Einleitung
Dieser Beitrag bietet eine Übersicht über die bekanntesten Trachealerkrankungen des Menschen. Abseits der akuten und chronischen Tracheitis werden hier seltene bis sehr seltene Erkrankungen aufgeführt, die eigenständig, aber auch als Begleiterkrankungen auftreten können. Es erfolgt eine Einteilung in folgende Erkrankungsgruppen:
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Angeboren: Trachealagenesie/-atresie und z. T. ösophagotracheale Fisteln
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Entzündlich: akute und chronische Tracheitis
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Dilatativ: Tracheobronchomegalie (Mounier-Kuhn) und andere
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Fremdkörperaspirationen
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Traumen
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Stenosierend: Tracheomalazie und Trachealstenose
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Neoplastisch: benigne und maligne Tumore der Trachea
Wie häufig in der Medizin haben auch die Trachealerkrankungen das Potenzial, sich über ein lokales Stadium hinaus (in der Regel nach kaudal) auszudehnen und dann auch den Bronchialbaum bis hin zum Lungengewebe einschließen zu können.
Anatomie
Die Trachea ist Teil des luftleitenden Systems (sog. Totraum). Sie beginnt unmittelbar unterhalb des Kehlkopfs und endet nach 10–12 cm mit der Aufteilung in den rechten und linken Hauptbronchus in etwa auf der Höhe des siebten Brustwirbelkörpers. Sie hat einen Durchmesser von 1,5–2 cm. Im Rahmen der Atembewegung ist die Trachea in Länge und Durchmesser um 5 bzw. 1,5 cm variabel. Ihre Wand ist ventral und lateral durch 16–20 hufeisenförmige Knorpelspangen verstärkt, welche durch Bindegewebe (Ligamenta anularia) miteinander verbunden sind. Die dorsale Wand (Paries membranaceus) ist knorpelfrei und besteht aus glatter Muskulatur. Der Feinbau der Trachea zeigt eine Dreischichtung aus Tunica mucosa, Tunica fibromusculocartilaginea und Tunica adventitia. Das Lumen wird von Flimmerepithel und Becherzellen ausgekleidet, die für die Erwärmung, Anfeuchtung und Reinigung (mukoziliäre Clearance) verantwortlich sind.
Tracheale Atresien/Agenesien
Tracheale Atresien und Agenesien sind Fehl- und Nichtbildungen während der embryonalen Entwicklung. Sie sind in der Regel nicht mit dem Leben vereinbar und verlaufen letal. Hinweise hierauf kann der pränatale Ultraschall liefern, ein Ausbleiben der Neugeborenenatmung bzw. des Schreiens nach der Geburt kann ebenfalls hierauf hindeuten.
Ösophagotracheale Fisteln
Die ösophagotrachealen Fisteln werden in angeborene und nichtangeborene (erworbene) Fisteln unterteilt.
Angeborene ösophagotracheale Fisteln
Ätiologie
Die angeborenen Fisteln gehen in der Regel mit einer Ösophagusatresie auf Höhe der Bifurcatio tracheae einher und sind begründet in einer Entwicklungsstörung des Septum oesophagotracheale während der Organogenese in der Embryonalphase.
Klinik
Bereits präpartal kann ein sonografisch nachgewiesener (Poly-)Hydramnion hinweisgebend sein, da der Fetus nicht in der Lage ist, das Fruchtwasser zu trinken (Houben und Curry
2008). Eine postpartale Diagnose sollte bei wiederholtem
Husten unmittelbar nach Nahrungsaufnahme und Hochhusten von Nahrung (Muttermilch) zügig angestrebt werden, um rezidivierende Infekte der unteren Atemwege zu verhindern.
Diagnostik
Zunächst kann der Ösophagus mittels Magensonde vorsichtig sondiert werden. Ein federnder Widerstand ist hierbei verdachtserhärtend und bis zum Ausschluss als Ösophagusatresie zu werten (S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie
2019). Röntgenaufnahmen des Brustkorbs inklusive des oberen Abdomens können Luftfüllungen des oberen Stumpfes und Hinweise auf eine untere Fistel mit Zugang zum Magen-Darm-Trakt zeigen. Nur in unklaren Fällen ist eine Röntgenuntersuchung mit isotonischem Kontrastmittel, eine MRT-Untersuchung oder eine präoperative Tracheo(broncho)skopie notwendig (S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie
2019).
Bei bekannten Malfomationsassoziationen wie vertebralen Anomalien, weiteren GI-Atresien, kardialen und renalen Fehlbildungen sollte präoperativ eine abklärende Diagnostik durchgeführt werden.
Eine Einteilung der Fisteln erfolgt mittels der seit 1929 gültigen Aufstellung nach Vogt (Tab.
1).
Tab. 1
Einteilung ösophagealer Fisteln nach Vogt (
1929)
Typ I | Ösophagusaplasie |
Typ II | Atresie ohne Fistelbildung |
Typ IIIa | Ösophagotracheale Fistel mit dem oberen Ösophagusanteil |
Typ IIIb | Ösophagotracheale Fistel mit dem unteren Ösophagusanteil |
Typ IIIc | Ösophagotracheale Fistel mit beiden Ösophagusanteilen |
Typ IV | Ösophagotracheale Fistel ohne Atresie (sog. H-Fistel) |
Therapie
Goldstandard ist die chirurgische Versorgung der Atresie mit zusätzlicher Entfernung der Fistel bei den Typen III und IV (S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie
2019). Der Eingriff erfolgt möglichst nicht als Notfall, sondern nach Planung innerhalb der ersten 48 Lebensstunden, bei schwerwiegender Begleitproblematik (niedriges Geburtsgewicht,
Pneumonie) auch weiter verzögert. Eine Notfallindikation ist z. B. ein überblähter Magen mit Gefahr der Ruptur. Prinzipiell haben sich die rechtsseitige Thorakotomie und die rechtsseitige
Thorakoskopie mit dem Ziel einer primären End-zu-End-Anastomose etabliert. Bei problematischer primärer Anastomose kann eine sekundäre Rekonstruktion notwendig sein (S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie
2019).
Im Erwachsenenalter erstdiagnostizierte Typ-IV-Fisteln nach Vogt sind äußerst selten, gelegentliche Case-Reports sind jedoch bei der Recherche zu finden (Baumgardner et al.
2013).
