Präoperatives Vorgehen
Wesentlich für die Beurteilung des Patienten ist die klinische Untersuchung. Hierbei stehen die folgenden Punkte im Vordergrund:
-
Anhaltspunkte für eine Infektion,
-
Funktion des transplantierten Organs,
-
Funktion anderer (vitaler) Organsysteme,
-
Anhaltspunkte für eine Abstoßungsreaktion,
-
psychische Verfassung des Patienten.
Infektionen
sind nach wie vor Hauptfaktor für Morbidität und Letalität von Organempfängern. Das humane Zytomegalievirus
(hCMV) ist für die meisten Infektionen unmittelbar postoperativ verantwortlich. Ungeklärtes
Fieber, eine
Pneumonie oder eine durch Kolitis bedingte Diarrhöe können Anzeichen einer hCMV-Infektion sein [
14].
Beim immunsupprimierten
Patienten fehlen vielfach die Zeichen einer klinischen Infektion. Auch bakterielle Superinfektionen sind häufig und können eine hCMV-Erkrankung verschleiern. Der Nachweis kann durch quantitative In-vitro-Bestimmung von IgG und IgM gegen das Virus erfolgen. Die klassische Viruszüchtung aus Epithelzellen dauert dagegen mehrere Wochen. Hier sieht man die für das Virus charakteristischen Eulenaugenzellen. In der PCR gelingt ein sehr schneller Virusnachweis. Die
CD3-T-Zellzahl stellt bei akuter Infektion den Marker zur Behandlungsindikation dar. Das
pp65-Antigen zeigt eine akute Infektion an, deren Chronifizierung durch das
pp67-Antigen gemessen wird. Dieser Parameter wird zur Kontrolle des Therapieerfolgs hinzugezogen [
1]. Im weiteren Langzeitverlauf dominieren bakterielle Infektionen [
23]. Hierbei gilt: je ausgeprägter die Immunsuppression, desto häufiger sind diese. Bei den geringsten Anzeichen von
Fieber, Leukozytose,
Peritonitis, etc. muss ein Infektherd ausgeschlossen werden [
5].
Neben der Kontrolle des Infektstatus ist eine genaue Evaluation der Funktion sowohl des transplantierten, als auch der übrigen Organsysteme erforderlich (Tab.
1 und
2). Bei suspekten Befunden ist eine zusätzliche Diagnostik erforderlich. Eine gestörte Organfunktion deutet auf eine Abstoßung hin.
Tab. 1
Präoperative Untersuchungen bei Patienten nach Organtransplantationen
Laboruntersuchungen
|
Blutbild | + | + | + | + | + |
Gerinnungsstatus | + | + | + | + | + |
ROTEM, TEG, Faktor XIII | - | - | (+) | - | - |
| + | + | + | + | + |
| + | + | + | + | + |
Leberfunktion (ASAT, ALAT, γ-GT) | + | + | + | + | + |
Amylase, Lipase | (-) | (-) | (-) | (-) | (+) |
| + | + | + | + | + |
Apparative Diagnostik
|
| + | - | (-) | + | - |
TTE, TEE | (+) | (+) | - | (+) | - |
Thoraxröntgenbild | + | + | (-) | - | (-) |
| - | (+) | - | - | - |
| - | (+) | - | (+) | - |
Tab. 2
Weiterführende Untersuchungen bei suspekten Befunden
Herz | Echokardiografie („ejection fraction“) Endomyokardbiopsie Koronarangiografie Myokardszintigrafie Intravaskulärer Ultraschall (IVUS) |
Lunge | Endobronchiale Sonografie CT, MRT BAL Transbronchiale Biopsie |
Leber | Sonografie CT, MRT Cholangiografie Exretorische Leberfunktionstests (z. B. Indometacingrün-Clearance) Leberbiopsie |
Niere | Sonografie |
Pankreas | HbA1c
„Insulin release assay“ |
Im Rahmen des Gesprächs zur Prämedikation sollte ein besonderes Augenmerk auf die psychische Verfassung des Patienten gelegt werden. Die meisten Transplantierten wurden nach einem langjährigen Leidensweg über Nacht „geheilt“, tragen etwas „Fremdes“ in sich, benötigen weiterhin hochpotente Medikamente und leben ständig mit dem Risiko der Abstoßung und Infektion. Hinzu kommen die psychischen Nebenwirkungen der
Immunsuppressiva (
Albträume, Depression, Euphorie, Steroidpsychose). Die medikamentöse Prämedikation soll in üblicher Weise erfolgen. Hierbei können vorliegende Organdysfunktionen Anlass für eine Dosisreduktion geben, während psychisch beeinträchtigte Patienten eine ausreichend hohe Dosierung benötigen.
Bei Immunsuppression mit
Kortikosteroiden wird eine zusätzliche Dosis nicht generell empfohlen. Patienten mit einem Äquivalent von 10–40 mg Prednisolon und solche, die innerhalb der letzten vier Monate steroidentwöhnt wurden, sollten eine Substitution erhalten.
Postoperatives Management
Eine verlängerte postoperative Überwachung ist meist nicht erforderlich.
Nichtsteroidale Antiphlogistika sollten vorsichtig eingesetzt werden, da sie die Nephrotoxizität von Cyclosporin verstärken und v. a. unter Steroidtherapie die Inzidenz gastrointestinaler Blutungen erhöhen.
Die Immunsuppression selbst scheint einen schmerzmodulatorischen Effekt zu haben. So wurde bei Patienten nach
Lungentransplantation gegenüber thorakotomierten Patienten ohne Immunsuppression eine geringere Schmerzstärke gemessen [
14].