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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 21.01.2019

Lungenmetastasen

Verfasst von: Marcus Krüger und Philipp Ivanyi
Die Behandlung von Lungenmetastasen stellt eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Für Lungenmetastasen der meisten Primärtumoren ist eine Therapie mit kurativer Intention nur durch eine chirurgische Resektion oder eine ablative nicht-operative Lokaltherapie möglich. Insbesondere durch die sich rasant entwickelnden Möglichkeiten der systemischen Therapieoptionen ändern sich die Voraussetzungen für die Indikationsstellung zur pulmonalen Metastasektomie in sehr kurzen Zeiträumen. Dieser Umstand führt neben ethischen Überlegungen dazu, dass die Generierung belastbarer Daten zur optimalen Behandlung von Lungenmetastasen kaum über randomisierte Studien abgebildet werden kann und die pulmonale Metastasektomie aus konzeptioneller Sicht auch perspektivisch kaum durch Daten hoher Evidenz validiert sein wird.

Einleitung

Die Behandlung von Lungenmetastasen stellt eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Für Lungenmetastasen der meisten Primärtumoren ist eine Therapie mit kurativer Intention nur durch eine chirurgische Resektion oder eine ablative nicht-operative Lokaltherapie möglich. Insbesondere durch die sich rasant entwickelnden Möglichkeiten der systemischen Therapieoptionen ändern sich die Voraussetzungen für die Indikationsstellung zur pulmonalen Metastasektomie in sehr kurzen Zeiträumen. Dieser Umstand führt neben ethischen Überlegungen dazu, dass die Generierung belastbarer Daten zur optimalen Behandlung von Lungenmetastasen kaum über randomisierte Studien abgebildet werden kann und die pulmonale Metastasektomie aus konzeptioneller Sicht auch perspektivisch kaum durch Daten hoher Evidenz validiert sein wird.

Pathophysiologie

Physiologisch können pulmonale Metastasen über 5 unterschiedliche Wegen entstehen: hämatogen via Pulmonal- und Bronchialvenen, lymphogen, pleural, über den Atemweg oder mittels direkter Invasion. Makroskopisch nachweisbare hämatogene Metastasen sind das Ergebnis eines Selektionsprozesses, der bei genetisch instabilen Tumorzellen sequenziell, rein stochastisch den Tumorzellen einen Überlebensvorteil verleiht (Scott und Harpole 2016). Der pathophysiologische Mechanismus der Metastasierung konnte erst in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich relevanter Einzelschritte näher beschrieben werden, wenngleich wesentlichen Fragen nach wie vor nicht vollständig verstanden sind (Scott und Harpole 2016). Folgende Einzelschritte zur erfolgreichen Metastasierung wurden charakterisiert (Hanahan und Weinberg 2011; Wagener und Müller 2010; Dunn et al. 2002, 2004):
  • Lösen der Tumorzelle aus der physiologischen Umgebung, Aktivierung von Anti-Apoptosemechanismen
  • „Intravasation“ der Tumorzelle in die Blutbahn
  • „Arretieren“ der Tumorzelle in den Blutgefäßen (Embolisierung oder Thrombosierung)
  • „Evasion“ der Tumorzelle durch die Gefäßwand mit Erreichen des umliegenden Gewebes
  • „Immunoediting“ und „immunescape“ – aberante „Immunescape“-Signalexpression des Tumors, der eine Flucht des Tumors vor dem Immunsystems ermöglicht
  • „Mikrodisseminierung“ – ruhender Zustand („dormancy“)
  • Wachstum zu Makrometastase als ineffizientester Schritt der Metastasierung
Zusammenfassend erfolgt die Metastasierung durch das spezifische Zusammenspiel von Tumorzelle und Zielgewebe („metastatische Nische“), entsprechend bei Lungenmetastasen somit aus dem Zusammenspiel tumorspezifischer Faktoren und lokalen Faktoren des pulmonalen Kapillarbettes.

