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Die Anästhesiologie
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Publiziert am: 15.12.2017

Anästhesiologische Visite

Verfasst von: Tobias Hüppe und Wolfram Wilhelm
Mit zunehmendem medizinischen Fortschritt sind heutzutage immer größere Eingriffe bei zugleich älteren und mehrfach vorerkrankten Patienten erfolgreich möglich. Die präoperative Vorbereitung des Patienten ist hierbei von erheblicher Bedeutung: Vorbestehende Störungen müssen erkannt werden, um das perioperative Risiko durch spezifische Vor- und Nachbehandlung sowie eine angepasste Überwachung zu vermindern. Eine anästhesiologische Prämedikationsambulanz bietet den Vorteil, dass die Patienten auch anästhesiologisch mehrere Tage oder Wochen vor dem eigentlichen Operationstermin einbestellt und gesehen werden können.
Einleitung
Mit zunehmendem medizinischen Fortschritt sind heutzutage immer größere und belastendere Eingriffe bei zugleich älteren und mehrfach vorerkrankten Patienten erfolgreich möglich. Die wesentlichen Gründe dafür liegen in der besseren Kenntnis pathophysiologischer Zusammenhänge, subtileren Operationstechniken und nicht zuletzt in der Weiterentwicklung der Anästhesiologie und Intensivmedizin.
Die präoperative Diagnostik und Vorbereitung des Patienten ist hierbei von erheblicher Bedeutung: Vorbestehende Störungen müssen erkannt werden, um das perioperative Risiko durch spezifische Vor- und Nachbehandlung sowie eine angepasste Überwachung zu vermindern.
Planung und Durchführung der Voruntersuchungen werden primär durch den Operateur veranlasst, ggf. in Absprache mit dem Hausarzt, und sollten möglichst prästationär erfolgen. Eine anästhesiologische Prämedikationsambulanz bietet den Vorteil, dass die Patienten auch anästhesiologisch mehrere Tage oder Wochen vor dem eigentlichen Operationstermin einbestellt und gesehen werden können.

Patientenevaluation

Aufgaben der Prämedikationsvisite
  • Einschätzung des körperlichen und psychischen Zustands des Patienten
  • Auswahl von Anästhesieverfahren und Überwachungsmaßnahmen
  • Festlegung evtl. zusätzlich erforderlicher präoperativer Diagnostik
  • Aufklärung des Patienten mit Einwilligungserklärung
  • Verminderung von Angst und Aufregung
  • Verordnung der Prämedikation
  • Evtl. Risikominimierung durch zusätzliche Medikation, z. B. H2-Blockern bzw. Protonenpumpenhemmern bei gastroösophagealem Reflux
  • Evtl. Abstimmung mit dem Operateur über das geplante intra- und postoperative Vorgehen und gemeinsame Beurteilung des perioperativen Risikos
  • Dokumentation der Befunde
Dokumentation der Befunde
Der Anästhesist stützt seine Entscheidungen auf Anamnese, körperlichen Untersuchungsbefund sowie die bereits vorhandenen Untersuchungsergebnisse. Reichen diese Befunde nicht aus, muss der Anästhesist die noch erforderlichen Untersuchungen selbst durchführen oder veranlassen.
Aufgrund der erheblichen Bedeutung für den täglichen Arbeitsablauf und der unzureichenden Datenlage haben die Deutschen Gesellschaften für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), für Chirurgie (DGCH) sowie für Innere Medizin (DGIM) 2017 eine gemeinsame, aktualisierte Empfehlung zur präoperativen Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht Herz-Thorax-chirurgischen Eingriffen veröffentlicht [32]; diese wird im Folgenden immer als „DGAI-Empfehlung 2017“ bezeichnet. Ähnliche Empfehlungen gibt es für Europa [13] und die USA [1].

