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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 30.07.2023

Malignes Melanom

Verfasst von: Miriam Mengoni und Thomas Tüting
Weltweit steigt die Inzidenz von Hautkrebs an. Das Maligne Melanom stellt dabei aufgrund seines aggressiven Wachstums mit frühzeitiger Metastasierung den am häufigsten zum Tode führenden Hauttumor dar. Die meisten Melanome entstehen de novo auf der Haut. Ein geringer Anteil lässt ein Wachstum auf bereits vorbestehenden Nävi erkennen. Weitaus seltener kommen Maligne Melanome an den Schleimhäuten, den Meningen oder intraokulär vor. Bei lokal begrenzten Melanomen kann eine chirurgische Entfernung des Tumors eine vollständige Heilung der Erkrankung bedeuten. Der frühzeitigen Erkennung und Prävention kommt daher eine besondere Bedeutung zu. In den letzten Jahren haben sich durch Erkenntnisse in der Molekular- und Immunpathologie vollkommen neue Therapieoptionen bei fortgeschrittener Melanomerkrankung (Irresektabilität und Fernmetastasierung) eröffnet. Das Hauptaugenmerk dieses Beitrags soll daher vor allem auf Klinik, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten des fortgeschrittenen Melanoms liegen und damit den neuen Entwicklungen auf diesem Gebiet Rechnung tragen.

Einleitung

Das Melanom ist eine maligne Erkrankung ausgehend von den Pigmentzellen des Körpers, welche zumeist in der Haut, seltener an den Schleimhäuten, intraokulär im Bereich der Ader- oder Bindehaut sowie den Leptomeningen auftreten kann. Durch das steigende Alter der Bevölkerung sowie der kulturell bedingten Zunahme der UV-Exposition ist die Inzidenz des Melanoms in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Besondere Bedeutung in der Behandlung des Melanoms nimmt die Prävention ein, da bei frühzeitiger Diagnosestellung durch die vollständige Exzision in den meisten Fällen eine Heilung erreicht werden kann. Aufgrund der ausgeprägten Anpassungsfähigkeit von Melanomzellen an wechselnde Umgebungen besitzen Melanome jedoch auch die Möglichkeit zur Metastasierung bei Progression der Erkrankung. Auch in diesen fortgeschrittenen Stadien stehen neuerdings wirksame Therapieformen wie die Immuncheckpointblockade und die Signaltransduktionsinhibition zur Verfügung, welche die Prognose von Patienten mit metastasierten Melanomen in den vergangenen zehn Jahren signifikant verbessert haben (Curti und Faries 2021).

Pathophysiologie

Sowohl genetische als auch Umweltfaktoren spielen bei der Pathogenese von Melanomen eine Rolle.
Bei Letzteren ist besonders die Bedeutung von UV-Strahlung zu nennen, obgleich Sonnenlicht nicht für alle Melanome relevant ist. So konnten epidemiologische Studien schwere Sonnenbrände und intermittierende UV-Exposition als Risikofaktoren für eine Melanomentstehung identifizieren. Die Neigung, schnell Sonnenbrände oder Sommersprossen zu entwickeln statt zu bräunen, ist bei hellhäutigen Individuen (Hauttypen I–II nach Fitzpatrick) ebenfalls mit der Entstehung von Melanomen assoziiert und beruht genetisch vor allem auf Polymorphismen im MC1R-Gen. Bei dunklen Hauttypen (V–VI) kommen Melanome nur selten vor.
Als weitere Risikofaktoren für die Entwicklung von Melanomen gelten eine Vielzahl von melanozytären Nävi (> 100), eine positive Familienanamnese, Melanome in der Eigenanamnese, das dysplastische Nävussyndrom und eine dauerhafte Immunsuppression.
Der Anteil der familiär gehäuften Fälle wird auf etwa 10 % geschätzt. Häufig finden sich in diesen Familien Keimbahnmutationen im CDKN2A- oder CDK4-Gen, die zu einer gestörten Regulation des Zellzyklus führen.
Als onkogene Treibermutation weisen zudem etwa 50 % aller kutanen Melanome eine Mutation im BRAF-Gen auf, weitere 25 % der Melanome besitzen Mutationen im NRAS-Gen. Diese Mutationen finden sich jedoch auch bereits in benignen melanozytären Nävi und sind somit offensichtlich nicht ausreichend für die Entstehung von Melanomen. Moderne Sequenzierstudien, wie z. B. im Rahmen des „Cancer Genome Atlas“- oder des „Pan-Cancer Analysis Of Whole Genomes“-Projektes, haben zudem die Bedeutung chromosomaler Aberrationen in fortgeschrittenen Melanomen dargelegt (Yeh und Bastian 2021).

