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Die Ärztliche Begutachtung
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Publiziert am: 02.08.2022

Endokrine und Stoffwechseldiagnostik

Verfasst von: Johannes W. Dietrich, Ekkehard Schifferdecker, Helmut Schatz und Harald Klein
Die Diagnosekriterien für den Diabetes mellitus sind in Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und internationaler Fachgesellschaften festgelegt worden (Nauck et al. 2020). Der Diagnosestellung liegen Gelegenheits- und Nüchternglukosespiegel, die Ergebnisse eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT) oder HbA1c-Werte zugrunde. Berechnete glomeruläre Filtrationsrate und Mikroalbuminurie als leicht zu gewinnende Kriterien für das Vorliegen einer diabetischen Nephropathie spielen bei der Erfassung von Folgeerkrankungen eine Rolle.
Die Schilddrüsenfunktionsdiagnostik beruht in der Regel auf den Parametern TSH, fT3 und fT4. Bei einer Überfunktion ist die Differenzierung zwischen Autonomie und Autoimmunthyreopathie wegen der unterschiedlichen Verläufe wichtig. Autoantikörpertiter einschließlich der TSH-Rezeptorantikörper sind für die Abschätzung der Prognose eines M. Basedow von Bedeutung. Bei einer (latenten) Unterfunktion zufolge eine Hashimoto-Thyreoiditis sind die Schilddrüsenantikörper diagnostisch entscheidend.
Für die Beurteilung des Calciumhaushaltes spielen die Parathormon- (PTH-), Phosphat- und Calciumkonzentrationen eine entscheidende Rolle. Weitere Biomarker unterstützen die Differentialdiagnose bei speziellen Fragestellungen.
Die Hypophysenfunktionsdiagnostik ist komplex und wird in der Regel von einem Gutachter mit endokrinologischem Schwerpunkt durchgeführt werden müssen, das Gleiche gilt für die Diabetes-insipidus-Diagnostik.

Einleitung

Die Diagnosekriterien für den Diabetes mellitus sind in Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und internationaler Fachgesellschaften festgelegt worden ( Nauck et al. 2020 ). Der Diagnosestellung liegen Gelegenheits- und Nüchternglukosespiegel, die Ergebnisse eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT) oder HbA1c-Werte zugrunde. Berechnete glomeruläre Filtrationsrate und Mikroalbuminurie als leicht zu gewinnende Kriterien für das Vorliegen einer diabetischen Nephropathie spielen bei der Erfassung von Folgeerkrankungen eine Rolle.
Die Schilddrüsenfunktionsdiagnostik beruht in der Regel auf den Parametern TSH, fT3 und fT4. Bei einer Überfunktion ist die Differenzierung zwischen Autonomie und Autoimmunthyreopathie wegen der unterschiedlichen Verläufe wichtig. Autoantikörpertiter einschließlich der TSH-Rezeptorantikörper sind für die Abschätzung der Prognose eines M. Basedow von Bedeutung. Bei einer (latenten) Unterfunktion zufolge eine Hashimoto-Thyreoiditis sind die Schilddrüsenantikörper diagnostisch entscheidend.
Für die Beurteilung des Calciumhaushaltes spielen die Parathormon- (PTH-), Phosphat- und Calciumkonzentrationen eine entscheidende Rolle. Weitere Biomarker unterstützen die Differentialdiagnose bei speziellen Fragestellungen.
Die Hypophysenfunktionsdiagnostik ist komplex und wird in der Regel von einem Gutachter mit endokrinologischem Schwerpunkt durchgeführt werden müssen, das Gleiche gilt für die Diabetes-insipidus-Diagnostik.
Die Diagnostik metabolischer und endokriner Erkrankungen erfordert oft eine Kombination verschiedener laborchemischer Untersuchungsverfahren. Neben Punktmessungen bestimmter Hormone und Metabolite zu definierten Zeitpunkten haben sich serielle Messungen im Tagesverlauf (z. B. im ambulanten Glukoseprofil), statische Funktionstests (Berechnung von Strukturparametern eines Regelkreises aus mehreren Größen, die physiologisch zusammenhängen) und dynamische Funktionstests (in Form von Stimulations-, Hemm- und Belastungstests) bewährt. Im Folgenden werden gängige diagnostische Verfahren für häufige Erkrankungen dargestellt, die evidenzbegründet sind und/oder in Leitlinien empfohlen werden.

Diabetes mellitus

Der Diabetes mellitus ist eine syndromale Erkrankung, die im unbehandelten Zustand durch eine dauernde Erhöhung der Blutzuckerkonzentration gekennzeichnet ist. An Symptomen können starker Durst, Polyurie und Gewichtsverlust vorliegen, bei Stoffwechselentgleisung kommt es zu Bewusstseinstrübungen bis hin zum Coma diabeticum. Insbesondere im Falle eines Typ-2-Diabetes mellitus können Symptome vollständig fehlen. Mitunter wird die Diagnose erst nach dem Auftreten von Komplikationen gestellt.

Messung der Glukosekonzentration im Blut

Die Blutzuckermessung erfolgt heute automatisiert mit spezifischen enzymatischen Methoden.
Die in Abb. 1 zusammengefassten Diagnosekriterien lehnen sich an die Praxisempfehlung „Definition, Klassifikation und Diagnostik des Diabetes mellitus“ der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und die Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA), der WHO und der International Diabetes Federation (IDF) an (Nauck et al. 2020). Die Kategorien „Impaired Fasting Glucose“ (IFG, pathologische Nüchternglukose) und „Impaired Glucose Tolerance“ (IGT, pathologische Glukosetoleranz) werden als gestörte Glukosehomöostase (Prädiabetes) zusammengefasst.

Der orale Glukosetoleranztest (oGTT)

Eine orale Glukosebelastung sollte nach WHO-Richtlinien mit 75 g Glucose erfolgen. Vor dem Test sollte sich die zu untersuchende Person mindestens 3 Tage lang normal ernährt bzw. mindestens 150 g Kohlenhydrate pro Tag zu sich genommen haben. Der Test wird am Morgen nach 8- bis 12-stündiger Nahrungs-, Nikotin- und Alkoholkarenz im Sitzen oder Liegen durchgeführt. Auch während des Tests sollte nicht geraucht werden. Alle Medikamente, die den Kohlenhydratstoffwechsel beeinflussen, sollten 3 Tage vorher abgesetzt werden. Eine Phase körperlicher Inaktivität bzw. akute Infektionen sollten vor Testdurchführung nicht bestanden haben. Nach Blutentnahme zur Bestimmung des Nüchtern-BZ sollte der Proband oder die Probandin die Glukoselösung bzw. das Oligosaccharidgemisch in 250–300 ml Wasser innerhalb von 5 min trinken. Eine venöse Blutentnahme erfolgt zu den Zeitpunkten 0 und 120 Minuten, zur Diagnose eines Gestationsdiabetes zusätzlich nach 60 Minuten. Kontraindikationen für einen oGTT sind ein bestehender Diabetes mellitus und interkurrente Erkrankungen, z. B. gastrointestinale Erkrankungen mit veränderter Resorption oder Z. n. Magen-Darm-Resektion.
Für den Bereich zwischen manifestem Diabetes mellitus und der normalen Reaktion wird der Begriff der pathologischen Glucosetoleranz (engl.: impaired glucose tolerance, IGT) verwendet. Früher wurde dieser Bereich als subklinischer Diabetes mellitus oder Prädiabetes bezeichnet, ein Übergang in den manifesten Diabetes mellitus muss nach heutigem Kenntnisstand aber nicht zwangsläufig erfolgen. Andererseits ist dieser Zustand jedoch nicht nur ein Warnzeichen, sondern per se für das Individuum schon gefährlich, da große europäische Bevölkerungsstudien zeigen, dass er mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko behaftet ist.
Es besteht durchaus die Möglichkeit, durch orale Einnahme von Antidiabetika – insbesondere von Sulfonylharnstoffen – oder durch Spritzen von Insulin den Kurvenverlauf der BZ-Werte im oGTT so zu beeinflussen und zu verändern, dass die Diagnose eines Diabetes mellitus erheblich erschwert wird. Antragsteller für eine Lebensversicherung oder Bewerber für bestimmte, für Diabetiker ungeeignete Berufe könnten daran interessiert sein, ihren Diabetes mellitus zu verheimlichen. Ein nicht sicher pathologischer oGTT steht dann vorher erhobenen Befunden wie Glukosurie und pathologischen BZ-Werten gegenüber.
Ein bizarrer, untypischer Verlauf der Blutzuckerkurven, eine Differenz von mehr als 30 mg/dl zwischen dem Nüchtern- und dem 2-h-Wert bei nicht pathologisch erhöhten Blutzuckerwerten, kontinuierlich ansteigende oder abfallende Werte können Hinweise für einen solchen Sachverhalt sein (Talwalkar 1976).

