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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 28.04.2015

Schrittmacher- und Defibrillatortherapie

Verfasst von: Tobias Tönnis und Karl-Heinz Kuck
Schrittmacher sind externe oder interne, implantierbare Systeme zur antibradykarden Therapie. Sie bestehen immer aus einem Aggregat und Sonden, die die Verbindung zum Herzen darstellen. Externe Schrittmacher sind zur Akutbehandlung und implantierbare Systeme zur Langzeittherapie von Bradykardien indiziert. Es gibt Ein-, Zwei- und Dreikammerschrittmacher. Zum schnelleren Verständnis der Systematik der Schrittmacher wurde ein international gültiger Buchstabencode entwickelt. Die Implantation eines Herzschrittmachers ist bei symptomatischen, nicht reversiblen bradykarden Herzrhythmusstörungen indiziert. Die Schrittmacherimplantation erfolgt in der Regel transvenös mit einem venösen Zugang über die V. subclavia oder V. cephalica. Der implantierbare Kardioverter-Defibrillator (ICD) dient der Vorbeugung des plötzlichen Herztods.

Herzschrittmacher

Funktionsprinzipien eines Schrittmachersystems

Schrittmacher sind externe oder interne, implantierbare Systeme zur antibradykarden Therapie. Sie sind die effektivste Therapiemöglichkeit zur Behandlung symptomatischer Bradykardien. Sie bestehen immer aus einem Aggregat und Sonden, die die Verbindung zum Herzen darstellen. Externe Schrittmacher sind zur Akutbehandlung und implantierbare Systeme zur Langzeittherapie von Bradykardien indiziert.
Der erste implantierbare Herzschrittmacher wurde am 8. Oktober 1958 dem Patienten Arne Larsson in Stockholm eingesetzt. Seitdem hat es eine erhebliche Weiterentwicklung der Aggregate und Sonden gegeben, die zuletzt in Magnetresonanztomographie-tauglichen Systemen endete. Alle aktuell eingesetzten Schrittmachersysteme lassen sich durch externe Programmiergeräte von außen einstellen und so stets den individuellen Bedürfnissen des Patienten anpassen.

Schrittmachertypen und Schrittmachercode

Es gibt Ein-, Zwei- und Dreikammerschrittmacher. Einkammerschrittmacher sind mit einer Elektrode entweder mit dem rechten Atrium oder dem rechten Ventrikel verbunden. Zweikammersysteme haben zwei Elektroden, eine im rechten Atrium und eine im rechten Ventrikel. Dreikammerschrittmacher dienen der Therapie der Herzinsuffizienz durch Resynchronisation der Herzkammern, was mithilfe einer Elektrode im rechten Atrium, einer im rechten und einer am linken Ventrikel gelegenen Elektrode erreicht werden kann.
Über die Elektroden kann der Schrittmacher zum einen die elektrischen Impulse des Herzens wahrnehmen, zum anderen das Myokard stimulieren. Moderne Schrittmacher sind „Demand“-Systeme, das heißt, sie stimulieren nur, wenn keine intrinsische Herzerregung stattfindet. Die Impulsabgabe wird durch das intrinsische Signal inhibiert.
Zum schnelleren Verständnis der Systematik der Schrittmacher wurde ein Buchstabencode entwickelt, der weltweit verwendet wird. Dieser besteht aus maximal fünf Positionen, wobei üblicherweise nur vier Positionen verwendet werden. Die erste Position gibt den Ort der Stimulation an, die zweite Position den Ort der Wahrnehmung, die dritte Position, wie auf ein wahrgenommenes Signal reagiert werden kann und die vierte Position, ob eine automatische Frequenzanpassung eingestellt ist. Die fünfte Position kann darüber informieren, ob eine multifokale Stimulation möglich ist.
Die am häufigsten verwendeten Systeme sind DDD(R)-, VVI(R)- und AAI(R)-Systeme (Tab. 1).
Tab. 1
Schrittmachercodes
1. Position
Stimulation
2. Position
Detektion
3. Position
Reaktion auf Wahrnehmung
4. Position
Frequenzadaptation
5. Position
Multifokale Stimulation
0 = Keine
0 = Keine
0 = Keine
0 = Keine
0 = Keine
A = Atrium
A = Atrium
I = Inhibierung
R = Adaptiv
A = Atrium
V = Ventrikel
V = Ventrikel
T = Triggerung
 