Konsil

Bestimmte, meist kardiovaskuläre Begleiterkrankungen erhöhen das perioperative Risiko erheblich. In diesem Fall ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Operateur, dem Anästhesisten und einem Konsiliararzt (z. B. Kardiologen) erforderlich. Aufgabe des Konsiliars ist es, den präoperativen Zustand des Patienten mit den Mitteln seines Fachgebiets zu untersuchen (z. B. Ergometrie, Echokardiografie, Koronarangiografie) und dann, sofern möglich und für den Eingriff erforderlich, durch entsprechende Therapieempfehlungen zu verbessern. Der Anästhesist nutzt die Informationen zur individuellen Risikoeinschätzung, zur Festlegung des Narkoseverfahrens, der perioperativen Überwachungsmethoden und – gemeinsam mit dem Operateur – als Richtschnur für eine möglicherweise erforderliche postoperative Intensivtherapie.
Wann sollte ein Konsil angefordert werden?
Im Rahmen der anästhesiologischen Voruntersuchungen sollte die Konsilanforderung den Ausnahme- und nicht den Regelfall darstellen und immer auf einer exakten Fragestellung basieren. Unter diesen Bedingungen ist erfahrungsgemäß das kardiologische Konsil am häufigsten erforderlich.

Zeitpunkt der anästhesiologischen Visite

Aus organisatorischen und medikolegalen Gründen sollte die anästhesiologische Visite in einem ausreichenden zeitlichen Abstand vor der Operation erfolgen, möglichst aber nicht mehr als 6 Wochen vorher [32].
Unter medikolegalen Gesichtspunkten gilt: Im Regelfall soll der Patient vor Wahleingriffen eine ausreichende Bedenkzeit erhalten, um nach der anästhesiologischen Aufklärung frei und ohne Zeitdruck entscheiden zu können. Hierfür ist nach allgemeinem Verständnis die Aufklärung am Vorabend der Operation ausreichend, bei ambulanten Eingriffen auch der Morgen des Operationstags, sofern kein erhöhtes Anästhesierisiko vorliegt [4, 31].
Der Patient sollte zum Zeitpunkt der Aufklärung nicht unter dem Einfluss von Drogen, Alkohol oder sedierenden Medikamenten stehen.
Cave Für alle Wahleingriffe gilt: Eine Patientenaufklärung erst auf dem Operationstisch ist nicht statthaft!
Allerdings gibt es keine eindeutigen wissenschaftlichen Ergebnisse, die belegen, dass dieses Vorgehen wirklich bei allen Patienten erforderlich ist und die Sicherheit der Narkose erhöht. Untersuchungen an ambulanten chirurgischen Patienten zeigen, dass auch am Operationstag eine anästhesiologische Visite mit ausreichender Sicherheit und Effizienz möglich ist. Insofern ist die Empfehlung einer anästhesiologischen Patientenevaluation am Vortag der Operation allein aus medizinischen Gründen derzeit nicht gerechtfertigt. In den USA sind verschiedene ambulante Operationszentren inzwischen dazu übergegangen, den Gesundheitszustand des Patienten im Vorfeld der Operation mit Hilfe eines Fragebogens via Internet abzufragen. So hat der Anästhesist die Möglichkeit, Patienten im Bedarfsfall früh genug einzubestellen und die erforderlichen Untersuchungen zu veranlassen; anderenfalls sieht er die Patienten erst am Morgen der Operation.

Risikoabschätzung

Risikofaktoren

Erkrankung, Operation und Anästhesie bergen Risiken: Der Patient kann eine vorübergehende oder dauerhafte Schädigung erleiden oder sogar versterben. Das perioperative Gesamtrisiko ist z. B. bei einem jungen, ansonsten gesunden Menschen, bei dem eine elektive Arthroskopie des Kniegelenks durchgeführt wird, anders einzuschätzen als bei einem 80-jährigen Patienten mit KHK und Herzinsuffizienz, der wegen eines Ileus dringlich laparotomiert werden muss.
Für die Einschätzung des perioperativen Gesamtrisikos müssen 3 Haupteinflussfaktoren unterschieden werden:
  • Patient mit seiner aktuellen Erkrankung und evtl. Begleiterkrankungen,
  • operativer Eingriff,
  • Anästhesie.