Epidemiologie

Das Melanom repräsentiert nur 4 % aller Hauttumoren, ist jedoch für ca. 90 % aller Todesfälle durch Hautkrebs verantwortlich. Insgesamt verursacht das Melanom in Deutschland bei einer geschätzten Inzidenz von etwa 19 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr rund 4,5 % aller bösartigen Neubildungen und 1 % aller Todesfälle an Krebs. Das Melanom ist die Tumorentität mit der am schnellsten steigenden Inzidenzrate in der hellhäutigen Bevölkerung Europas und Nordamerikas. Dabei ist er bei Frauen die vierthäufigste, bei Männern die fünfthäufigste Krebsneudiagnose in Deutschland. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwa 65 Jahren. Nicht selten sind jedoch Patienten im jüngeren Erwachsenenalter betroffen (Saginala et al. 2021).

Klinik

Melanome zeigen sich zumeist an der Haut als auffällig pigmentierte Flecken oder auch Knoten. Neben dunkel pigmentierten Anteilen können auch entzündliche Rötungen oder depigmentierte Areale (sog. Regressionszonen) vorkommen. Seltener fehlt eine Pigmentierung vollkommen (amelanotische Melanome). Aktuell werden Melanome anhand ihres klinischen Erscheinungsbilds in mehrere Subtypen unterteilt (Abb. 1). Ergänzend werden Melanome, die in Sonnen-exponierter Haut entstehen, abgegrenzt („chronic sun damaged“ [CSD] vs. „non-chronic sun damaged“ [non-CSD] Melanome). Eine weitere Einteilung erfolgt nach der Treibermutation in die folgenden vier Gruppen: BRAF-mutiert, NRAS-mutiert, NF1-mutiert, Triple-negativ. Das Vorliegen einer BRAF-Treibermutation ermöglicht in fortgeschrittenen Stadien eine zielgerichtete Therapie und ist prognostisch relevant.
Das superfiziell spreitende Melanom (SSM) zeichnet sich durch seine vornehmlich horizontale Wachstumsphase aus. Klinisch zeigt sich hier meist eine Veränderung in Ausdehnung und Färbung über mehrere Monate, auch eine Entstehung auf präexistierenden Nävi ist möglich. Ein Übergang in die vertikale Wachstumsphase mit knotigen Anteilen im Krankheitsverlauf kann ebenfalls auftreten. Das SSM ist mit ca. 70 % der häufigste Subtyp.
Noduläre Melanome (NMM) sind durch ihre frühzeitige vertikale Wachstumsphase charakterisiert. Dabei kann de novo ein über wenige Wochen schnell wachsender, auch zu Blutung neigender meist bläulich-schwarzer Knoten auf der Haut entstehen. NMM sind mit 15–20 % die zweithäufigste Melanomform.
Lentigo-maligna-Melanome (LMM) und ihre Präkanzerose Lentigo maligna (LM, Melanoma in situ) treten häufig in chronisch lichtexponierten Arealen („Sonnenterrassen“ des Gesichts wie Stirn, Wangen, Nase) auf. Sie weisen ein prolongiertes horizontales Wachstum auf und treten als oftmals großflächige, irregulär pigmentierte Maculae in Erscheinung. LM und LMM sind eine Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters, der Erkrankungsgipfel liegt in der siebten bis achten Lebensdekade.
Akrolentiginöse Melanome (ALM) kommen an den Fußsohlen, den Handflächen und auch unter den Fuß- und Fingernägeln (subungual) vor. An den Palmae und Plantae zeichnen sie sich durch irregulär geformte, oftmals dunkel pigmentierte Flecken aus, die leicht mit Einblutungen verwechselt werden können. Amelanotische Erscheinungsformen werden oftmals als Warze fehldiagnostiziert. Subunguale ALM können als bräunliche Nagelverfärbung, die auch auf den Nagelfalz übergreifen, in Erscheinung treten (sog. Hutchinson-Zeichen).
Seltenere Varianten sind desmoplastische Melanome, nävoide Melanome und spitzoide Melanome. Extrakutan kommen Melanome als Schleimhaut-, Uvea-, Bindehautmelanome sowie selten an den Meningen vor.
In einigen Fällen treten Melanome erst durch das Auftreten von Metastasen, z. B. durch eine tastbare Lymphadenopathie, neurologische Symptomatik bei zerebralen Metastasen oder als Zufallsbefund in der Bildgebung in Erscheinung. In Analogie zum „cancer of unknown primary“ wird diese Situation als „melanoma of unknown primary“ (MUP) bezeichnet. Wissenschaftliche Untersuchungen solcher Metastasen konnten in den Tumorzellen UV-Signaturen der Mutationen nachweisen, was auf einen kutanen Ursprung dieser MUPs hindeutet. Als Ursache für das Fehlen des Ursprungstumors geht man u. a. von einer vollständigen Regression des Primarius durch das körpereigene Immunsystem aus.