V = Ventrikel
D = Atrium + Ventrikel
D = Atrium + Ventrikel
D = Inhibierung + Triggerung
 
D = Atrium + Ventrikel

Einkammerschrittmacher

VVI-Schrittmacher besitzen eine Elektrode, die in der rechten Herzkammer verankert ist. Vorhofaktionen können somit nicht wahrgenommen werden. Diese Systeme werden bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern oder als Back-up-Systeme verwendet.
AAI-Schrittmacher besitzen eine Elektrode, die im rechten Vorhof gelegen ist, sie werden bei Patienten mit Sick-Sinus-Syndrom und gesicherter AV-Überleitung verwendet.

Zweikammerschrittmacher

DDD-Schrittmacher haben zwei Elektroden im rechten Vorhof und rechten Ventrikel (Abb. 1, 2 und 3). Sie werden klassischerweise bei Patienten mit höhergradigen atrioventrikuläre (AV-)Blockierungen verwendet oder bei Patienten mit Sick-Sinus-Syndrom, wenn die Gefahr einer zusätzlichen AV-Blockierung besteht.
Eine Sonderform stellen VDD-Systeme dar. Sie besitzen eine im rechten Ventrikel liegende Elektrode, die durch zusätzliche Elektrodenringe in Höhe des rechten Vorhofes die atrialen Signale wahrnehmen kann. Eine Stimulation im Vorhof ist nicht möglich. Sie werden nur bei Patienten mit AV-Blockierungen verwendet.

Dreikammerschrittmacher

Dreikammerschrittmacher (Abb. 4) haben keine spezielle Bezeichnung im Schrittmachercode. Sie besitzen eine Elektrode im rechten Vorhof, eine Elektrode im rechten Ventrikel und eine Elektrode, die den linken Ventrikel stimuliert. Dies geschieht in der Regel über eine Sonde, die über die in den rechten Vorhof mündende Coronarvene eingeführt wird. Sie dienen nicht der antibradykarden Therapie, sondern finden Einsatz in der Herzinsuffizienztherapie (Kap. Systolische Herzinsuffizienz) bei Patienten mit Linksschenkelblock. Durch die Abstimmung der Impulsabgabe in den beiden Herzkammern kann die bei Linksschenkelblock verzögerte Erregung der linken Herzkammer ausgeglichen werden und somit die Auswurfleistung der linken Herzkammer gesteigert werden. Man bezeichnet dies auch als kardiale Resynchronisationstherapie (CRT).

Frequenzadaptive Schrittmacher

Frequenzadaptive Schrittmacher (mit einem R an 4. Position des Schrittmachercodes) haben zusätzlich einen Sensor, der erkennen soll, ob sich ein Patient belastet. Dabei handelt es sich typischerweise um ein Akzelerometer, welches die Bewegung des Schrittmacheraggregates wahrnimmt und bei Aktivierung zu einer Steigerung der Herzfrequenz und damit des Herzzeitvolumens führt. Dies soll die Reaktion des Herzens unter körperlicher Belastung nachahmen. Es gibt noch andere Arten von Sensoren, die das Atemminutenvolumen oder die Kontraktionsgeschwindigkeit des Myokards wahrnehmen und darüber aktiviert werden können.

AV-Management

Moderne Schrittmacher haben spezielle Algorithmen zur Vermeidung der rechtsventrikulären Stimulation, da sich in Studien gezeigt hat, dass eine permanente rechtsventrikuläre Stimulation langfristig negative Auswirkungen auf die ventrikuläre Pumpfunktion haben kann. Daher werden insbesondere bei Patienten mit reduzierter linksventrikulärer Funktion (LVEF) Systeme eingesetzt, die die AV-Überleitungszeiten des Schrittmachers intelligent verlängern können, um eine eigene AV-Überleitung zuzulassen.