Erworbene ösophagotracheale Fisteln
Ätiologie
Die erworbenen ösophagotrachealen Fisteln sind selten und treten in über 50 % der Fälle als Komplikation im Rahmen von malignen Erkrankungen auf (Reed und Mathiesen
2003). Führend sind hier mit 77 % Tumore im Bereich des Ösophagus, jedoch treten die Fisteln ebenfalls bei primären Tumoren der Lunge (16 %), der Trachea, der Schilddrüse und bei malignen Erkrankungen regionaler Lymphknoten auf (Diddee und Shaw
2006; Reed und Mathiesen
2003). Die Entstehung dieser Fisteln ist auf Nekrosen und Gewebeeinbruch durch Größenzunahme und Ausweitung des Primärtumors, aber auch durch Exazerbation im Rahmen von Radio- und/oder Chemotherapie zurückzuführen (Diddee und Shaw
2006). Nichttumorassoziierte Fisteln können auftreten aufgrund von:
Klinik
Die Klinik besteht, ähnlich wie bei der angeborenen Form, aus
Husten unmittelbar nach Nahrungsaufnahme und Hochhusten von Speiseanteilen bis hin zur Ausbildung einer ersten bzw. wiederkehrenden Lungenentzündung. Ferner können Schluckbeschwerden und -störungen hinweisgebend sein. Bei unerklärlichen Infektionen der unteren Atemwege (vor allem bei vorhandenen, o. g. prädisponierenden Erkrankungen) sollte das Vorliegen einer Fistel untersucht werden.
Diagnostik
Die Endoskopie ist das diagnostische Mittel der Wahl, da hierdurch bei Bedarf Biopsien zur weiteren Diagnostik gewonnen werden können. Mittels
bronchoalveolärer Lavage kann zudem bei bestehender unterer Atemwegsinfektion eine erregerspezifische antiinfektiöse Therapie angestrebt werden. Des Weiteren können neben konventioneller Röntgenaufnahme mit wasserlöslichem Kontrastmittel CT- und MRT-Untersuchungen als Diagnostiken zur präoperativen Planung sinnvoll sein.
Therapie
Erstes Therapieziel ist die Verhinderung weiterer Aspirationen durch Lagerung des Patienten mit erhöhtem Oberkörper, Anlage einer Magensonde und Nahrungskarenz. Ferner sind eine Infekttherapie und – falls möglich – die Fistelursachenbehebung (z. B. Erneuerung des Tubus oder der Trachealkanüle mit Blockung auf anderer Höhe) erforderlich. Die Anlage einer PEG-Ernährungssonde erscheint bei Patienten, bei denen eine (operative) Fistelentfernung nicht möglich ist, sinnvoll.
Die grundsätzlich angestrebte Therapie ist eine chirurgische Sanierung der Fistel mit Deckung der Läsionen oder, bei ausgedehntem, jedoch nicht zu weit longitudinal ausgebreitetem Befund (z. B. radiäre Nekrose bei Cuff-Druckschaden), die partielle Trachealresektion.
Die tracheoösophageale Fistel als Komplikation einer malignen Erkrankung tritt meist im Spätstadium auf und ist mit einem medianen Überleben von 1–6 Wochen aufgrund des meist bereits deutlich reduzierten Allgemeinzustandes und der fistelbedingten Komplikationen (wie untere Atemwegsinfektionen und pneumogene
Sepsis) vergesellschaftet. Der Patient ist in den meisten Fällen nicht mehr operationsfähig (Diddee und Shaw
2006). In diesen und anderen primär nicht operativ versorgbaren Fällen können gute Resultate mittels ösophagealer und trachealer Stentimplantation (Stent gegen Stent) erzielt werden, jedoch sind Dislokationen und Fistelvergrößerungen bekannte Komplikationen. Auch ist bei Einsatz eines Stents die Sekretretention im Stent zu beachten, welche ein ausgiebiges Inhalationsprogramm mit isotonischer NaCl-Lösung und eine konsequente ‚Bronchialtoilette‘ fordert. Nicht selten müssen die Stents wiederholt bronchoskopisch von angetrocknetem oder verhangenen Sekret „freigeputzt“ werden. Einzelberichte beschreiben erfolgreiche alternierende Therapieansätze wie z. B. die minimalinvasive Anlage eines Montgomery-T-Stents (Tran et al.
2015).
Entzündliche Trachealerkrankungen
Hierunter fallen die akute und die chronische Tracheitis.
Während die akute Tracheitis in der Regel eine fortgeleitete Infektion der oberen Atemwege und durch einen zügigen bis plötzlichen Beginn der trachealen Symptomatik gekennzeichnet ist, spricht man von einer chronischen Tracheitis erst nach einem dreimonatigen Intervall mit typischer Beschwerdesymptomatik. Letztere ist oft an eine akute Tracheitis angeschlossen und daneben auch sehr häufig mit einer chronischen Bronchitis (Kap. „Chronisch-obstruktive Bronchitis/COPD“) vergesellschaftet.
Ätiologie
Ursachen für die akute Tracheitis sind:
Für die chronische Tracheitis ursächlich erscheinen neben einer andauernden, „chronifizierten“ Infektion eine Vielzahl nichterregerassoziierter Gegebenheiten wie die chronische Aspiration von Magensäure im Rahmen einer
gastroösophagealen Refluxerkrankung, die Tracheomalazie, mechanische Hindernisse (Fremdkörper), chronisch-inhalative (
Rauchen) oder iatrogene (Tracheotomienarben) Schädigungen und externe komprimierende (z. B.
Struma) wie interne (Polypen und Strikturen) Stenosen.
Klinik
Die klassischen Symptome einer akuten Tracheitis sind rauer, „bellender“
Husten, retrosternales Brennen und gelegentlich
Fieber bei meist vorbestehenden Halsschmerzen und Heiserkeit. Bei einer eitrigen Tracheitis kann es zu einer teilweisen Verlegung der Atemwege bis hin zur
respiratorischen Insuffizienz kommen.
Das Leitsymptom der chronischen Tracheitis ist der chronische, unproduktive Reizhusten.
Diagnostik
In der Regel ist das klinische Bild bereits diagnoseführend. Zur Untersuchung gehören das Palpieren der Halsregion inklusive der zervikalen Lymphknoten und die Inspektion des Mund-Rachen-Raums. In unklaren Fällen können Rachenabstrich oder -spülwasser (absteigende Infektion!) bis zur Tracheo(broncho)skopie mit Sekretaspiration und (selten!) Schleimhautbiopsie eine Erregerdiagnostik mit Diagnosestellung erreichen.