Der intravenöse Glukosetoleranztest (ivGTT)

Der intravenöse Glukosetoleranztest empfiehlt sich in der Begutachtung von Kohlenhydrattoleranzstörungen bei Magen-Darm-Erkrankungen mit Malassimilation und nach Magenresektion. Die Vorbedingungen entsprechen denen des oGTT. Nach einer Nüchtern-BZ-Abnahme werden innerhalb von 2 min 0,33 g Glukose pro Kilogramm Körpergewicht i. v. injiziert. Blutentnahmen erfolgen basal sowie nach 5, 10, 20, 30, 40, 50 und 60 Minuten. Anders als beim oGTT erreicht der Glukosespiegel sofort nach dem Ende der Injektion den Spitzenwert (Peak). Bei Gesunden ist der Peak stärker als beim oGTT, da die Stimulation der Insulinsekretion durch den intraluminalen Anstieg der Glukosekonzentration im Magen-Darm-Trakt (Inkretineffekt) wegfällt. Nach Erreichen des Spitzenwerts [G]0 fällt die Glukosekonzentration [G] über die Zeit t exponentiell mit
$$ \left[G\right]={\left[G\right]}_0{e}^{- kt} $$
ab. Aus den Konzentrationen wird der Assimilationskoeffizient k berechnet. Dies kann praktischerweise auch mit Hilfe der graphisch leicht abschätzbaren Halbwertszeit t½ in Form von
$$ k=\frac{\mathit{\ln}2}{t_{\raisebox{1ex}{$1$}\!\left/ \!\raisebox{-1ex}{$2$}\right.}} $$
geschehen. Bei Gesunden liegt k zwischen 1,2 % und 2,2 %, ein Wert unter 1,0 % spricht für einen Diabetes mellitus, Werte zwischen 1,0 % und 1,2 % für eine pathologische Glukosehomöostase.

Messungen der Harnzuckerausscheidung

Die Bestimmung der Harnzuckerausscheidung ist wegen zahlreicher Störmöglichkeiten nicht mehr in den Leitlinien zur Diagnostik des Diabetes mellitus enthalten.
Physiologischerweise werden in 24 h im Mittel 70 mg (ca. 20–100 mg) Glucose im Urin ausgeschieden. Zur pathologischen Glukosurie kommt es, wenn Blutglukosekonzentrationen von 160–180 mg/dl überschritten werden (sogenannte Nierenschwelle).
Bei enzymatischer Harnzuckerbestimmung können durch pH-Verschiebungen (abgestandener Harn, alkalisierende Therapie, Acidose mit pH <5), Temperatur in Gefrierpunktnähe (Aufbewahrung im Kühlschrank) und starke O2-Empfänger (Ascorbinsäure, Gentisinsäure bei Therapie mit Acetylsalicylsäure, L-Dopa-Therapie) falsch negative Ergebnisse auftreten. Besonders bei älteren Menschen kann darüber hinaus die Nierenschwelle höher als 180 mg/dl liegen. Aus diesen Gründen schließt eine unauffällige Harnzuckerausscheidung einen Diabetes mellitus nicht aus.
Das therapeutische Prinzip von SGLT2-Hemmern („Sodium dependent glucose transporter“-Inhibitoren) beruht auf einer Hemmung des Rücktransports von Glukose zusammen mit Natrium aus dem Primärharn in das Blut. Es kommt de facto zu einer Absenkung der Nierenschwelle, so dass sie zu einer Glukosurie trotz normaler Blutglukosekonzentration führen können. Eine Glukosurie ohne Hyperglykämie findet sich auch beim renalen Diabetes, einer familiären Störung der Glukoserückresorption in den Nieren. Eine temporäre Erniedrigung der Nierenschwelle tritt in der Schwangerschaft auf, diese physiologische Veränderung muss gegen einen Gestationsdiabetes abgegrenzt werden. Eine nicht medizinisch indizierte Einnahme von SGLT2-Hemmern kann zum Zwecke der Gewichtsabnahme oder zur Vortäuschung eines Diabetes mellitus erfolgen.

Ketonkörpernachweis im Harn

Eine Ketonurie ist Hinweis auf eine Entgleisung des Glukosestoffwechsels, aus der ketoazidotischen Stoffwechsellage kann sich ein Coma diabeticum entwickeln. Eine Ketonurie findet sich aber auch im Hungerzustand, z. B. bei einer Reduktionskost bzw. Nulldiät. Die physiologische Ketonurie beträgt bis zu 2 mg/dl.
Zum Nachweis der Ketonurie werden in der Regel Teststreifen verwendet. Ihre Empfindlichkeit ist für Acetoacetat größer als für Aceton. Acetoacetat wird in 10-fach höherer Menge im Harn ausgeschieden als Aceton, das aus Acetoacetat entsteht. Es müssen daher frische Harnproben zur Untersuchung verwendet werden.

Bestimmung von Insulin und C-Peptid

Die Konzentrationen des Insulins sowie des C-Peptids, das vom Proinsulinmolekül abgespalten und daher äquimolar zum Insulin aus der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird, werden radioimmunologisch im Serum bestimmt. Zur Diagnosestellung und Klassifizierung eines Diabetes mellitus trägt die Bestimmung nichts bei, sie ermöglicht jedoch die Erfassung der Restsekretion der Inselzellen bei Typ-1- und auch der Insulinsekretion bei Typ-2-Diabetikern.
Zur Entscheidung, ob eine orale Diabetestherapie noch möglich ist oder eine Insulinsubstitution erforderlich wird, kann die Messung der Stimulierbarkeit von Insulin bzw. C-Peptid beitragen. Standardisiert erfolgt die Stimulation der Spiegel durch i. v.-Gabe von 1 mg Glukagon. Gemessen werden die Spiegel nüchtern und 6 min nach der Injektion.
Die gleichzeitige Bestimmung von Insulin und Glukose im Nüchternzustand kann im Rahmen des Homeostasis Model Assessment (HOMA) zur Abschätzung der relativen Beiträge einer Insulinempfindlichkeit und der Betazellfunktion zur Glukosehomöostase verwendet werden (Hosker et al. 1985; Matsumoto et al. 1998):
$$ HOMA\hbox{-} IR=\frac{\left[ Glukose\right]\cdotp \left[ Insulin\right]}{p_1} $$
$$ HOMA\hbox{-} Beta=\frac{p_2\cdotp \left[ Insulin\right]}{\left[ Glukose\right]-{p}_3}\% $$
Die Werte der Parameter p1 bis p3 hängen von der Maßeinheit der Glukosekonzentration ab (Tab. 1). Die Insulinkonzentration wird von den Gleichungen in mIU/l oder μU/ml erwartet, wobei 1 mIUL/l 6 pmol/l entspricht.
Tab. 1
Parameter für die Berechnung von HOMA-IR und HOMA-Beta
Parameter
Erklärung
Wert
p1
Hilfsparameter der Glukoneogenese
22,5 (Glukose in mmol/l)
405 (Glukose in mg/dl)
p2
Bremskonstante der Insulinsekretion
20 (Glukose in mmol/l)
360 (Glukose in mg/dl)
p3
Hilfsparameter der Insulinsekretion
3,5 (Glukose in mmol/l)
63 (Glukose in mg/dl)
Ein HOMA-IR-Wert von unter 2,5 spricht für eine normale Insulinsensitivität, höhere Werte für eine Insulinresistenz, z. B. bei gestörter Glukosehomöostase, Diabetes mellitus oder PCO-Syndrom.

