiva, Antiarrhythmika, Diuretika, Antidepressiva, QT-verlängernde Medikamente), Alkohol
Tab. 3
Diagnose der Synkopenursache nach initialer Diagnostik. (Modifiziert nach: Moya et al. 2009)
Synkope
Ursache
Reflexsynkope
Kann diagnostiziert werden bei
Auftreten bei emotionalem Stress (vgl. Tab. 1) und typischen Prodromi
Auftreten bei situativen Triggern (vgl. Tab. 1)
Kann vermutet werden bei
Fehlender Herzerkrankung, längerer Synkopenanamnese, Auftreten nach unvorhergesehenen unangenehmen Körperwahrnehmungen, langem Stehen, Aufenthalt an überwärmten Orten, einhergehender Übelkeit oder Erbrechen, Zusammenhang mit Mahlzeiten, Kopfrotation oder Karotissinuskompression, Belastungsende
Orthostatische Synkope
Kann diagnostiziert werden bei
Auftreten nach Aufstehen mit einhergehender Dokumentation der orthostatischen Hypotonie
Kann vermutet werden bei
Beginn einer antihypertensiven Therapie oder Dosissteigerung vasoaktiver Medikation, Volumendepletion, Aufstehen nach Anstrengung, autonomer Neuropathie oder M. Parkinson
Kardiale Synkope
Kann diagnostiziert werden bei
Sinusbradykardie <40/min im Wachzustand oder wiederholte SA-Blockierung/Sinuspausen ≥3 s
AV-Blockierung II. Grades vom Typ Mobitz II oder III
Alternierendem Links- und Rechtsschenkelblock
Ventrikulärer Tachykardie oder schneller supraventrikulärer Tachykardie
Nicht anhaltenden polymorphen Tachykardien bei langem oder kurzem QT-Intervall
Pausen bei Schrittmacher-/ICD-Dysfunktion
Zeichen akuter myokardialer Ischämie im EKG
Kann vermutet werden bei
Struktureller Herzerkrankung, familiäre Anamnese einer Ionenkanalerkrankung oder unklarer plötzlicher Herztode, Synkope im Liegen oder unter Belastung, vorausgehende Palpitation
Abnormem EKG:
• Infarkt-Q
• Asymptomatische Sinusbradykardie <50/min oder SA-Blockierung/Sinuspausen ≥3 s ohne bradykardisierende Medikation
AV-Blockierung II. Grades vom Typ Mobitz I (Wenckebach), bifaszikulärer Block, QRS ≥120 ms
Präexzitation, langes oder kurzes QT-Intervall, Brugada-Syndrom (RSB-Muster mit ST-Erhöhung in V1–V3)
3. Gibt es eine Hochrisikokonstellation für kardiovaskuläre Ereignisse oder Tod?
Bleibt die Ursache einer Synkope nach initialer Abklärung unklar, muss eine Risikostratifizierung erfolgen. Kriterien, die für ein hohes Risiko sprechen, sind in Tab. 4 aufgeführt. Ihr Vorliegen erfordert eine intensive Abklärung bzw. eine umgehende stationäre Aufnahme. Im Falle einzelner oder seltener Synkopen ohne Risikokriterien ist keine weitere Abklärung erforderlich.
Tab. 4
Kriterien eines hohen Risikos mit Notwendigkeit zur umgehenden weiteren Abklärung oder der Krankenhausaufnahme. (Modifiziert nach: Moya et al. 2009)
Ursache
Zeichen
Herzinsuffizienz, reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion, stattgehabter Myokardinfarkt
Anhalt für rhythmogene Synkope
Auftreten während Belastung oder aus dem Liegen, einhergehende Palpitation, familiäre Anamnese für plötzlichen Herztod, nicht anhaltende Kammertachykardie, bifaszikulärer Block, QRS-Dauer >120 ms, unangemessene Sinusbradykardie <50/min oder sinu-atriale Blockierung ohne bradykardisierende Medikation, Präexzitation, QT-Verlängerung oder -Verkürzung, RSB-Muster mit ST-Erhöhung in V1–V3 (Brugada-Syndrom)
Begleiterkrankungen
Anämie, Elektrolytentgleisung