Epidemiologie

Die genaue Inzidenz und Prävalenz pulmonaler Metastasen ist unklar. In Autopsieserien wird in Abhängigkeit der extrathorakalen Primärtumorentität über eine stark variierende Inzidenz pulmonaler Metastasierung von 10–100 % berichtet (Whiteselle und Peters 1993). Den aktuellen Krebsregisterdaten des Robert Koch-Institutes zufolge verstarben im Jahr 2013 223.093 Patienten an einer Krebserkrankung (Kaatsch et al. 2015). Davon ausgehend, dass in 9 von 10 Fällen nicht der Primärtumor, sondern die Metastasen zum Tode führen, versterben in Deutschland jährlich etwa 200.000 Menschen an Metastasen eines soliden malignen Tumors.
Die Lunge stellt nach der Leber das am zweithäufigsten von Fernmetastasen solider maligner Tumoren betroffene Organ dar. Bei 25–30 % aller Patienten mit extrathorakalen soliden Malignomen treten im Krankheitsverlauf Lungenmetastasen auf, wobei bei einem Fünftel dieser Patienten die Metastasierung isoliert die Lunge betrifft (Pastorino et al. 1997). Bei etwa 2 % der Patienten mit einem kolorektalen Karzinom treten synchrone Lungenmetastasen auf, wobei es sich in etwa bei einem Drittel der Fälle um eine isolierte Lungenmetastasierung handelt (Mitry et al. 2010). Bei bestimmten Erkrankungen, wie zum Beispiel bei Weichteilsarkomen, tritt eine isolierte Lungenmetastasierung deutlich häufiger als bei anderen Karzinomen (2–10 %) auf, bei Osteosarkompatienten tritt die pulmonale Metastasierung sogar in bis zu 80 % der Fälle auf (Rusch 2008).

Klinik

Die Symptomatik pulmonaler Metastasierung ist in höchstem Maße variabel. Zum Zeitpunkt der Diagnose pulmonaler Filialisierung liegt meist keinerlei spezifische Symptomatik vor. Häufig ist die pulmonale Metastasierung eine Zufallsdiagnose, die im Rahmen bildgebender Verfahren festgestellt wird (Marchioni et al. 2014; Filderman et al. 1989; Puchalski 2017).
Je nach Metastasenlokalisation und klinischer Manifestation kann selbige asymptomatisch oder symptomatisch sein (Agrawal et al. 2015; Whiteselle und Peters 1993; Puchalski 2017). In Einzelfällen kann die Erstmanifestation pulmonaler Filialisierung im Rahmen akut vital gefährdender Zustände, wie beispielsweise bei massiven Hämoptysen oder bei pulmonalen Tumorembolien, festgestellt werden (Agrawal et al. 2015; Puchalski 2017). Symptome variieren von unspezifischen Störungen, wie zum Beispiel Fatigue oder Gewichtsverlust, bis hin zu spezifisch pulmonalen Symptomen. Husten stellt das Leitsymptom pulmonaler Filialisierung dar. Weitere spezifische Symptome sind beispielsweise bei pleuranahen Metastasen nozizeptiv somatische, teils atemabhängige Schmerzen; selbige Symptomatik kann auch mit pulmonalen Tumorembolisationen vergesellschaftet sein (Agrawal et al. 2015). Hämoptysen werden bei endobronchialer und/oder gefäßnaher Metastasierung beobachtet (Marchioni et al. 2014). Parenchymale und pleurale Metastasen, insbesondere wenn sie mit einem Pleuraerguss oder einem Hämatothorax assoziiert sind, können genau wie die Lymphangiosis carcinomatosa mit unterschiedlich stark ausgeprägter Dyspnoe einhergehen (Marchioni et al. 2014). Bei Affektion intrathorakaler nervaler Strukturen kann auch Heiserkeit ein Begleitsymptom darstellen (Agrawal et al. 2015; Whiteselle und Peters 1993; Puchalski 2017).