Verlauf und Prognose

Bei mehr als 85 % der Melanompatienten ist bei Erstdiagnose keine Metastasierung nachweisbar, sodass die 10-Jahres-Überlebensrate im Gesamtkollektiv etwa 85–95 % beträgt. Der wichtigste prognostische Faktor primärer Melanome ist die vertikale Tumordicke nach Breslow. Als weitere wichtige Faktoren zählen u. a. das Vorhandensein einer Ulzeration des Primärtumors, die Mitoserate sowie ein angiotropes Wachstum. Bei Nachweis von Metastasen in regionären Lymphknoten oder in der Haut verschlechtert sich die 10-Jahres-Überlebensrate auf 69 %. Durch die Einführung der modernen Systemtherapien hat sich die Prognose von Patienten mit Melanom in den vergangenen Jahren deutlich gebessert, sodass aktuell selbst bei Fernmetastasierung die 5-Jahres-Überlebensrate etwa 30 % beträgt.
Die Leitlinien zur Behandlung des Melanoms beruhen auf der TNM-Klassifikation der AJCC (American Joint Committee on Cancer) aus dem Jahre 2017. Sie beschreibt das Ausmaß der anatomischen Ausbreitung des Melanoms. Auch die Nachsorge von Melanompatienten erfolgt stadienabhängig über einen Zeitraum von zehn Jahren, um frühzeitig Rezidive oder Zweitmelanome zu erkennen (Tab. 1).
Tab. 1
Stadieneinteilung des Malignen Melanoms, pathologisch. (Nach AJCC 2017 [American Joint Committee on Cancer])
T-Klassifikation
N-Klassifikation
M-Klassifikation
Stadium
Tis
N0
M0
0
T1a
N0
M0
IA
T1b
N0
M0
T2a
N0
M0
IB
T2b
N0
M0
IIA
T3a
N0
M0
T3b
N0
M0
IIB
T4a
N0
M0
T4b
N0
M0
IIC
T1a/b-T2a
N1a, N2a
M0
IIIA
T0
N1b, N1c
M0
IIIB
T1a/b-T2a
N1b/c, N2b
M0
T2b/T3a
N1a-N2b
M0
T0
N2b/c, N3b/c
M0
IIIC
T1a-T3a
N2c, N3a/b/c
M0
T3b/T4a
Jedes N ≥ N1
M0
T4b
N1a-N2c
M0
T4b
N3a/b/c
M0
IIID
Jedes T
Jedes N
M1
IV

Diagnostik

Die Inspektion der Haut einschließlich der angrenzenden und einsehbaren Schleimhäute und Palpation der peripheren Lymphknotenstationen sind geeignet, um eine klinische Verdachtsdiagnose zu stellen. Die Dermatoskopie erlaubt die Beurteilung von tiefer gelegenen pigmentierten Strukturen im Bereich der dermatoepidermalen Junktionszone und der oberen Dermis und kann damit die diagnostische Genauigkeit bei der Erkennung von Melanomen erhöhen. Anamnestisch sind insbesondere Vergrößerungen, Farbveränderungen sowie Jucken und Bluten von pigmentierten, aber auch nichtpigmentierten Hautflecken richtungsweisend. Klinisch hilft die Orientierung am „Hässlichen-Entlein-Zeichen“ („ugly duckling sign“), die sich vor allem durch die Andersartigkeit im Vergleich zu anderen Pigmentmalen auszeichnet. Dieses Prinzip erhöht die Treffsicherheit besser als die sog. ABCDE-Regel (A = Asymmetry [Asymmetrie], B = Border [Begrenzung], C = Colour [Farbe], D = Diameter [Durchmesser], E = Evolution [Erhabenheit/Entwicklung]).
Goldstandard ist bei klinischem Verdacht auf ein Melanom die komplette Exzision der Hautveränderung und die anschließende histologische Diagnosesicherung mit Einteilung nach der gültigen TNM-Klassifikation (vertikale Tumordicke nach Breslow, Vorhandensein einer Ulzeration). Zur initialen Ausbreitungsdiagnostik wird bei Patienten ab einem Tumorstadium IB eine lokoregionäre Lymphknotensonografie durchgeführt. Ab Stadium IIC wird eine Ausbreitungsdiagnostik mittels Schnittbildgebung (CT-Thorax und Abdomen, MRT-Schädel, ggf. auch FDG-PET-CT) empfohlen.
Zur Beurteilung des Tumorverlaufs haben sich einige Serumproteine wie S100B als potenziell nützliche Tumormarker gezeigt. Eine Erhöhung der LDH im Serum stellt einen unspezifischen Marker für einen prognostisch ungünstigen Verlauf dar. Aktuell werden weitere Biomarker mit dem Ziel einer Erhöhung der Spezifität und Sensitivität erforscht (u. a. Detektion von Tumor-DNA im Serum).
Die Patienten sollten über die Möglichkeit einer psychoonkologischen Beratung und Inanspruchnahme von sozialmedizinischen Leistungen informiert werden.

Differenzialdiagnostik

Differenzialdiagnostisch kommen bei pigmentierten Melanomen vor allem melanozytäre Nävi, seborrhoische Warzen und pigmentierte Basaliome in Betracht. Nichtpigmentierte Melanome können klinisch mit Histiozytomen, Dermatofibromen, Hämangiomen, Klarzellsarkomen oder anderen seltenen Hauttumoren verwechselt werden. Aufgrund der ausgeprägten Heterogenität von Melanomzellen kann auch histopathologisch die Abgrenzung zu seltenen neuronalen oder auch mesenchymalen Tumoren in Einzelfällen Schwierigkeiten bereiten.