Karotissinusmassage

Eine Massage im Bereich der Karotisbifurkation führt zu einer reflektorischen Absenkung von Herzfrequenz und Blutdruck. Diese Reaktion kann übersteigert auftreten. Eine resultierende ventrikuläre Pause >3 s und/oder ein systolischer Blutdruckabfall >50 mmHg definiert einen hypersensitiven Karotissinus. Ein hypersensitiver Karotissinus ist jedoch ein häufiger Befund gerade bei älteren Männern und darf nicht überbewertet werden. Die Diagnose eines Karotissinussyndroms verlangt hierüber hinausgehend die Reproduktion der Synkope durch 10-sekündige, unilaterale Massage im Liegen und im Stehen. Dies erfolgt während kontinuierlichem EKG-Monitoring und wiederholter, idealerweise kontinuierlicher plethysmographischer Blutdruckmessung, um eine Dokumentation der kardioinhibitorischen und der vasodepressorischen Komponente zu ermöglichen. Wichtig ist diese Erfassung für die eventuelle Entscheidung zu einer Schrittmachertherapie bei kardioinhibitorischer Reaktion. Eine Karotisdruckmassage sollte bei Patienten ab dem 40. Lebensjahr erwogen werden, insbesondere wenn anamnestische Hinweise wie eine Provokation der Synkope durch Kopfdrehung oder Rasieren vorliegen. Während der ersten 3 Monate nach TIA oder Apoplex sowie bei Karotisströmungsgeräusch ist die Karotissinusmassage ohne vorausgehende Doppleruntersuchung kontraindiziert.

Schellong-Test

Wenn eine Synkope nach dem Aufrichten in die Stehendposition aufgetreten ist und eine orthostatische Hypotonie im Rahmen der initialen Diagnostik vermutet wird, ist die Blutdruckmessung im Liegen und während 3 Minuten Stehen angezeigt. Eine wiederholte Manschettenmessung nach Riva Rocci kann ggf. durch eine kontinuierliche, nicht invasive Blutdruckmessung optimiert werden. Der Schellong-Test ist diagnostisch bei symptomatischem Abfall des systolischen Blutdrucks ≥20 mmHg oder des diastolischen Blutdrucks ≥10 mmHg oder einem systolischen Blutdruckabfall auf unter 90 mmHg. Bei fehlender Symptomatik unter den genannten Blutdruckveränderungen sollte dennoch eine orthostatische Synkopengenese erwogen werden.

