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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 03.01.2024

Nephrologische Diagnostik: Urinanalyse

Verfasst von: Matthias Girndt
Die Urinanalyse stellt eine einfache Methode zur Einordnung von Nierenkrankheiten dar. Übersichtsweise erfolgt eine Untersuchung mittels Teststreifen, weiterführend kommt die Urinmikroskopie zur Bewertung geformter Bestandteile sowie die Proteinuriediagnostik zum Einsatz.

Einleitung

Die Analyse des Urins erbringt wichtige differenzialdiagnostische Hinweise hinsichtlich verschiedener Erkrankungen der Nieren und ableitenden Harnwege.

Urinteststreifen

Als Screening hat sich der Einsatz von Teststreifen bewährt. Die Sensitivität für Erythrozyten ist gut (ca. 10/μl). Das Leukozytentestfeld kann durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren gestört werden und reagiert häufig falsch-positiv. Bei positivem Befund für Erythrozyten oder Leukozyten ist grundsätzlich eine Verifizierung durch Mikroskopie ratsam. Ein Nitritnachweis kann das Vorhandensein Nitrit produzierender Bakterien anzeigen, erkennt jedoch die häufigen Nitrit-negativen Harnwegsinfektionen nicht. Der Eiweißtest ist sensitiv für Albumin und kann dazu führen, andere Proteine im Urin (z. B. Leichtkettenproteine) zu übersehen. Die Nachweisgrenze von ca. 100 mg/l reicht für manche Zwecke (Diagnostik bei Patienten mit Diabetes) nicht aus, hier müssen sensitivere Tests (vorzugsweise Albumin-Kreatinin-Ratio, s. u.) angewandt werden.

Urinsediment

Das Urinsediment kann am sichersten in der Phasenkontrastmikroskopie beurteilt werden. Die Zentrifugation von 10 ml Spontanurin führt zu einer Anreicherung geformter Bestandteile. Eine Mikrohämaturie (≥ 5 Erythrozyten pro Gesichtsfeld) hat eine sehr breite Differenzialdiagnose von Nierenkrankheiten aller Art bis hin zu Infektionen und Tumoren der ableitenden Harnwege. Der Nachweis von > 5 % Akanthozyten (Erythrozyten mit sackförmigen Ausstülpungen der Zellmembran) hat eine sehr hohe Spezifität für das Vorliegen einer Glomerulonephritis. Leukozyten können sowohl bei Infektionen von Nieren und ableitenden Harnwegen als auch bei interstitiellen Nierenkrankheiten im Urin aufzufinden sein. Das Urinsediment ist eine rein qualitative, keine quantitative Analyse. Zylinder bestehen aus Uromodulin(Tamm-Horsfall-Protein), einem physiologischen Sekretionsprodukt der Tubulusepithelien. Das Vorkommen von Zylindern im Urin hat nur pathologische Bedeutung, wenn Erythrozyten oder Leukozyten darin eingeschlossen sind (glomeruläre oder interstitielle Nierenkrankheit!). Kristalle im Urin sind unspezifisch und finden sich auch beim Gesunden. Bei Vorliegen eines Steinleidens kann die Kristallart einen wichtigen Hinweis auf die Genese geben.

Urinproteinanalytik

Diagnostischer Standard ist heute die Bestimmung des Eiweißgehaltes im Urin mit Bezug zum Kreatiningehalt in der Spontanurinprobe. Eine Analyse der Eiweißausscheidung im 24-h-Sammelurin erfolgt nur noch bei speziellen Fragestellungen. Der Bezug auf das Kreatinin im Sinne eines Eiweiß-Kreatinin-Quotienten oder Albumin-Kreatinin-Quotienten (urinary albumin-creatinin-ratio, UACR) kontrolliert für unterschiedliche Verdünnungsverhältnisse im Urin. Die UACR wird auch zur Stadieneinteilung der chronischen Nierenkrankheit zugrunde gelegt und in mg Albumin/g Kreatinin angegeben. Semiquantitative Protein-Kreatinin-Quotienten können auch für die einzelnen Markerproteine im Urin bestimmt werden.
Neben der quantitativen Analyse ist die qualitative Bestimmung von Markerproteinen oder die reduzierende Urin-Eiweiß-Elektrophorese wichtig. Hierdurch kann differenziert werden, ob eine Proteinurie vorwiegend aus hochmolekularen Eiweißen (Marker: Albumin, IgG) besteht, die nur bei glomerulärer Läsion in den Urin übertreten können, oder ob vorwiegend niedermolekulare Eiweiße (Marker: α1-Mikroglobulin, β2-Mikroglobulin, retinolbindendes Protein) vorhanden sind, die eine tubulär-interstitielle Schädigung anzeigen. Die Urinelektrophorese kann Paraproteine (Immunglobulinleichtketten bei MGUS/multiplem Myelom) als Ursache einer Proteinurie aufdecken, die bei der alleinigen Bestimmung von Markerproteinen sonst übersehen würden.