Therapie
In den meisten akuten Fällen ist eine spezifische Therapie aufgrund der sehr hohen Selbstheilungsrate nicht erforderlich. Die grundsätzlichen Therapiemöglichkeiten beider Formen bestehen aus einer Lokaltherapie mit aerosolierten Medikamenten, Inhalation mit 0,9 %iger NaCl-Lösung und ggf. bei Beschwerdepersistenz kurzzeitiger Anwendung inhalativer
Kortikosteroide (z. B. Budesonid). Zudem können bei akuter Schmerzsymptomatik
Analgetika Beschwerdelinderung bewirken. Der grundsätzliche Einsatz von Antiinfektiva erscheint aufgrund der in der Mehrzahl der Fälle viralen Genese primär nicht sinnvoll. Erst bei prolongiertem Verlauf, deutlichem Anstieg der Infektparameter in der Laborchemie, Auftreten von hohem
Fieber oder Nachweis von bakteriellen Erregern mittels Diagnostik sollte der Einsatz von oralen, im Fall eines schweren klinischen Bildes, von intravenösen Antiinfektiva erwogen werden. Hierfür sollte ein Antiinfektivum nach dem lokal üblichen bakteriellen Erregerspektrum gewählt werden. In fulminanten Fällen kann vor allem bei Immunsupprimierten ein Steroidtapering erfolgen. Gegen einige Viren kann eine Erregertherapie erwogen werden. Hierzu zählen Ribavirin gegen Paramyxoviren sowie Amantadin, Rimantadin (M2-Membranproteinhemmer), Zanamivir und Oseltamivir (Neuraminidaseinhibitoren) gegen Influenzaviren. Jedoch besteht bei den jeweiligen Medikamenten ein starkes Nebenwirkungsprofil gegenüber einem eher geringen Nutzen, so dass eine jeweilige therapeutische Anwendung im Einzelfall abgewogen werden muss.
Als Sonderform erscheint bei stark immunsupprimierten Patienten (vor allem bei Lungentransplantierten, Kap. „Lungentransplantation“) die
Aspergillus-Tracheitis, welche als akute, chronische, ulzerierende oder auch pseudomembranöse Form auftreten kann. Zur Therapie stehen in diesem Fall Azol-Derivate (z. B. Posa-. Vori- oder Itraconazol) zur Verfügung. Eine weiterführende Diagnostik mittels konventioneller Röntgenuntersuchung oder Computertomografie des Thorax,
Bronchoskopie mit
bronchoalveolärer Lavage zum Ausschluss einer pulmonalen
Aspergillose (Aspergillom) ist in diesem Fall empfohlen.
Bei den chronischen Tracheitiden richtet sich die Behandlung nach der vorliegenden Grunderkrankung (z. B. Erlangen einer Rauchkarenz oder konsequente Behandlung einer Refluxerkrankung).
Dilatative Trachealerkrankungen
Hierunter fallen Erkrankungen der Trachea, die zu einer kurzzeitigen oder chronifizierten Dilatation der Trachea inklusive Ausbildung von Divertikeln führen können.
Tracheobronchomegalie
Als eigenständige Erkrankungsform ist in dieser Erkrankungsgruppe die Tracheobronchomegalie Mounier-Kuhn zu nennen, die erstmalig 1932 beschrieben wurde (Mounier-Kuhn
1932). Hierbei handelt es sich um eine seltene Bindegewebserkrankung mit Tracheobronchodilatation und Ausbildung von Schleimhautdivertikeln zwischen den Knorpelspangen. Eine 2015 durchgeführte Literaturrecherche bei PubMed (
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed) ergab weniger als 170 Publikationen mit zusammen weniger als 400 berichteten Fällen (Payandeh et al.
2015). Männer sind von dieser chronischen Atemwegserkrankung häufiger betroffen als Frauen. Die Diagnosestellung erfolgt im Rahmen einer durchgeführten Diagnostik zur Abklärung von Infekthäufungen in der Regel zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr (berichtete Fälle zwischen 18 Monaten und 60 Jahren) (Celik et al.
2011). Bioptische Untersuchungen der Trachea konnten eine Ausdünnung der glatten Muskulatur und eine Atrophie des longitudinalen elastischen Bindegewebes nachweisen, die zu einer Dilatation der membranösen und knorpeligen Anteile der Trachea führen. Die exakte Ätiologie der Erkrankung ist nicht bekannt: Das Auftreten ist häufig sporadisch (Damgaci et al.
2002), eine Assoziation mit dem
Ehlers-Danlos-Syndrom und anderen Elastosen, aber auch mit
Bronchiektasen (Kap. „Bronchiektasen“) (Fortuna et al.
2006) und Lungenfibrose unterschiedlicher Ätiologie (Woodring et al.
1991) wurde bereits beschrieben. Eine mögliche genetische Ursache als autoimmun-rezessive Erkrankung, wie Untersuchungen bei Geschwistern angedeutet haben, wurde ebenfalls bereits angenommen (Johnston und Green
1965), jedoch zeigt sich in der Gesamtübersicht der bis dato publizierten Fälle kein dahingehend auffälliges Muster (Payandeh et al.
2015). Inhalative Noxen (z. B. Zigarettenrauch) scheinen kein gehäuftes Auftreten zu verursachen.
Nach Himalstein et al. kann (historisch) eine Aufteilung in drei Typen erfolgen (Tab.
2).
Tab. 2
Einteilung des Mounier-Kuhn-Syndroms nach Himalstein. (Nach Himalstein und Gallagher
1973)
Typ 1 | Relativ subtile symmetrische diffuse Vergrößerung von Trachea und Hauptbronchien |
Typ 2 | Fortgeschrittene Ausdehnung mit bizarrer exzentrischer Struktur, Divertikel sind möglich |
Typ 3 | Divertikel- und sakkuläre Ausbildungen bis in distale Hauptbronchi |
Woodring et al. führten 1991 im Rahmen der postmortalen Aufarbeitung von zehn Fällen des Mounier-Kuhn-Syndroms folgende Trachealgrenzen zur Diagnose mittels konventionellem Röntgen des Thorax ein:
Diese Definitionswerte konkurrieren in der Literatur mit einer alternativen Grenzdefinition, die mittels dreifacher
Standardabweichung von den ermittelten physiologischen anatomischen Größen erhoben wurde: Trachea 30 mm, rechter Hauptbronchus 24 mm, linker Hauptbronchus 23 mm (Katz et al.
1962; Breatnach et al.
1984).
Im Rahmen einer groß angelegten Literaturrecherche, in der alle bisher publizierten Fälle vidiert und diskutiert wurden, konnten Payandeh et al. vor Kurzem eine neue, klinische Klassifikation erarbeiten (Tab.
3)
Tab. 3
Klinische Klassifikation des Mounier-Kuhn-Syndroms. (Nach Payandeh et al.
2015)
Typ 1a | Kleinkinder mit fetalem endoskopischen Trachealverschluss (FETO) mit antenatal diagnostizierter schwerer angeborener Zwerchfellhernie und entwickelter Tracheobronchomegalie (TBM) | 28,61 % |
Typ 1b | (Klein-)Kinder mit TBM nach Langzeitintubation | 6,54 % |
Typ 2a | Patienten mit TBM nach wiederholten pulmonalen Infektionen | 3,81 % |
Typ 2b | Patienten mit TBM nach Diagnose einer pulmonalen Fibrose | 2,72 % |
Typ 3 | Patienten mit TBM bei nachgewiesener extrapulmonaler Elastose | 4,91 % |
Typ 4 | Patienten mit TBM ungeklärter Prädisposition | 53,41 % |
Auch diese Einteilung in Patientengruppen zeigt deutlich, dass bei mehr als der Hälfte der Fälle keine Ursache für die Tracheobronchomegalie greifbar ist. Klammert man die Gesamtgruppe des Typ 1 (Klein-/Kinder mit interventioneller Therapie) aus, so offenbart sich in der Analyse der Kollegen eine 4:1-Häufung für das männliche Geschlecht. Ebenfalls zeigte sich eine Koinzidenz von
Bronchiektasen (Kap. „Bronchiektasen“) in knapp der Hälfte der Fälle (45 %) ohne zugrunde liegende Ursache für diese (
zystische Fibrose,
Tuberkulose oder Zilien-Dyskinesie) (Payandeh et al.