Kipptischuntersuchung

Die Kipptischuntersuchung dient dem Nachweis eines vasovagalen Reflexes, der typischerweise im Zusammenhang mit längerem Stehen eine Synkope auslösen kann. Unter Immobilisation und Verminderung des venösen Rückstroms während Orthostase triggert eine plötzliche Verminderung der Sympathikusaktivität mit vagaler Überaktivität einen Frequenz- und/oder Blutdruckabfall.
Verschiedene Protokolle wurden zur Durchführung einer Kipptischuntersuchung vorgeschlagen. Empfehlungen beinhalten eine 4-stündige Nüchternphase, eine Stabilisierungsphase im Liegen von mindestens 5 Minuten bzw. von mindestens 20 Minuten nach Legen eines i.v. Zugangs. Der Neigungswinkel der nachfolgenden Kippung sollte 60–70 Grad betragen. Nach Aufrichtung sollte eine passive Phase von minimal 20 Minuten bis maximal 45 Minuten ohne Medikation erfolgen. Bei negativem Ausfall kann nach 20 Minuten eine pharmakologische Provokation mittels niedrig dosiertem Isoproterenol i.v. oder Nitroglycerin s.l. 300–400 μg durchgeführt werden. Während nach Nitroglycerinapplikation keine schwerwiegenden Komplikationen berichtet wurden, konnten unter Isoproterenol vereinzelt ventrikuläre Arrhythmien bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung beobachtet werden. Eine Notfallausrüstung sollte verfügbar sein. Die Kipptischuntersuchung ist jedoch ein sehr sicheres Verfahren.
Endpunkt einer Kipptischuntersuchung ist die Provokation einer Synkope oder Präsynkope in Verbindung mit einer reflektorischen Bradykardie und/oder Hypotension. Die Reflexantwort wird klassifiziert als kardioinhibitorisch bei führender Bradykardie, als vasodepressiv bei führendem Blutdruckabfall oder als gemischte Antwort. Evtl. wird auch die untypische Form einer orthostatischen Hypotension mit protrahiert auftretender Blutdruckverminderung dokumentiert.
Eine Kipptischuntersuchung ist i. d. R. nicht erforderlich, wenn eine Reflexsynkope bereits anamnestisch diagnostiziert werden kann. Auch einzelne bzw. seltene Synkopen sind nicht regelhaft mittels Kipptischuntersuchung abzuklären. Ausnahmen bilden Synkopen mit Verletzungsfolge oder Synkopen bei Patienten mit Risikokonstellationen (z. B. Maschinenführer, Dachdecker, Pilot). Nach Ausschluss einer strukturellen Herzerkrankung ist die Provokation einer Synkope mittels Kipptischuntersuchung beweisend für das Vorliegen einer Reflexsynkope. Aufgrund einer eingeschränkten Reproduzierbarkeit schließt eine negative Kipptischuntersuchung eine Reflexsynkope jedoch nicht aus. Auch zur Therapiekontrolle kann eine Kipptischuntersuchung daher nicht herangezogen werden. Weiterhin hat die Art der Reflexantwort keine klare therapeutische Implikation. Zwar geht die kardioinhibitorische Antwort mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Asystolie unter Synkope einher, eine vasodepressive oder gemischte Antwort schließt eine Asystolie während spontaner Synkope jedoch nicht aus. Krampfartige Entäußerungen während positiver Kipptischuntersuchung können die Differenzierung von einer Epilepsie ermöglichen. Ein Bewusstseinsverlust bei Abwesenheit von Bradykardie oder Hypotension kann eine psychogene Pseudosynkope nachweisen. Neben der Diagnosesicherung bei vermuteter Reflexsynkope dient eine positive Kipptischuntersuchung insbesondere auch der Demonstration einer prinzipiell harmlosen Synkopenentstehung für den Patienten, dessen Verhaltensanpassung wesentlich für die Verhinderung zukünftiger Synkopen ist.

Elektrokardiografie und Monitoring

Die Diagnose einer Synkope gelingt idealerweise durch elektrokardiographische Dokumentation einer Arrhythmie, die mit den klinischen Symptomen korreliert. Die Dokumentation asymptomatischer Arrhythmien kann zur Diagnosefindung beitragen, wenn komplette AV-Blockierungen, AV-Blockierungen Typ Mobitz II, ventrikuläre Tachykardien, schnelle supraventrikuläre Tachykardien oder längere Asystolien (>3 s außerhalb von Schlafphasen, ohne Vorliegen von Vorhofflimmern, ohne bradykardisierende Medikation) vorliegen. Andere asymptomatische Arrhythmien oder eine Sinusbradykardie ohne Bewusstseinsverlust können nicht als ursächlich für eine Synkope gewertet werden. Eine Arrhythmie kann als Synkopenursache ausgeschlossen werden, wenn eine Synkope während eines unauffälligen EKG-Monitorings auftritt.
Ein EKG-Monitoring ist angezeigt bei Verdacht auf eine arrhythmogene Synkope gemäß Tab. 3. Eine Hospitalisierung ist bei Verdacht auf eine lebensbedrohliche Arrhythmie indiziert. Trotz eines ggf. niedrigen diagnostischen Nutzens des Monitorings über wenige Tage steht hier die Risikovermeidung unmittelbar nach stattgehabter Synkope im Vordergrund. Bei geringem Risiko ist die weiterführende EKG-Diagnostik in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Synkopen zu wählen.