Patient und Begleiterkrankungen

Alter, Begleiterkrankungen und der operative Eingriff haben wesentlichen Einfluss auf das perioperative Gesamtrisiko [11, 23]. Typische kardiale Risikofaktoren sind [32]:

Operativer Eingriff

Auch der operative Eingriff selbst bestimmt das perioperative Gesamtrisiko. Einer niederländischen Untersuchung [23] zufolge beträgt die postoperative Letalität nach Mamma-OP 0,07 %, nach abdominalchirurgischen Eingriffen 2,7 % und nach gefäßchirurgischen Eingriffen fast 6 %. Allerdings hat der Anteil an Hochrisikooperationen in den letzten Jahren deutlich zugenommen und umfasst heute eine Reihe weiterer Operationen wie z. B. die Zystektomie. Umgekehrt werden heute endoarterielle Interventionen wie z. B. die EVAR (Endovascular Aortic Repair, früher eine Hochrisikooperation) nun der mittleren Risikogruppe zugeordnet. Auch wird heute nicht mehr zwischen offenen und laparoskopischen Eingriffen unterschieden. Das kardiale Risiko verschiedener Operationen ist in Tab. 1 zusammengefasst.
Tab. 1
Kardiales Risiko für Myokardinfarkt oder Herztod innerhalb von 30 Tagen postoperativ. (Nach: [17, 32])
Hohes kardiales Risiko (Letalität >5 %)
- Aortenchirurgie/große arterielle Gefäßoperationen
- Offene peripherarterielle Eingriffe, Amputationen an der unteren Extremität
- Thromboembolektomie
- Duodenopankreatektomie
- Leber- und Gallengangschirurgie
- Ösophagektomie
- Operation bei Darmperforation
- Nebennierenresektion
- Zystektomie (total)
- Pneumonektomie
- Lungen- und Lebertransplantation
Mittleres kardiales Risiko (Letalität 1–5 %)
- Intraperitoneale Eingriffe
- Karotischirurgie (mit neurologischer Symptomatik)
- Endovaskuläre Aortenchirurgie
- Operationen im Kopf-Hals-Bereich
- Große neurochirurgische, urologische, gynäkologische und orthopädische Eingriffe
- Kleine intrathorakale Eingriffe
Niedriges kardiales Risiko (Letalität <1 %)
- Oberflächliche Eingriffe
- Zahnoperationen
- Schilddrüsenchirurgie
- Augenchirurgie
- Plastisch-rekonstruktive Eingriffe
- Karotischirurgie (ohne neurologische Symptomatik)
- Kleinere urologische (TUR-Prostata), gynäkologische und orthopädische (Kniearthroskopien) Operationen
- Mammachirurgie

Anästhesierisiko und anästhesiebedingte Letalität

Eigenständige Anästhesierisiken
  • Hypoxämie durch Probleme bei Intubation und Beatmung
  • Pulmonale Aspiration
  • Herz-Kreislauf-Instabilität durch Anästhetika
  • Allergische Reaktionen
  • Nervenschäden nach Regionalanästhesie etc.
Diese und andere Faktoren können zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Schädigung und auch zum Tod des Patienten führen. Das Anästhesierisiko wird jedoch in vielen Fällen durch die aktuelle Erkrankung und Begleiterkrankungen des Patienten sowie durch die Operation mitbestimmt, sodass eine exakte Differenzierung der Schädigungsursache häufig schwierig ist.
Klassifikation von Morbidität und Mortalität in Zusammenhang mit der Anästhesie
  • Primär anästhesiebedingt
  • Anästhesie als beitragender Faktor
  • Unabhängig von der Anästhesie
Heute wird die postoperative Letalität nach elektiven offenen und stationär durchgeführten Eingriffen für Patienten über 20 Jahre im Durchschnitt mit 1,85 % angegeben [23]. Das Anästhesierisiko selbst ist geringer und beträgt in den Industrienationen heute vermutlich zwischen 1:1000 bis 1:200.000 [2, 3, 22]. Diese Zahlen beschreiben allerdings lediglich ein statistisches Risiko, ohne dass damit eine medikolegale Zuordnung (schuldhaft/Teilschuld/schicksalhaft) möglich wäre.
Deshalb darf – auch in der Darstellung gegenüber der Öffentlichkeit – Folgendes nicht vergessen werden: Eine absolut risikofreie Anästhesie und Chirurgie wird es wohl nie geben!

Klassifikationen zur Risikoabschätzung

Im klinischen Alltag werden Klassifizierungsverfahren benutzt, mit deren Hilfe sich Ärzte fachübergreifend und rasch über den Gesamtzustand eines Patienten orientieren können. Die Einstufung des individuellen Risikos erfolgt unter Berücksichtigung von Anamnese, körperlichem Untersuchungsbefund und – sofern erforderlich – den Ergebnissen weiterführender Untersuchungen.