2015).
Klinik
Das klinische Bild präsentiert sich von klinischer Inapparenz bis zum (unspezifischen) klinischen Vollbild, bestehend aus chronischem
Husten, Produktion großer purulenter Sputummengen (bei gestörter Zilienkinesie) und wiederholten Infekten der unteren Atemwege, inklusive
Pneumonien aufgrund des auf Tracheo(broncho)malazie basierenden Unvermögens des Abhustens mit Sekretverhalt. Der Chronizität folgend kann dies zu progressiver Dyspnoe, Bronchial- und Lungengewebsschädigung führen (Schwartz und Rossoff
1994).
Diagnostik
Lungenfunktionstestungen zeigen erhöhte Werte für Totraum- und Tidalvolumen, zudem wurden Atemflusslimitationen (PEF und FEV1) mit erhöhten Werten für TLC und RV beobachtet (Schwartz und Rossoff
1994; Genta et al.
2003). Eine Diagnosesicherung kann mittels konventioneller Röntgenaufnahme in zwei Ebenen, besser durch CT-Untersuchung des Thorax erfolgen. Zudem können auch bronchoskopisch die Veränderungen an Trachea und Hauptbronchien festgestellt werden. Hier ist vor allem der sichtbare dynamische Atemwegskollaps mit Quantifizierung des Einengungsgrades entscheidend.
Therapie
Es bestehen keine spezifischen Therapieempfehlungen, bei asymptomatischen Patienten erscheinen diese auch nicht indiziert; eine Empfehlung zur Nikotinkarenz sollte ausgesprochen werden (Genta et al.
2003). Im Fall von akuten Exazerbationen besteht die Therapie aus antiinfektiöser Therapie, Atemtraining mit Nutzung von Cornets oder Flutter sowie Inhalation zur Sekretolyse (Schwartz und Rossoff
1994; Genta et al.
2003). Grundsätzlich haben chirurgische Eingriffe aufgrund der Diffusität der Erkrankung keinen hohen Stellenwert, jedoch konnte in einem Einzelfall ein gutes Resultat mit deutlicher Zustandsverbesserung nach der Implantation einer Tracheobronchialprothese erreicht werden (Barakat et al.
2002). Die Anamneseerhebung und Untersuchung auf die Zugehörigkeit einer der o. g. (Sub-)Gruppen erscheinen sinnvoll.
Sekundäre Dilatationen
Sekundäre Dilatationen der Trachea treten durch Traktion im Rahmen von Erkrankungen wie (fortgeschrittenen) interstitiellen Lungenerkrankungen,
Tuberkulose oder Pilzerkrankungen auf. Bekannte iatrogene Ursachen sind Pneumektomien, Z. n. Radiatio des trachealen Umfeldes und – in eher begrenzten Ausmaßen – Schäden im Rahmen der Atemwegssicherung (Intubationsschaden oder Cuff-Druckschaden mit lokaler Schleimhautnekrose). Auch hier richtet sich die Therapie nach dem bereits oben beschriebenen Schema. In Einzelfällen und bei vor allem umschriebenem Befund unter 5 cm kann eine Resektion in hierin erfahrenen Zentren erwogen werden.
Fremdkörperaspiration
Eine potenziell lebensbedrohliche, aber auch schnell behebbare Ursache einer trachealen Einengung sind Fremdkörperaspirationen.
Ätiologie
Bei Kindern sind aspirierte Objekte vorwiegend Nüsse, andere Nahrungsbestandteile und Spielzeug, bei Erwachsenen hingegen neben Nahrungsbestandteilen auch Tabletten, Zahnkronen oder -prothesenteile. In der Mehrzahl der Aspirationen fällt der Fremdkörper in tiefere Abschnitte des Bronchialbaums.
Klinik
Die Klinik ist durch eine plötzliche Symptomatik aus Erstickungsanfällen, starkem
Husten, Dyspnoe und retrosternalem Brennen gekennzeichnet. Verbleibt der Fremdkörper, kommt es mit zeitlichem Abstand zu
Fieber, produktivem Husten und progredienter Dyspnoe als Zeichen einer Bronchopneumonie.
Diagnostik
Wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist eine sorgfältige Anamnese, bei Hinweis auf eine Aspiration ist diese bis zum Ausschluss als gegeben anzusehen. Die Auskultation und eine Röntgenaufnahme des Thorax können pathologisch sein (z. B. die einseitige Überblähung der Lunge bei Ventilmechanismus in einem [Haupt-]Bronchus), sind es in der Mehrzahl der Fälle jedoch nicht. Flottierende Fremdkörper in der Trachea können in der Auskultation bemerkt werden.
Therapie
Im Notfall muss ein sofortiges Entfernen des Aspirats versucht werden. Hierfür sollte ein Kind mit dem Oberkörper tiefgelagert werden. Schläge mit der flachen Hand auf die hintere Thoraxwand können zur Bergung des aspirierten Objektes führen. Bei Erwachsenen kann ein Bergungsversuch mittels Heimlich-Manöver erfolgreich sein.
Außerhalb der Notfallsituation ist die Tracheo(broncho)skopie die Therapie der Wahl. Hierbei kann das Aspirat mittels Absaugung, Zange, Schlinge oder Körbchen entfernt werden.
Komedikamentös können eine i.v.-Applikation von
Kortikosteroiden zum Abschwellen der Schleimhaut und eine prophylaktische Antiinfektivatherapie erwogen werden.
Nicht entfernte Aspirate können von lokalen Entzündungsreaktionen bis zu
Pneumonien und chronischen Atemwegsstenosen führen.
Trachealtraumen
Trachealtraumen sind primär chirurgische Erkrankungen. Aus internistischer Sicht können sie in der Früh- bzw. Spätphase nach chirurgischer Versorgung im Rahmen von differenzialdiagnostischen Überlegungen (z. B. bei Auftreten eines Haut- oder Mediastinalemphysems im Rahmen einer Nahtdehiszenz) oder bei Auftreten postoperativer Stenosen oder Malazien Relevanz erlangen.