Langzeit-EKG

Eine Holter-Aufzeichnung wird typischerweise über 24 oder 48 Stunden bis zu 7 Tagen durchgeführt. Mittels Patientenprotokoll können EKG-Symptom-Korrelationen untersucht werden, die die Diagnose einer rhythmogenen Synkope oder auch einer psychogenen Pseudosynkope ermöglichen. Der diagnostische Nutzen ist bei wöchentlich auftretenden Synkopen gegeben, bei seltenen Ereignissen eher gering.

Ereignisrekorder

Externe Rekorder, die vom Patienten aufgelegt werden, sind zur Synkopendiagnostik nicht sinnvoll einsetzbar. Externe Loop-Rekorder, die über kutane Klebeelektroden ein kontinuierliches EKG aufzeichnen, können nach Patientenaktivierung das vorangegangene EKG speichern, ohne es zu überschreiben. Die elektrokardiographische Synkopendiagnostik kann hierdurch auf wenige Wochen ausgedehnt werden. Synkopen sollten sich daher zumindest monatlich ereignen. Ein interner Loop-Rekorder wird in Lokalanästhesie subkutan implantiert und kann sowohl patientenaktiviert als auch automatisch vorangegangene EKGs abspeichern, wenn präspezifizierte Pausen, Bradykardien oder Tachykardien auftreten. Die Batterielaufzeit beträgt etwa 3 Jahre. Interne Loop-Rekorder wurden typischerweise nach unerklärten Synkopen bei negativem Ergebnis einer kompletten diagnostischen Abklärung eingesetzt. In einem Drittel der Patienten konnte hierdurch eine Symptom-EKG-Korrelation hergestellt werden. Reflexsynkopen mit Verletzungsfolgen oder häufigem Auftreten können mittels internem Loop-Rekorder hinsichtlich einer Bradykardiebeteiligung evaluiert werden, bevor ggf. eine Schrittmachertherapie erfolgt. Auch kann es notwendig sein, nach EKG-Dokumentation einer bradykarden Rhythmusstörung weitere Untersuchungen heranzuziehen, um zwischen einer intrinsischen kardialen Problematik und einer reflexbedingten Bradykardie zu unterscheiden. Eine plötzliche AV-Blockierung mit kompensatorischem Anstieg der Sinusfrequenz suggeriert eine intrinsische Genese, während eine progressive Sinusbradykardie mit konsekutivem Auftreten einer AV-Blockierung für einen vagalen Reflex spricht.

