DGIM Innere Medizin
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Verfasst von:
Bernhard Ismann, Eric Kampmann und Lars Lindner
Publiziert am: 09.07.2015

Osteosarkom und malignes fibröses Histiozytom des Knochens

Nach der WHO-Definition ist das Osteosarkom ein „bösartiger Tumor mit direkter Bildung von Knochen oder Tumorosteoid durch die Tumorzellen“. Es handelt sich um die häufigste Entität der insgesamt seltenen malignen knocheneigenen Tumoren, die bevorzugt in der Kindheit und Adoleszenz auftreten. Das maligne fibröse Histiozytom des Knochens ist eine wesentlich seltenere Entität, dessen Behandlung in Analogie zum Osteosarkom erfolgt. Wichtigste frühe klinische Zeichen sind in den meisten Fällen belastungsabhängige Schmerzen der betroffenen Region. Die Therapie erfolgt interdisziplinär. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der Notwendigkeit, mehrere Fachdisziplinen mit einzubeziehen, sollte die Therapie nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Die Therapie sollte darüber hinaus im Rahmen von aktuellen Studien erfolgen.

Definition

Nach der WHO-Definition ist das Osteosarkom ein „bösartiger Tumor mit direkter Bildung von Knochen oder Tumorosteoid durch die Tumorzellen“. Es handelt sich um die häufigste Entität der insgesamt seltenen malignen knocheneigenen Tumoren, die bevorzugt in der Kindheit und Adoleszenz auftreten. Das maligne fibröse Histiozytom (MFH) des Knochens ist eine wesentlich seltenere Entität, dessen Behandlung in Analogie zum Osteosarkom erfolgt.

Maligne Knochentumoren

Basisinformationen

Die malignen Knochentumoren gehören zu den seltenen Malignomen mit ca. 700 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland. Die verschiedenen Entitäten treten mit unterschiedlichen Häufigkeiten auf (Tab. 1). Das Osteosarkom ist der häufigste knocheneigene Tumor, gefolgt vom Chondrosarkom.
Tab. 1
Knocheneigene Tumoren: Entitäten, relative Häufigkeit, Manifestationsalter
Subentität
Relative Häufigkeit (%)
Manifestationsalter
Osteosarkom
40
2. Lebensdekade
Chondrosarkom
20
6. Lebensdekade
Primitive neuroektodermale Tumoren und Ewing-Sarkom
10
2. Lebensdekade
Andere (inkl. malignes fibröses Histiozytom)
10
2.–6. Lebensdekade
Für die lokalisierten Stadien des hochmalignen Osteo- und Ewing-Sarkoms konnte durch den Einsatz neo- und adjuvanter Chemotherapieprotokolle im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte die Prognose stetig verbessert werden mit Langzeitprognosen von 50–70 % (Therapieprotokolle EURAMOS 1, EURO-B.O.S.S. und Ewing 2008).

Diagnostik

Die Diagnostik der malignen Knochentumoren ist im Wesentlichen für alle Entitäten ähnlich. Besonderheiten werden in den entsprechenden Unterkapiteln besprochen. Aufbauend auf Anamnese (Schmerzanamnese, Traumaanamnese, allgemeine Anamnese), körperlicher Untersuchung und Bildgebung steht am Ende die definitive Diagnosestellung mittels histopathologischer Untersuchung sowie Festlegung des Erkrankungsstadiums (TNM-Klassifikation).

Lokale Bildgebung

Ergibt sich klinisch der Verdacht auf das Vorliegen eines Malignoms, muss eine lokale Bildgebung der betroffenen Region erfolgen. Am Anfang steht hier die konventionelle Röntgendiagnostik in zwei Ebenen. Mithilfe der Lodwick-Klassifikation kann am konventionellen Röntgenbild über das Ausmaß der Osteodestruktion die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines malignen Prozesses abgeschätzt werden.
Der nächste Schritt in der lokalen Bildgebung ist die Schnittbildgebung, bevorzugt mittels kontrastmittelverstärkter Magnetresonanztomographie (MRT), alternativ auch der Computertomographie (CT), zur Beurteilung der Ausbreitung und Ausdehnung des Primärtumors. Tumormanifestationen nahe des Primarius, jedoch ohne direkte Verbindung, werden als „skip lesions“ bezeichnet.

Ausbreitungsdiagnostik

Zum Ausschluss oder Nachweis einer systemischen Tumorausbreitung und damit zur Klärung des Erkrankungsstadiums muss anschließend eine CT von Thorax und Abdomen durchgeführt werden. Ebenso erforderlich ist eine Skelettszintigraphie oder alternativ eine Positronenemissionstomographie (PET)/CT mit F-18-Fluordesoxyglukose (FDG).