Hämoglobin-A1c-Bestimmung

Wie andere Proteine kann der Hämoglobinkomplex nichtenzymatisch glykiert werden. Durch Glykierung des HbA1, der häufigsten Hb-Variante bei Erwachsenen, entstehen die Fraktionen HbA1a, HbA1b und HbA1c. Die HbA1c-Fraktion entsteht durch Modifikation eines glykierten Beta-Hämoglobins an Valin-2 und Umwandlung des Glukoserests über ein Aldimin und eine Amadori-Reaktion zu einem stabilen Ketoamin. Diese Fraktion wird heute für diagnostische Zwecke bevorzugt. Während der gesamten Lebensdauer der Erythrozyten von ca. 120 Tagen wird kontinuierlich Glukose angelagert, der Grad der Glykierung in der Lebenszeit eines Erythrozyten ist abhängig vom Integral der Glukosekonzentration in den der Bestimmung vorausgegangenen 2 bis 3 Monaten.
Bei Gesunden liegt die HbA1c-Fraktion unter 5,7 % (39 mmol/l), der Graubereich zwischen 5,7 und 6,4 % (39–47 mmol/l) kennzeichnet eine gestörte Glukosehomöostase, ein Wert von 6,5 % (48 mmol/l) und mehr kann zur Diagnosestellung eines Diabetes mellitus verwendet werden.
Mit der HbA1c-Messung lässt sich darüber hinaus die Qualität der Glukosestoffwechsellage in den 6 bis 8 Wochen vor der Messung abschätzen. Kurzfristige BZ-Veränderungen beeinflussen diesen stabilen Parameter nicht, sodass er eine objektivere Beurteilung der Stoffwechselführung ermöglicht.
Bei der Verwendung der HbA1c-Fraktion für die Diagnosestellung eines Diabetes mellitus muss ihre Beeinflussbarkeit durch zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden (Nauck et al. 2020). So finden sich bezüglich des Glukosestoffwechsels falsch niedrige Werte bei Anämien mit verkürzter Lebensdauer der Erythrozyten (z. B. Blutungsanämien, Eisenmangelanämien), falsch hohe Werte bei Urämie, Alkoholismus und Anämien mit verlängerter Lebensdauer der Erythrozyten, z. B. perniziöser Anämie. Außerdem kann die HbA1c-Fraktion durch Alter und genetische Einflüsse modifiziert werden. Zur Diagnose eines Gestationsdiabetes, bis zu 2 Monate postpartal, bei Säuglingen, nach Transfusion von Erythrozytenkonzentraten und – auch ohne Transfusion – nach größeren Blutungen ist dieser Parameter nicht verwertbar.
Liegt bei Diabetikern keine Dokumentation regelmäßiger Stoffwechselkontrollen vor, ist die HbA1c-Bestimmung die beste Methode, um die Einstellungsqualität rückwirkend für einen längeren Zeitraum zu überprüfen.
Sie kann durch kurzfristige BZ-Senkung nicht manipuliert werden, weshalb sie in der Begutachtung der Stoffwechselführung, der Stabilität der Einstellung und der Kooperation z. B. bei Gutachten zur Übernahme in das Beamtenverhältnis oder zur Fahrtüchtigkeit von Diabetikern große Bedeutung hat.

Time in Range und andere Maße der glykämischen Variabilität

Die HbA1c-Bestimmung hat den Nachteil, dass sie nur Informationen über den mittleren Blutzucker liefert, nicht aber über die klinisch ebenfalls bedeutsame Variation der Glukosekonzentration. Diese Information wird von neueren Verfahren geliefert, die auf der kontinuierlichen (rtCGM = real-time continuous glucose monitoring) oder quasi-kontinuierlichen (flash-CGM) Messung der insterstitiellen Glukosekonzentration über subkutane oder implantierte Sensoren beruhen. Eine wichtige Kenngröße in der CGM-Analyse ist die Time in Range (TIR), d. h., der Anteil der Aufzeichnungszeit, der gemäß einer internationalen Konsensusempfehlung innerhalb des Zielbereichs zwischen 70 und 180 mg/dl (3,9–10 mmol/l) liegt. Bei Erwachsenen sollte die TIR mindestens 70 % betragen, bei Kindern mindestens 50 %. Weitere Kriterien für die Güte der Einstellung sind der Variationskoeffizient der Glukosekonzentrationen (Standardabweichung geteilt durch Mittelwert mal 100 %), der unter 36 % betragen sollte, und der Anteil an signifikant hypoglykämen Perioden (weniger als 1 % unter 54 mg/dl oder 3 mmol/l). Neben der Häufigkeit von Hypoglykämien spielen auch ihre Dauer, ihre Tiefe und eine mögliche Periodizität eine Rolle. Bei der Auswertung ist auch auf die Datenqualität zu achten: Die Sensornutzung sollte (bei Flash-CGM-basierten Systemen) mindestens 70 % betragen und die Aufzeichnungszeit sollte bei mindestens 14 Tagen liegen (Battelino et al. 2019).