Elektrophysiologische Untersuchung

Eine invasive Katheteruntersuchung kann zur Evaluation des Erregungsbildungs- und -leitungssystems sowie zur Frage der Induzierbarkeit von Reentrytachykardien auf Vorhof-, AV- und Ventrikelebene erfolgen. In den allermeisten Fällen ist eine solche elektrophysiologische Untersuchung (EPU) zur Synkopenabklärung nicht erforderlich. Dies bedingt sich durch eine überwiegend niedrige Sensitivität und Spezifität. Kontraindiziert ist die EPU bei normalem EKG, fehlender Herzerkrankung und Abwesenheit von Palpitationen.
Bei Verdacht auf eine Bradykardie-assoziierte Synkope kann eine pathologische Sinusknotenerholungszeit (Intervall bis zum Wiedereinsetzen der Sinusautomatie nach Überstimulation; Normwert ≤525 ms nach Korrektur auf die Sinusfrequenz) eine Sinusknotenfunktionsstörung belegen, die mit einem erhöhten Risiko für Synkopen einhergeht. Mittels einer His-Ableitung kann die AV-Knoten-Leitungsfunktion näher charakterisiert werden. Liegt bereits eine Schenkelblockierung im EKG vor, ist eine Verlängerung des HV-Intervalls (Norm ≤55 ms) mit einer erhöhten Progressionsrate zum AV-Block assoziiert. Eine HV-Zeit ≥100 ms ist diagnostisch. Die Entwicklung oder das Fehlen einer Intra-His- oder Infra-His-Leitungsstörung unter schneller atrialer Stimulation kann die Entstehung eines spontanen AV-Blocks jedoch nicht sicher vorhersagen bzw. ausschließen.
Bei vermuteter Tachykardie aufgrund von Palpitation vor Synkopeneintritt kann durch elektrophysiologische Untersuchung der Tachykardiemechanismus abgeklärt werden. Bei schneller supraventrikulärer Tachykardie, die spontane oder hypotensive Symptome reproduziert, ergibt sich häufig die Möglichkeit einer kurativen Katheterablation in gleicher Sitzung. Die Induktion einer ventrikulären Reentrytachykardie ist bei Patienten mit vorausgegangenem Myokardinfarkt und noch erhaltener linksventrikulärer Funktion prädiktiv für die Verursachung einer Synkope, während die Induktion von Kammerflimmern unspezifisch ist. Bei deutlich eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und stattgehabter Synkope ist die Implantation eines ICD primär indiziert, ohne dass eine vermutete Kammertachykardie mittels EPU nachzuweisen ist. Bei Brugada-Syndrom und arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie kann die Induktion von polymorphen Kammertachykardien und Kammerflimmern diagnostisch berücksichtigt werden, bei ischämischer Herzerkrankung und dilatativer Kardiomyopathie ist diese unspezifisch.

Echokardiographie

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung nimmt die Echokardiographie eine Schlüsselrolle in der Diagnostik ein. In wenigen Fällen wie bei Nachweis einer höhergradigen Aortenstenose, einer Perikardtamponade oder eines atrialen Myxoms ist die Echokardiographie bereits diagnostisch. Anderenfalls sind bei Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung weitere Untersuchungen zur Abklärung der Synkopenursache erforderlich. Durch Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion trägt die Echokardiographie erheblich zur Risikostratifizierung bei. Echokardiographische Befunde können zur Abklärung spezieller Fragestellungen (z. B. Aortendissektion, Lungenarterienembolie) durch weitere Bildgebung mittels transösophagealer Echokardiographie (TEE), Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) ergänzt werden.

Belastungs-EKG

Ein Belastungs-EKG ist keine routinemäßige Untersuchung zur Synkopenabklärung. Ist eine Synkope während oder nach Belastung aufgetreten, kann das Belastungs-EKG diagnostisch hilfreich sein. Das Vorliegen einer strukturellen Herzerkrankung sollte vor der Belastung z. B. echokardiographisch ausgeschlossen werden. Eine durchgehende Blutdruck- und EKG-Überwachung sind sicherzustellen. Die Entwicklung einer höhergradigen AV-Blockierung während Belastung spricht für eine Infra-His-Leitungsstörung und legt eine Herzschrittmachertherapie nahe. Auch die Reproduktion einer Synkope unter Entwicklung von EKG-Veränderungen oder einer schweren Hypotonie ist diagnostisch. Eine Synkope nach Ende der Belastung spricht für einen übersteigerten Reflex.

Linksherzkatheteruntersuchung

Eine Koronarangiographie sollte bei Verdacht auf eine myokardiale Ischämie als Auslöser einer synkopenverursachenden Arrhythmie erfolgen.