Diagnostik

Die Diagnostik bei Manifestation pulmonaler Metastasierung ist vom klinischen Kontext abhängig. Konventionelle Bildgebung, Schnittbildgebung und invasive Diagnostik stellen i. d. R. den Standard dar, die im Einzelfall von nuklearmedizinischer und/oder lungenfunktioneller Diagnostik ergänzt werden. Serologische Analysen sind vor allem bei der Differenzialdiagnostik von Bedeutung. Im Regelfall sollte bei Erstmanifestation pulmonaler Raumforderungen insbesondere prätherapeutisch eine thorakale hochauflösende (HR) Dünnschicht-Computertomografie (CT) mit Kontrastmittel des Thorax erfolgen, die im Kontext mit der Klinik und der Symptomatik interpretiert werden muss (Baldwin und Callister 2015; Schueller und Herold 2003). Anzahl, Größe, Lokalisation, Konfiguration bzw. auch lymphonodale Mitbeteiligung der pulmonalen Metastasen bzw. auch pleurale Mitreaktion sind entscheidend bei der weiteren diagnostischen und therapeutischen Planung, letztlich auch im Hinblick auf die prognostische Einschätzung. Sofern die Histologie der extrathorakalen Neoplasie bekannt ist, kann insbesondere vor dem Hintergrund der Sinnhaftigkeit des Einsatzes lokaltherapeutischer Verfahren eine 18F-Fluordeoxyglukose-Positronenemissionstomographie/Computertomografie-Untersuchung (FDG-PET/CT) oder eine endobronchiale Ultraschalluntersuchung (EBUS) indiziert sein (Gedik et al. 2010; deSouzan et al. 2017; Yasufuku et al. 2006). Vor dem Hintergrund von falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen des FDG-PET/CT ist der Einsatz dieser Technik grundsätzlich kritisch interdisziplinär zu diskutieren (Gould et al. 2013; Sim et al. 2013).
Die Indikation zur histologischen Sicherung pulmonaler Raumforderungen ist großzügig zu stellen. Insbesondere wenn zum Zeitpunkt der pulmonalen Metastasierung kein histologischer Nachweis der metastasierten Grunderkrankung existiert, ist dies aufgrund der Konsequenz für die weitere Therapie unabdingbar. Hierbei sollte zwischen reiner Histologiesicherung und etwaig einzeitiger Histologiegewinnung mit definitiver Lokaltherapie differenziert werden. Reine Histologiesicherung steht vor allem bei disseminierter pulmonaler Metastasierung im Vordergrund und kann mittels CT-gesteuerter Biopsie, Pleuradrainage, endobronchialer Zytologie/Biopsie oder EBUS-gesteuerter Zytopunktion mediastinaler und hilärer Lymphknotenstationen erfolgen. Grundsätzlich ist die vermutete Tumorentität entscheidend für die Auswahl der Menge des zu gewinnenden Probenmaterials. Insbesondere bei Lymphomen liefert eine Feinnadelbiopsie oftmals für die Diagnostik nicht ausreichend Material. Hingegen kann bei Oligometastasierung eine synchrone Diagnostik als auch suffiziente Lokaltherapie durch eine videoassistierte Thorakoskopie (VATS) erfolgen (Carballo et al. 2009). Eine weitere Möglichkeit der histologischen Sicherung stellt die Mediastinoskopie dar (Ye et al. 2011).

Differenzialdiagnostik

Bei intrathorakalen Raumforderungen kommt eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen in Betracht. Metastasen eines bekannten Primärtumors müssen gegenüber Metastasen eines Zweittumors oder aber gegenüber einem primären Lungenkarzinom abgegrenzt werden. Daneben sind jedoch auch eine Vielzahl von benignen Ursachen thorakaler Raumforderungen denkbar, die mit onkologischen Therapiemodalitäten i. d. R. nicht nur falsch, sondern auch übertherapiert würden. Unter den benignen Veränderungen sind rund 80 % der nodulären Veränderungen infektiologisch bedingt (Ost et al. 2003). Daneben müssen aber auch nicht-infektiologische inflammatorische Prozesse wie die Sarkoidose, die gehäuft mit Neoplasien vergesellschaftet ist, sowie sonstige granulomatöse Entzündungen, inflammatorische Pseudotumore und benigne Lungentumoren bedacht werden.