Biopsie und Histologie

Eine definitive Diagnosestellung kann nur mittels histopathologischer Untersuchung erfolgen und zwar nach abgeschlossener lokaler Bildgebung. Eine Probebiopsie aus dem verdächtigen Areal zur Diagnosesicherung sollte immer in einem spezialisierten Zentrum durch einen erfahrenen Operateur erfolgen. Wichtig ist die Berücksichtigung des Zugangsweges für die definitive Resektion. Eine Biopsie sollte daher ausschließlich nach Durchführung der vollständigen lokalen Bildgebung durchgeführt werden. Der Stich- oder Inzisionskanal sollte im Ganzen im Rahmen einer folgenden Operation entfernt werden können, daher ist auch bei einer Hohlnadelbiopsie unter bildgebender Steuerung unbedingt die folgende Operation zu berücksichtigen. Hohlnadelpunktion und Inzisionsbiopsie sind bei Berücksichtigung der oben genannten Prinzipien und bei Gewährleistung einer repräsentativen Probe gleichwertige Verfahren. Die Kontamination von umliegenden Strukturen ist auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
Die histologische Untersuchung sollte unbedingt durch einen für die Beurteilung von Knochentumoren ausgewiesenen Referenzpathologen erfolgen (Kontakt über Studienzentralen der Cooperative OsteoSarkom Studiengruppe [COSS] bzw. Ewing-2008-Studiengruppe).

Pathophysiologie

Beim Osteosarkom sind im Gegensatz zu anderen Sarkomen bisher keine pathognomonischen genetischen Befunde beschrieben worden. Auf molekulargenetischer Ebene spielen beim Osteosarkom jedoch zwei Tumorsuppressorgene eine bedeutende Rolle. Zum einen ist das Rb-Gen (Retinoblastomagen) bei etwa 70 % der spontan auftretenden Osteosarkome von einer Mutation betroffen. Bei Individuen mit einer Rb-Mutation besteht daher ein um den Faktor 1000 erhöhtes Erkrankungsrisiko. Das andere Tumorsuppressorgen, das im Osteosarkom ein regelmäßig von inaktivierenden Mutationen betroffen ist, ist p53. Sekundäre Osteosarkome können auf dem Boden eines Morbus Paget oder nach Strahlenexposition entstehen. Das maligne fibröse Histiozytom des Knochens unterscheidet sich histopatholgisch nicht vom malignen fibrösen Histiozytom der Weichgewebe. Als Ursprungszellen werden Gewebe- bzw. Knochenhistiozyten angesehen.

Epidemiologie

Beim Osteosarkom und malignen fibrösen Histiozytom handelt sich um seltene Erkrankungen. Das Osteosarkom macht mit etwa 40 % jedoch die häufigste Entität unter den knocheneigenen Tumoren aus.
Die Inzidenz des Osteosarkoms liegt bei etwa 0,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr. Es bestehen hierbei zwei Altersgipfel. Einer in den ersten beiden Lebensjahrzehnten, d. h. in Kindheit und Adoleszenz, und eine zweiter um das 80. Lebensjahr. Im Kindesalter und in der Adoleszenz handelt es sich beim Osteosarkom um eine der häufigsten malignen Erkrankungen und um den häufigsten soliden malignen Tumor.
Das maligne fibröse Histiozytom des Knochens hingegen macht nur etwa 5 % der knocheneigenen Tumoren aus, Männer sind etwas häufiger betroffen (Altersgipfel 4.–6. Dekade) als Frauen (Altersgipfel 2.–3. Dekade).

Klinik

Das Osteosarkom tritt bevorzugt gelenksnah in den Metaphysen langer Röhrenknochen auf. Am häufigsten sind distaler Femur und proximale Tibia (Kniegelenksregion) betroffen, in dieser Lokalisation finden sich bis zu 50 % der Osteosarkome. Die zweithäufigste Lokalisation ist der proximale Humerus (ca. 10 %). Das Auftreten an anderen Knochen ist wesentlich seltener.
Das maligne fibröse Histiozytom betrifft zumeist den Femur und die Tibia (60 %).
Wichtigste frühe klinische Zeichen sind in den meisten Fällen belastungsabhängige Schmerzen der betroffenen Region. Therapierefraktäre Schmerzen ohne Anamnese für ein stattgehabtes Trauma bestehend über mehrere Wochen müssen im Kindesalter unbedingt an einen Knochentumor und im Speziellen an ein Osteosarkom denken lassen. Spätere Zeichen sind eine lokale schmerzhafte Schwellung und/oder Symptome durch Destruktion lokaler Strukturen (z. B. periphere Nervenläsionen bei Nervendestruktion, Bewegungseinschränkung und Gelenkserguss bei Infiltration eines Gelenkes). Allgemeinsymptome sind beim Osteosarkom am ehesten durch das Vorliegen einer Fernmetastasierung bedingt und damit Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung (z. B. Dyspnoe bei Vorliegen von pulmonalen Metastasen).