Glomeruläre Filtrationsrate und Albuminausscheidung im Urin

Das Ausmaß einer Nierenschädigung wird durch die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) und das Ausmaß einer Proteinurie oder Albuminurie klassifiziert (Tab. 2) (Merker et al. 2020).
Tab. 2
Stadien der chronischen Niereninsuffizienz gemäß KDIGO
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Aus praktischen Erwägungen wird die GFR heute anhand von Schätzformeln (z. B. CKD-EPI oder MDRD) ermittelt (eGFR für estimated glomerular filtration rate), da die Urinsammlung nicht selten mit präanalytischen Problemen einhergeht. Grenzen der Schätzformeln liegen unter anderem bei erheblichem Unter- oder Übergewicht, hohem Lebensalter oder einer sich rasch ändernden Nierenfunktion. In dieser Situation ist eine Urinsammlung über 24 Stunden überlegen.
Die quantitative Bestimmung der Albuminausscheidung im Urin mit radio- oder enzymimmunologischer bzw. nephelometrischer Methodik, in der Praxis auch mit Teststreifen, für die Mikroalbuminurie mit Küvetten, ist von herausragender Bedeutung zur Diagnose einer beginnenden diabetischen Nephropathie. Mit ihr lässt sich eine pathologisch vermehrte Albuminausscheidung zwischen 30 und 300 mg pro Gramm Kreatinin (alternativ auch im Sammelurin 30–300 mg pro 24 h bzw. 20–200 μg/min) erfassen, die als Mikroalbuminurie (Stadium A2Gx) bezeichnet wird. Wegen Spezifitätsproblemen der Untersuchung ist allerdings eine Bestätigung durch Mehrfachbestimmung notwendig.
Nach Erreichen der durch die Mikroalbuminurie gekennzeichneten Stadien der beginnenden Nephropathie wird sich ohne Intervention, d. h. ohne Verbesserung der Stoffwechsellage oder eines möglicherweise bestehenden Hypertonus, die Nierenfunktion stetig verschlechtern und in die terminale Niereninsuffizienz münden. Deshalb ist die Erfassung der Mikroalbuminurie auch von gutachterlicher Bedeutung.
Bei unklarem oder pathologischem Ergebnis wird eine wiederholte Bestimmung in dreimonatigem Abstand zur Validierung empfohlen. Andere Ursachen einer vermehrten Albuminausscheidung müssen ausgeschlossen werden, vor allem Harnwegsinfekte und chronische Nierenerkrankungen nichtdiabetischer Genese. Hierzu reicht in der Regel ein mit Teststreifen erhobener Urinstatus aus, ggf. ergänzt durch eine Urinkultur.

Weitere notwendige Diagnostik bei der Begutachtung von Diabetikern

In allen Stadien eines Diabetes mellitus ist eine ergänzende Diagnostik zur Erfassung von Komplikationen für die gutachterliche Abschätzung des Schweregrades der Erkrankung unverzichtbar. Hierzu gehören kardiologisch-angiologische Untersuchungen zur Erfassung einer allfälligen Makroangiopathie (z. B. EKG, ggf. mit Ergometrie, Dobutamin-Stress-Echokardiographie, Doppleruntersuchung von Hirn- und Beingefäßen) und die Fundoskopie zur Diagnostik einer diabetischen Retinopathie. Weiterhin sollten Symptome der peripheren und ggf. auch autonomen Neuropathie erfasst werden, wobei neben der klinisch-neurologischen Diagnostik rechnergestützte quantitative Verfahren zur Messung der Temperatur-, Schmerz- und Vibrationssensibilität zur Verfügung stehen (Quantitativ sensorische Testung, QST). Die Funktion des autonomen Nervensystems lässt sich orientierend am einfachsten durch rechnergestützte Analyse der Herzfrequenzvariabilität beurteilen.

Messung von Blutfetten

Bei Insulinmangel, also auch bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus, kommt es zu einer Vermehrung der Prä-Beta-Lipoproteine oder der Lipoproteine mit sehr niedriger Dichte (VLDL) und damit zur sekundären Hyperlipoproteinämie. Bei nicht kompensiertem Diabetes mellitus findet sich daher der Phänotyp einer Hypertriglyzeridämie oder der einer kombinierten Hyperlipoproteinämie (Parhofer et al. 2020).
Zur Beurteilung der Stoffwechsellage eines Diabetikers gehört immer die Untersuchung der Serumtriglyzeride und des Cholesterins, was auch gutachterlich zur Beurteilung der Güte der Stoffwechselführung von Bedeutung ist. Eine sekundäre Hyperlipoproteinämie bessert sich bei optimaler Stoffwechseleinstellung. Bleibt eine Hyperlipoproteinämie bestehen, muss eine zusätzliche primäre Hyperlipoproteinämie angenommen werden.

Adipositas

Cholesterin und vor allem Triglyzeride sind hier deutlich häufiger erhöht als bei Normalgewichtigen, ebenso die Harnsäurekonzentration. Der Glukosestoffwechsel muss überprüft werden, um eine allfällige pathologische Glukosehomöostase zu erfassen (s. o.). Die Cortisolkonzentration im Serum ist oft basal leicht erhöht bei jedoch im Gegensatz zum Cushing-Syndrom erhaltener Tagesrhythmik mit hohen Morgen- (ca. 70–230 μg/l) und niedrigen Abendwerten (ca. 20–80 μg/l).
Zur Diagnostik eines Cushing-Syndroms – eine bei Adipositas häufige gutachterliche Aufgabe –, werden eine Bestimmung der mitternächtlichen freien Cortisolkonzentration im Speichel mit anschließendem Dexamethason-Kurztest mit 1 mg durchgeführt. Ein Cushing-Syndrom ist sicher ausgeschlossen, wenn beide Tests unauffällig ausfallen. Die Referenzbereiche sind methodenabhängig.
Häufig werden bei Adipositas auch hoch-normale bis leicht erhöhte TSH-Spiegel bei unauffälliger FT4- und nicht selten hochnormaler bis leichter erhöhter FT3-Konzentration gefunden (Chatzitomaris et al. 2017). Ursächlich ist ein erhöhter Sollwert des Regelkreises auf dem Boden einer vermehrten allostatischen Last. Die Differentialdiagnose zur latenten Hypothyreose – ebenfalls eine häufige gutachterliche Fragestellung – gelingt durch Berechnung der Sekretionsleistung der Schilddrüse (SPINA-GT) und des TSH-Index nach Jostel (JTI, s. unten unter „Schilddrüsenerkrankungen“). Bei adipositasbedingter TSH-Erhöhung ist der TSH-Index erhöht, SPINA-GT aber normal, bei der latenten Hypothyreose ist SPINA-GT reduziert (Chatzitomaris et al. 2017).

Untergewicht

Differenzialdiagnostisch ist vor allem an eine Tumorkrankheit, ein Malassimilationssyndrom, eine Nebenniereninsuffizienz, eine Hyperthyreose und eine Anorexia nervosa zu denken, seltener an die Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1.
Zur Basisdiagnostik einer Malassimilation gehören die Bestimmung des 24-h-Stuhlgewichts und der Pankreaselastase im Stuhl. Ein pathologischer D-Xylosetest spricht für eine Resorptionsstörung. Erniedrigte Konzentrationen für 25-OH-Cholecalciferol (25-OH-Vitamin D3) und β-Karotin im Blut zeigen eine Resorptionsstörung für fettlösliche Vitamine an.
Die Anorexia nervosa zeigt häufig eine Hypokaliämie und Hypochlorämie (Erbrechen, Laxanzienabusus), relativ typisch ist im Gegensatz zur Malassimilation eine Hyperkarotinämie. In fortgeschrittenem Stadium besteht häufig eine Niereninsuffizienz. Die Östrogenausscheidung im Harn ist niedrig, im Blut sind LH, FSH und Prolaktin erniedrigt, LH und FSH durch GnRH nicht oder nur subnormal stimulierbar. Dementsprechend sind die Patientinnen in der Regel amenorrhoisch. Die zirkadiane Rhythmik ist wie vor der Pubertät aufgehoben. Der TRH-Test ist häufiger negativ, es besteht oft die Konstellation eines TACITUS- oder Low-T3-Syndroms mit erniedrigter T3- oder FT3-Konzentration und erhöhtem rT3-Spiegel (Chatzitomaris et al. 2017). Die Differentialdiagnose zu Funktionsstörungen der Schilddrüse gelingt mit berechneten Parametern (SPINA-GT bei Anorexie unauffällig, aber erhöht bei latenter Hyperthyreose, TSH-Index nach Jostel und/oder SPINA-GD bei Anorexie erniedrigt). Die basalen Serumcortisolspiegel sind oft angehoben, die Tagesrhythmik aufgehoben, der Dexamethason-Suppressionstest oft pathologisch.