Therapie

Systemtherapie

Grundsätzlich stellt die metastasierte Situation die Domäne der Chemotherapie dar. Die Auswahl der Chemotherapie richtet sich i. d. R. nach der zugrunde liegenden Histologie und dem Zulassungstext der systemischen Therapie, der Resultat der zulassungsrelevanten Studien ist. Zumeist stellt die systemische Therapie in der metastasierten Situation eine palliative Therapie dar. Je nach Histologie kommt es bei einigen Tumoren trotz der metastasierten Situation zu einem Plateau an Langzeitüberlebern (<10 %) nach systemischer Therapie. Gegenwärtig besteht begründete Hoffnung, dass im Zeitalter der Immunonkologika dieses Plateau durch diese Medikamentengruppe bei verschiedensten Tumoren auf ein Niveau von mehr als 10 % angehoben werden kann. I. d. R. erfolgt mit Beginn der Chemotherapie zumeist eine Therapiesequenz. In Abhängigkeit des Therapieergebnisses werden verschiedene systemische Therapien sequenziell appliziert. Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass für die meisten Chemotherapien extrathorakaler Tumoren die Ansprechwahrscheinlichkeit nicht vorhergesagt werden kann, entsprechend kann eine Therapieauswahl nur im Sinne einer Risiko-Nutzen-Abwägung für die individuelle Patientensituation erfolgen. Im Hinblick auf den idealen Zeitpunkt des Beginns einer Systemtherapie oder die Kombination mit Lokaltherapien liegen häufig histologieabhängige Einzelfallberichte vor, kaum aber suffiziente Analysen, die für die Kombination von Therapiemodalitäten bei Metastasen extrathorakaler Tumoren klare Handlungsanweisungen ableiten lassen. Grundsätzlich ist bei multimodaler Therapie eine genaue Kenntnis kurzfristiger und langfristigen Nebenwirkungen der Systemtherapie (Blutungsneigungen, Infektneigungen, Pneumonitisneigungen etc.) im Hinblick auf die Patientensicherheit unabdingbar.

Lungenmetastasenchirurgie

Die ersten Lungenmetastasenresektionen wurden im späten 19. Jahrhundert beschrieben (Weinlechner 1882). Hierbei handelte es sich fast ausschließlich um Zufallsbefunde, sodass eine gezielte Lungenmetastasenchirurgie erst seit den 1960er-Jahren durchgeführt wird. 1997 publizierten Pastorino et al. die Daten des International Registry of Lung Metastases, die eine 5-Jahres-Überlebensrate von 36 % nach kompletter Metastasenresektion gegenüber 13 % nach inkompletter Resektion belegten (Pastorino et al. 1997). Durch immer bessere Patientenselektion, die Integration wirksamerer systemischer Therapieoptionen und die konsequente Durchführung von Remetastasektomien für ausgewählte Patienten wird in einer Vielzahl aktueller Publikationen eine 5-Jahres-Überlebensrate von zum Teil deutlich über 50 % dokumentiert (Tab. 1).
Tab. 1
Übersicht über relevante Arbeiten zur pulmonalen Metastasektomie und Ergebnisse des 5-Jahresüberleben (5-JÜR)
Autoren
Jahr
Patienten (n)
5-JÜR (%)
Tsukamoto et al.
43
70
Watanabe et al.
113
67,8
Riquet et al.
121
Vor 2000: 35,1
Nach 2000: 63,5
Ike et al.
42
63,7
Fournel et al.
306
59,0
Salah et al.
759
54,3
Inoue et al.
128
45,3

