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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 29.12.2015

Uterussarkome

Verfasst von: Peter Mallmann und Michael Hallek
Uterine Sarkome sind eine seltene Tumorentität, die ca. 3–9 % aller invasiven Uteruskarzinome betreffen. Prinzipiell werden bei den uterinen Sarkomen die Karzinosarkome, die Leiomyosarkome, die Stromasarkome und die glattmuskuläre Tumoren mit unsicherem malignen Potenzial (STUMP) unterschieden. Es gibt keine Frühsymptome uteriner Sarkome. Die im Verlauf der Erkrankung immer irgendwann auftretende Blutungsstörung ist ein Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung und kein Frühsymptom. Ein Morcellement, aber auch die Verletzung des Tumors durch Anhaken des Uterus oder das Ausschälen eines scheinbaren Myoms innerhalb einer Kapsel führt bei den uterinen Sarkomen obligat innerhalb von wenigen Monaten zum Auftreten eines Rezidivs. Der entscheidende therapeutische Schritt bei der Behandlung eines uterinen Sarkoms ist die Operation in Form einer abdominalen Hysterektomie, die Indikation zur Adnexektomie ist fakultativ in Abhängigkeit vom Menopausenstatus.

Einleitung

Uterine Sarkome sind eine seltene Tumorentität, die ca. 3–9 % aller invasiven Uteruskarzinome betreffen. Dementsprechend ist die Inzidenz in Europa mit 1,5–3 pro 100.000 Frauen sehr gering. Der Altersgipfel dieser Erkrankung liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Risikofaktoren bei der Entstehung sind eine vorangehende Beckenbestrahlung und die längerandauernde Einnahme von Tamoxifen. Es handelt sich um eine sehr heterogene Tumorgruppe, bei der jetzt erstmalig evidenzbasierte S2k-Leitlinien vorliegen.
Prinzipiell werden bei den uterinen Sarkomen die im Folgenden dargestellten Tumorentitäten unterschieden.

Uterine Karzinosarkome

Die Karzinosarkome, auch als maligne Müllersche Mischtumoren bezeichnet, werden mittlerweile nicht mehr den uterinen Sarkomen, sondern den Karzinomen des Uterus zugerechnet, dementsprechend auch in Analogie zum Endometriumkarzinom eingeteilt.
Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 70 Jahren. Bei etwa 25 % der Patientinnen liegen zum Zeitpunkt der Primärdiagnose bereits Fernmetastasen vor, bei rund 30 % sind die Lymphknoten bereits befallen. Da Frühsymptome fehlen und auch eine Beurteilung des Abradats häufig schwierig ist, erfolgt die definitive Diagnosestellung häufig erst als Zufallsbefund im Rahmen einer Hysterektomie.

Uterine Leiomyosarkome

Das Leiomyosarkom ist mit 46 % aller uterinen Sarkome das häufigste uterine Sarkom. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 50–55 Jahren. Im Regelfall ist das Leiomyosarkom intramural lokalisiert und kann sich unabhängig von einem Myom entwickeln.
Myome selbst entarten nur selten mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1–0,5 % sarkomatös. Das Leiomyosarkom zeigt ein schnelles Wachstum in Richtung Serosa oder des Cavums und wird gelegentlich aufgrund seines sonographisch dokumentierten raschen Wachstums oder aufgrund seines Vorwachsens in den Zervikalkanal diagnostiziert. In der Regel handelt es sich allerdings um Zufallsbefunde nach Hysterektomie oder Myomenukleation. Die pathologische Differenzialdiagnose zwischen einem Myom und einem Leiomyosarkom erfolgt, wenn zwei der folgenden drei Merkmale erfüllt sind: erhöhte Mitoserate, Vorhandensein von Tumornekrosen und zytologische Atypien.
In 20–60 % der Fälle sind Leiomyosarkome Östrogen- und Progesteronrezeptor-positiv, ihr Wachstum ist im Allgemeinen jedoch östrogenunabhängig und kann nicht durch eine Hormontherapie beeinflusst werden.

Stromasarkome

Bei den Stromasarkomen werden zwei eigenständige Krankheitsbilder unterschieden, das gut differenzierte und prognostisch günstige endometriale Stromasarkom (ESS) und das aggressive undifferenzierte endometriale Stromasarkom (UES), die beide als eigenständige Krankheitsbilder angesehen werden.

Endometriales Stromasarkom (Low-Grade-ESS)

Beim „Low-Grade“-ESS liegt das mediane Erkrankungsalter bei 60 Jahren. Es ist in einem Viertel der Fälle extrauterin im Bereich des Genitales, retro- und intraperitoneal lokalisiert. Makroskopisch ist das ESS in der Regel nicht von einem Myom zu differenzieren, sodass häufig auch im Rahmen von Schnellschnittuntersuchungen eine exakte Diagnose nicht möglich ist. Typisch für das ESS ist ein positiver Östrogen- und Progesteronrezeptorstatus.
Typischerweise wird das ESS meist als Zufallsbefund im Rahmen der postoperativen pathologischen Aufarbeitung diagnostiziert, da eine präoperative Diagnose aufgrund der Ähnlichkeit mit einem Myom sehr schwierig ist und ein ESS sonographisch im Regelfall nicht detektiert werden kann. Auch eine fraktionierte Abrasio ist in bis zu 30 % der Fälle falsch negativ.