Trachealstenosen
Trachealstenosen sind angeborene oder erworbene unphysiologische Einengungen der Trachea. Neben den klassischen narbigen Einengungen werden auch funktionelle Einengungen wie die Tracheomalazie zu den Stenosen gezählt.
Tracheomalazie
Die häufigste angeborene Trachealstenose ist die Tracheomalazie, die auf einer diffusen oder segmentalen Schwäche des trachealen Knorpel- und Knochengerüstes fußt. Je nach Befund ist ihr Erscheinungsbild asymptomatisch. Sie kann aber mit langsam progredienter Dyspnoe inklusive dominierendem inspiratorischen, aber auch exspiratorischen Stridor und Zyanose symptomatisch werden. Wird einer oder werden beide Hauptbronchien mit einbezogen, spricht man von einer tracheobronchialen Malazie (Carden et al.
2005). Bei der Einatmung führt dies zu einer Aufweitung, bei der Ausatmung zu einer Einengung bis hin zum Kollaps des Tracheallumens.
Es gibt mehrere Einteilungsmöglichkeiten (wie folgt) nach:
In diesem Artikel wird eine Einteilung nach angeborenen und erworbenen Malazien vorgenommen.
Die angeborenen Tracheomalazien manifestieren sich in der Kindheit und sind auf eine angeborene Schwäche des Trachealgerüsts zurückzuführen (z. B. im Rahmen einer Mukopolychondritis).
Eine nicht genau determinierte Form der Tracheomalazie ist die Tracheobronchomegalie (Mounier-Kuhn-Syndrom), die in manchen Einteilungen zu den dilatativen Trachealerkrankungen gezählt wird und in diesem Artikel auch bereits diskutiert wurde.
Die erworbenen Tracheomalazien können durch eine Vielzahl von Ursachen auftreten, die in der Tab.
4 zusammengefasst sind.
Tab. 4
Ursachen für eine erworbene Tracheomalazie. (Mod. nach Feist et al.
1975; Carden et al.
2005; Yamazaki et al.
2006)
Iatrogen | Druckschaden durch Langzeitintubation, Tracheotomie oder Trachealkanüle mit Cuff, nach Lobektomie des rechten Oberlappens, |
Inflammatorisch/irritativ | Chronische Entzündungen (chronische oder schwere akute Tracheobronchitis, Emphysem/ COPD, zystische Fibrose), Irritationen (Zigarettenrauch, andere atemwegsreizende Stoffe) |
Akzidentiell | Brustraum- und Trachealtraumen (Stich- und Schussverletzungen, Verkehrsunfälle) |
Neoplastisch | Primärtumore und Metastasen |
Extern-komprimierend | Aortenektasie/-aneurysma, linksartriale Veränderungen, broncho- und enterogene Zysten, Amyloidose, |
Die häufigsten der genannten Ursachen für das Auftreten sind Tracheo(s)tomien und die (längerfristige)
endotracheale Intubation mit geblocktem Tubus. Kofaktoren sind erneute Intubation, Länge des Intubationszeitraums und die Applikation von hochdosierten Steroiden (Carden et al.
2005). Die genauen Gründe sind ungeklärt. Im Rahmen der iatrogenen Kausalkette erscheinen lokal verursachte Minderdurchblutungen, Nekrosen, rezidivierende Reibung durch den Cuff und rezidivierende Schleimhautentzündungen nahe liegend (Ferguson und Benoist
1993).
Klinik
Die Klinik entwickelt sich sowohl in der angeborenen als auch in der erworbenen Form erst im zeitlichen Verlauf und ist stark an den Grad der Atemwegseinengung gekoppelt. So ist ein Neugeborenes mit einer angeborenen Tracheomalazie asymptomatisch. In 95 % der Fälle treten im (Klein-)Kinderalter uncharakteristische Symptome wie Stridor, bellender
Husten, Tachypnoe oder Zyanose auf (Carden et al.
2005). Auch wurde das sog. Dudelsack-Zeichen, ein anhaltender zischender Ton nach visuell beendet erscheinender Exspiration beschrieben (Lynch
1970). In einem Case-Report wurde über Husten-assoziierte
Synkopen im Rahmen des erworbenen Erkrankungsbildes berichtet (Koziej und Górecka
1992). Ferner tritt aufgrund des gestörten Abhustens eine Sputumretention auf, die zu einem gehäuften Auftreten von Atemwegsinfektionen bis hin zu chronischen Besiedelungen führen kann. Unter körperlicher Belastung kann eine Verstärkung der Symptomatik eintreten.
Diagnostik
Die Diagnostik umfasst die klassischen pneumologischen Untersuchungsmethoden mit Lungenfunktionstestung,
Bronchoskopie, Röntgen und/oder (dynamische) Computertomografie des Thorax.
In der
Spirometrie können sich in Abhängigkeit des Schweregrads der Malaziezeichen einer obstruktiven Ventilationsstörung zeigen (Gilkeson et al.
2001). Abwechselnde Flussgeschwindigkeiten in der Fluss-Volumen-Kurve können zusätzlich hinweisgebend sein (Garcia-Pachon
2000), jedoch sind keine pathognomonischen Zeichen für das Erkrankungsbild zu erheben.
Der
Goldstandard zur Diagnosestellung ist die bronchoskopische Darstellung der dynamischen Atemwegsinstabilität, bevorzugt mittels
flexibler Bronchoskopie. Eine grobe klinische Einteilung des Schweregrads kann mittels geschätzter Graduierung der Atemwegseinengung unter Exspiration erfolgen (Nuutinen
1977):
-
Mild: Einengung ≤ 50 % des Lumens
-
Moderat: Einengung ≤ 75 % des Lumens
-
Schwer: bei Berührung der anterioren und posterioren Trachealwand
Die Einschätzung des Schweregrads erfordert kein besonderes Atemmanöver. Bis dato erfolgten keine Untersuchungen hinsichtlich der Korrelation des Atemwegskollapses zu der erfolgten Atemanstrengung.
Mittels Computertomografie kann die Diagnosestellung anhand der gleichen Kriterien wie bei der bronchoskopischen Untersuchung erfolgen. Die Querschnittmessung erfolgt hierbei in der Endexspirationsaufnahme. Eine alternative Berechnungsmethode ist die Messung im Rahmen einer dynamischen CT-Untersuchung: Hier sollten Aufnahmen in Endinspiration und unter forcierter Exspiration erfolgen. Über diese Aufnahmen kann der Grad der Kollapsibilität der Trachea berechnet werden.
Bronchoskopie und CT-Bildgebung werden
additiv empfohlen, sodass eine Unterschätzung der Malazie im Rahmen einer der beiden Untersuchungen vermieden wird. Der Vorteil der CT-Untersuchung wird in der Mitbeurteilbarkeit von Segment- und Subsegmentbronchien gesehen, während mittels Bronchoskopie eine Aussage über die Intubier- und Passierbarkeit der Atemwege möglich ist, was für die Interventionsplanung einen wichtigen Informationswert bietet.