Indikationen zur Schrittmacherimplantation

Grundsätzlich gilt, dass die Implantation eines Herzschrittmachers bei symptomatischen, nicht reversiblen bradykarden Herzrhythmusstörungen indiziert ist. Auf die Indikation von Dreikammerschrittmachern zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) wird im Kap. Chronische Herzinsuffizienz eingegangen.
Die Symptomatik von bradykarden Herzrhythmusstörungen ist variabel, am häufigsten sind Schwindel, Präsynkopen und Synkopen, aber auch Abgeschlagenheit, Dyspnoe und Zeichen der Herzinsuffizienz. Zur Indikationsstellung sollte möglichst eine Korrelation von Beschwerden und EKG-Befund vorliegen.
Zu den möglichen Indikationen zählen (Tab. 2 und 3, Abb. 5):
Tab. 2
Empfehlungsgrade internationaler Leitlinien
Klasse I
Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme effektiv, nützlich oder heilsam ist
Klasse II
Widersprüchliche Evidenz und/oder unterschiedliche Meinungen über den Nutzen/die Effektivität einer Therapieform oder einer diagnostischen Maßnahme
Klasse IIa
Evidenzen/Meinungen favorisieren den Nutzen bzw. die Effektivität einer Maßnahme
Klasse IIb
Nutzen/Effektivität einer Maßnahme ist weniger gut durch Evidenzen/Meinungen belegt
Klasse III
Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme nicht effektiv, nicht möglich oder nicht heilsam und im Einzelfall schädlich ist
Tab. 3
Indikation (I und IIa) zur Schrittmachertherapie entsprechend den deutschen Leitlinien (Lemke et al. 2005)
Klasse-I-Indikation
Sinusknotenerkrankungen
- Sinusknotenfunktionsstörung (z. B. Herzfrequenz <40/min, Pausen >3 s), spontan oder infolge einer erforderlichen Medikation, mit eindeutigem Zusammenhang zur klinischen Symptomatik, inklusive der symptomatischen chronotropen Inkompetenz
AV-Blockierungen
- Symptomatischer AV-Block III. und II. Grades, permanent oder intermittierend, ungeachtet der anatomischen Lokalisation, spontan oder infolge einer erforderlichen Medikation
- Symptomatischer permanenter AV-Block III. Grades
- Symptomatische häufige intermittierende AV-Blockierungen III. Grades oder II. Grades vom Mobitz-Typ II, 2:1 oder höhergradig mit breiten QRS-Komplexen
- AV-Block III. Grades im Zusammenhang mit einer AV-Knotenablation (HIS-Bündelablation)
Bi-/trifaszikuläre Blockierungen
- Bifaszikulärer Block mit intermittierendem totalen AV-Block (Kap. Bradykarde Herzrhythmusstörungen)
- Bifaszikulärer Block mit häufigen AV-Blockierungen II. Grades vom Mobitz-Typ II, 2:1 oder höhergradig (Kap. Bradykarde Herzrhythmusstörungen)
- Alternierender Schenkelblock
Klasse-IIa-Indikation
Sinusknotenerkrankungen
- Sinusknotenfunktionsstörung (z. B. Herzfrequenz <40/min, Pausen >3 s), spontan oder infolge einer erforderlichen Medikation mit vermutetem Zusammenhang zur klinischen Symptomatik
AV-Blockierungen
- AV-Block III. Grades intermittierend, außerhalb von Schlafphasen oder bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion
- AV-Block II. Grades bei Nachweis einer Blockierung im His-Purkinje-System
- AV-Block II. Grades Mobitz-Typ II, 2:1 oder höhergradig mit schmalen QRS-Komplexen bei persistierender Blockierung unter Belastung, insbesondere bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion
- Patienten mit neuromuskulärer Erkrankung (myotone Dystrophie, Kearns-Sayre-Syndrom, Schultergürteldystrophie) und AV-Block II. Grades (Typ I und II)
Bi-/trifaszikuläre Blockierungen
- Bifaszikulärer Block bei Patienten mit Verdacht auf kardiale Synkopen nach Ausschluss anderer Ursachen. Dies sind insbesondere ventrikuläre Tachyarrhythmien bei Patienten mit kardialer Grunderkrankung.
- Nachweis einer deutlichen HV-Zeit-Verlängerung (≥100 ms) oder infrahissären Blockierung unter kontinuierlicher Vorhofstimulation bei asymptomatischen Patienten im Rahmen einer elektrophysiologischen Untersuchung aus anderer Indikation
  • Erkrankungen des Sinusknotens
    • Sinusbradykardie, chronotrope Inkompetenz
    • Höhergradige sinuatriale (SA-)Blockierungen
    • Sinusarrest
  • AV-Blockierungen
    • AV-Block II–III°
  • Bradykardes Vorhofflimmern
  • Bi-/trifaszikulärer Block
  • Kardioinhibitorische Form der neurokardiogenen Synkope
Spezielle Indikationen bei neuromuskulären Erkrankungen
Reversible Ursachen für die genannten Reizleitungsstörungen oder Reizbildungsstörungen können sein:
  • Akute Myokardischämie/Myokardinfarkt
  • Frische Herzoperation
  • Bradykardisierende Medikation
  • Elektrolytentgleisung
In diesen Fällen sollte vor Implantation eines Schrittmachersystems abgewartet werden, ob sich die bradykarden Herzrhythmusstörungen im Verlauf nach Therapie der Ursache zurückbilden (in der Regel bis zu 7 Tage).

