DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Matthias Girndt
Publiziert am: 20.11.2014

Nephrologische Diagnostik: Urinanalyse

Die Analyse des Urins erbringt wichtige differentialdiagnostische Hinweise hinsichtlich verschiedener Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege.

Einleitung

Die Analyse des Urins erbringt wichtige differentialdiagnostische Hinweise hinsichtlich verschiedener Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege.

Urinteststreifen

Als Screening hat sich der Einsatz von Teststreifen bewährt. Die Sensitivität für Erythrozyten ist gut (ca. 10/μl). Das Leukozytentestfeld kann durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren gestört werden und reagiert häufig falsch-positiv. Bei positivem Befund für Erythrozyten oder Leukozyten ist grundsätzlich eine Verifizierung durch Mikroskopie ratsam. Nitritnachweis kann das Vorhandensein nitritproduzierender Bakterien anzeigen, erkennt jedoch die häufigen nitritnegativen Harnwegsinfektionen nicht. Der Eiweißtest ist sensitiv für Albumin und kann dazu führen, andere Proteine im Urin (z. B. Leichtkettenproteine) zu übersehen. Die Nachweisgrenze von ca. 100 mg/l reicht für einige Zwecke (Diagnostik beim Diabetiker) nicht aus, hier müssen sensitivere Tests (Mikroalbumin-Teststreifen) angewandt werden.

Urinsediment

Das Urinsediment kann am sichersten in der Phasenkontrastmikroskopie beurteilt werden. Die Zentrifugation von 10 ml Spontanurin führt zu einer Anreicherung geformter Bestandteile. Eine Mikrohämaturie (≥5 Ery pro Gesichtsfeld) hat eine sehr breite Differenzialdiagnose von Nierenkrankheiten aller Art bis hin zu Infektionen und Tumoren der ableitenden Harnwege. Der Nachweis von >5 % Akanthozyten (Erythrozyten mit sackförmigen Ausstülpungen der Zellmembran) hat eine sehr hohe Spezifität für das Vorliegen einer Glomerulonephritis. Leukozyten können sowohl bei Infektionen von Nieren und ableitenden Harnwegen als auch bei interstitiellen Nierenkrankheiten im Urin aufzufinden sein. Das Urinsediment ist eine rein qualitative, keine quantitative Analyse. Zylinder bestehen aus geliertem Tamm-Horsfall-Protein, einem physiologischen Sekretionsprodukt der Tubulusepithelien. Das Vorkommen von Zylindern im Urin hat nur pathologische Bedeutung, wenn Erythrozyten oder Leukozyten darin eingeschlossen sind (glomeruläre oder interstitielle Nierenkrankheit!). Kristalle im Urin sind unspezifisch und finden sich auch beim Gesunden. Lediglich bei Vorliegen eines Steinleidens kann die Kristallart einen gewissen Hinweis auf die Genese geben.

Urinproteinanalytik

Die Analyse der Eiweißausscheidung im Urin kann quantitativ aus dem 24-h-Sammelurin erfolgen. Die ausgeschiedene Eiweißmenge gibt einen Hinweis auf die Schwere der Erkrankung und hilft bei der Verlaufskontrolle. Normalerweise liegt die Eiweißausscheidung ≤150 mg/24 h. Gut etabliert ist inzwischen die Bestimmung des Eiweißgehaltes im Urin mit Bezug zum Kreatiningehalt. Hierdurch erspart man dem Patienten das lästige Urinsammeln und kann dennoch eine gute semiquantitative Aussage machen. Der Bezug auf das Kreatinin im Sinne eines Eiweiß-Kreatinin-Quotienten oder Albumin-Kreatinin-Quotienten kontrolliert für unterschiedliche Verdünnungsverhältnisse im Urin. Semiquantitative Protein-Kreatinin-Quotienten können auch für die einzelnen Markerproteine im Urin bestimmt werden.
Neben der quantitativen Analyse ist die qualitative Bestimmung von Markerproteinen oder die reduzierende Urin-Eiweißelektrophorese wichtig. Hierdurch kann differenziert werden, ob eine Proteinurie vorwiegend aus hochmolekularen Eiweißen (Marker: Albumin, IgG) besteht, die nur bei glomerulärer Läsion in den Urin übertreten können, oder ob vorwiegend niedermolekulare Eiweiße (Marker: α1-Mikroglobulin, β2-Mikroglobulin, retinolbindendes Protein) vorhanden sind, die eine tubulär-interstitielle Schädigung anzeigen. Die Urinelektrophorese kann Paraproteine (Immunglobulinleichtketten bei MGUS/multiplem Myelom) als Ursache einer Proteinurie aufdecken, die bei der Bestimmung von Markerproteinen sonst übersehen würden.