Diagnostik

Stadieneinteilung

Die Stadieneinteilung des Osteosarkoms kann nach der TNM-Klassifikation (Tab. 2 und 3) sowie der Einteilung nach der UICC (Tab. 4) erfolgen.
Tab. 2
TNM-Klassifikation des Osteosarkoms
TX
Primärtumor nicht beurteilbar
T1
Primärtumor <8 cm
T2
Primärtumortumor >8 cm
T3
Diskontinuierliche Ausbreitung im primär betroffenen Knochen
N0
Keine regionären Lymphknotenmetastasen
N1
Regionäre Lymphknotenmetastasen
M0
Fehlen von Fernmetastasen
M1
Vorhandensein von Fernmetastasen
M1a
Fernmetastasen in der Lunge
Tab. 3
Grading der Osteosarkoms
G1
Gut differenziert
G2
Mäßig differenziert
G3
Schlecht differenziert
G4
Undifferenziert
Tab. 4
UICC-Stadieneinteilung des Osteosarkoms
IA
G1, 2
T1
N0
M0
IB
G1, 2
T2
N0
M0
IIA
G3, 4
T1
N0
M0
IIB
G3, 4
T2
N0
M0
III
Jedes G
Jedes T
N0
M0
IVA
Jedes G
Jedes T
N0
M1a
IVB
Jedes G
Jedes T
N1
Jedes M
 
Jedes G
Jedes T
Jedes N
M1

Klinische Chemie

Vor Therapiestart sollten in der Serumchemie die alkalische Phosphatase und die Laktatdehydrogenase (LDH) als Verlaufsparameter bestimmt werden. Vor Start einer Chemotherapie sind darüber hinaus in Abhängigkeit von den eingesetzten Zytostatika weitere Laborparameter zu bestimmen (Abschn. 6.4).

Histologie

Das Osteosarkom lässt sich nach der WHO-Klassifikation in verschiedene histologische Subtypen aufteilen (Tab. 5). Am häufigsten sind hochmaligne wenig differenzierte Osteosarkome (90 %), wesentlich seltener sind niedrigmaligne gut differenzierte Osteosarkome (10 %). Abhängig von der Lokalisation im Knochen selbst werden außerdem das zentrale (medulläre) Osteosarkom (80 %) und das periphere (juxtakortikale) Osteosarkom (9 %; weitere Unterteilung: parossal, periostal, „surface“) unterschieden. Sehr seltene Varianten sind das kraniofaziale Osteosarkom, das intrakortikale Osteosarkom, das sekundäre Osteosarkom und das zu den Weichteilsarkomen zählende extraskelettale Osteosarkom.
Tab. 5
Einteilung des Osteosarkoms
Klassifikation
Subtyp
Relative Häufigkeit (%)
Zentrales (= medulläres) Osteosarkom
„High-grade“ (klassisch)
„Low-grade“
80
75–80
<2
Peripheres (= juxtakortikales) Osteosarkom
Parossal
Periostal
„High-grade surface“
10
5–9
<2
<1
Kraniofaziales Osteosarkom
 
<7
Extraskelettales Osteosarkom
 
<1
Intrakortikales Osteosarkom
 
<1
Sekundäres Osteosarkom (z. B. radiogen, Morbus Paget)
 
<1
Das zentrale/medulläre Osteosarkom ist meist hochmaligne, während das parossale Osteosarkom zumeist niedrigmaligne ist.
Das maligne fibröse Histiozytom imponiert in den meisten Fällen histopathologisch als fibroblastisch. Auch hier sollte die Diagnose durch einen Referenzpathologen bestätigt werden.