Differenzialdiagnostik

Psychiatrische Abklärung

Einem sog. funktionellen Bewusstseinsverlust liegt keine zerebrale Hypoperfusion zugrunde. Er hat keine somatische Erklärung und beruht auf einer psychologischen Ursache. Die Patienten sind nicht ansprechbar und zeigen keine normale motorische Kontrolle. Eine psychogene Pseudosynkope dauert i. d. R. länger an als eine Synkope und hat keinen fassbaren Trigger, die Augen sind meist geschlossen. Verletzungen sind nicht ungewöhnlich und schließen eine psychogene Ursache daher nicht aus. Herzfrequenz und Blutdruck zeigen während einer solchen Episode, z. B. bei Auftreten während einer Kipptischuntersuchung gemessen, keine Auffälligkeiten. Eine Pseudoepilepsie wird durch ein unauffälliges EEG während einer Episode mit grobmotorischen Entäußerungen belegt. Videoaufzeichnungen können die Einordnung des Bewusstseinsverlusts erleichtern. Bei der Aufarbeitung kann es hilfreich sein, von einer Ungewolltheit der Episoden auszugehen, um eine Stigmatisierung zu verhindern und die Akzeptanz einer psychologischen Aufarbeitung zu fördern.

Neurologische Abklärung

Eine orthostatische Hypotonie kann medikamenteninduziert oder bei Erkrankungen mit autonomer Dysfunktion auftreten. Letzteren können neurologische Krankheitsbilder mit primärem autonomen Versagen zugrunde liegen, wie z. B. Systematrophien oder Parkinson-Krankheit. Sekundäre autonome Störungen können im Rahmen diabetischer oder anderer Polyneuropathien auftreten. Eine neurologische Evaluation ist daher indiziert bei Synkopen aufgrund von autonomen Störungen zur Abklärung der zugrunde liegenden Erkrankung.
Ferner ist die neurologische Aufarbeitung angezeigt, wenn eine Epilepsie als Ursache des transienten Bewusstseinsverlustes vermutet wird. Generalisierte Krampfanfälle führen zu Bewusstseinsverlust mit Fall und Amnesie. Bei fokal komplexen Anfällen ist das Bewusstsein verändert ohne Fallneigung. Motorische Entäußerungen dauern bei Synkope nur Sekunden an, treten erst nach Bewusstseinsverlust und Fall auf, sind in der Regel asynchron, unrhythmisch und kleinschlägig. Bei Epilepsie halten sie etwa eine Minute an, sind eher grobschlägig, rhythmisch und synchron. Eine vollständige Schlaffheit im Anfall ist bei Epilepsie untypisch. Während sich für eine Synkope meist ein Trigger eruieren lässt, oft prodromales Schwitzen und Blässe vorangehen, findet sich zu Beginn eines epileptischen Anfalls typischerweise eine Aura, z. B. in Form einer abdominellen oder olfaktorischen Missempfindung. Während nach einer Synkope das volle Bewusstsein unmittelbar zurückerlangt wird, besteht nach epileptischem Anfall eine Bewusstseinstrübung bzw. postiktale Umdämmerung. Muskel-, Kopfschmerzen und Erhöhung der Kreatinkinase finden sich häufiger nach Krampfanfall. Ist eine vorübergehende Bewusstlosigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Epilepsie bedingt, empfiehlt sich die Durchführung eines EEG.
Bei einem Subclavian-Steal-Syndrom kommt es (zumeist linksseitig) durch Stenose oder Verschluss der A. subclavia während Armarbeit zu einer Flussumkehr in der A. vertebralis zur arteriellen Versorgung des Armes. Eine resultierende zerebrale Minderperfusion kann sich als vertebrobasiläre TIA manifestieren mit fokal neurologischem Defizit und möglichem Bewusstseinsverlust. Der Verdacht auf ein Steal-Syndrom kann nach beidseitig vergleichender RR-Messung durch eine Gefäßdoppleruntersuchung erhärtet werden.
Kraniale CT- und MRT-Untersuchungen können zur weiteren Abklärung neurologischer Krankheitsbilder eingesetzt werden. Bei der Aufarbeitung einer typischen Synkope sind EEG, Gefäßdoppler und Schnittbildgebung jedoch nicht angezeigt.

