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Die Ärztliche Begutachtung
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Publiziert am: 03.06.2023

Private Krankenversicherung

Verfasst von: Wolfgang Reuter und Gerd-Marko Ostendorf
Die private Krankenversicherung (PKV) bietet einerseits als Vollversicherung Schutz substitutiv zur gesetzlichen Krankenversicherung, andererseits als Zusatzversicherung vor allem spezielle ergänzende Leistungen bei stationären Maßnahmen im Krankenhaus (Komfortleistungen) bzw. besondere Chefarztbehandlung. Im Rahmen der Begutachtung ist vor Versicherungsbeginn die Risikobewertung von Bedeutung, später vor allem Fragen der medizinischen Notwendigkeit diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen sowie die Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit. Zudem spielt die Überprüfung der Rechnungslegung nach den jeweiligen Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) bzw. Zahnärzte (GOZ) und dem Krankenhausentgeltsystem (DRG) eine zentrale Rolle.

Einleitung

Die private Krankenversicherung (PKV) bietet einerseits als Vollversicherung Schutz substitutiv zur gesetzlichen Krankenversicherung, andererseits als Zusatzversicherung vor allem spezielle ergänzende Leistungen bei stationären Maßnahmen im Krankenhaus (Komfortleistungen) bzw. besondere Chefarztbehandlung.
Die Beiträge der privaten Krankenversicherung werden nach dem Prinzip der individuellen Risikoäquivalenz kalkuliert (im Gegensatz zur Einkommensproportionalität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Risikoäquivalenz ist ein verfassungsrechtliches Gebot: Die Beiträge sollen in einem vernünftigen Verhältnis zu den Leistungen stehen. Risikoäquivalenz bedeutet, dass grundsätzlich die Summe der über die Vertragslaufzeit zu entrichtenden Beiträge des Versichertenkollektivs der Summe der für die verbleibende Lebenserwartung zu erwartenden individuellen Krankheitskosten zu entsprechen hat. Die zu erwartenden Krankheitskosten müssen also vor Vertragsabschluss vorausgeschätzt werden, um den Beitrag sachgerecht kalkulieren zu können. Da mit steigendem Alter die Krankheitskosten steigen, sind die Beiträge umso höher, je höher das Eintrittsalter ist. Um Versicherte vor untragbar hohen Beiträgen im Alter zu schützen, wird durch einen Alterungszuschlag auf den Beitrag in jungen Jahren eine Rückstellung gebildet, also quasi ein Sparguthaben, aus dem die höheren Krankheitskosten im Alter finanziert werden. Dank dieser Rückstellungen (und etwaiger daraus erzielten Zinsgewinne) steigen die Beiträge mit dem Alter also nicht im gleichen Maße wie die Krankheitskosten. Das ermöglicht, dass künftige Generationen nicht mit den Krankheitskosten der älteren Generationen belastet werden. In dieser Generationengerechtigkeit unterscheidet sich die private Krankenversicherung von der gesetzlichen, die nach dem Umlageprinzip finanziert wird.
Begutachtungsanlässe in der PKV betreffen im Wesentlichen Fragen
  • der Abgrenzung von nicht unter den Versicherungsschutz fallenden Leistungen
  • der medizinischen Notwendigkeit diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
  • der Rechnungslegung gemäß den Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) bzw. Zahnärzte (GOZ) und dem Krankenhausentgeltsystem (DRG)
  • der medizinischen Risikoprüfung
  • der Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit

Medizinische Risikoprüfung

Versicherbar sind grundsätzlich nur unvorhersehbare (zufällige) zukünftige Risiken. Wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits eine Krankheit besteht, wird dieses Prinzip verletzt, da unmittelbar medizinische Leistungen in Anspruch genommen werden. Die mit der akuten Erkrankung verbundenen Kosten müssen deshalb als Zuschlag im Beitrag berücksichtigt werden. Alternativ können – für eindeutig vollkommen ausheilende Krankheiten – Karenzzeiten vereinbart werden.
Hatte der Antragsteller in der Vergangenheit Krankheiten, die mit einem erhöhten Risiko von Folgekrankheiten oder Wiedererkrankungen (und entsprechenden Kosten) verbunden sind, müssen hierfür Risikozuschläge kalkuliert werden.
Leistungsausschlüsse sind bei einer Vollversicherung (mit Ausnahmen, z. B. für fehlende Zähne oder eine Unfallfolge, für die ein anderer Träger leistungspflichtig ist) nicht üblich, da sie den Versicherungsgedanken aushöhlen würden, kommen aber bei einer Zusatzversicherung, etwa für eine stationäre Behandlung, in Frage.
Die Prüfung dieses individuellen Risikos erfolgt vor allem anhand der Selbstauskunft der Versicherten im Antrag sowie ggf. anhand vorgelegter ärztlicher Befunde. Eine unrichtige Beantwortung der Antragsfragen, die sich typischerweise auf die zurückliegenden 3–5 Jahre beziehen, oder das Verschweigen von Vorerkrankungen, Beschwerden etc. kann rechtliche Konsequenzen für den Versicherungsschutz haben. Genetische Tests, die nicht zur diagnostischen Abklärung einer bereits klinisch manifesten Erkrankung durchgeführt wurden, dürfen gemäß Gen-Diagnostik-Gesetz in Deutschland bei der Risikoprüfung zur Krankenversicherung nicht abgefragt oder verwendet werden.

Versicherungsfall

Für den Umfang der Versicherungsleistungen sind die allgemeinen Versicherungsbedingungen der Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung entscheidend. Diese setzen sich zusammen aus den Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK), die für alle Versicherungsunternehmen gleich sind, sowie aus den Tarifbedingungen des einzelnen Versicherers. Zwar sind nach der Deregulierung des Versicherungsmarktes die einzelnen privaten Krankenversicherer frei, andere allgemeine Vertragsbedingungen oder geänderte Musterbedingungen zu verwenden. Von dieser Freiheit wird aber nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht.
In Deutschland haben 8,7 Mio. Menschen (Geschäftsjahr 2019) bei der privaten Krankenversicherung eine Vollversicherung, weitere 26,7 Mio. eine Zusatzversicherung, z. B. für Wahlleistungen im Krankenhaus. Gut 50 % der Vollversicherten sind Beihilfeberechtigte im öffentlichen Dienst, die ihren Beihilfeschutz mit der privaten Krankenversicherung zur Abdeckung der restlichen Kosten ergänzen.
Im Zentrum der gutachterlichen Tätigkeit steht die Frage, ob die begehrte Leistung grundsätzlich unter Versicherungsschutz steht und ob sie medizinisch notwendig ist. Hierbei kann auch der gewählte Versicherungstarif von Bedeutung sein.

Steht die medizinische Leistung grundsätzlich unter Versicherungsschutz?

Eine Voraussetzung dafür ist, dass überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt. Dieser ist in den Musterbedingungen wie folgt definiert:
Versicherungsfall ist nach § 1 Abs. 2 der MB/KK „die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen“.
Handelt es sich um reine Präventionsmaßnahme – liegt also keine Krankheit vor – steht die Maßnahme (gewünschte Leistung) nicht unter Versicherungsschutz. Ebenso muss es sich um Heilbehandlung handeln, die von hierzu ausdrücklich befugten Personen erbracht wird oder die diese Personen an speziell ausgebildete Behandler delegieren dürfen. Die jeweiligen Tarifbedingungen können regeln, ob die Behandlung durch Heilpraktiker versichert ist.
Ein anderer Ausschluss gilt laut § 5 Abs. 1d der MB/KK, wonach keine Leistungspflicht für Kur- und Sanatoriumsbehandlungen sowie Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger besteht, wenn der gewählte Tarif nichts anderes vorsieht.
  • Der ärztliche Gutachter muss hier die Frage entscheiden, ob es sich bei der Behandlung um akute Krankenbehandlung handelt oder schon um Rehabilitationsmaßnahmen, die den erreichten Behandlungserfolg stabilisieren sollen.
Leistungen von Krankenanstalten, die auch Kuren durchführen, sogenannte „Krankenhäuser mit Besonderheiten“, stehen nur dann unter Versicherungsschutz, wenn der Versicherer ihnen vor Beginn der Behandlung zugestimmt hat.
  • Dem ärztlichen Gutachter werden hier in der Regel drei Fragen gestellt:
  • Handelt es sich um eine Reha-Maßnahme, die nicht versichert ist (s.o.)? oder um
  • Eine Anschlussheilbehandlung (AHB), die den ansonsten medizinisch notwendigen akutstationären Aufenthalt verkürzt und deshalb versichert ist?
  • Kann die Maßnahme auch ambulant durchgeführt werden? Dann steht sie ebenfalls nicht unter Versicherungsschutz.