Indikation

Die wesentlichen Eckpfeiler der Indikationsstellung zur Lungenmetastasenchirurgie wurden von Thomford et al. bereits 1965 formuliert und haben in etwas modifizierter Form nach wie vor Gültigkeit (Thomford et al. 1965):
  • Vollständige Resektion bzw. kurativ-intendierte Therapie des Primärtumors
  • Detektierbare Metastasen müssen resektabel oder kurativ intendiert therapierbar sein
  • Operationen/Therapien müssen mit einem für den Patienten vertretbaren Aufwand möglich sein
  • Interdisziplinär bestehen keine günstigere oder gleichwertige Therapieoptionen
Aus diesen Aspekten ergibt sich die Notwendigkeit einer interdisziplinären Indikationsstellung unter Beachtung des Patientenwunsches. Häufig handelt es sich bei der pulmonalen Metastasektomie um patientenbezogene Individualentscheidungen (Abb. 1a–d). Anhand von zumeist retrospektiv gewonnenen Analysen existieren Prognosefaktoren, die helfen, bei der pulmonalen Metastasektomie die Wahrscheinlichkeit eines Langzeitüberlebens abzuschätzen (nach: Inoue et al. 2004; Fournel et al. 2017; Franzke et al. 2017; Salah et al. 2013; Watanabe et al. 2009):
Prognosefaktoren nach Lungenmetastasenchirurgie
  • Histologie/Größe/Tumorstadium Primärtumor
  • Zeitintervall zwischen Primärtumor und Diagnose der Metastasen
  • Anzahl/Größe der Lungenmetastasen
  • Bilaterale Lungenmetastasen
  • Thorakale Lymphknotenmetastasen
  • Extrathorakale Metastasen
  • Operationstechnik/Lymphadenektomie
  • Zusätzliche systemische Therapie
  • Tumormarker (z. B. karzinoembryonales Antigen [CEA])
Hinsichtlich der Indikationsstellung zur Lungenmetastasenchirurgie sind diese Prognosefaktoren jedoch nur Anhaltspunkte, um ein Verständnis für die zugrunde liegende Tumorbiologie zu erlangen und stellen isoliert betrachtet nie eine Kontraindikation für das operative Vorgehen dar. Die Bedeutung der einzelnen Prognosefaktoren variiert von Publikation zu Publikation sehr stark.

Lasermetastasektomie

Ziel der Lungenmetastasenchirurgie ist eine möglichst parenchymsparende vollständige Metastasenresektion. Für peripher gelegene Läsionen ist eine atypische Resektion mittels Klammernahtgeräten auch mit einem gewissen Sicherheitsabstand problemlos möglich. Die Klammernahtresektionen gehen bei tiefer im Parenchym gelegenen Metastasen mit einem nennenswerten Parenchymverlust einher und erlauben im zentralen Anteil der Resektion häufig keinen ausreichenden Sicherheitsabstand. Lokalrezidive in unmittelbarer Beziehung zur Klammernaht treten trotz histologisch formal bestätigter R0-Resektion auf. Der Einsatz der Lasertechnologie erlaubt die parenchymsparende Resektion auch einer größeren Anzahl von Metastasen bei geringem Risiko für echte Lokalrezidive (Franzke et al. 2017).

Lymphadenektomie

Aus Sicht der Autoren ist die systematische Lymphadenektomie unabhängig vom Zugangsweg fester Bestandteil der Lungenmetastasenchirurgie. Präoperativ nicht diagnostizierte Lymphknotenmetastasen sind im Rahmen einer systematischen Lymphknotenentfernung bei einem von 5 Patienten zu erwarten (Sihag und Muniappan 2016). In der klinischen Praxis ist das Vorgehen sehr unterschiedlich. Vor diesem Hintergrund wird von Seiten der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie derzeit versucht, über ein systematisches Verfahren zur Konsensbildung eine Empfehlung zu erarbeiten.