Schrittmacherimplantation

Die Schrittmacherimplantation erfolgt in der Regel transvenös mit einem venösen Zugang über die V. subclavia oder V. cephalica. Das Aggregat wird subkutan unterhalb der Klavikula implantiert. Der Zugang kann prinzipiell von rechts oder links erfolgen, wobei die Sondenplatzierung von der linken Seite etwas einfacher ist. Die Sonden werden unter Durchleuchtung platziert und mit einem Schraubmechanismus oder einer passiven Ankerfixation befestigt. Die Vorhofsonde wird üblicherweise im Bereich des rechten Herzohres, die rechtsventrikuläre Sonde im Bereich des rechtsventrikulären Apex oder mittlerem Septum positioniert.

Schrittmachernachkontrolle

Die Schrittmachernachkontrolle sollte in sechs bis zwölfmonatigen Abständen erfolgen (Abb. 6). Sie erfolgt mithilfe eines Programmiergerätes, das telemetrisch Kontakt mit dem Schrittmacheraggregat aufnimmt. Es können nahezu sämtliche Funktionen des Schrittmachers programmiert werden und so die Programmierung den Bedürfnissen des Patienten angepasst werden. Gleichzeitig dient die Kontrolle der Funktionsüberprüfung des Schrittmachersystems. Es können über die Abfrage der Parameter frühzeitig Hinweise auf eine Batterieerschöpfung oder Sondendefekte erhalten werden. Es kann der optimale Austauschzeitpunkt für das Schrittmacheraggregat festgestellt und gegebenenfalls auch die Indikation zur Umrüstung des Systems (z. B. auf ein Zwei- oder Dreikammersystem oder einen implantierbaren Defibrillator [ICD]) überprüft werden. Durch Speicherung von bestimmten Arrhythmien im Schrittmacheraggregat besteht auch die Möglichkeit zu sehen, ob der Patient beispielsweise intermittierendes Vorhofflimmern hat, was therapeutische Konsequenzen bzgl. der Antikoagulation und antiarrhythmischen Therapie haben kann.

Implantierbare Defibrillatoren

Plötzlicher Herztod

Der plötzliche Herztod ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen in westlichen Ländern. In ca. 80 % der Fälle ist dieser durch ventrikuläre Tachykardien begründet. Eine wirkungsvolle medikamentöse Therapie zur Prophylaxe existiert bisher nicht. In den 1970er- bis 1980er-Jahren wurde der implantierbare Kardioverter-Defibrillator (ICD) durch Mirowski und Mitarbeiter entwickelt (Mirowski et al. 1980). Erstmalig implantiert wurde ein ICD 1980. In den folgenden 20 Jahren zeigte sich in großen randomisierten Studien seine große Effektivität zur Prophylaxe und Therapie des plötzlichen Herztodes.