Therapie

Die Behandlung des Malignen Melanoms erfolgt in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium. Hierbei können klinisch drei Situationen unterschieden werden:
1.
Die operative Therapie von Primärtumoren in der Haut
 
2.
Die adjuvante Therapie zur Verhinderung von Metastasen bzw. eines Rezidivs
 
3.
Die multimodale Therapie von Metastasen in fortgeschrittenen Stadien
 

Operative Therapie von Primärtumoren in der Haut

Durch die vollständige operative Entfernung eines primären Melanoms der Haut kann in über 80 % der Fälle eine Heilung erreicht werden. Läsionen mit klinischem Verdacht auf ein Malignes Melanom sollten nach Möglichkeit vollständig exzidiert werden, da nur am vollständigen Tumor der für die histopathologische Beurteilung wichtige architektonische Aufbau eines Pigmenttumors erfasst werden kann. Probebiopsien und Teilexzisionen können in Ausnahmefällen bei ausgedehnten lentiginösen Pigmentläsionen im Gesicht oder an den Akren erwogen werden. Nach der histopathologischen Diagnosesicherung wird in Abhängigkeit von der vertikalen Tumordicke (Breslow-Index) zur Vermeidung von Lokalrezidiven eine Nachexzision mit einem Sicherheitsabstand von 1–2 cm empfohlen.
In Abhängigkeit von der Tumordicke (Melanome > = 1 mm, Melanome > = 0,8 mm bei erhöhter Mitoserate, Ulzeration, Erkrankungsalter < 40 Jahre) sollte nach der Entfernung des Primärtumors ohne Hinweis auf eine lokoregionale oder Fernmetastasierung eine Wächterlymphknotendiagnostik in einem spezialisierten Zentrum erfolgen. Hierbei handelt es sich überwiegend um einen diagnostischen Eingriff, mit dem man frühzeitig Mikrometastasen in den regionalen Lymphknoten erkennen kann und der damit vor allem prognostische Relevanz hat.
Das weitere operative Vorgehen bei Patienten mit einem positiven Wächterlymphknoten hat sich in den letzten Jahren gewandelt, nachdem klinische Studien keinen signifikanten Vorteil einer nachgeschalteten komplettierenden Lymphknotendissektion für das Melanom-spezifische Überleben zeigen konnten. Aus diesem Grund wird die komplettierende Lymphknotendissektion, die häufiger mit postoperativen Komplikationen einhergeht, heute nur noch in Einzelfällen bei Patienten mit multiplen makroskopischen Lymphknotenmetastasen durchgeführt.

Adjuvante Therapie zur Verhinderung von Metastasen bzw. eines Rezidivs

Bei Patienten mit invasiv wachsenden Melanomen und/oder lymphogen oder kutan metastasierenden Tumoren nach kurativer Erstbehandlung kann eine okkulte Mikrometastasierung im weiteren klinischen Verlauf zur Ausbildung von neuen klinisch oder bilddiagnostisch nachweisbaren Metastasen führen. Ziel einer adjuvanten Therapie ist es, ein Rezidiv zu verhindern bzw. die rezidivfreie Zeit zu verlängern. Historisch die erste und lange Zeit die einzige in Deutschland zugelassene medikamentöse adjuvante Therapie war die Immuntherapie mit Interferon alpha, die ab dem klinischen Stadium IIA häufig als niedrig dosierte („low dose“) Therapie mit 3 × 3 Mio. I. E./Woche s.c. über 18 Monate durchgeführt wurde. Aufgrund der mangelnden Produktverfügbarkeit und Zulassung neuer moderner Therapieverfahren mit besserer Wirksamkeit wird diese aktuell jedoch nicht mehr regelhaft eingesetzt.
Als neue und moderne Therapiestandards haben sich bislang ab dem Stadium III Immuncheckpointinhibitoren wie Nivolumab (Opdivo®) und Pembrolizumab (Keytruda®) sowie Signaltransduktionsinhibitoren in Form von BRAF- und MEK-Inhibitoren (Dabrafenib [Tafinlar®], Trametinib [Mekinist®]) beim BRAF-mutiertem Melanom etabliert. Diese Therapien werden regulär über ein Jahr durchgeführt und verringern die Wahrscheinlichkeit eines Tumorrezidivs signifikant. In den Zulassungsstudien haben beide Verfahren bei Patienten mit BRAF-mutiertem Melanom gleichwertige Ergebnisse erzielt. Im Juli 2022 wurde der PD1-Antikörper Pembrolizumab (Keytruda®) zusätzlich für die adjuvante Therapie im Stadium IIB/IIC in Deutschland zugelassen. Diese Therapie hat in den klinischen Studien das Risiko für ein Rezidiv um etwa 39 % reduziert. In der Entscheidungsfindung für eine adjuvante Therapie werden auch die Komorbiditäten, die Compliance und die Präferenz des Patienten einbezogen. Ein regelmäßiges klinisches und laborchemisches Monitoring ist zur frühzeitigen Erkennung von Nebenwirkungen für alle Therapien wichtig.
Die bei anderen Tumorentitäten häufiger angewendeten adjuvanten Chemo- und Radiotherapien haben in klinischen Studien beim Melanom keine Verbesserung des Gesamtüberlebens erreichen können. Heute wird lediglich nach Resektion von großen (> = 30 mm Durchmesser), multiplen (> = 3) bzw. kapselüberschreitenden Metastasen in den lokoregionären Lymphknoten eine adjuvante Radiotherapie empfohlen, die nachweislich zu einer Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle beitragen kann.