Verlauf und Prognose

Die Anzahl stattgehabter Synkopen ist der stärkste Prädiktor für ein Synkopenrezidiv. Etwa ein Drittel der Patienten erleiden ein Rezidiv binnen 3 Jahren. Während junge Patienten ohne strukturelle oder elektrische Herzerkrankung mit Reflexsynkopen eine sehr gute Prognose haben, liegt bei Patienten mit Nachweis von Herzerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod bzw. eine erhöhte Gesamtmortalität vor. Die Schwere der zugrunde liegenden Herzerkrankung ist dann meist prognosebestimmend und nicht das Auftreten von Synkopen per se. Zur Risikoabschätzung wurden verschiedene Scores entwickelt, die neben der kardiovaskulären Krankheitsanamnese u. a. Faktoren wie ein abnormes EKG, höheres Lebensalter oder das Fehlen von Prodromi einbeziehen (vgl. Tab. 4).
Rezidivierende Synkopen können die Lebensqualität erheblich einschränken. Die Morbidität nach Synkope ist bei älteren Patienten höher, bedingt durch häufigere Verletzungen mit Hospitalisierung, aber auch durch gravierendere psychosoziale Auswirkungen wegen Fallangst oder Verunsicherung bis zu depressiver Störung.

Therapie

Reflexsynkope

Die Aufklärung über die gutartige Natur der Synkopenentstehung sowie die auslösenden Umstände können das Bewusstsein des Patienten dahingehend beeinflussen, dass Trigger erkannt und vermieden werden. Vermeidungsverhalten (z. B. Hustenunterdrückung, kein längerer Aufenthalt in überwärmten Räumen) und frühzeitige Reaktion auf Prodromalsymptome (z. B. Hinlegen) stellen die wichtigsten Einflussmöglichkeiten dar. Physikalische Gegendruckmaßnahmen wie Kreuzen der Beine, Händedruck und Armanspannung senkten in Studien die Synkopeninzidenz. Maßnahmen wie Tilt-Training, d. h. progressiv verlängerte Phasen aufrechten Stehens, oder eine medikamentöse Therapie mit vasokonstriktorisch wirkenden Alpha-Agonisten zeigten inkonsistente Ergebnisse und können daher nicht generell empfohlen werden. Auch eine Schrittmacherstimulation beeinflusst nur die kardioinhibitorische Komponente eines vasovagalen Reflexes, bleibt aber ohne Wirkung auf die vasodepressive Komponente. Bei Patienten über 40 Jahre mit häufig rezidivierenden vasovagalen Synkopen und kardioinhibitorischer Antwort kann eine Schrittmachertherapie erwogen werden. Gleiches gilt bei einem Karotissinussyndrom mit dominant kardioinhibitorischer Reflexantwort.

Orthostatische Hypotension

Einem orthostatischen Blutdruckabfall kann durch ausreichende Salz- und Flüssigkeitszufuhr, durch Vermeidung hypotoniefördernder Medikamente, Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper und durch Tragen von Kompressionsstrümpfen entgegengewirkt werden. Physikalische Gegendruckmaßnahmen können auch hier zur Synkopenvermeidung beitragen. Im Gegensatz zur Reflexsynkope zeigte sich hier eine Blutdruckerhöhung durch Gabe des Alpha-Agonisten Midodrine bei einem Teil der untersuchten Patienten als effektiv und kann erwogen werden. Ebenso kann die mineralkortikoide Wirkung von Fludrocortison durch Natriumretention und Volumenexpansion erforderlichenfalls zur symptomatischen Therapie genutzt werden.