ASA-Risikogruppen

Am häufigsten wird das Risiko nach dem sehr einfachen Schema der American Society of Anesthesiologists (ASA) angegeben.
ASA-Risikogruppen [Nach: [16]]
  • ASA 1: „Normaler“, ansonsten gesunder Patient
  • ASA 2: Leichte Allgemeinerkrankung, keine Leistungseinschränkung (auch: Raucher, Schwangerschaft, BMI >30 aber <40, gut eingestellter Hypertonus oder Diabetes mellitus)
  • ASA 3: Schwere Allgemeinerkrankung mit Leistungseinschränkung
  • ASA 4: Schwere Allgemeinerkrankung, die eine ständige Lebensbedrohung darstellt
  • ASA 5: Patient liegt im Sterben, ohne Operation kein Überleben zu erwarten (z. B. rupturiertes Aortenaneurysma, Polytrauma, Sepsis)
  • ASA 6: Hirntoter Organspender
Bei Notfalloperationen kann die Risikogruppe um den Buchstaben „E“ (Emergency) erweitert werden.
Das perioperative Gesamtrisiko steigt parallel zur ASA-Klassifizierung an: So erhöht sich – verglichen mit ASA-1-Patienten – die 30-Tage-Sterblichkeit um den Faktor 6 (ASA 2), den Faktor 47 (ASA 3) den Faktor 293 (ASA 4) bzw. den Faktor 2011 (ASA 5) [14].

Kardiale Risikofaktoren und der Revised Cardiac Risk Index nach Lee

Ausgehend von der Erfahrung, dass sowohl einige wesentliche Vorerkrankungen als auch die Art der Operation das perioperative Risiko maßgeblich bestimmen, haben Lee et al. [19] den Revised Cardiac Risk Index entwickelt, der eine grobe Abschätzung des Risikos für kardiale Zwischenfälle erlaubt. Insgesamt werden in der aktuellen Version 5 Kriterien erfasst, wobei die Wahrscheinlichkeit schwerer kardialer Komplikationen mit zunehmender Anzahl von Risikofaktoren signifikant ansteigt (0,4 %, 0,9 %, 6,6 % und 11 % bei 0, 1, 2 bzw. 3 und mehr Risikofaktoren. Eine Übersichtsarbeit konnte zeigen, dass dieser Index insgesamt gut geeignet ist, um das kardiale Risiko bei nicht-herzchirurgischen Operationen einzuschätzen. Die Vorhersage von kardialen Ereignissen nach Gefäßoperationen sowie eine Mortalitätsvorhersage waren allerdings relativ unzuverlässig [10]. Die DGAI-Empfehlung 2017 hat auf der Basis dieses Revised Cardiac Risk Index nun 5 kardiale Risikofaktoren definiert, die für die präoperative Evaluation herangezogen werden [32].
Kardiale Risikofaktoren mit Einfluss auf die präoperative Evaluation
Bekannt ist außerdem, dass der sog. „funktionelle Status“ des Patienten (selbstversorgend, teilweise pflegebedürftig, vollständig pflegebedürftig) einen weiteren kardialen Risikofaktor darstellt und die Mortalität zusätzlich erhöhen kann.

NYHA-Klassifikation der Herzinsuffizienz

Herzerkrankungen mit den Zeichen einer Herzinsuffizienz werden üblicherweise nach den Empfehlungen der New York Heart Association (NYHA) klassifiziert. Diese berücksichtigt insbesondere die Symptome Erschöpfung, Luftnot, Herzrhythmusstörungen oder Angina pectoris.
NYHA-Klassifizierung
  • NYHA 1: Herzerkrankung ohne Einschränkung der Belastbarkeit
  • NYHA 2: Symptome bei normaler körperlicher Belastung
  • NYHA 3: Symptome bei leichter körperlicher Belastung
  • NYHA 4: Symptome schon in Ruhe oder bei geringster Belastung