Multimodale Therapie von Metastasen in fortgeschrittenen Stadien

Operative Therapie von Metastasen

Bei einer geringen Anzahl an Metastasen („Oligometastasierung“) kann die operative Entfernung ein Ansatz mit potenziell kurativer Intention darstellen. Essenziell für eine erfolgreiche Behandlung ist hier die Patientenauswahl. Vor allem Patienten mit einem langen Metastasen-freien Intervall profitieren von einer chirurgischen Intervention. Konzeptionell wird bei einer Oligometastasierung davon ausgegangen, dass immunologische Schutzmechanismen einer Metastasierung entgegenwirken. Aktuell erfolgt regelhaft im Anschluss an die Metastasenentfernung eine postjuvante Therapie. Durch Stärkung der immunologischen Prozesse können synergistische Effekte zwischen Operation und medikamentöser Therapie genutzt werden, die eine langfristige Kontrolle von Tumorzellen ermöglichen.
In den letzten Jahren hat sich die Metastasenchirurgie zu einem wichtigen Baustein multimodaler Therapiekonzepte entwickelt. Beispielsweise kann durch die Entfernung von therapieresistenten Metastasen die Wirkung einer Systemtherapie unterstützt werden. Darüber hinaus werden chirurgische Maßnahmen mit palliativer Intention durchgeführt, z. B. zur Prävention und Therapie von Komplikationen wie Blutungen, Gefäßverschlüsse oder Nervenkompressionen.

Injektion von Hautmetastasen mit onkolytischen Viren

Bei Patienten mit zahlreichen Metastasen, die auf die Haut und die Lymphknoten beschränkt sind (Stadium IIIB-IVM1a), kann eine Therapie mit dem onkolytischen Virus Talimogen laherparepvec („T-Vec“, Imlygic) erwogen werden. Hierbei handelt es sich um ein damals völlig neues, erstmals im Dezember 2015 zugelassenes Therapieverfahren. Talimogen laherparepvec ist ein genetisch modifiziertes Herpes-simplex-Virus, das kutan, subkutan oder nodal in zugängliche Läsionen injiziert wird, für die eine operative Resektion nicht sinnvoll durchführbar ist. Es repliziert präferenziell in Tumorzellen, führt zur Expression des immunstimulierenden Zytokins GM-CSF und bewirkt einen lytischen Zelltod. Im Rahmen der Phase-III-MASTERKEY-265-Studie wurde die Anwendung von Talimogen laherparepvec zusammen mit Pembrolizumab geprüft. Da keine Verbesserung des progressionsfreien Überlebens oder Gesamtüberlebens nachweisbar war, besteht aktuell keine Zulassung für diese Kombinationstherapie. Derzeit befinden sich weitere onkolytische Viren zur Anwendung als Kombinationstherapie mit Immuncheckpointinhibitoren in klinischen Prüfungen.