Undifferenziertes endometriales Stromasarkom (UES, „High-Grade“-ESS)

Diese Tumoren zeigen makroskopisch und sonographisch häufig eine große Ähnlichkeit mit einem enddifferenzierten Endometriumkarzinom. Typisch hierfür sind die ausgedehnte destruierende Infiltration ins Myometrium und die frühe und häufig ausgedehnte Lymph- und Hämangiosis. Typischerweise ist das UES auch Hormonrezeptor-negativ.

Glattmuskuläre Tumoren mit unsicherem malignen Potenzial (STUMP)

Bei den STUMP handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe von Tumoren, bei denen die Differenzialdiagnose, benigne oder maligne, häufig sehr schwierig ist, da hier nur eines der histologischen Kriterien eines Leiomyosarkoms erfüllt ist. Das biologische Verhalten der STUMP ist jedoch eindeutig, da diese ein hohes Risiko haben, lokal zu rezidivieren oder Fernmetastasen zu entwickeln. STUMP sind im Regelfall makroskopisch nicht von einem normalen Myom zu differenzieren.

Klinik

Es gibt keine Frühsymptome uteriner Sarkome. Die im Verlauf der Erkrankung immer irgendwann auftretende Blutungsstörung ist ein Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung und kein Frühsymptom. In ca. zwei Drittel der Fälle besteht eine abnormale vaginale Blutung. Die daraufhin veranlasste Kürettage ist in mehr als der Hälfte der Fälle falsch negativ. Die Diagnose eines uterinen Sarkoms ist deshalb im Regelfall eine Zufallsdiagnose im Rahmen der histologischen Aufarbeitung eines Operationspräparates nach Myomenukleation oder Hysterektomie.
Das wichtigste diagnostische Verfahren ist die vaginale Ultraschalluntersuchung des Uterus, ergänzt durch eine Kernspintomographie des Beckens zur Dokumentation der lokalen Ausbreitung. Die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Sarkoms bei sonographischer Diagnose eines Myoms liegt bei 0,1–0,7 % und wird durch Durchführung einer Kernspintomographie nicht signifikant verbessert.
Daraus resultiert auch das entscheidende klinische Problem bei der Behandlung der uterinen Sarkome. Da eine präoperative Diagnose eines uterinen Sarkoms im Regelfall nicht möglich ist und heutzutage die Mehrzahl aller Hysterektomien und fast ausnahmslos alle Myomenukleationen endoskopisch erfolgen, bedeutet dies, dass im Regelfall nach Resektion der Myome oder der Gebärmutter ein Morcellement erfolgt. Dieses Morcellement, aber auch die Verletzung des Tumors durch Anhaken des Uterus oder das scheinbare Ausschälen des „Myoms“ innerhalb einer Kapsel, die es bei Sarkomen gar nicht gibt, führt bei den uterinen Sarkomen obligat innerhalb von wenigen Monaten zum Auftreten eines Rezidives. Bei den im Deutschen Sarkomregister dokumentierten 288 Fällen mit Leiomyosarkomen und 206 Fällen mit ESS erhielten 21 % bzw. 23 % der Frauen ein Morcellement, eine suprazervikale Hysterektomie oder eine andere Form der uteruserhaltenden konservativen Operation. Dies bedeutet leider, dass in allen Fällen, in denen der Tumor von einem Operateur mit den Instrumenten angefasst wurde, dies als Rx definiert werden muss und damit eine dramatische Verschlechterung der Prognose erfolgt. Die klinische Konsequenz hieraus ist, dass bei sonographisch dokumentiertem schnellen Wachstum eines Myoms, bei jedem Neuauftreten eines Myoms in der Postmenopause, bei einem unklaren Ultraschallbefund, aber auch intraoperativ, wenn das Myom als außerordentlich weich und schlecht abgrenzbar erscheint, immer an die Möglichkeit eines Sarkoms gedacht und ein Anhaken des Uterus, aber vor allem ein Morcellement oder eine suprazervikale Hysterektomie vermieden werden muss.
Aufgrund des hohen Metastasierungsrisikos sollte nach histologischer Diagnose eines uterinen Sarkoms eine Computertomographie des Thorax erfolgen.
Leiomyosarkome sind sehr aggressive Tumoren und haben eine ungünstige Prognose auch bei noch auf den Uterus begrenzten Tumoren. Die Rezidivrate schwankt zwischen 53 und 71 %, mit einem durchschnittlichen 5-Jahres-Überleben von 40–50 %.