Arrhythmien

Bradykardien, die nicht reflexvermittelt und nicht medikamenteninduziert auftreten, sondern aufgrund einer intrinsischen Dysfunktion von Sinusknoten oder AV-Knoten zu einer Synkope führen, stellen eine Indikation zur Schrittmachertherapie dar. Eine entsprechende EKG-Symptomkorrelation begründet die Implantation. Während bei Sinusknotensyndrom eine Symptomkupierung das Ziel ist, ist die Schrittmachertherapie bei höhergradiger AV-Leitungsstörung auch aus prognostischer Sicht von Bedeutung.
Supraventrikuläre Tachykardien, die zu einer Synkope führen, stellen eine Indikation zur Katheterablation dar. Allerdings ist das Auftreten einer Synkope im Rahmen einer AV-Reentry-Tachykardie oder typischem Vorhofflatterns bei strukturell gesundem Herzen ungewöhnlich. Gleiches gilt für idiopathische ventrikuläre Tachykardien bei unauffälliger Herzfunktion. Im Gegensatz dazu sind ventrikuläre Tachykardien bei Vorliegen von strukturellen Herzerkrankungen praktisch immer prognostisch bedeutsam, wenn sie keine reversible Ursache haben. Reversible und damit lediglich temporäre Ursachen ventrikulärer Tachykardien sind z. B. akute Myokardischämien oder Intoxikationen. Irreversible Ursachen bilden hingegen ein fortgesetztes Risiko für Rezidivsynkopen bzw. den plötzlichen Herztod. Hierunter fallen die ischämische und dilatative Kardiomyopathie, wobei das Risiko eines plötzlichen Herztodes mit Verringerung der Ejektionsfunktion steigt. Ferner sind die hypertrophe Kardiomyopathie, die rechtsventrikuläre arrhythmogene Kardiomyopathie und genetisch bedingte Ionenkanaldefekte (nicht medikamentenassoziiertes Long-QT-Syndrom, Brugada-Syndrom) irreversible Ursachen maligner Kammerarrhythmien. Nach stattgehabter Synkope und Ausschluss anderer Synkopenursachen stellen diese Krankheitsbilder eine Indikation zur sekundärprophylaktischen Kardioverter-Defibillatorimplantation dar, wodurch das Risiko des plötzlichen Herztodes reduziert wird, auch wenn eine Rezidivsynkope nicht sicher verhindert werden kann. Detaillierte Empfehlungen zur Implantation von Herzschrittmachern und Kardioverter-Defibillatoren hinsichtlich Indikation und Systemwahl sind den aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften zu entnehmen.

Strukturelle Herzerkrankung

Neben der Synkopenvermeidung und der Reduktion des Risikos für einen plötzlichen Herztod ist hier die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung therapeutisches Ziel. Nach Synkope bei höhergradiger Aortenstenose oder atrialem Myxom ist der chirurgische Eingriff indiziert. Eine chronische Erkrankung wie z. B. eine ischämische Kardiomyopathie mit reduzierter linksventrikulärer Funktion lässt sich durch optimierte medikamentöse Einstellung und ggf. Revaskularisation beeinflussen, jedoch nicht beheben. Bei Synkope im Rahmen einer akuten Erkrankung wie einem Myokardinfarkt, einer Lungenarterienembolie oder einem Perikarderguss erfolgt die spezifisch hierauf gerichtete Therapie.

Besondere Aspekte

Fahrtüchtigkeit

Nach stattgehabter Synkope ist grundsätzlich die Fahrtauglichkeit in Frage zu stellen. Aufgrund unterschiedlicher zugrunde liegender Synkopenursachen erfolgt die Empfehlung differenziert nach individueller Konstellation. Für Privatkraftfahrer und Berufskraftfahrer können sich vor dem Hintergrund unterschiedlicher Risikokonstellationen abweichende Empfehlungen ergeben. Ein Positionspapier zur Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen ist in der Literaturangabe zitiert.
Literatur
Klein HH et al (2010) Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen. Kardiologe. doi:10.​1007/​s12181-010-0308-9
Moya A et al (2009) Guidelines for the diagnosis and management of syncope. Eur Heart J 30(21):2631–2671CrossRefPubMedPubMedCentral
Von Scheidt W et al (2011) Kommentar zu der Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Synkopen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie 2009. Kardiologie 5:5–12CrossRef