Immuntherapie bei inoperablen Metastasen

Mit der Zulassung des biotechnologisch hergestellten vollhumanisierten monoklonalen Antikörpers Ipilimumab (Yervoy®) im Juli 2011 hat die Ära der modernen Immuntherapie begonnen. Das intravenös applizierte Ipilimumab blockiert den immunregulatorischen Rezeptor CTLA4 auf der Oberfläche von T-Zellen und kann zu einer Reaktivierung der Tumor-spezifischen zellulären Immunabwehr führen. Mit dieser Immuntherapie konnte bei einem Teil der Patienten mit metastasiertem, inoperablem Melanom eine lang anhaltende Remission erzielt werden. Auf der Basis dieses als „Immuncheckpointinhibition“ bezeichneten Therapiestrategie wurden weitere Wirkstoffe klinisch entwickelt, die die immunregulatorischen Rezeptoren PD-1 (Nivolumab [Opdivo®] und Pembrolizumab [Keytruda®]) oder LAG-3 (Relatlimab® [nur in Kombination mit Nivolumab als Opdualag verfügbar]) als Zielstrukturen blockieren und die Wirksamkeit einer Blockade von CTLA4 hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens oder Gesamtüberlebens übertroffen haben. Auch mit der PD-1-Blockade können langfristige Remissionen bei Patienten mit ausgedehnter Metastasierung erreicht werden.
Der Einsatz von Immuncheckpointinhibitoren bei Melanom-patienten erfolgt im Gegensatz zu vielen weiteren Entitäten ohne Berücksichtigung der PDL1-Expression im Tumorgewebe – mit Ausnahme der Kombination von Relatlimab und Nivolumab, die jedoch nicht auf dem deutschen Markt verfügbar ist trotz EMA-Zulassung- und kann unabhängig vom Mutationsstatus der Tumorzellen durchgeführt werden. Als wirksamster Ansatz hat sich bislang die Kombination von Ipilimumab mit Nivolumab etabliert. Durch die duale Inhibition von PD-1 und CTLA-4 kann das Langzeitüberleben verbessert werden. Diese Therapie kann auch bei Patienten mit Hirnmetastasen, die nach wie vor ein Kollektiv mit einer eingeschränkten Prognose darstellen, insbesondere zusammen mit einer stereotaktischen Radiotherapie eindrucksvolle Remissionen bewirken.
Aufgrund ihres immunologischen Wirkmechanismus kann die Immuncheckpointinhibition zahlreiche Autoimmunphänomene als unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) hervorrufen. Diese sog. „immune-related adverse events“ (irAE) stellen ein neues Nebenwirkungsprofil in der Tumortherapie dar, die einer besonderen Überwachung bedürfen. Schwere Nebenwirkungen (CTCAE-Grad 3–4) traten in den klinischen Studien mit Ipilimumab und Nivolumab bei 54 % der Patienten, in 19 % während der Therapie mit Relatlimab und Nivolumab auf. In den Studien mit Ipilimumab alleine waren 27 % der Patienten und in den Studien mit Nivolumab alleine 14 % der Patienten betroffen.
Das Spektrum an Nebenwirkungen ist sehr breit. Häufig beobachtet werden immunologisch vermittelte Hautausschläge und Juckreiz, gastrointestinale Beschwerden mit Diarrhoen durch eine Autoimmunkolitis, Leberenzymerhöhungen im Rahmen einer Autoimmunhepatitis, Lungenentzündungen in Form einer Pneumonitis und endokrine Funktionsstörungen als Thyreoiditis, Pankreatitis oder Hypophysitis. Die meisten Nebenwirkungen entwickeln sich in den ersten zwölf Wochen der Immuntherapie, es gibt jedoch auch Spätnebenwirkungen, die zum Teil erst Monate nach Absetzen der Immuntherapie auftreten können. Durch die systemische Gabe von Glukokortikoiden oder weiteren Immunsuppressiva wie TNA-alpha-Inhibitoren kommt es zumeist zu einer Restitutio ad integrum. Lediglich die endokrinen Funktionsstörungen können persistieren und die Lebensqualität langfristig beeinträchtigen. Interessanterweise ist insbesondere das Auftreten der endokrinen Nebenwirkungen mit einem guten Therapieansprechen assoziiert.