Therapie

Der entscheidende therapeutische Schritt bei der Behandlung eines uterinen Sarkoms ist die Operation in Form einer abdominalen Hysterektomie, die Indikation zur Adnexektomie ist fakultativ in Abhängigkeit vom Menopausenstatus. Lediglich bei den Karzinosarkomen sollten die Adnexe obligat mitentfernt werden. Bei der Operation muss peinlich darauf geachtet werden, dass der Uterus nicht mit scharfen Instrumenten gefasst wird. Der Nutzen einer radikaleren operativen Vorgehensweise in Form einer Omentektomie, einer radikalen Hysterektomie Piver III und IV oder einer systematischen pelvinen und paraaortalen Lymphonodektomie ist mit Ausnahme der Karzinosarkome bislang in keiner Studie belegt und sollte daher unterlassen werden.

Strahlentherapie

Durch eine adjuvante Bestrahlung, ggf. ergänzt durch eine Brachytherapie, kann bei Patientinnen mit Leiomyosarkomen und endometrialen Stromasarkomen das Lokalrezidivrisiko möglicherweise reduziert werden, ohne signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens. Insbesondere bei R1/R2-Resektion kann bei lokal fortgeschrittenen Sarkomen nach Ausschluss einer Fernmetastasierung eine lokale Bestrahlung erwogen werden.

Adjuvante systemische Therapie

Eine adjuvante systemische Therapie ist bei keinem uterinen Sarkom indiziert, da bislang in keiner randomisierten Studie ein Überlebensvorteil dokumentiert werden konnte. Möglicherweise profitieren Subgruppen von Patienten mit Leiomyosarkomen von einer adjuvanten Chemotherapie mit Docetaxel und Gemcitabine.
Bei Nachweis von Östrogen- und Progesteronrezeptoren bei Patientinnen mit uterinen Sarkomen kann über die Möglichkeit einer adjuvanten endokrinen Therapie mit Medroxyprogesteronacetat 200 mg/Tag, Megestrolacetat 160 mg/Tag oder alternativ einem Aromatasehemmer diskutiert werden. Entsprechende prospektive Studien fehlen, vergleichende retrospektive Analysen lassen einen möglichen Nutzen erkennen.
Bezüglich einer adjuvanten Chemotherapie ist trotz der ungünstigen Prognose für keine Untergruppe der uterinen Sarkome der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie belegt. Lediglich bei den Karzinosarkomen konnte ein positiver, allerdings nichtsignifikanter Effekt einer adjuvanten Chemotherapie mit Cisplatin/Ifosfamid beobachtet werden.
Bei Stromasarkomen kann bei positivem Rezeptorstatus eine adjuvante Therapie mit Gestagenen oder Aromatasehemmer diskutiert werden.

Rezidive und Metastasen

Bei Auftreten von Rezidiven sollte in erster Möglichkeit nach Ausschluss einer Multifokalität und weiterer distanter Metastasen die Möglichkeit einer operativen Resektion des Rezidives bzw. der Metastasen als erste Methode der Wahl überprüft werden. Eine Chemotherapie sollte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn andere Verfahren der lokalen Therapie wie Operationen oder Bestrahlung ausgeschlossen wurden. Die Daten zur Chemotherapie basieren im Wesentlichen auf Kasuistiken und Einzelfallberichte und haben daher ein geringes Evidenzniveau. Mögliche Chemotherapieregime sind Ifosphamid in Kombination mit Doxorubicin oder pegylisiertes liposomales Doxorubicin in Kombination mit Carboplatin, in der Zweitlinientherapie der Einsatz von Trabectedin. Eine weitere therapeutische Option besteht in dem Einsatz des Multityrosinkinaseinhibitors Pazopanib.
Beim „Low-Grade“-ESS sollte unbedingt eine endokrine Therapie mit Gestagenen oder Aromatasehemmer erfolgen.

Prognose

Die Rezidivrate der Leiomyosarkome beträgt innerhalb der ersten zwei Jahre bereits 40–70 %, das 5-Jahres-Überleben liegt im Stadium I bei 25–50 % und für alle anderen Stadien bei 10–30 %.
80–90 % der Rezidive sind Fernmetastasen. Die Prognose des endometrialen Stromasarkoms ist mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 60–92 % deutlich besser, hier treten die Rezidive im Regelfall als Lokalrezidive auf. Bei einem undifferenzierten endometrialen Stromasarkom hingegen ist die Prognose außerordentlich schlecht, die mediane Zeit bis zum Rezidiv beträgt lediglich fünf Monate, das 5-Jahres-Überleben liegt bei etwa 25–30 %.
Bei STUMP beträgt das Rezidivrisiko je nach Art der vorangehenden operativen Therapie 7–25 %, 60 % dieser Rezidive sind dann Leiomyosarkome. Nach Morcellement des Tumors oder bei organerhaltendem Vorgehen, beispielsweise im Rahmen einer suprazervikalen Hysterektomie, erleiden nahezu alle Patientinnen ein Rezidiv.
Literatur
S2K-Leitlinie Uterine Sarkome, AWMG-Registernummer 015–074, August 2015