Die ophthalmologische Chirurgie stellt spezielle Anforderungen, die durch die unterschiedlichen Anästhesieverfahren gewährleistet werden müssen.
Anästhesieverfahren
Grundsätzlich kann in der Augenheilkunde jedes Verfahren der
Allgemeinanästhesie eingesetzt werden, wobei die TIVA
besondere Vorteile besitzt. Aufgrund der exzellenten Steuerbarkeit erlaubt die Verwendung von Remifentanil
und Propofol
besonders kurze Wechselzeiten und verbessert damit die Effizienz im operativen Ablauf [
23]. Daneben zeichnet sich die TIVA durch eine niedrige Inzidenz an PONV und postoperativem Narkoseüberhang aus.
Husten und Pressen des Patienten müssen vermieden werden, da es sonst zum Anstieg des
IOD kommt. Außerdem führen unerwartete Bewegungen des Patienten u. U. zu schwersten, die Sehkraft beeinträchtigenden Verletzungen, z. B. wenn in der Nähe der Makula oder der Papille operiert wird. Daher muss zu jedem Zeitpunkt eine ausreichende Anästhesietiefe vorliegen. Entsprechende Hochrisikooperationen (z. B. Makularelokationen) werden daher mancherorts
unter Muskelrelaxierung und kontinuierlichem neuromuskulären Monitoring durchgeführt.
Besonders kritische Momente für die Kontrolle des Augeninnendrucks sind die In-
und die Extubation
. Bei der Narkoseeinleitung
darf die Intubation erst bei Erreichen einer ausreichenden Anästhesietiefe und Relaxierung erfolgen, denn
Husten und Blutdruckspitzen müssen vermieden werden. In besonders heiklen Situationen, wie z. B. bei perforierenden Augenverletzungen,
ist daher ein
neuromuskuläres Monitoring schon zur Narkoseeinleitung anzuraten.
Der Extubationszeitpunkt sollte so gewählt werden, dass der Patient sich gegen den Tubus noch nicht mit
Husten oder Pressen wehrt. In- wie Extubation erfolgen in 30°-Oberkörperhochlagerung, um den venösen Abfluss zu verbessern und damit den
IOD zu senken. Manche Autoren empfehlen darüber hinaus ca. 3 min vor beiden Vorgängen die i.v.-Applikation von
Lidocain (1,5–2 mg/kgKG), um den Hustenreiz zu dämpfen [
12]. Auch die intraoperative Gabe von Clonidin (2–3 μg/kgKG) kann Exzitationen in der Aufwachphase reduzieren und führt damit zu einer höheren
Toleranz gegenüber dem Endotrachealtubus. Da in der Ausleitungsphase aufgrund des Augenverbands die
Beatmung der Patienten mit einer Gesichtsmaske erschwert ist, sollte die Extubation erst bei zurückgekehrter Spontanatmung erfolgen.
Als Alternative zur
endotrachealen Intubation erfährt die Larynxmaske
in der Augenheilkunde eine zunehmende Bedeutung. Diese führt signifikant seltener zu
Husten und Pressen, wird hämodynamisch sehr gut toleriert und steigert im Gegensatz zur endotrachealen Intubation den Augeninnendruck nicht [
24] – auch nicht bei Glaukompatienten [
25].
Wenn möglich, sollte daher dem Atemwegsmanagement mit einer Larynxmaske der Vorzug gegeben werden.
Bei der
Retrobulbäranästhesie werden über einen inferotemporalen Zugang bis zu 4 ml Lokalanästhetikum (z. B.
Lidocain 0,5 %) hinter das Auge in den Konus der äußeren Augenmuskeln injiziert. Hierdurch wird eine Anästhesie der Konjunktiven und des Bulbus (N. VI) wie auch eine Akinesie des Bulbus (N. III, IV, VI) erreicht. Zur Akinesie der Lider muss die Retrobulbäranästhesie noch mit einer Blockade des N. VII kombiniert werden, wofür verschiedene Techniken beschrieben sind [
27].
Bei der Retrobulbäranästhesie können neben der Stimulation des okulokardialen Reflexbogens zahlreiche weitere und z. T. sehr ernste Komplikationen auftreten, die Blindheit oder sogar den Tod zur Folge haben können [
29,
30].
Die häufigste Komplikation ist die retrobulbäre Blutung
(Inzidenz 1–17:1000), die zu einem Anstieg des
IOD und zu einer Kompression der A. centralis retinae führt. Bei der Perforation des Bulbus (Inzidenz 3:4000) kann es zu einer Glaskörperblutung und einer Netzhautablösung kommen. Eine irreversible Schädigung des N. opticus und der Zentralarterie ist durch ein direktes Trauma wie auch indirekt durch Kompression (Blutung, Fehlinjektion) möglich.
In einer Untersuchung von 6000 Retrobulbäranästhesien trat in 16 Fällen (1:375) eine subarachnoidale Ausbreitung des Lokalanästhetikums auf, 8 der 16 Patienten entwickelten einen Atemstillstand (1:750; [
31]).
Bei der
Parabulbäranästhesie werden über einen inferotemporalen und einen superonasalen Zugang je 4–5 ml Lokalanästhetikum in das den Muskelkonus umgebende Fettgewebe eingebracht. Alternativ kann auch nur medial injiziert werden [
32]. In jedem Fall wird eine Anästhesie der Konjunktiven und des Bulbus wie auch eine Akinesie des Bulbus erreicht. Ein zusätzlicher Fazialisblock ist nicht erforderlich, da die injizierte Menge des Lokalanästhetikums größer ist als bei der Retrobulbäranästhesie, somit bis in die Lider diffundiert und eine Lidakinesie erzeugt. Die Komplikationsrate ist niedrig [
33], allerdings wurden Hirnstammanästhesien auch im Zusammenhang mit dieser Methode beschrieben [
34].
Bei der
Episkleralanästhesie (subtenonale Blockade)
wird das Lokalanästhetikum zwischen Sklera und Tenon-Kapsel eingebracht [
35]. Die Tenon-Kapsel ist eine den Bulbus umgebende Faszienscheide. Da die den Bulbus versorgenden sensorischen Nn. ciliares im Episkleralraum verlaufen, wird eine Anästhesie des Bulbus und der Konjunktiven erreicht. Weil die Tenon-Kapsel sowohl in die Lider als auch in die Faszienscheiden der äußeren Augenmuskeln ausläuft, wird auch die Akinesie von Bulbus und Lidern ermöglicht [
36]. Die subtenonale Blockade scheint bei deutlich geringerer Inzidenz an Komplikationen mindestens so effektiv wie die traditionell angewandte Retrobulbäranästhesie zu sein [
34,
37].
Zunehmende Verbreitung erfährt die
topische Anästhesie. Hierbei werden Lidocain-Gel, Augentropfen allein (z. B.
Lidocain 4 % oder Bupivacain 0,75 %) oder Augentropfen in Kombination mit in die Vorderkammer eingebrachtem Lokalanästhetikum (intrakamerale Applikation von 0,2–0,5 ml Lidocain 1 % [
38]) eingesetzt. 1998 wurden in den USA schon 37 % aller Kataraktoperationen in topischer Anästhesie durchgeführt. Die topische Anästhesie ist zwar so gut wie komplikationslos, umfasst aber nur die Vorderkammer, führt zu deutlich mehr Beeinträchtigungen beim Patienten und bewirkt keine Akinesie des Bulbus. Deshalb erfordert sie besonders kooperative Patienten und/oder eine zusätzliche Sedierung (unten [
39,
40].) Darüber hinaus ist sie weniger effektiv als die subtenonale Blockade [
41].