In den meisten Fällen zeigt eine konventionelle Röntgenaufnahme keine Auffälligkeiten. Bei Kompression von außen kann dies jedoch auf einer p.a.- oder lateralen Aufnahme festgestellt werden.
Therapie
Die therapeutischen Strategien richten sich in erster Linie an symptomatische Patienten. Asymptomatischen Patienten werden eine Reduktion der Risikofaktoren und Sanierung der behebbaren Ursachen zur Vermeidung eines Progresses empfohlen.
Auch bei symptomatischen Patienten werden eine Behebung der Erkrankungsursache bzw. die Therapieoptimierung koexistierender Erkrankungen (z. B.
COPD) als grundsätzliche Therapieansätze angestrebt.
Demzufolge sollten eine Basisdiagnostik der Lunge mittels Lungenfunktionstestung,
Spiroergometrie, Sechs-Minuten-Gehtest und Erfragung von
Lebensqualität sowie Grad der aktuellen Beeinträchtigung zur Beurteilung nachfolgender Therapien vorgenommen werden (Carden et al.
2005). Die Entscheidung zu einer endgültigen Therapie (Stent vs. Operation) sollte in einem interdisziplinären Team besprochen werden.
Zur Identifizierung von Patienten, die einen Nutzen durch eine Stabilisierung der Trachea haben, empfehlen Carden und Gangadharan zunächst eine transiente Implantation eines Silikonstents für 2–3 Wochen (Carden und Gangadharan
2015). Bei Patienten, für die eine operative Therapie infrage kommt (objektive Verbesserung durch o. g. Stentimplantation, objektiver Nutzen durch Operation), kann diese geplant und folgend angestrebt werden (Carden und Gangadharan
2015). Für nichtoperationsgeeignete Patienten (stark reduzierter Allgemeinzustand, andere Kontraindikationen, fraglicher oder fehlender Nutzen durch eine operative Sanierung) mit Verbesserung unter Stentimplantation besteht die Indikation zur Langzeitstentimplantation (Carden und Gangadharan
2015). Den Patienten der dritten Gruppe, die keine Verbesserung der Symptomatik mittels Stentimplantation erfahren haben, sollte der Stent wieder entfernt und vorerst keine Therapie empfohlen werden. Erst bei extremer Zunahme der Symptomatik kann eine situationsverbessernde Therapie mittels cPAP-Ventilation (hierunter ist eine verbesserte Sekretolyse möglich) oder T-Trachealröhre angeboten werden (Carden und Gangadharan
2015).
Vor Durchführung einer Langzeittherapie (Stentimplantation oder operatives Management) ist es ratsam, nach der Silikonstentimplantation eine erneute Evaluation mittels Basisdiagnostik durchzuführen, um den Therapiebenefit objektiv nachgewiesen und dokumentiert zu haben.
Operative Versorgung
In der Literatur wurde über diverse operative Verfahren berichtet. Hierzu gehören:
Sonstige Stenosen
Ursachen
Weitere Trachealstenoseursachen sind zu einem Großteil auch Auslöser der Tracheomalazie. Die folgende Tab.
6 führt diese auf.
Tab. 6
Ursachen für Trachealstenosen. (Mod. nach Choe et al.
1990; Yamazaki et al.
2006; Chung et al.
2011; Prince et al.
2002; Lawrence et al.
2015)
Iatrogen | Druckschaden durch Langzeitintubation, (Dilatations-) Tracheotomie oder Trachealkanüle mit Cuff |
Infektiös | Schwere akute Tracheobronchitis mit Ulkusbildung, Papillomatose der Trachea Mycobacterium tuberculosis |
Akzidentiell | Trachealtraumen (Stich- und Schussverletzungen, Verkehrsunfälle) |
Neoplastisch | Primärtumore der Trachea, Tumoreinbrüche in die Trachea (z. B. Bronchial- oder Ösophaguskarzinom), Metastasen |
Extern-komprimierend | Aortenektasie/-aneurysma, linksartriale Veränderungen, Amyloidose |
Autoimmun | |
Am häufigsten entstehen Stenosen als Strikturen der Trachea nach
Cuff-Druckschaden im Rahmen einer Langzeitintubation. Durch den Druck des Cuffs auf die Trachealschleimhaut entstehen
Hypoxämie und Ulkusbildung mit Freilegung der dann nekrotisierenden und aufweichenden Knorpelspangen. Nach der Extubation erfolgt dann die Abheilung mit Ausbildung einer konzentrischen Narbe (sog. Sanduhr-Phänomen). Weitere Entstehungsursachen sind die Kompression von außen (z. B. durch eine
Struma; weitere komprimierende Ursachen Tab.
4), die Tracheotomie oder seltener tracheale Tumoren. Ferner können Stenosen nach Inhalation ätzender Substanzen (Mizokami et al.
2015) oder seltener im Rahmen eines chronischen gastroösophagealen Refluxes entstehen.
Klinik
Die Klinik ist abhängig vom Stenosegrad, kann aus einem in- und bei distaler Stenoselage einem in- und exspiratorischen Stridor, in Extremfällen mit Dyspnoe und Zyanose bestehen. Ebenfalls kann bei diesen Patienten Heiserkeit beobachtet werden. Ähnlich wie bei der Tracheomalazie besteht diese Symptomatik nicht unmittelbar nach der Extubation, sondern entwickelt sich im Lauf der folgenden Wochen.
Diagnostik
Im Rahmen der Diagnostik sollte eine
Bronchoskopie angestrebt werden, sodass einerseits der Stenosegrad beurteilt, andererseits bei Vorliegen eines Tumors eine Biopsie zur histologischen Aufarbeitung entnommen werden kann.
Das konventionelle Röntgen des Thorax kann hinweisgebend sein, erscheint jedoch häufig unauffällig. Zur Therapieplanung bietet eine Computertomografie die beste Darstellung und
Reproduzierbarkeit.
Die Lungenfunktionsprüfung kann Hinweise auf die funktionelle Einschränkung geben. Pathognomonisch ist eine kastenförmige Verlaufsform in der Flussvolumenkurve mit Ausfall eines Spitzenflusses. Die FEV1 unter 1 l/s und die Atemwegsresistance über 0,5 kPa (entspricht einem Trachealdurchmesser unter 7 mm) indizieren ein therapeutisches Vorgehen (Matthys und Seeger
2008).
Therapie
Die Therapie beinhaltet in der Notfallsituation die Atemwegssicherung mittels Intubation oder Notfalltracheotomie. Bei behebbarer Ursache sollte diese angegangen werden (z. B. Strumektomie, ggf. mit Tracheopexie oder Kortison-Tapering bei rheumatologischer Ursache mit konsekutiver geeigneter Immunsuppression). Alle tracheaspezifischen Therapien sind für den Patientenfall individuell zu wählen. Benigne Tumore (Fibrom, Chondrom etc.) können mittels Lasertherapie abgetragen werden. Bei malignen Tumoren ist die chirurgische Tumorresektion mit End-zu-End-Anastomose (bei Tumorgröße mit ≥ 5 mm Sicherheitsabstand ≤ 4,5 cm), Interponat oder komplette Trachearesektion mit ggf. trachealprothetischer Versorgung anzustreben (Abschn.