Zielgerichtete Therapie mit Signaltransduktionsinhibitoren

Für Patienten mit inoperabel metastasiertem Melanom und Nachweis einer Mutation im BRAF-Gen (V600E oder V600K) sind mit Vemurafenib (Zelboraf®), Dabrafenib (Tafinlar®) und Encorafenib (Braftovi®) in Deutschland drei kleinmolekulare Signaltransduktionsinhibitoren zugelassen. Diese oral verfügbaren Substanzen werden heute in einer fixen Kombination mit einem MEK-Inhibitor (Cobimetinib [Cotelic®], Tramentinib [Mekinist®], bzw. Binimetinib [Mektovi®]) im inoperablen Stadium III oder IV eingesetzt. Diese Signaltransduktionsinhibitoren führen bei bis zu 75 % der Patienten zu einem oft raschen Ansprechen auch in weit fortgeschrittenen Stadien der Metastasierung. Hierdurch kann eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität, z. B. durch Verringerung von tumorbedingten Schmerzen, erreicht werden. Die Wirkung von Signaltransduktionsinhibitoren bei Patienten im Stadium der fortgeschrittenen Metastasierung hält oft nur einige Monate an. In dieser Zeit entwickeln residuale Tumorzellen eine Therapieresistenz und führen zu einem erneuten Progress der Erkrankung, sodass lang anhaltende Remissionen vergleichsweise selten sind.
Zu den häufigsten substanzübergreifenden Nebenwirkungen zählen muskuloskelettale Beschwerden wie Arthralgien und Myalgien, Hautausschläge, gastrointestinale Beschweren wie Diarrhoen und Nausea, (vorübergehende) Sehveränderungen sowie kardiovaskuläre Beschwerden wie Hypertension und Verminderung der kardialen Ejektionsfraktion. Präparate-spezifisch assoziiert sind das häufige Auftreten von Fieberschüben unter der Therapie mit Dabrafenib (Tafinlar®) und Tramentinib (Mekinist) sowie eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit unter Vemurafenib (Zelboraf) mit Cobimetinib (Cotelic®). Insgesamt ist auch das Auftreten kutaner Plattenepithelkarzinome und Keratoakanthome sowie von Zweitmelanomen während der Therapie mit Signaltransduktionsinhibitoren erhöht. In den meisten Fällen sind die Nebenwirkungen moderat vom Schweregrad und durch Therapieanpassungen reversibel, sodass sie mithilfe eines effizienten Nebenwirkungsmanagement gut beherrscht werden können.
Vergleichbar mit der adjuvanten Situation ab dem Stadium III können Patienten mit BRAF-mutiertem metastasierten Melanom sowohl mit Signaltransduktionsinhibitoren als auch mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt werden. Somit steht bei einer Resistenz gegenüber einen der beiden Therapieansätze eine weitere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Im Gegensatz zur adjuvanten Therapie scheint die Therapiesequenz jedoch nicht gleichwertig zu sein. Neuere Studienergebnisse legen nahe, dass mit der Immuncheckpointinhibition als Erstlinientherapie und ggf. einer Signaltransduktionsinhibition als Zweitlinientherapie die besten Ergebnisse erreicht werden können. In klinischen Studien wurde auch die simultane Gabe von Signaltransduktionsinhibitoren mit einer Blockade von PD-1 bzw. PD-L1 untersucht. Im Juli 2020 hat die amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA die Kombination von Vemurafenib und Cobimetinib mit dem PD-L1 Inhibitor Atezolizumab (Tecentriq®) für Patienten mit BRAF-mutiertem fortgeschrittenen Melanom zugelassen. Diese Kombination hat jedoch in Europa keine Zulassung erhalten. Weitere Kombinationen beider Therapiestrategien in Form von Dreifach-, aber auch Vierfach-Kombinationen werden aktuell weiter in klinischen Studien untersucht.
Patienten mit einem metastasierenden Melanom, das eine c-Kit-Mutation trägt (meistens akro-lentiginöse Melanome und Schleimhautmelanome) profitieren in einigen Fällen von der Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren wie etwa Imatinib (Glivec®) oder Dasatinib (Sprycel®), die auch gegen c-Kit wirksam sind. Bei NRAS-mutiertem metastasiertem Melanom kann in Einzelfällen die Gabe eines MEK-Inhibitors geprüft werden. Zu beachten ist hier, dass diese Substanzen nicht zur Behandlung des Melanoms zugelassen sind und somit die Gabe „off-label“ erfolgt.
In molekularen Tumorboards kann in Einzelfällen der Einsatz weiterer patientenspezifischer zielgerichteter Therapien nach vorheriger Sequenzierung des Tumors und nach Ausschöpfung der leitliniengerechten Behandlung erwogen werden. Hierbei kann der Einsatz von zielgerichteten Therapieverfahren diskutiert werden, welche für andere Entitäten, jedoch nicht für die Behandlung des Melanoms, zugelassen sind. Ein Beispiel hierfür wäre ein „off-label“-Einsatz eines für das metastasierte, nicht-kleinzellige Lungenkarzinom zugelassenen MET-Inhibitors bei Vorliegen einer MET-Exon-14-Skipping-Mutation bei einem Patienten mit Melanom.
Als weiterer Ansatz einer patientenindividuellen, molekularbasierten Therapie kann in molekularen Tumorboards der Einsatz tumoragnostischer Medikamente (wie z. B. von NTRK-Inhibitoren) oder auch ein Studieneinschluss in sog. Basket-Studien für Patienten mit gewebespezifischen, molekularen Charakteristika behandelt werden. Letzteres kann z. B. bei Nachweis einer BRAF-Mutation außerhalb des Codons 600 sinnvoll sein. Diese sogenannten BRAF Klasse II- und III Mutationen, die nach aktuellen Studienergebnissen etwa 20 % aller detektierten BRAF-Mutationen bei Melanom-Patienten ausmachen, führen nicht direkt zu einer Überaktivierung der Kinaseaktivität des Proteins, sondern bedingen über weitere Bindungspartner wie CRAF ihre onkogene Triebkraft. In Abhängigkeit der Mutationsklasse können off-label klinisch etablierte MEK-Inhibitoren oder sogenannte pan-RAF-Inhibitoren in klinischen Studien eingesetzt werden.

Radiotherapie von Fernmetastasen

Eine Radiotherapie von Fernmetastasen bei Melanompatienten erfolgt überwiegend mit palliativer Intention zur Verbesserung der Lebensqualität, beispielsweise durch eine lokale Tumorkontrolle oder die Linderung von Schmerzen. Durch die Einführung der stereotaktischen Bestrahlung können einzelne Metastasen heute sehr präzise mit vergleichsweise hohen Bestrahlungsdosen behandelt werden. Dies hat vor allem die Therapie von Hirnmetastasen revolutioniert. Durch eine Kombination mit der kombinierten Immuncheckpoint-Inhibition konnte hier bei einer zunehmenden Anzahl an Patienten mit Hirnmetastasen eine lang anhaltende Remission erzielt werden. Diskutiert wird, dass die Radiotherapie u. a. durch die Erzeugung einer läsionalen und abskopalen Entzündungsreaktion das Ansprechen einer Immuncheckpoint-Inhibition verbessert.

