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DGIM Innere Medizin
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Publiziert am: 06.03.2015

Zystische Adventitadegeneration

Verfasst von: Peter Klein-Weigel
Die zystische Adventitiadegeneration (ZAD) ist durch das Auftreten von Zysten in der äußersten Arterienwandschicht charakterisiert, die sich fokal oder zirkumferential entwickeln können. Da in der Regel die A. poplitea betroffen ist, steht eine Wadenclaudicatio im Vordergrund. Mit der Duplexsonographie und der Magnetresonanzangiographie lassen sich die Zysten und deren funktionelle Auswirkung auf den Blutfluss direkt darstellen. Offene chirurgische Verfahren mit Zystenresektion und ggf. rekonstruktiven Maßnahmen stellen definitive Therapiemaßnahmen für die symptomatische zystische Adventitiadegeneration dar.

Definition

Die zystische Adventitiadegeneration (ZAD) ist durch das Auftreten von Zysten in der äußersten Arterienwandschicht charakterisiert, die sich fokal oder zirkumferential entwickeln können (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005). Bei Weitem am häufigsten betroffen ist die Arteria poplitea. Der Füllungszustand der Zysten kann variieren, wodurch unter Umständen eine inkonstante und variabel ausgeprägte klinische Ischämiesymptomatik resultieren kann (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005).

Ätiologie

Eine Hypothese geht von einer Versprengung mesenchymaler Zellen in gelenknahe Gefäße während der Embryonalentwicklung aus (Lewis 2005). Daneben existiert die Vorstellungen einer Herniation von Gelenkkapselanteilen in die benachbarte Gefäßwand und einer ektopen Ganglionentwicklung, ausgehend von den benachbarten Gelenken (Ortmann et al. 2009).

Pathophysiologie und Pathoanatomie

Makroskopisch imponiert eine prall-elastische bläulich-rote Anschwellung auf der äußeren Oberfläche der Arterie. Mehrere, nicht immer kommunizierende Zysten können nebeneinander vorkommen. Die Zysten sind epithelial ausgekleidet und stellen insofern echte Zysten dar, die Auskleidung ist aber häufig diskontinuierlich (Lewis 2005). Die Flüssigkeit enthält hohe Konzentrationen an Hyaluronsäure (Diener et al. 2006; Lewis 2005).

Epidemiologie

Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung, genaue Daten zu Inzidenz und Prävalenz fehlen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Das bevorzugte klinische Manifestationsalter liegt in der Lebensmitte, ein Auftreten bereits in der Kindheit oder erst im höheren Lebensalter ist aber möglich (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005).

Klinik

Die Vorstellung erfolgt überwiegend wegen einer Claudicatio intermittens, selten assoziiert mit neurologischen Symptomen, die von begleitenden Nervenkompressionen herrühren (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005). Die Symptomatik kann diskontinuierlich sein. Da in der Regel die A. poplitea betroffen ist, steht eine Wadenclaudicatio im Vordergrund. Das Auftreten einer kritischen Ischämie gilt als ungewöhnlich.

Diagnostik

Das Ergebnis der physikalischen Untersuchung ist unzuverlässig, da der Pulsstatus variabel und der Palpationsbefund der Fossa poplitea zumeist unauffällig ist.
Im Vordergrund stehen als nicht invasive Maßnahmen die Duplexsonographie und die Magnetresonanzangiographie, mit deren Hilfe die Zysten und deren funktionelle Auswirkung auf den Blutfluss direkt dargestellt werden können.
Die Magnetresonanzangiographie hat den früheren Goldstandard, die digitale Subtraktionsangiographie, weitestgehend abgelöst, da mit ihrer Hilfe die Zysten in der Arterienwand identifiziert und genau lokalisiert und der arterielle Einengungsgrad visualisiert werden können. Die Stenosen imponieren häufig als sanduhrförmige oder exzentrische, glatt berandete Einengung (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005).

Differenzialdiagnostik

Die Differenzialdiagnose umfasst vorrangig Thrombembolien, arteriosklerotische Stenose- und Verschlussprozesse, die Thrombangiitis obliterans, posttraumatische Gefäßläsionen, tumorbedingte Gefäßkompressionen und das Entrapment-Syndrom der A. poplitea oder des Adduktorenkanals.

Therapie

Offene chirurgische Verfahren mit Zystenresektion und ggf. rekonstruktiven Maßnahmen stellen definitive Therapiemaßnahmen für die symptomatische zystische Adventitiadegeneration dar (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005). Ist die Arterie verschlossen und eröffnet sie sich nach Drainage des Zysteninhalts nicht, kommen bevorzugt Veneninterponate oder kurze Venenbypasses als Revaskularisationsverfahren zum Einsatz.
Sonographiegesteuerte Zystenpunktionen und -verödungen können ebenfalls Behandlungserfolge und klinische Erfolge zeitigen, sind aber im Langzeitverlauf unsicher (Diener et al. 2006; Keese et al. 2012; Lewis 2005).
Literatur
Diener H, Wintzer C, Gross-Fengels W, Schulenburg B-M, Debus ES (2006) Kompressionssyndrome der A. poplitea – differenzialdiagnostisches Chamäleon der akuten Claudicatio. Hamb Arztebl 9:446–450
Keese M, Diehl SJ, Huck K, Ströbel P, Schoenberg SO, Niedergethmann M (2012) Cystic adventitial degeneration of the popliteal artery. Ann Vasc Surg 26:859.e17–21CrossRef
Lewis P (2005) Cystic adventitial disease. In: Earnsharn JJ (Hrsg) Rare Vascular disorders – a practical guide for the vascular specialist. Tfm Publishing Lim, Castle Hill Barns/Harley/Shrewsbury, S 277–281
Ortmann J, Widmer MK, Gretener S, Do DD, Willenberg T, Daliri A, Baumgartner I (2009) Cystic adventitial degeneration: ectopic ganglia from adjacent joint capsules. Vasa 38:374–377CrossRefPubMed