Ist die Leistung medizinisch notwendig?

Nach höchstrichterlichem Urteil ist „medizinisch notwendig“, was vertretbar als medizinisch notwendig angesehen werden kann (BGH, VersR 1978, 267). Eine diagnostische oder therapeutische Methode muss wenigstens grundsätzlich geeignet sein, bei einem bestimmten Patienten, eine Krankheit zu heilen, zu lindern oder zu erkennen. Sind die schulmedizinischen Methoden ausgeschöpft, liegt der Maßstab nicht mehr ganz so hoch. Hier muss bei der Beurteilung einer Methode nur die „nicht ganz fernliegende Aussicht auf Erfolg“ gegeben sein.

Auswirkungen von Basis-, Standard- und Notlagentarif

Eine Besonderheit in der wettbewerblich geprägten PKV sind die drei brancheneinheitlichen Tarife Basis-, Standard- und Notlagentarif, die gesetzlich verpflichtend von allen Versicherern angeboten werden müssen. In den Notlagentarif werden Versicherten umgestellt, die anhaltend Rückstände bei den Prämienzahlungen aufweisen.
Die versicherten Leistungen im Basistarif sind mit dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) weitestgehend identisch, während sich die Leistungen des Standardtarifs nur am Leistungskatalog der GKV orientieren in Umfang je nach Vertrag aber darüber hinausgehen. Im Notlagentarif sind die Leistungen stark eingeschränkt. Dieser sieht nur Leistungen vor, die zur Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Besonderheiten gelten bei Kindern und Jugendlichen, die im besonderen Maße schutzbedürftig sind.
Ein ärztlicher Gutachter prüft beispielsweise im Basistarif die medizinische Notwendigkeit von Heilmitteln über die orientierende Behandlungsmenge hinaus.

Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte

Die Gebührenordnungen für Zahnärzte bzw. Ärzte (GOZ, GOÄ) dienen dem Schutz des Patienten vor willkürlicher Rechnungslegung, weshalb ihre Anwendung durch den Arzt zwingend ist, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf der Arzt nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind (§ 1 GOÄ). Gebührenrechtliche Fragen an den ärztlichen Gutachter betreffen im Wesentlichen das Zielleistungsprinzip und die Angemessenheit einer sog. Analogabrechnung, seltener die Angemessenheit des gewählten Multiplikators.

Das Zielleistungsprinzip ist in § 4 Abs. 2a GOÄ definiert:

Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte.
Der Gutachter hat also zu prüfen, ob einzelne in Rechnung gestellte Leistungen bereits durch andere Gebührenpositionen entgolten sind. Gutachterlich ist ggf. des Weiteren zu prüfen, ob tatsächlich
… innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen bestimmt … (§ 5 Abs. 2 GOÄ)
wurden.
Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. (§ 6 Abs. 2 GOÄ)
Gutachterlich ist also zu prüfen, ob die analog in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich im Leistungskatalog der GOÄ nicht enthalten ist bzw. ob tatsächlich eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung für den Analogabgriff herangezogen wurde.