Funktionsprinzipien

Im Prinzip ist der Aufbau eines ICD sehr ähnlich dem eines Herzschrittmachers, mit einem wesentlichen Unterschied: Die ICD-Sonden haben im Bereich des rechten Ventrikels, z. T. zusätzlich auch in Höhe der Vena cava superior, eine Drahtspule („coil“), über die die Schocktherapie zur Kardioversion oder Defibrillation abgegeben wird (Abb. 7). Über die Sonde kann das Aggregat den ventrikulären Rhythmus wahrnehmen und zum einen wie ein Schrittmacher stimulieren, zum anderen über die Spule einen Schock abgeben.
Da alle ICD-Systeme auch wie ein Schrittmacher funktionieren können, gibt es entsprechend auch Ein-, Zwei- und Dreikammersysteme. Die Auswahl richtet sich nach den oben genannten Kriterien.
Im Falle des Auftretens einer ventrikulären Tachykardie erkennt der ICD zuerst anhand der Herzfrequenz die Rhythmusstörung (Abb. 8). Anhand weiterer Kriterien, wie den plötzlichen Anfang („onset“), den stabilen Abstand zwischen den Signalen („stability“) und der Morphologie der Signale, hat das Aggregat Möglichkeiten zur Unterscheidung von supraventrikulären Tachykardien. Im Falle eines Zweikammersystems mit atrialer Sonde kann zusätzlich das Kriterium der Dissoziation zwischen atrialem und ventrikulärem Rhythmus während der Tachykardie verwendet werden.
Wenn der ICD aufgrund der genannten Algorithmen entscheidet, dass es sich um eine ventrikuläre Tachykardie handelt, wird er entsprechend seiner Programmierung eine Therapie abgeben. Diese wird in erster Linie durch eine Überstimulation der ventrikulären Tachykardie erfolgen, das so genannte antitachykarde Pacing (ATP). Durch Abgabe von mehreren Stimuli, die eine höhere Frequenz als die ventrikuläre Tachykardie haben, kann der Erregungsweg der Tachykardie so gestört werden, dass diese beendet wird. Diese Form der Therapie ist für den Patienten kaum spürbar und bei richtiger Programmierung hocheffektiv. Bei sehr schnellen Tachykardien oder bei Ineffektivität des ATP gibt das ICD-System einen Schock über die Spulen ab, um die Tachykardie zu beenden.

ICD-Indikationen

Zur Prävention des plötzlichen Herztodes ist es entscheidend, die Patienten rechtzeitig zu identifizieren, die von ihm bedroht sind. Man unterscheidet Sekundärprävention (bei Patienten, die einen tachykarden Herzkreislaufstillstand oder eine hämodynamisch relevante ventrikuläre Tachykardie überlebt haben) und Primärprävention (bei Patienten, die bisher kein Rhythmusereignis hatten, aber als gefährdet gelten).
Der Einsatz der implantierbaren Defibrillatoren (ICD) in der Sekundärprävention ist unumstritten und wurde in großen Studien (AVID (The Antiarrhythmics Versus Implantable Defibrillators (AVID) Investigators 1997), CIDS (Connolly et al. 2000), CASH (Kuck et al. 2000)) insbesondere bei Patienten mit reduzierter linksventrikulärer Funktion belegt.
Die Mehrheit der ICD-Systeme wird aktuell aber primärpräventiv implantiert. Dieser Einsatz wird vor allem durch zwei große randomisierte Studien (MADIT II (Moss et al. 2002) und SCD-HeFT (Bardy et al. 2005)) begründet und ist in den Leitlinien (Jung et al. 2006) verankert (Tab. 4). Entscheidender Parameter zur Identifizierung der Patienten, die ein hohes Risiko für den plötzlichen Herztod haben, ist dabei die linksventrikuläre Pumpfunktion mit der Ejektionsfraktion (EF) als Messgröße. Liegt diese bei ≤35 % und befindet sich der Patient im NYHA-Stadium II oder III, ist somit ein ICD unabhängig von der Genese der Herzschwäche indiziert.
Tab. 4
Indikationen zur Implantation eines ICD entsprechend den deutschen Leitlinien
Klasse-I-Indikation
Sekundärprävention
- Herzkreislaufstillstand durch ventrikuläre Tachykardie oder Kammerflimmern ohne einmalige oder vermeidbare Ursache
- Ventrikuläre Tachykardie mit hämodynamischer Wirksamkeit ohne einmalige oder vermeidbare Ursache
- Nicht aufgezeichnete Synkope (ohne EKG-Dokumentation) + LVEF ≤40 % nach Ausschluss anderer Ursachen und ventrikuläre Tachykardie induzierbar
- Brugada-Syndrom mit unklarer Synkope
Primärprävention
- Patienten mit mindestens vier Wochen zurückliegendem Myokardinfarkt + einer LVEF ≤30 %
- Herzinsuffizienz (NYHA II/III) mit LVEF ≤35 %
Klasse-IIa-Indikation
Sekundärprävention
- Langes QT-Syndrom mit Synkopen unter Betablocker
Primärprävention
- Brugada-Syndrom (asymptomatisch) mit zusätzlichen Markern für ein erhöhtes Risiko
- Kurzes QT-Syndrom
- Sonstige Patienten mit genetisch determinierten Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko des plötzlichen Herztodes einhergehen (insbesondere HCM, ARVCM), bei Vorliegen von Risikofaktoren
Klasse-IIb-Indikation
Sekundärprävention
- Hämodynamisch stabile Kammertachykardien
Primärprävention
- DCM, LVEF <35 %, Dauer >9 Monate mit/ohne symptomatische VES oder nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardie
- Brugada-Syndrom (asymptomatisch) ohne Marker für ein erhöhtes Risiko
ARVCM Arrhythmogene Rechtsventrikuläre Kardiomyopathie, DCM Dilatative Kardiomyopathie, HCM Hypertrophe Kardiomyopathie, LVEF linksventrikuläre Ejektionsfraktion, VES Ventrikuläre Extrasystolie
Weitere Parameter zur Risikostratifizierung sind dringend notwendig, sind aber bisher ohne relevante Vorhersagekraft.