Chemotherapie

In der klinischen Praxis erfolgt der Einsatz von Chemotherapeutika aufgrund der Überlegenheit der neuen immunologischen und zielgerichteten Therapieansätze nur noch selten und nachrangig in späteren Therapielinien. Eingesetzt und in Studien überprüft wurden u. a. Dacarbazin (DTIC), Temozolomid („off-label“), Carboplatin, Cisplatin, Paclitaxel, Vindesin, Doxorubicin und Fotemustin. Im Fall von Dacarbazin, das als Referenztherapeutikum gilt und als einziges Chemotherapeutikum zur Melanomtherapie in Deutschland zugelassen ist, lagen die Ansprechraten bei etwa 10 % ohne signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens. Polychemotherapien konnten initial zu höheren Ansprechraten führen, zeigten jedoch in randomisierten, multizentrischen Studien ebenfalls keine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens bei vergleichsweise wesentlich höherer Toxizität. Als neuer Aspekt der historisch etablierten Chemotherapie wird in Studienprotokollen untersucht, ob die therapeutische Induktion von DNA-Schäden zu einer höheren Mutationslast in Tumorzellen und dadurch zu einer höheren Immunogenität führt, die eine Resistenz gegenüber einer Immuntherapie aufheben kann.
Aufgrund der rasanten Entwicklung der Melanomtherapie und der zahlreichen zur Verfügung stehenden klinischen Studien sollte die Therapie des metastasierenden Melanoms in speziellen Behandlungszentren mit entsprechender klinischer Erfahrung erfolgen. Zur Verbesserung der Lebensqualität sollte allen Patienten frühzeitig eine psychoonkologische und palliativmedizinische Betreuung angeboten werden.

Ausblick

Zusammenfassend hat sich die Therapie des metastasierenden Melanoms mit der Zulassung der Signaltransduktions-Inhibitoren Vemurafenib (Zelboraf) und Dabrafenib (Tafinlar) und den immunstimulierenden Antikörpern Ipilimumab (anti-CTLA4, Yervoy) Nivolumab (anti-PD-1, Opdivo) und Pembrolizumab (anti-PD-1, Keytruda) grundlegend verändert (Abb. 2). Es besteht große Hoffnung, dass durch die Weiterentwicklung und kombinierte Anwendung dieser und weiterer, innovativer, „zielgerichteter“ Therapieverfahren länger andauernde Remissionen (und eventuell sogar Heilungen) bei einem zunehmend größeren Anteil von Patienten mit einem metastasierenden Melanom erreicht werden können. Besonders neoadjuvante Therapieverfahren mit Einsatz immuntherapeutischer Verfahren vor der Exzision von Metastasen oder gar Primärtumoren deuten in initialen Studienergebnissen beeindruckende Therapieerfolge ein. Hierdurch könnte in naher Zukunft der Therapie des Melanoms erneut eine grundlegende Veränderung bevorstehen (Garbe et al. 2023).

Besondere Aspekte

Malignes Melanom in der Schwangerschaft

Das Melanom macht etwa 8 % der malignen Tumorerkrankungen aus, die während der Schwangerschaft diagnostiziert werden. In mehreren Studien konnte kein Unterschied in der Tumordicke und Prognose von Melanomen zwischen schwangeren und nicht-schwangeren Frauen im gebärfähigen Alter gezeigt werden. Auch wirken sich eine Schwangerschaft sowie antikonzeptionelle oder menopausale Hormontherapien nicht negativ auf ein zuvor behandeltes Melanom aus. Während der Durchführung von Systemtherapien besteht jedoch die Notwendigkeit einer sicheren antikonzeptionellen Behandlung, da sie teratogene Wirkungen besitzen oder (Auto-)Immunreaktionen mit Gefährdung von Mutter und Kind hervorrufen können.

Malignes Melanom bei immunsupprimierten Patienten

Patienten unter langfristiger immunsuppressiver Therapie sollten regelmäßig hautfachärztlich untersucht werden, da bei ihnen das Hautkrebsrisiko deutlich erhöht ist. Das Risiko, an einem Melanom zu erkranken, liegt dabei mit einer knapp vierfach erhöhten Wahrscheinlichkeit unter dem für nicht-melanozytäre Hauttumoren (65- bis 240-fach erhöhtes Risiko für Plattenepithelkarzinome der Haut, 10- bis 16-fach erhöhtes Risiko für Basaliome) im Vergleich zur Normalbevölkerung. Bei Eintreten einer metastasierten Situation muss das therapeutische Vorgehen für den Einzelfall kritisch interdisziplinär geprüft werden, da insbesondere in Hinblick für den Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren für dieses Kollektiv verschiedene Risiken bestehen (u. a. Organabstoßung, Graft-versus-host Erkrankung, Verschlechterung der immunsuppressiv behandelten Erkrankung, Abschwächung der antitumoralen Therapie durch die Immunsuppression selbst).
Literatur
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