VATS (videoassistierte Thoraxchirurgie) und RATS (roboterassistierte Thoraxchirurgie)

Eine minimalinvasive Lungenmetastasenresektion ist für peripher gelegene solitäre Metastasen zu empfehlen. Das Konzept scheint auch für 2 oder 3 Raumforderungen anwendbar. Zumindest unter Studienbedingungen können unter Anwendung einer modernen präoperativen Computertomografie mit großer Wahrscheinlichkeit alle Metastasen, die im Rahmen einer offenen Operation palpabel wären, nachgewiesen werden (Krüger et al. 2016). Carballo et al. konnten in einer retrospektiven Analyse eine 5-Jahres-Überlebensrate von 69,6 % nach VATS gegenüber 58,8 % nach Thorakotomie nachweisen (Carballo et al. 2009).
Für tiefer im Parenchym gelegene Metastasen erlaubt die RATS insbesondere unter Nutzung einer speziellen 3D-Software die exakte minimalinvasive anatomische Resektion im Bereich aller Lungensegmente bzw. auf subsegmentaler Ebene.

Nicht-operative lokale Therapieoptionen

Insbesondere bei nicht-operablen Patienten oder Patienten, die keinen operativen Eingriff wünschen, kann statt einer Metastasektomie eine stereotaktische Bestrahlung oder ein thermoablatives Verfahren (Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation, laserinduzierte Ablation) Anwendung finden. Die durch Studien am besten belegte Methode ist die (extrakranielle) stereotaktische Bestrahlung („stereotactic body radiation therapy“, SBRT). Durch eine Reihe technischer Weiterentwicklungen (z. B. Rotationsbestrahlung, integrierte dreidimensionale CT-Bildgebung, metabolische Bildgebung, Systeme zur Minimierung der atmungsbedingten Ungenauigkeiten) können in wenigen Therapiesitzungen (hypofraktionierte Bestrahlung) einer hochpräzisen Bestrahlung tumorablative Strahlendosen appliziert werden. Durch eine entsprechende Dosiseskalation kann auch für Metastasen von Tumoren, die als eher strahlenresistent gelten, wie zum Beispiel Nierenzellkarzinome, hohe lokale Tumorkontrollraten erreicht werden (Hoerner-Rieber et al. 2017). Die stereotaktische Bestrahlung ermöglicht eine weitgehende Schonung der umgehenden Gewebe und Organe, sodass in der Regel nur geringe Nebenwirkungen zu erwarten sind (Hoerner-Rieber et al. 2017). In Abhängigkeit von Lage und Größe der Tumormanifestationen kann es jedoch in Einzelfällen zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie Blutungen oder langstreckigen Trachealläsionen kommen (Ma et al. 2017; Prasanna et al. 2018). Die Tumorkontrollrate nach 2 Jahren wird in der Literatur mit 70–90 % angegeben (Boyer et al. 2016). Gegenstand klinischer Studien sind unter anderem die Dosisoptimierung, die gleichzeitige stereotaktische Bestrahlung einer größeren Anzahl von Metastasen als auch die sequenzielle oder synchrone Applikation von Chemotherapeutika oder Immun-Checkpoint-Inhibitoren (Boyer et al. 2016).

Verlauf und Prognose

Verlauf und Prognose pulmonaler Metastasen sind in höchsten Maße variabel. Die Prognose hängt maßgeblich von der Histologie und Tumorbiologie ab und den hieraus resultierenden mono- oder multimodalen Therapieoptionen sowie deren Erfolgs- und Komplikationsraten ab.
Sehr gute Ergebnisse nach Lungenmetastasenchirurgie sind für selektionierte Patienten durch retrospektive Studien mit 5-Jahes-Überlebensraten von bis zu 70 % belegt. Durch die fortschreitende Entwicklung der systemischen und lokalen Therapiemöglichkeiten sowie das wachsende Verständnis der Tumorbiologie und des Prozesses der Metastasierung unterliegen die multimodalen Therapiekonzepte für die Behandlung von Lungenmetastasen der einzelnen Primärtumoren einer fortwährenden Veränderung. Hochwahrscheinlich ermöglichen auch die neuen Generationen an systemischen Therapieoptionen die Erhöhung des Anteils von Patienten mit Langzeitüberleben.
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