ICD-Implantation

Die Implantation eines ICD-Systems erfolgt im Grunde analog zur Implantation eines Herzschrittmachers (Abschn. 1.8). Da ICD-Aggregate etwas größer als Herzschrittmacher sind, werden sie häufig nicht subkutan, sondern submuskulär unter den M. pectoralis major implantiert (Abb. 9). Der Vorteil ist zum einen kosmetischer Natur, zum anderen aber auch die stabile Lage. Die Positionierung der Sonden erfolgt genauso wie bei einer Herzschrittmacherimplantation. Am Ende der Implantation sollte eine Testung des Systems erfolgen. Dazu wird über das ICD-Aggregat Kammerflimmern ausgelöst und getestet, ob das Aggregat die Signale sicher wahrnimmt und das Kammerflimmern durch eine Schockabgabe mit 10 J unter der maximalen Schockenergie terminieren kann. Sollte dies nicht gelingen, muss eine andere Sonde (mit zwei Schockspulen) und/oder eine andere Sondenposition probiert werden.

ICD-Nachkontrolle

Bei Patienten mit einem ICD sollte alle drei bis sechs Monate eine Nachkontrolle erfolgen. Diese beinhaltet, wie bei Herzschrittmachern, eine Überprüfung der Systemfunktionen inklusive Batteriezustand und Sondenfunktion. Darüber hinaus wird bei ICD auch der Speicher ausgelesen und somit kontrolliert, ob neue Episoden mit ventrikulären Tachykardien (VT) aufgetreten sind, ob der ICD diese richtig erkannt und adäquat darauf reagiert hat (ATP oder Schock), weiter wird der Erfolg der Therapieabgabe beurteilt. All diese Informationen aus gespeicherten Episoden führen eventuell zu einer Umprogrammierung, in der die Detektion oder Therapie von VT-Episoden individuell angepasst werden oder aber dazu, dass weitere Therapieschritte eingeleitet werden, die nicht über das ICS-System programmierbar sind (Abschn. 2.5).
Da sehr viele ICD-Patienten eine eingeschränkte linksventrikuläre Funktion haben (Abschn. 2.2), sollte im Rahmen der ICD-Nachkontrolle auch eine kurze Beurteilung des Herzinsuffizienzstatus erfolgen (Dyspnoe, pulmonale Stauung, Ödeme). Weiter sollte immer überprüft werden, ob das ICD-System das Optimale für den Patienten ist oder ob z. B. eine Aufrüstung auf ein Dreikammersystem indiziert wäre.
Moderne ICD-Systeme haben die Möglichkeit, telemedizinisch abgefragt zu werden. Das bedeutet, dass über ein kleines Zusatzmodul, das zuhause beim Patienten steht, per Funk eine Abfrage der wichtigsten Parameter und Episoden erfolgt. Diese werden dann automatisch an ein Servicecenter weitergeleitet. Wenn bestimmte Alarmereignisse (Schockabgabe, Episoden mit ventrikulären Tachykardien oder Kammerflimmern, Batterieerschöpfung etc.) auftreten, wird dann das betreuende Zentrum informiert, das Kontakt mit dem Patienten aufnehmen kann. Auf diese Art können Probleme viel früher erkannt, frühzeitig Therapien angepasst und die Intervalle, in denen die Patienten kontrolliert werden müssen, verlängert werden.