9).
Bei
benignen Trachealstenosen bestehen zudem (starr-)bronchoskopische Interventionsmöglichkeiten mittels Ballondilatation, Argon-Plasma-Koagulation, Kryotherapie, Implantation von Stents und ggf. zusätzlicher Applikation von Mitomycin. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte bei einfachen Stenosen eine sehr gute (100 % Therapieerfolg) Behandlungsmöglichkeit mit Dilatation und/oder Lasertherapie mit ggf. folgender Stentimplantation sowie bei komplexen Stenosen eine gute (69 % Therapieerfolg) Therapiemöglichkeit mittels Dilatation und folgender Stentimplantation mit/ohne APC-/Kryo-Therapie und wiederholter Stentanlage (Dalar et al.
2015). Bekannte Komplikationen von Stentimplantationen sind Stentmigration (vor allem bei Silikonstents), Granulombildung und Sekretverhalt.
Bei tracheostomierten Patienten zeigen Stenosetherapien mittels Montgomery-T-Tube-Einlage zufriedenstellende Erfolge mit einem geringeren Komplikationsprofil als bei Stentimplantation (Kandakure et al.
2015; Dass et al.
2014).
Erst bei ausbleibendem Therapieerfolg ist eine chirurgische Resektion mit End-zu-End-Anastomose, bei langstreckigen Stenosen mit Interponatversorgung oder zur Weitung mittels autogenem Rippeninterponat nach Rethi indiziert (Dalar et al.
2015). Das Vorgehen muss jedoch bei jedem Patienten individuell festgelegt werden, eine Festlegung im Rahmen einer interdisziplinären Falldiskussion erscheint sinnvoll.
Prophylaxe
Zur Prophylaxe führen viele Kliniken bei ihren intubierten Patienten eine regelmäßige tracheoskopische Kontrolle der Trachealschleimhaut durch und wechseln in regelmäßigen Abständen die Cuff-Position. Alternativ kann bei erwarteter Langzeitbeatmung eine frühzeitige Tracheotomie zur schonenderen
Beatmung und Reduktion des Stenoserisikos angestrebt werden. In Einzelfällen und im Tierversuch konnten erfolgreiche Stenoseprophylaxen mittels topischer Anwendung von Dexamethason (Agarwal und Singh
2014) oder
Tacrolimus (Mizokami et al.
2015) durchgeführt werden.
Trachealtumore
Primäre Trachealtumore sind selten, die Mehrzahl der aufgetretenen Tumore (Tab.
7) waren nach Auswertung von Tumorregistern
maligner Dignität. Am häufigsten ist das Auftreten von Plattenepithel- und adenoidzystischen Karzinomen (Urdaneta et al.
2011; Nouraei et al.
2014). Zu den
benignen Tumoren der Trachea zählen Papillome nach perinataler HPV-Infektion und
Hämangiome. Ferner können Tumore anatomisch benachbarter Strukturen (z. B. Ösophaguskarzinom) in die Trachea einbrechen.
Tab. 7
Tumore der Trachea. (Nach Macchiarini
2006; Urdaneta et al.
2011; Scherl et al.
2013)
Papillome (HPV) | Plattenepithelkarzinom 44,8 % | Metastasen |
Adenome | | |
| Neuroendokrine Tumore (kleinzellige Karzinome, Karzinoide) 9,7 % | |
Hämangiome | Adenokarzinome 5,9 % | |
Armatome | Großzellige Karzinome 3,8 % | |
Chondrome | | |
Neurogene Tumore | Mukoepidermales Karzinom 1,9 % | |
Andere | Nicht spezifiziert oder undifferenziert 12,8 % | |
| Andere 1,0 % | |
Maligne Tumore der Trachea sind sehr selten und werden mit einer Häufigkeit von 0,9–2,6 Neuerkrankungen auf 1 Mio. Menschen pro Jahr angegeben. Hiervon tritt das Plattenepithelkarzinom am häufigsten auf, welches in einer großen Populationsanalyse über 31 Jahre mit insgesamt 578 Fällen 44,8 % aller malignen Trachealtumore ausgemacht hat. Der zweithäufigste Tumor ist das adenoidzystische Karzinom (16,3 %), gefolgt von den neuroendokrinen Tumoren (9,7 %). Häufig zeigt sich in der histopathologischen Auswertung keine Differenzierung des Gewebes (12,8 %). Die malignen Tumore treten häufiger bei Männern auf (55,7 %), der Altersgipfel liegt bei Auftreten zwischen dem sechsten und siebten Lebensjahrzehnt (Urdaneta et al.
2011; Nouraei et al.
2014). In einer Arbeit wurde auf eine auffällige anatomische Lagezuordnung der Tumore hingewiesen: Plattenepithelkarzinome treten eher im oberen Drittel und adenoidzystische Karzinome im unteren Drittel der Trachea auf (Gaissert et al.
2004). Ein anerkannter Risikofaktor für das Plattenepithelkarzinom ist ein langjähriger Nikotinkonsum. Ob
Asbestexposition ebenfalls als Risikofaktor zu sehen ist, konnte aufgrund der geringen Fallzahl nicht mittels Studien belegt werden. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen erkannte 2004 bei einem Fall, in dem Asbestexposition in ausreichender Faserjahrzahl nachgewiesen und andere Risikofaktoren wie Nikotinkonsum ausgeschlossen werden konnten, an, dass das Trachealkarzinom wie eine asbestassoziierte Berufserkrankung der Lunge nach BK Nr. 4104 zu behandeln ist (LSG NRW
2004).
Klinik
Die Trachealtumore werden meist erst im fortgeschrittenen Stadium klinisch apparent und zeigen eine unspezifische Symptomatik mit Auftreten von
Husten, Globusgefühl, bei größerer Tumormasse Stridor und (Belastungs-)Dyspnoe. Blutig tingiertes Sputum bis
Hämoptysen können bei Einbruch in Bronchial- und Gefäßwände auftreten. Diese Symptomatik tritt häufig beim Plattenepithelkarzinom auf. Die wenig wegweisenden Symptome werden häufig initial als Teil einer anderen, nichtmalignen Erkrankung (wie Asthma und
COPD) fehlgedeutet, was zu einer zusätzlichen Diagnose- und Therapieverzögerung bis zu über sechs Monate führen kann (Nouraei et al.
2014).