Hyperurikämie und Gicht

Der Harnsäurespiegel im Serum ist von Ernährung, Alter und Geschlecht abhängig, er liegt bei Frauen niedriger. Spiegel >6,5 bzw. >7,0 mg/dl werden als Hyperurikämie eingestuft. Unter den derzeitigen mitteleuropäischen Ernährungsgewohnheiten sind ca. 20 % der Erwachsenen hyperurikämisch.
Die Diagnose Gicht erfordert in jedem Falle das Vorliegen klinischer Symptome, also das typische Bild eines akuten Gichtanfalls oder im chronischen Stadium polyartikuläre Gelenkveränderungen und Tophusbildung. Im Gichtanfall wird in der Regel, allerdings nicht immer, ein Harnsäurewert von >6,5 mg/dl gemessen, wenn nicht schon eine Therapie mit Phenylbutazon, Salizylaten, Corticoiden, Allopurinol, Febuxostat oder Urikosurika begonnen wurde.

Schilddrüsenerkrankungen

In der Anamnese ist insbesondere auf Begleiterkrankungen, Schilddrüsenoperationen, Radiojodtherapien und die Medikation einzugehen. Hier sind stark jodhaltige Präparate wie Amiodaron, Desinfizienzien oder Röntgen-Kontrastmittel von Bedeutung, darüber hinaus auch Schilddrüsenhormone, Thyreostatika und Checkpoint-Inhibitoren (immun-endokrine Nebenwirkung einer Tumortherapie). Die Familienanamnese kann Hinweise auf eine Neigung zu Autoimmunthyreopathien geben.
  • Zum Nachweis einer euthyreoten Stoffwechsellage ist die Bestimmung des basalen schilddrüsenstimulierenden Hormons (TSH) in Kombination mit freiem T4 (FT4) und freiem T3 (FT3) erforderlich. Eine alleinige TSH-Bestimmung genügt wegen Sensitivitäts- und Spezifitätsproblemen weder zum zweifelfreien Nachweis noch zum Ausschluss. Für die TSH-Bestimmung sollte eine sensitive Methode (2. bzw. 3. Assay-Generation, untere Nachweisgrenze <0,05 bzw. <0,005 mIU/l) verwendet werden. Dennoch muss man im Messbereich zwischen 0,05 und 0,3 mIU/l nach unten und um 2,5 mIU/l nach oben mit einer Grauzone rechnen, die keine absolut sichere Zuordnung zulässt.
  • Der Nachweis einer manifesten Hyperthyreose erfordert ein erhöhtes FT4, da das Gesamt-Thyroxin (TT4) durch Proteinbindungsanomalien beeinflusst werden kann. Ein erhöhtes TT4 bei normalem FT4 findet man z. B. bei Frauen, die Ovulationshemmer einnehmen oder schwanger sind, da erhöhte Östrogenspiegel das thyroxinbindende Globulin (TBG) im Serum ansteigen lassen. Die Bestimmung des Gesamt- oder freien Trijodthyronins (T3) ist notwendig, um eine T3-Hyperthyreose nachzuweisen.
  • In unklaren Fällen kann die Berechnung von Strukturparametern des Regelkreises wie der Sekretionsleistung der Schilddrüse (SPINA-GT, nicht anzuwenden bei Therapie mit Levothyroxin), der Summenaktivität peripherer Dejodinasen (SPINA-GD) oder von Maßen für die thyreotrope hypophysäre Funktion (z. B. TSH-Index nach Jostel) die Differentialdiagnose unterstützen (Dietrich et al. 2016; Persani et al. 2018). Der früher häufig eingesetzte TRH-Test wird dagegen nur noch selten benötigt, z. B. zur Bestätigung einer thyreotropen Insuffizienz.
  • Bei normaler Funktion reicht zum Ausschluss einer morphologischen Veränderung die B-Bild-Sonographie der Schilddrüse aus. Lassen sich hingegen in der Sonographie Strukturunregelmäßigkeiten, z. B. Knotenbildungen, eine Echoarmut oder Inhomogenitäten erkennen, sind ergänzende Untersuchungsmodalitäten wie Farbduplexsonographie oder Shear-Wave-Elastographie differentialdiagnostisch hilfreich. Klassifikationsverfahren auf der Grundlage des B-Bilds wie TIRADS helfen, die Wahrscheinlichkeit für einen malignen Knoten abzuschätzen.
  • Ein Technetium-Szintigramm ist in der Regel nur zur Beurteilung des Funktionszustands von Knoten notwendig, gelegentlich auch zur Differentialdiagnose zwischen Freisetzungs-Thyreotoxikose und echter Hyperthyreose.
Besteht funktionell eine primäre Hypothyreose, so lässt sich mit der Bestimmung der mikrosomalen (TPO-)Antikörper und der Thyreoglobulin-Antikörper eine chronische T-Zell-vermittelte Autoimmunthyreopathie, die häufigste Ursache einer erworbenen Hypothyreose im Erwachsenenalter, nachweisen. Die Sonographie zeigt im klassischen Falle ein homogen echoarmes Muster, es finden sich aber oft auch fleckige echoarme Bezirke in den Schilddrüsenlappen. Das Volumen der Schilddrüse kann vermehrt sein (Befund des Erstbeschreibers Hashimoto, hypertophe Form einer Thyreoiditis) oder, häufiger, normal oder vermindert (atrophe Form, Ord-Thyreoiditis). Die Feinnadelpunktion der Schilddrüse kann die Diagnose sichern.
Besteht eine Hyperthyreose, so hat die Klärung, ob ein Morbus Basedow oder eine fokale bzw. disseminierte Autonomie der Schilddrüse vorliegt, gutachterliche Bedeutung, da Verlauf und Prognose unterschiedlich sind. Sehr spezifisch für den Morbus Basedow sind die TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK), sie sind bei bis zu 90 % der Patienten nachweisbar.
Die Sonographie zeigt beim Morbus Basedow in der Regel ein vergrößertes Organ mit echoarmer Struktur und diffuser Hyperperfusion in der Farb-Duplex-Sonographie. Bei seronegativem M. Basedow kann die Diagnose nur durch die Kombination aus Hyperthyreose, sonographischem Befund und klinischen Symptomen (insbesondere einer endokrinen Orbitopathie) gesichert werden. Im Szintigramm, das bei sonographisch homogenem Organ aber nicht erforderlich ist, zeigt sich dann ein deutlich erhöhter Technetium-Uptake nach 20 min.
Eine zentrale Rolle spielt die Szintigraphie in der Diagnostik von Schilddrüsenautonomien. Insbesondere fokale Autonomien (autonome Adenome) lassen sich nachweisen, bei peripherer Euthyreose und noch nicht supprimiertem TSH muss meist ergänzend ein Suppressionsszintigramm durchgeführt werden.