Anhaltspunkte für analoge Bewertungen

gibt der Ausschuss „Gebührenordnung“ der BÄK sowie der „Zentrale Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen“ bei der BÄK (Mitglieder sind neben BÄK der Verband der privaten Krankenversicherung, die Beihilfestellen sowie das Bundesministerium für Gesundheit). Sie sind zwar nicht rechtsverbindlich, aber rechtsrelevant.
Für die Basistarifversicherten hat der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. mit der Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einen Sicherstellungsvertrag zu schließen. Der Multiplikator gemäß GOÄ/GOZ ist im Basistarif gesetzlich begrenzt, solange der Sicherstellungsvertrag nichts anderes vorsieht; der Sicherstellungsvertrag mit der KBV hat ihn für ärztliche Leistungen auf 1,2 begrenzt. Die Krankenversicherer haben untereinander einen Risikoausgleich für die Basistarifversicherten durchzuführen.

Krankenhausvergütung (DRG)

Der DRG-Katalog („Diagnosis Related Groups“) ist die Grundlage der Vergütung der Krankenhausleistungen in Deutschland. Er wird einmal jährlich vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) verbindlich veröffentlicht. Ergänzend gelten die Kodier-Richtlinien und der OPS-Katalog in ihrer jeweils aktuellen Fassung. Die häufigsten Prüfanlässe für eine ärztliche Begutachtung sind
  • Eine primäre Fehlbelegung, falls der stationäre Aufenthalt nicht nötig, weil ambulant durchführbar war
  • Eine sekundäre Fehlbelegung, falls die Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus nicht medizinisch notwendig war
  • Prüfung der korrekten Haupt-, Nebendiagnosen, Beatmungsstunden, der Prozeduren sowie Fragen einer Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme in das gleiche Krankenhaus.

Krankentagegeldversicherung

Die Krankentagegeldversicherung (KTV) ist ebenfalls eine Leistung der Privaten Krankenversicherung (PKV). Der ärztliche Gutachter muss hier besonders die unterschiedlichen Versicherungsbedingungen der angrenzenden Krankengeldversicherung der GKV und der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) der Lebensversicherung beachten.

Arbeitsunfähigkeit

In der PKV ist die Arbeitsunfähigkeit in den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT § 1 Abs. 3) folgendermaßen definiert:
Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht …
Demnach besteht eine PKV-Leistungspflicht grundsätzlich nur bei hundertprozentiger Arbeitsunfähigkeit (AU). Die Bedingungen, die der Gutachter bei arbeitslosen oder schwangeren Versicherten anwenden soll, muss der Auftraggeber im Einzelfall mitteilen.
Der GKV-Begriff ist dazu quasi spiegelbildlich: wenn der Versicherte wegen Krankheit seiner bisher ausgeübten Tätigkeit nicht nachgehen kann, ist er arbeitsunfähig (au).
Falls eine Rest-Arbeitsfähigkeit aber nicht wirtschaftlich verwendet werden kann, besteht auch in der PKV Arbeitsunfähigkeit. Der selbstständige Taxifahrer, der zwar noch Abrechnungen, aber nicht mehr Auto fahren kann, wäre ein Beispiel hierfür.
So liegt völlige Arbeitsunfähigkeit insbesondere dann nicht vor, wenn der Erkrankte eine aufsichtführende, leitende oder mitarbeitende Tätigkeit ausführen kann, eine Tätigkeit auf anderen Teilgebieten oder auch eine zeitlich begrenzte berufliche Tätigkeit. Probleme ergeben sich diesbezüglich in der Praxis weit weniger bei Arbeitnehmern, sondern sehr viel häufiger bei Selbstständigen, zumal bei dieser Personengruppe oft nur schwer überprüfbar ist, ob nicht doch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Es ist deutlich, dass die ärztliche Begutachtung sich nicht ausschließlich auf medizinische Aspekte beschränken darf. Das Berufsbild des Versicherten ist ganz entscheidend. Der Arzt muss im Einzelnen auf die Anforderungen der beruflichen Tätigkeit eingehen: Körperliche Belastung, Heben und Tragen, Reisen, Aufsichtführen und so weiter. Der Gutachter muss darstellen, welche Fähigkeiten noch erhalten und welche krankheitsbedingt entfallen sind, also er muss ein positives und negatives Leistungsbild erstellen.
Der Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit liegt eine Zustandsbegutachtung zugrunde.