ICD-Schocks und Prognose

Das Ziel eines ICD ist es, ventrikuläre Tachykardien, die zum plötzlichen Herztod führen können, zu terminieren und den Patienten somit vor dem Herztod zu schützen. Zwei Aspekte spielen in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle: Erstens sollte durch die Programmierung verhindert werden, dass das ICD-System nur bei „echten“ ventrikulären Tachykardien eine Therapie abgibt und zweitens sollte es die Therapie möglichst nur bei lang anhaltenden ventrikulären Tachykardien abgeben. Eine kürzlich veröffentlichte große randomisierte Studie (MADIT RIT (Moss et al. 2012)) zeigte, dass Programmierungen mit langer Detektionszeit und hohen Interventionsfrequenzen (ab 200/min) nicht nur seltener zu einer inadäquaten Therapie führen, sondern die Patienten auch eine deutlich bessere Prognose haben.
Es ist immer wieder wichtig, den Patienten und zuweisenden Ärzten zu erklären, dass das ICD-System das Auftreten von ventrikulären Tachykardien nicht verhindert, sondern nur vor den Folgen (plötzlicher Herztod) schützen soll. Deshalb sollte beim Auftreten von ventrikulären Tachykardien bei ICD-Patienten nicht nur die Funktionsfähigkeit und Arbeitsweise des Systems überprüft werden. Es sollte auch immer überlegt werden, ob es eine Ursache für das Auftreten der Rhythmusstörungen gibt (z. B. Ischämie) und ob ein VT-Rezidiv verhindert werden kann. Dafür stehen die medikamentöse Therapie mit vor allem Betablockern und Amiodaron sowie die Ablationstherapie zur Verfügung.
Bei der VT-Ablation können mögliche Substrate für ventrikuläre Tachykardien (z. B. myokardiale Narben) in einem elektroanatomischen Mappingverfahren dargestellt und, wenn sie in Zusammenhang mit den dokumentierten ventrikulären Tachykardien stehen, durch Hochfrequenzstromapplikationen verödet (abladiert) werden (Abb. 10).

Subkutaner ICD

Ein subkutaner ICD (S-ICD) ist in der Funktion ähnlich einem herkömmlichen implantierbaren ICD mit dem wesentlichen Unterschied, dass es keine transvenöse, sondern nur eine subkutane Sonde gibt. Dadurch können potenziellen Komplikationen wie Subclaviathrombose, Sondendislokationen, Sondenbrüche und Sondeninfektionen vorgebeugt werden. Das Aggregat ist zurzeit noch größer und muss nicht unterhalb des Schlüsselbeins, sondern am Rippenbogen im Bereich der Axillarlinie platziert werden (Abb. 11). Die Sonde wird entlang des Sternums subkutan platziert. Ein entscheidender Nachteil ist, dass das System nicht direkt myokardial stimulieren kann, es kann lediglich nach Schockabgabe kurzzeitig transdermal stimulieren. Somit hat es keine Möglichkeit der antitachykarden Überstimulation (ATP) und kann auch nicht als Herzschrittmacher funktionieren.

Defi-Weste (W-ICD)

Als vorübergehende Alternative zum implantierbaren ICD steht weiter die so genannte Defi-Weste zur Verfügung. Es handelt sich um eine Weste mit elektrischen Sensoren, über die, wie bei der Elektrokardiographie, der Herzrhythmus registriert wird, und mit zwei zusätzlichen Schockelektroden, über die im Falle von ventrikulären Tachykardien ein Schock abgegeben werden kann. Das Aggregat selbst befindet sich inklusive der wechselbaren Batterien an einer Gürteltasche (Abb. 12). Auch dieses System kann nicht stimulieren und daher keine Schrittmacherfunktion übernehmen sowie keine ventrikuläre Überstimulation (ATP) durchführen.
Aktuell wird dieses System vor allem verwendet bei Patienten mit einer vorübergehenden Schädigung des Myokards, die zu ventrikulären Tachykardien führen kann. Dies sind z. B. eine Myokarditis, Erkrankungen mit myokardialer Beteiligung (Sarkoidose, Amyloidose), die durch eine Therapie sich wieder soweit verbessern können, dass eine Chance besteht, dass der Patient in absehbarer Zeit keines ICD-Systems mehr bedarf. Des Weiteren werden die Defi-Westen bei Patienten eingesetzt, bei denen aufgrund einer Systeminfektion das ICD-System explantiert werden musste. Diese werden nach Explantation für ca. zwei Monate mit einer Weste versorgt, bevor ein neues System implantiert werden kann.
Literatur
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