Störungen der Nebenschilddrüsen und des Knochenstoffwechsels

An erster Stelle in der Nebenschilddrüsendiagnostik steht die Bestimmung des Serumcalciums, des Serumphosphats und des Parathormons (PTH). Bei normalem Serumalbumingehalt, der parallel nachzuweisen ist, reicht die Messung des Gesamtcalciums aus. Bei Veränderungen dieses Parameters oder bei weiterhin bestehendem klinischem Verdacht auf eine Nebenschilddrüsenerkrankung muss dies wiederholt erfolgen, es schließen sich die Messung der Calciumausscheidung im 24-h-Urin oder die Berechnung der fraktionellen Calciumexkretion an. Diese ist insbesondere zur Differentialdiagnose zwischen primärem Hyperparathyreoidismus (pHPT) und familiärer hypokalziurischer Hyperkalziämie notwendig. Korrekturformeln zur Adjustierung der Calciumkonzentration auf den Protein- oder Albumingehalt haben sich als unzuverlässig erwiesen.
  • Die PTH-Bestimmung im Serum mit einer Methode, die das intakte Molekül erfasst, ist in der Diagnostik des primären und sekundären Hyperparathyreoidismus obligat und entscheidend. Die PTH-Konzentration muss immer in Relation zur Calciumkonzentration interpretiert werden.
  • Falls sich die Urinsammlung auf Calcium schwierig gestaltet (z. B. bei Adhärenzproblemen) kann sie durch die Berechnung der fraktionellen Calciumexkretion (FeCa) ersetzt werden, für die nur eine Serum- und eine Spontanurinprobe benötigt werden, aus denen jeweils gleichzeitig Kreatinin und Calcium bestimmt werden:
$$ {F}_{eCa}=\frac{\left[ Urin\hbox{-} Calcium\right]\cdotp \left[ Serum\hbox{-} Kreatinin\right]}{\left[ Serum\hbox{-} Calcium\right]\cdotp \left[ Urin\hbox{-} Kreatinin\right]} $$
Referenzbereich: 1–2 %, erniedrigt bei familiärer hypokalziurischer Hyperkalziämie
  • Die alkalische Phosphatase (AP) im Serum sollte bestimmt werden, ggf. mit Auftrennung in die Isoenzyme oder spezifischer Bestimmung der knochenspezifischen AP (Ostase), weiterhin steht das Osteokalzin als Parameter für die Osteoblastenaktivität zur Verfügung.
  • Besteht die Konstellation eines sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT), d. h. erhöhtes PTH bei erniedrigtem oder niedrig-normalem Serumcalcium, ist dessen Ursache zu diagnostizieren. Im Wesentlichen handelt es sich dabei entweder um eine chronische Nierenerkrankung (renal sekundärer Hyperparathyreoidismus) oder eine intestinale Malabsorption von Calcium und/oder Vitamin D (intestinal sekundärer Hyperparathyreoidismus); die Bestimmung von 25-OH-Vitamin D3 und 1,25-OH-Vitamin D3 wird notwendig. Ein medikamentös sekundärer Hyperparathyreoidismus kann von einer langfristigen Therapie mit Bisphosphonaten herrühren, was fast immer durch gleichzeitige Therapie mit Vitamin-D-Derivaten verhindert werden kann.
  • Ein tertiärer Hyperparathyreoidismus, der bei lange bestehendem sHPT durch dauerhafte Stimulation über dynamische Kompensation zu einer Vergrößerung der Nebenschilddrüsen führt, ist wie der pHPT durch gleichzeitig erhöhte Calcium- und PTH-Konzentrationen gekennzeichnet.

Hypothalamus- und Hypophysendiagnostik

Die Funktionsprüfung des Hypophysenvorderlappens ist komplex und erfordert fachendokrinologische Expertise. Je nach Fragestellung und Begleiterkrankungen kommen verschiedene Testverfahren zum Einsatz. Diese umfassen Einzelmessungen von Hormonkonzentrationen, statische und dynamische Funktionstests.
Einzelmessungen eignen sich für Screening-Untersuchungen auf manifeste Funktionsstörungen bei niedriger Vortestwahrscheinlichkeit. Beispiele sind die Bestimmung der Prolaktin- und IGF-1-Spiegel. Für die laborchemische Sicherung hormoninaktiver Hypophysentumoren wird die Bestimmung der Prolaktin-, TSH-, FT4-, FT3-, FSH-, LH- und IGF-1-Konzentrationen empfohlen, ergänzt um Testosteron- (bei Männern) bzw. Estradiolbestimmung (bei prämenopausalen Frauen) und einen Dexamethason-Suppressionstest (s. u.) (Deutschbein et al. 2021). Bei Makro- und großen Mikroadenomen (≥6 mm) empfiehlt sich darüber hinaus eine morgendliche Cortisolbestimmung.
Statische Funktionstests, z. B. der TSH-Index nach Jostel, bestimmen die Funktionsreserve der Homöostase aus der Beziehung zwischen einzelnen Zustandsgrößen im Gleichgewicht auf der Grundlage mathematischer Modelle. Sie eignen sich beispielsweise zur Diagnostik zentral bedingter Insuffizienzen (Persani et al. 2018).
Dynamische Funktionstests untersuchen die Antwort des Regelkreises auf eine definierte Stell- oder Störgröße. Sie umfassen daher Stimulations-, Hemm- und Belastungstests. Für die Hypophysendiagnostik sind insbesondere Stimulationstests von Bedeutung. Sie erfolgen durch intravenöse Gabe hypothalamischer Releasing-Hormone
  • „Corticotropin releasing hormone“ (CRH) zur Stimulation von ACTH und Cortisol,
  • „Growth hormone releasing hormone“ (GHRH) zur Stimulation von Wachstumshormon (STH),
  • „Gonadotropin releasing hormone“ (GnRH) zur Stimulation von FSH und LH und
  • „Thyrotropin relasing hormone“ (TRH) zur Stimulation von TSH und Prolaktin
– je nach Fragestellung einzeln oder als „kombinierter Hypophysen-Stimulationstest“. In seltenen Fällen kann die Integrität der hypothalamischen CRH-Sekretion und damit die Stressfähigkeit nur durch aufwändigere Untersuchungen wie einen Insulin-Hypoglykämietest beurteilt werden. Ist die Insulinhypoglykämie kontraindiziert (z. B. bei Krampfleiden, KHK, Arrhythmien, im Kindesalter, in der Schwangerschaft oder bei bereits bekanntem Addison-Syndrom), kann die CRH-ACTH-Cortisol-Achse mit dem Metyrapon-Test untersucht werden. Für Einzelheiten sei auf die detaillierte Fachliteratur verwiesen (Lehnert 2015).
Auch in der Minderwuchsdiagnostik ist der Insulin-Hypoglykämietest neben Argininbelastung, L-Dopa-Test und Exercise-Test in Einzelfällen notwendig, wenn GHRH nicht zu einem ausreichenden STH-Anstieg geführt hat. Der Vervollständigung der Hypophysendiagnostik dient die Bestimmung von Testosteron bzw. Östradiol und Progesteron und der peripheren Schilddrüsenhormone. Ohne die Kenntnis der Konzentration der zugehörigen peripheren Hormone kann das Ergebnis der Stimulationstests nicht interpretiert werden. Wichtig ist die Bestimmung des Knochenalters radiologisch an der linken Hand und gleich zu Beginn die Position der Körpergröße auf den Wachstumskurven.
Die morphologische Diagnostik von Hypophysentumoren sollte heute in erster Linie mit einer Dünnschicht-Kernspintomographie erfolgen, die der Computertomographie vor allem im Nachweis kleiner, die Organgrenzen noch nicht überschreitender Adenome überlegen ist. Bei möglicher Betroffenheit des Chiasma opticum ist eine ophthalmologische Untersuchung mit Goldmann-Perimetrie zur Gesichtsfeldbestimmung erforderlich.
Zum Ausschluss einer Akromegalie aufgrund eines STH-produzierenden Adenoms bedarf es einer Suppression der STH-Sekretion unter 1 mU/ml im Rahmen eines oralen 75-g-Glukosetoleranztests. Die Bestimmung der Somatomedin-C- (IGF-1-) Konzentration als Aktivitätsparameter der Akromegalie wird vor allem in der Verlaufskontrolle unter Therapie eingesetzt. Darüber hinaus hat die IGF-1-Bestimmung Vorteile in der Diagnostik einer somatotropen Insuffizienz, da die analytische Sensitivität der meisten heute verfügbaren STH-Assays zu gering ist, um niedrige STH-Konzentrationen von niedrig-normalen zu unterscheiden.