Berufsunfähigkeit

Die Feststellung einer Berufsunfähigkeit erfordert immer eine Prognose.
Die Krankentagegeldversicherung versichert eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit. Deshalb kann der ärztliche Gutachter auch gefragt werden, ob die AU nicht mehr vorübergehend ist. Damit kommt der Begriff der Berufsunfähigkeit ins Spiel, da mit Eintritt der Berufsunfähigkeit die Krankentagegeldversicherung endet. Nach § 15 Abs. 1b) der MB/ KT liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig ist.
Diese Definition der Berufsunfähigkeit in der privaten Krankenversicherung unterscheidet sich somit von der Definition der Berufsunfähigkeit im Rahmen der Lebensversicherung und von der der Erwerbsunfähigkeit im Sozialrecht.
„Nicht absehbar“ lässt sich nicht in eine konkrete Zahl an Jahren übersetzen. Wichtig ist, dass nach medizinischem Befund die Therapieoptionen ausgeschöpft sind und eine Arbeitsfähigkeit voraussichtlich nicht wieder erreicht wird. Falls die versicherte Person eine angebotene Therapieoption ablehnt, kann der ärztliche Gutachter unter Umständen eine Berufsunfähigkeit feststellen.
Das Berufsbild, das der Gutachter seiner Beurteilung zugrunde legen soll, erhält er am besten vorab und schriftlich vom Versicherer.
Für die sachverständige Beurteilung der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit sind die „medizinischen Befunde“ (d. h. alle ärztlichen Berichte und sonstigen Untersuchungsergebnisse) heranzuziehen und auszuwerten, welche der Versicherer für den maßgeblichen Zeitpunkt vorlegen kann. Dabei ist es gleich, wann und zu welchem Zweck die medizinischen Befunde erhoben wurden. Auch müssen diese keine (ausdrückliche oder wenigstens stillschweigende) ärztliche Feststellung der Berufsunfähigkeit enthalten. Das Merkmal „nach medizinischem Befund“ gibt den Maßstab vor, nach welchem eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit beurteilt werden soll: objektiv durch Einholung eines neutralen Sachverständigengutachtens unter Einbeziehung aller verfügbaren medizinischen Unterlagen.
Der weitere Krankheitsverlauf (nach dem Ende der Leistungspflicht des Versicherers) kann dagegen grundsätzlich keine Berücksichtigung finden, da es dem Wesen einer – rückschauend auf ihre Richtigkeit überprüften – Prognoseentscheidung widerspräche, die Entwicklung nach dem entscheidenden Stichtag (und damit einen späteren Erkenntnisstand) in die Bewertung einzubeziehen. Der weitere Krankheitsverlauf kann deshalb auch nicht als Indiz für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der zum maßgeblichen Zeitraum gestellten Prognose herangezogen werden.

Private Pflegeversicherung

Die privaten Krankenversicherer bieten zudem, als Pendant zur sozialen (gesetzlichen) Pflegeversicherung eine eigene Pflege(pflicht)versicherung an. Diese umfasst dieselben Leistungen und richtet sich nach denselben Kriterien aus, wie die soziale/gesetzliche Pflegeversicherung nach dem SGB XI. Die Vergütung ambulanter und stationärer Pflegeleistungen ist unabhängig vom zuständigen Versicherungsträger (Versicherungsschutz) nach gleichen Grundsätzen zu bemessen (§§ 84 ff. und §§ 89 ff. SGB XI) und wird von den zuständigen Pflegesatzkommissionen auf Länderebene festgesetzt, an denen die Verbände der privaten und gesetzlichen Pflegekassen beteiligt sind. Eine Differenzierung nach Kostenträger ist kraft Gesetzes unzulässig.