Untersuchungen vor Beginn einer Chemotherapie

Vor Beginn einer Chemotherapie muss geklärt werden, ob relevante Kontraindikationen gegen eine zytostatische Therapie vorliegen. Es müssen die Herzfunktion mittels Elektrokardiographie (EKG) und Herzechokardiographie vor Gabe von Doxorubicin (Adriamycin) und die Nierenfunktion mittels Kreatininclearance vor Gabe von Methotrexat, Cisplatin und Ifosfamid überprüft werden. Aufgrund der kumulativen Kardiotoxizität von Anthrazyklinen wie Doxorubicin muss vor deren Gabe geklärt werden, welcher Anteil der zulässigen Anthrazyklinschwellendosis bereits im Rahmen einer vorangegangenen Therapie verabreicht worden ist. Im weiteren Verlauf sind nach Anthrazyklingabe Folgeuntersuchungen der Herzfunktion durchzuführen. Vor Gabe von Cisplatin empfiehlt sich des Weiteren die Durchführung einer Audiometrie zur Dokumentation des Hörvermögens.

Differenzialdiagnostik

Als Differenzialdiagnosen kommen andere maligne Knochentumoren, Metastasen anderer maligner Tumoren, benigne Knochentumoren oder infektiöse Ursachen infrage. Der Ausschluss eines Malignomes kann nur histologisch erfolgen, daher ist bei Verdacht auf einen malignen Prozess unbedingt eine Biopsie anzustreben.

Therapie

Die Therapie des Osteosarkoms und des malignen fibrösen Histiozytoms des Knochens erfolgt interdisziplinär. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der Notwendigkeit, mehrere Fachdisziplinen mit einzubeziehen, sollte die Therapie nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Die Therapie sollte darüber hinaus, wenn möglich, im Rahmen von aktuellen Studien erfolgen (z. B. EURO-B.O.S.S. für Patienten im Alter von 41–65 Jahre, COSS-Register für Patienten bis 40 Jahre).
Am Beginn der Therapie eines lokal begrenzten, nicht metastasierten hochmalignen Osteosarkoms und eines malignen fibrösen Histiozytoms des Knochens steht eine neoadjuvante (präoperative) Chemotherapie. Der Einsatz einer neoadjuvanten und einer adjuvanten (postoperativen) Chemotherapie hat im Vergleich zur alleinigen chirurgischen Therapie die Prognose beider Entitäten entscheidend verbessert.
Weitere Gründe, die für den Einsatz einer neoadjuvanten Chemotherapie sprechen, sind die Erhöhung der Rate extremitätenerhaltender Operationen, die Reduktion der Lokalrezidivrate, ein Zeitgewinn für die Planung der operativen Intervention sowie die frühestmögliche Behandlung von eventuell vorhandenen Mikrometastasen.
Bei niedrigmaligen und kraniofazialen Osteosarkomen erfolgt in der Regel keine neoadjuvante oder adjuvante Chemotherapie, sondern ausschließlich die operative Entfernung. Es muss jedoch im Rahmen der histologischen Aufarbeitung der Präparate das Vorliegen eines hochmalignen Anteils im Tumor ausgeschlossen werden. Ein niedrigmalignes Osteosarkom mit fokal hochmalignem Anteil muss wie ein „High-grade“-Osteosarkom behandelt werden.
Im Rahmen einer neoadjuvanten Chemotherapie haben der Folsäureantagonist Methotrexat (MTX), das Platinanalogon Cisplatin, das Stickstoff-Lost-Derivat Ifosfamid und das Anthrazyklin Doxorubicin besonderen Stellenwert. Es ist bei der Anwendung dieser Zytostatika unbedingt auf die korrekten supportiven Maßnahmen zu achten, da sonst lebensbedrohliche Nebenwirkungen drohen. Insbesondere im Rahmen der Anwendung von hochdosiertem MTX (bis zu 12 g/m2 Körperoberfläche) sind in regelmäßigen Abständen Serumspiegelbestimmungen durchzuführen und auf einen korrekt durchgeführten supportiven Leucovorin(Folsäure)-Rescue zur Minderung der potenziell letalen systemischen Toxizität zu achten. Eine Therapie mittels Ifosfamid bedarf einer Begleitmedikation mit Mesna zur Prophylaxe einer hämorrhagischen Zystitis.
Im Anschluss an eine neoadjuvante Chemotherapie ist die Tumorresektion der entscheidende Schritt. Hierbei ist eine R0-Resektion anzustreben und eine intraläsionale Operation (R1- oder R2-Situation) unbedingt zu vermeiden. Eine R0-Resektion bedeutet eine Resektion im Gesunden ohne das Vorhandensein von Tumorzellen am Absetzungsrand des Präparates. Die R0-Resektion ist ein bedeutender prognostischer Faktor. Vielfach sind Amputationen vermeidbar. Um anschließend eine möglichst gute Funktionalität der Extremität der meist jungen Patienten zu gewährleisten, kommen weitere spezielle Operationstechniken wie z. B. Knochentransplantationen oder auch Umkehrplastik des Unterschenkels zum Einsatz. Die Möglichkeit einer Strahlentherapie ist im Falle eine R1/R2-Situation zu überprüfen. Im Falle einer R0-Resektion hat sie keinen Stellenwert.