Diagnostik
Eine Lungenfunktionsprüfung kann Hinweise auf eine extrathorakale Obstruktion (Plateaubildung ohne Spitzenfluss in der Fluss-Volumen-Kurve) geben. Die
Bronchoskopie wird aus mehreren Gründen befürwortet: Einerseits kann die endoluminale Größenausdehnung festgestellt werden und andererseits eine Biopsie zur histologischen Aufarbeitung erfolgen. Ferner kann eine Vorabaussagekraft hinsichtlich der Operabilität des Tumors gewonnen werden. Die konventionelle Röntgenaufnahme des Thorax kann Hinweise auf die Tumormasse geben, jedoch führte sie in einer Studie lediglich in 18 % der Fälle zu einer Verdachtsdiagnose (Wei et al.
1990). Zur genauen Diagnostik der Tumorausbreitung in das umgebende Gewebe bietet die Computertomografie mit multiplanarer Rekonstruktion die beste Aussagekraft (Park et al.
2009). Anhand der Bilder kann folgend das weitere Prozedere (chirurgische Resektion vs. endoskopische Therapie) geplant werden.
Ein systematisches Staging nach UICC oder AJCC wurde bis dato nicht etabliert, ebenfalls erscheint eine Einteilung in ein TNM-Muster aufgrund der geringen Fallzahl und der variantenreichen Histologie sehr schwierig. Andererseits könnte eine entsprechende Stagingeinteilung relevante Überlebensvorteile einzelner Patientengruppen sichtbar machen. Im Rahmen einer großangelegten Analyse retrospektiver Serien von Trachealkarzinomen konnten Piórek et al. anhand einer einfachen TNM-Definition (s. Tab.
8) Überlebensvorteile von Patienten analog ihres Stadiums und der Art der Therapie (palliativ vs. radikal-chirurgisch) aufzeigen (Piórek et al.
2022).
Tumor | |
T1 | Tumor auf die Trachea begrenzt |
T2 | Trachea-eigener Tumor, der sich in umliegende Strukturen und Organe ausgebreitet hat |
Regionale Lymphknoten | |
N0 | Keine Infiltration regionaler Lymphknoten |
N1 | Nachweis regionaler Lymphknotenmetastasen |
Fernmetastasen | |
M0 | Keine Fernmetastasen |
M1 | Nachweis von Fernmetastasen |
Vor der Therapieentscheidung kann die Durchführung eines Positronenemissionstomogramms (PET) zum
Tumorstaging hilfreich sein, vor allem das Plattenepithelkarzinom reagiert auf 18-FDG mit einer hohen Aufnahmerate (Park et al.
2009). Nach heutigem Standard in der thorakalen Onkologie würde ich ebenfalls ein mediastinales Staging mittels EBUS-Bronchoskopie durchführen.
Therapie
Die vorrangigsten Ziele der Tumortherapie sind:
Mehrere Studien haben gezeigt, dass die primäre
komplette/radikale chirurgische Resektion den besten Einfluss auf das Überleben der Patienten hat. Piòrek et al. konnten ein signifikant besseres Fünf-Jahres-Überleben bei radikaler chirurgischer Resektion gegenüber einer palliativen Therapie nachweisen (45,9 vs. 2,3 %; 46,1 vsv. 7,2 Monate) (Piórek et al.
2022). Jedoch wurde in der weiter o. g. Populationsanalyse deutlich, dass chirurgische Verfahren im klinischen Alltag zu selten genutzt werden (Grillo und Mathisen
1990; Urdaneta et al.
2011; Nouraei et al.
2014; Shadmehr et al.
2011). Chemotherapeutische Ansätze zeigten sich in Einzelfällen effektiv (Nouraei et al.
2014), ebenso konnte in einem Fall eine kombinierte Radio-/Chemotherapie (60 Gy, Cisplatin, Etoposid, Leucovorin, 5-Fluorouracil) eine Remission eines Plattenepithelkarzinoms der Trachea erreichen (Videtic et al.
2003). Alleinige Bestrahlungstherapien zeigen in aktuellen Populationsanalysen nur geringen bis keinen Therapieerfolg, vor allem adenoidzystische Tumore zeigten kein Ansprechen auf die Radiatio (Urdaneta et al.
2011; Nouraei et al.
2014). Die Analyse der Trachealtumoren des niederländischen Krebsregisters zwischen 1989 und 2002 zeigte bei alleiniger Radiatio ein signifikant geringeres medianes Überleben und eine signifikant reduzierte Fünf-Jahres-Überlebensrate im Vergleich zur chirurgischen Resektion (11 vs. 82 Monate, 11 vs. 51 %) (Honings et al.
2007). Kontrollierte Studien zu Trachealtumoren existieren nicht.
Endoskopische Therapien (Laser-, Kryo- und APC-Therapie) versprachen in einer Studie gute Erfolge (Nouraei et al.
2014), sollten aktuell aber der chirurgischen Resektion hintenangestellt und ähnlich der lokalen Radiatio der palliativen Versorgung bei extratrachealer Tumormanifestation bzw. Inoperabilität vorbehalten bleiben. Im fortgeschrittenen Stadium kann eine palliative Stentimplantation zum Offenhalten der Atemwege erwogen werden.
Histologisch benigne Tumore können in der Regel mittels Lasertherapie endoskopisch reseziert werden.
Prognose
Das
Fünf-Jahres-Überleben liegt in der größten Populationsanalyse bei malignen Trachealtumoren im Durchschnitt bei 27,1 % (Urdaneta et al.
2011). Differenziert nach der Histopathologie zeigt sich eine deutliche Abhängigkeit der Überlebenswahrscheinlichkeit vom histologischen Typ. Das Plattenepithelkarzinom als das am häufigsten auftretende Karzinom der Trachea hat die geringste Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit (Tab.
9). Zudem zeigen retrospektive Analysen eine Abhängigkeit des Fünf-Jahres-Überlebens von der Ausbreitung des Tumors bei Erstdiagnose (unter Berücksichtigung der nichtgeprüften
Validität der genutzten Klassifikation) und von der erfolgten Therapie (radikal-chirurgische vs. palliative Therapie) (Piórek et al.
2022).
Tab. 9
Maligne Tracheatumorarten und die jeweilige Fünf-Jahres-Überlebensrate. (Nach Urdaneta et al.
2011)
Adenoidzystisches Karzinom | 74,3 % |
| 52,9 % |
Plattenepithelkarzinom | 12,8 % |
Für alle Trachealkarzinome gilt: Je früher das Karzinom diagnostiziert wird und je lokalisierter das Stadium ist, desto besser ist die Prognose (Urdaneta et al.
2011).
Über die Langzeitprognose benigner Trachealtumore gibt es wenige Daten, sie wird im Allgemeinen als gut angegeben. Bei einer Papillomatose wird aufgrund des infektiösen Charakters (HPV) eine regelmäßige Nachsorge (vor allem im Kindes- und Jugendalter) zur Erkennung von Rezidiven empfohlen.