Diabetes insipidus

Zum Ausschluss eines Diabetes insipidus (DI) sollten zunächst Harnvolumen und Trinkmenge mindestens zweimal über 24 h dokumentiert und 2-mal Serumnatrium und -osmolalität bestimmt werden. Letztere ist beim DI normal oder mitunter leicht erhöht, d. h. über 290 mosmol/kg, bei psychogener Polydipsie jedoch erniedrigt. Liegt das spezifische Harngewicht (Massendichte) im Spontanurin über 1020 g/l, so kann ein DI ausgeschlossen werden.
Zur sicheren Klärung dient der Durstversuch mit Messung der Serum- und Urinosmolalität bzw. des spezifischen Gewichtes im Harn. Die zusätzliche Bestimmung der Copeptinkonzentration im Serum basal und nach 8 Stunden unterstützt die Differentialdiagnose verschiedener DI-Formen. Der Proband darf nach 22:00 Uhr keine Flüssigkeit mehr zu sich nehmen, am Morgen werden über 8 h alle 2 h Serum- und Urinportionen gewonnen und das Körpergewicht kontrolliert.
Eine Abnahme der Diurese mit Anstieg der Harnosmolalität über 800 mosmol/kg oder der Massendichte über 1020 g/l schließen einen DI aus.
Bei vollständigem ADH-Mangel bleiben die Urinosmolalität und die Massendichte unter den angegebenen Grenzwerten, die Urinosmolalität steigt nicht über die Serumosmolalität an. Der Durstversuch muss nach Verlust von mehr als 3–5 % der Körpermasse oder bei klinischen Symptomen einer Dehydratation abgebrochen werden. Anschließend wird Desmopressin (1 Ampulle Minirin) i. v. injiziert. Steigt die Urinosmolalität dann um mehr als 50 % an, ist der vollständige ADH-Mangel gesichert.
Bei einem partiellen DI centralis kann die Urinosmolalität die Serumosmolalität überschreiten, erreicht aber nicht die o. g. Grenzwerte, nach ADH-Gabe kommt es zu einem schwächeren Anstieg der Urinosmolalität um ca. 10–60 %. Bei einem DI renalis (ADH-Resistenz) bleibt die Urinosmolalität im Durstversuch unter der Plasmaosmolalität, nach ADH-Gabe kommt es zu einem nur mäßigen Anstieg der Urinosmolalität.
Eine höhere Trennschärfe kann durch eine zusätzliche Bestimmung der Copeptinkonzentration (basal und nach 8 Stunden) erreicht werden. Aus den Ergebnissen wird der Copeptin-Index als
$$ CI=\frac{\Delta \left[ Copeptin\right]\ \left(16\ Uhr-08\ Uhr\right)}{Serum\hbox{-} \left[{Na}^{+}\right]\ \left(16\ Uhr\right)}\cdotp 1000\ \left[ pmol/ mol\right] $$
errechnet. Spricht der Durstversuch für einen DI, unterstützt ein CI <20 pmol/mol mit einer Sensitivität von 95 % und einer Spezifität von 100 % die Diagnose eines zentralen Diabetes insipidus, ein CI ≥20 pmol/mol die einer primären Polydipsie.
Eine stärkere Stimulation der Copeptinkonzentration kann durch Infusion einer hypertonen Kochsalzlösung (3 %) oder von Arginin erreicht werden, allerdings ist die Sensitivität geringer als die des Copeptin-Index.
Die Copeptinkonzentration kann sowohl durch somatischen als auch psychischen Stress ansteigen.

Nebennierenerkrankungen

Primäre (M. Addison) und sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz

In der Ausschlussdiagnostik spielt der ACTH-Kurztest die zentrale Rolle (am frühen Vormittag Blutentnahme vor und 60 min nach i. v.-Injektion von 0,25 mg ACTH-1–24 [Synacthen], Messung von Plasmacortisol und basal auch ACTH). Normalerweise steigt die Cortisolkonzentration nach ACTH-Gabe auf >180 μg/l an.
Zur Differenzierung zwischen primärer und sekundärer Nebennierenrinden-(NNR-)Insuffizienz trägt die basale Plasma-ACTH-Bestimmung bei (bei primärer Insuffizienz meist deutlich erhöht, bei sekundärer erniedrigt oder nicht nachweisbar). Durch parallele Bestimmung der Aldosteronkonzentration im Plasma nach Synacthengabe erfasst man die verminderte Aldosteronsekretion bei primärer NNR-Insuffizienz mit. Die Plasmareninkonzentration wird dann erhöht gemessen.
Zur Ursachenklärung des Morbus Addison können eine CT- oder MRT-Untersuchung des Abdomens (nach NNR-Tuberkulose möglicherweise Nebennierenverkalkungen) sowie der Nachweis von Antikörpern gegen NNR-Gewebe bei Autoimmunadrenalitis dienen. Bei immunogenem M. Addison sollte auch eine autoimmunbedingte pluriglanduläre Insuffizienz ausgeschlossen werden.

Nebennierenrindenüberfunktion (Cushing-Syndrom)

Zum Screening auf eine Nebennierenrindenüberfunktion sollten zunächst die Mitternachtskonzentration des freien Cortisols im Speichel und ergänzend mehrfache morgengliche basale ACTH-Bestimmungen durchgeführt werden.
Zur Bestätigung eignet sich der ambulant durchführbare niedrigdosierte 1-mg-Dexamethason-Hemmtest als Kurztest: Nach einer Bestimmung der ACTH und Cortisolkonzentrationen morgens zwischen 8:00 und 9:00 Uhr werden am darauffolgenden Abend zwischen 23:00 und 24:00 Uhr 1 mg Dexamethason oral verabreicht, am nächsten Morgen erfolgt dann eine erneute Cortisolbestimmung. Die Suppression der Cortisolkonzentration auf unter 18 μg/l schließt ein Cushing-Syndrom aus.
Eine ungenügende Suppression ohne Cushing-Syndrom kann auftreten bei starkem Stress, schweren Depressionen, gesteigertem Dexamethasonabbau, Einnahme von Antiepileptika und anderen Medikamenten, gelegentlich auch Ovulationshemmern. Bei pathologischem 1-mg-Dexamethason-Hemmtest sollte sich ein Bestätigungstest anschließen, etwa die Bestimmung der freien Cortisol-Mitternachtskonzentration im Speichel oder die Messung der Cortisolausscheidung im 24-h-Urin.
Die Messung der Plasma-ACTH-Konzentration vor und nach Dexamethasoneinnahme kann zur Lokalisationsdiagnostik des Cushing-Syndroms beitragen: Bei hypophysärem Cushing-Syndrom ist der ACTH-Spiegel basal normal bis mäßig erhöht, unter Dexamethason supprimierbar. Bei peripherem, adrenalem Cushing-Syndrom ist das ACTH schon spontan supprimiert. Beim Cushing-Syndrom aufgrund einer ektopen ACTH-Sekretion ist die ACTH-Konzentration sehr hoch und nicht supprimierbar.
Der weiteren Differenzialdiagnostik dient der hochdosierte 8-mg-Dexamethason-Hemmtest (klassisch nach Liddle 4 × 2 mg Dexamethason oral über 2 Tage oder als Kurztest zwischen 23:00 und 24:00 Uhr einmalig 8 mg Dexamethason). Bei hypophysär-hypothalamischem Cushing-Syndrom lassen sich typischerweise die Plasmacortisolkonzentration und die 24-h-Urincortisolausscheidung um mindestens 50 % supprimieren, beim adrenalen oder ektopen Cushing-Syndrom erfolgt in der Regel keine wesentliche Suppression.
Des Weiteren kann der CRH-Test zur Differenzierung eingesetzt werden. Beim hypophysären Cushing-Syndrom sind ACTH und Cortisol noch weiter stimulierbar, beim adrenalen und ektopen Cushing-Syndrom dagegen nicht.
Die differenzialdiagnostische Abklärung eines Hyperkortisolismus ist oft schwierig, da das „typische“ Ergebnis der Tests nicht immer klar vorliegt, sodass die endgültige Diagnose sich oft nur aus vielen Mosaiksteinchen zusammensetzen lässt. Bei widersprüchlichen Befunden und Hinweisen auf ein ACTH-abhängiges Cushing-Syndrom ist zur Lokalisationsdiagnostik mitunter eine Katheterisierung des Sinus petrosus notwendig.