Nach der Operation wird standardmäßig der Grad des histologischen Therapieansprechens nach Salzer-Kuntschik bestimmt (Tab. 6). Im Rahmen dieser Bestimmung des Regressionsgrades wird der Anteil an verbliebenen vitalen Tumorzellen nach der Applikation der neoadjuvanten Chemotherapie bestimmt. Hierbei entspricht ein Regressionsgrad von 1 einem Präparat ohne vitale Tumorzellen und ein Grad von 6 einem Fehlen eines Effektes der Chemotherapie. Je besser das Ansprechen des Tumors auf die neoadjuvante Therapie ist desto besser die Prognose.
Tab. 6
Regressionsgrad nach Salzer-Kuntschik
Regressionsgrad
Morphologisches Bild
1
Keine vitalen Tumorzellen
2
Einzelne vitale Tumorzellen
3
Weniger als 10 % vitale Tumorzellen
4
10–50 % vitale Tumorzellen
5
Mehr als 50 % vitale Tumorzellen
6
Völlig vitaler Tumor
An die Resektion schließt sich eine adjuvante Chemotherapie an. Die Auswahl der Substanzen richtet sich nach dem histopathologischen Ansprechen auf die neoadjuvante Chemotherapie. Die Anwendung der adjuvanten Therapie verbessert die Prognose weiterhin, zusammenfassend ist jedoch vor allem das Ansprechen auf die neoadjuvante Therapie ein entscheidender prognostischer Faktor. Eine Therapieintensivierung nach schlechtem histopathologischen Ansprechen für Patienten ≤40 Jahre hat nach den jüngsten Analysen der EURAMOS-1-Studie keinen Vorteil erbracht.
Nach Abschluss der adjuvanten Chemotherapie schließt sich die Nachsorgeperiode an. Eine Erhaltungstherapie spielt beim Osteosarkom und malignen fibrösen Histiozytom des Knochens keine Rolle.
Bei Diagnosestellung liegen bei 10–20 % der Patienten bereits radiologisch erkennbare Fernmetastasen vor. Das bei Diagnosestellung metastasierte Osteosarkom kann, falls die Metastasen initial bzw. nach der neoadjuvanten Therapie resektabel sind, nach dem oben genannten Prinzip in kurativer Intention therapiert werden. Selbst bei wiederholten Operationen kann bei vollständig resezierten Metastasen ein kurativer Therapieansatz realisiert werden. Jedoch ist die Prognose von Patienten mit primärer Metastasierung insgesamt deutlich schlechter.
Sind vorliegende Metastasen bei Diagnosestellung und nach neoadjuvanter Chemotherapie nicht vollständig resektabel, erfolgt die Therapie in palliativer Intention. In diesem Rahmen kann auch eine Bestrahlung in Betracht gezogen werden. Bei einer palliativen Behandlung stehen vor allen Dingen supportive Maßnahmen wie eine suffiziente Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema im Vordergrund.
Im Rahmen der Nachsorge erfolgen in Analogie zu aktuellen Studienprotokollen neben Anamnese und körperlicher Untersuchung Röntgen-Thorax-Untersuchungen während der ersten zwei Jahre nach Primärbehandlung alle 6–12 Wochen, im 3.–5. Jahr in halbjährigen Intervallen und im 5.–10. Jahr schließlich alle 6–12 Monate. Analog dazu erfolgen bildgebende Kontrollen der Lokalisation des Primärtumors mittels CT/MRT und Sonographie.

Prognose

Wichtige Prognosefaktoren des Osteosarkoms und des malignen fibrösen Histiozytoms des Knochens sind Graduierung, Größe und Lage des Primärtumors sowie das Vorhandensein von Metastasen. Bei hoher Malignität verschlechtert sich die Prognose mit der Größe des Primärtumors und der Nähe zum Körperstamm. Ebenso verschlechtert sich die Prognose bei Vorhandensein von Fernmetastasen. Ein weiterer bedeutender Faktor ist der Regressionsgrad nach Salzer-Kuntschik. Je besser das Therapieansprechen, das nach einer neoadjuvanten Chemotherapie bestimmt wird, desto besser die Prognose. Eine R0-Resektion ist ein ebenfalls wichtiger prognostischer Faktor.
Unter Einsatz der oben genannten Therapieprinzipien lassen sich 5-Jahres-Überlebensraten von etwa 60 % erreichen. Mit dem Auftreten von Metastasen verschlechtert sich die Prognose erheblich.