Nebennierenrindenüberfunktion (Conn-Syndrom)

Ein aldosteronproduzierendes Adenom (Conn-Adenom) kann durch simultane Bestimmung von Renin und Aldosteron und anschließende Berechnung des Aldosteron-Renin-Quotienten (ARQ, Referenzbereiche methodenabhängig) diagnostiziert werden. Die Untersuchungen sind störanfällig und können insbesondere durch antihypertensive Medikation beeinflusst werden. Der ARQ sinkt durch Therapie mit Diuretika, ACE-Hemmern, Aliskiren und AT1-Blockern ab und steigt unter Medikation mit Betablockern oder Alpha-2-Agonisten an. Auch kaliumsparende Diuretika, Aldosteronantagonisten und drospirenonhaltige Antikonzeptiva stören die Diagnostik, in geringerem Maße auch Östrogene und NSAID. Keinen wesentlichen Einfluss haben Alpha-1-Antagonisten und Kalziumantagonisten vom Nifedipintypen.
Die mineralokortikoide Stimulation der distalen Tubuli und der Sammelrohre kann durch Berechnung des SUSPUP-Quotienten mit
$$ SUSPUP=\frac{\frac{Serum\hbox{-} \left[{Na}^{+}\right]}{Urin\hbox{-} \left[{Na}^{+}\right]}}{\frac{Serum\hbox{-} \left[{K}^{+}\right]}{Urin\hbox{-} \left[{K}^{+}\right]}} $$
abgeschätzt werden (Willenberg et al. 2009, Referenzbereich 3,6–22,6). Der SUSPUP-Quotient unterliegt den gleichen Störeinflüssen wie der ARQ und kann auch unter Therapie mit Aldosteronantagonisten sinken. Anders als der ARQ steigt er durch Süßholz- und Lakritzkonsum an.
Liegt ein primärer Hyperaldosteronismus vor, muss die Frage einer ein- oder beidseitigen Erkrankung geklärt werden, z. B. mittels Stufenkatheterisierung der Nebenierenvenen.

Phäochromozytom

Zum Ausschluss eines Phäochromozytoms ist primär die Messung der freien Katecholamine, besser der Metanephrine und Normetanephrine, im 24-h-Sammelurin notwendig. Mit etwa 5–10 % falsch negativen Ergebnissen ist zu rechnen, da die Katecholaminsekretion nicht konstant erhöht sein muss. Daher sind in der Regel Mehrfachbestimmungen notwendig. Es ist darauf zu achten, dass mindestens 24 h vor Beginn der Urinsammlung keine Medikamente eingenommen werden. MAO-Hemmer und Antihypertensiva wie Betablocker, Reserpin, Alpha-Methyldopa und Clonidin sollten mindestens 4 Tage vorher abgesetzt werden. Calciumantagonisten stören die Testdurchführung nicht. In der Testvorbereitung sollte zur Vermeidung falsch positiver Ergebnisse auf eine geeignete Ernährung (sog. VMS-Kost ohne Kaffee, Tee, Schokolade, Vanille, Bananen und Zitrusfrüchte) geachtet werden. Falsch positive Ergebnisse können auch von Stress und einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom herrühren.
Zur weitergehenden Diagnostik dient die Katecholaminbestimmung im Plasma, besonders wenn Akutsymptome auftreten. Der Clonidin-Test (300 μg Clonidin oral, vorher und 3 h danach Blutentnahme zur Katecholaminbestimmung) kann die Diagnose weiter absichern, ein fehlender Abfall vorher erhöhter Adrenalin- oder Noradrenalinspiegel in den Referenzbereich hat eine Spezifität von 85–90 %.
Bei Nachweis einer pathologisch erhöhten Katecholaminsekretion schließt sich die Lokalisationsdiagnostik an: Sonographie der Nebennierenregion, Computertomographie oder MRT des gesamten Abdomens (zur Erfassung seltener Lokalisationen, z. B. in Grenzstrangganglien oder im zuckerkandlschen Organ, Szintigraphie oder SPECT mit 125I-Metaiodobenzylguanidin.

Männlicher Hypogonadismus

Die Bestimmung des Testosteronspiegels in einer vormittags gewonnenen Blutprobe ist zur Ausschlussdiagnostik geeignet. Bei Spiegeln über 400 ng/dl ist eine inkretorische Hodeninsuffizienz unwahrscheinlich. In Grenzfällen empfiehlt sich die Bestimmung von Testosteron im Poolserum (Serum von 3 in 15-minütigem Abstand abgenommenen Blutproben) oder an mehreren Tagen.
Durch zusätzliche Serumbestimmung von Albumin und sexualhormonbindendem Globulin (SHBG) wird die Berechnung der korrigierten freien und bioverfügbaren Testosteronkonzentrationen nach Vermeulen möglich. Damit lässt sich die Spezifität der Diagnostik erhöhen, insbesondere bei Adipositas.
Die Messung der Gonadotropine LH und FSH im Serum ermöglicht die Differenzierung zwischen einem primären Hodenschaden mit erhöhten Werten (hypergonadotroper Hypogonadismus) und hypothalamisch-hypophysären Schäden mit erniedrigten Werten (hypogonadotroper Hypogonadismus). Die LH/FSH-Stimulation mit GnRH ist notwendig zur Differenzierung zwischen niedrig normalen und pathologisch niedrigen LH- und FSH-Basalwerten. Außerdem kann mit Hilfe des Stimulationstests zwischen hypothalamischem und hypophysärem Hypogonadismus differenziert werden. Bei hypothalamischer Störung lassen sich die LH- und FSH-Sekretion sofort oder nach Vorbehandlung mittels pulsatiler GnRH-Therapie stimulieren.
Zur Erfassung einer sekretorischen Hodeninsuffizienz trägt das Spermiogramm bei, das nach einer Karenzzeit von mindestens 48 h durchgeführt werden sollte.
Der HCG-Test (humanes Choriongonadotropin) wird eingesetzt zur Stimulation der Testosteronsekretion des Hodens. Er ermöglicht eine Differenzierung zwischen Anorchie und Kryptorchismus. Durchführung: Testosteronbestimmung vor und 48 und/oder 72 h nach Gabe von 5000 Einheiten HCG i. m. Der Nachweis von HCG im Harn (Schwangerschaftstest) oder erhöhte Serum-HCG-Spiegel weisen beim Mann auf einen HCG-produzierenden Tumor (Teratom, Chorionepitheliom, Bronchialkarzinom) hin.
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