CCS-Klassifikation bei koronarer Herzkrankheit

Der klinische Zustand von Patienten mit koronarer Herzerkrankung wird nach den Empfehlungen der Canadian Cardiovascular Society (CCS) eingeteilt. Entscheidendes Kriterium ist das Auftreten pektanginöser Beschwerden in Abhängigkeit von der körperlichen Belastung.
CCS-Klassifizierung der KHK
  • CCS 1: Angina-pektoris-Beschwerden bei starker körperlicher Belastung
  • CCS 2: Angina-pektoris-Beschwerden bei normaler körperlicher Belastung (z. B. Gehen >100 m oder Treppensteigen >1 Etage)
  • CCS 3: Angina-pektoris-Beschwerden bei leichter körperlicher Belastung (z. B. Gehen <100 m oder Treppensteigen ≤1 Etage)
  • CCS 4: Angina-pektoris-Beschwerden bei jeder Belastung oder schon in Ruhe
Vorsicht bei der NYHA- und CCS-Klassifikation, wenn der Patient aus anderen Gründen nicht gehfähig ist, z. B. wegen einer schweren Gon- oder Koxarthrose oder einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Dann ist die Einschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit schwierig. Im Einzelfall kann z. B. eine Dobutamin-Stress-Echokardiografie durchgeführt werden.

Anamnese und körperliche Untersuchung

Anamnese und körperliche Untersuchung stellen die Grundlage für die präoperative Einschätzung des Patienten dar und werden – sofern erforderlich – durch technische Untersuchungen ergänzt.

Anamnese

Die Befragung des Patienten erfolgt am besten standardisiert, z. B. anhand eines kommerziell erhältlichen Fragebogens. Wesentliche Vorerkrankungen und verschiedene Risikofaktoren werden grob erfasst. Details für die individuelle Einschätzung des Patienten können anschließend gezielt abgefragt werden (Tab. 2).
Tab. 2
Anamneseschema für die anästhesiologische Visite
Organsystem
Erkrankungen bzw. Symptome und wichtige Zusatzinformationen
Herz-Kreislauf-System
- Hypertonie: Blutdruckwerte
- Herzinsuffizienz: Ursache; Symptome: Luftnot, Ermüdung, Nykturie, Ödeme
- KHK: Angina pectoris, Herzinfarkt
- Medikation
- Raucheranamnese
- Husten, Auswurf, Luftnot
- Bronchitis, Pneumonie
- Asthma bronchiale: Auslöser, letzter Anfall
- Medikation, Steroide
Leber
- Gelbsucht: Ursache, Infektiosität
- Leberzirrhose: Enzephalopathie, Varizen(blutungen), Gerinnungsstörungen, Ödeme, Medikation
Niere/Harnwege
- Nierenerkrankungen
- Niereninsuffizienz: Ursache, Trinkmenge, Urinmenge, Medikation
- Dialyse: Verfahren, Zeitpunkt der letzten Dialyse
- Prostatahyperplasie
Stoffwechsel
- Diabetes mellitus: Hypoglykämieneigung, Medikation
- Erbliche oder andere Stoffwechselerkrankungen
Nervensystem
- Erkrankungen von Gehirn und Rückenmark
- Krampfanfälle: Häufigkeit, Medikation
- Lähmungen: Ursache, Immobilitätsgrad, Familienanamnese
Weitere Fragen
- Schwierigkeiten bei früherer Operation oder Anästhesie, Probleme bei Familienmitgliedern
- Blutungsneigung: Nachblutungen bei früheren Operationen, beim Zahnarzt, bei Bagatellverletzungen, „spontane“ Hämatome, frühere Bluttransfusionen, gerinnungshemmende Medikamente, Schmerzmittel
- Thrombose/Embolie: Familienanamnese
- Allergie: Auslöser, Symptomatik, Schweregrad
- Schwangerschaft
- Alkohol, Drogen
- Ansteckende Erkrankungen
- Augenerkrankungen
- Zahnstatus: lockere Zähne, Prothese
- Bewegungseinschränkung von Armen oder Beinen
- Beruf
Aufgrund der zunehmenden Häufigkeit allergischer Erkrankungen ist auch hierzu eine exakte Befragung des Patienten erforderlich.

Körperliche Untersuchung

Im Rahmen der Prämedikationsvisite wird bei allen Patienten eine angepasste körperliche Untersuchung durchgeführt. Hierzu gehören:
  • Untersuchung der oberen Atemwege: Mundöffnung, Inspektion des Oropharynx, Zahnstatus, Unterkiefer- und Halsbeweglichkeit (s. unten), thyreomentaler Abstand,
  • Inspektion von Haut und Thoraxgeometrie,
  • Einschätzung der Atemmechanik,
  • Auskultation von Herz und Lunge.
Eine weitergehende, körperliche Untersuchung erfolgt individuell und narkosebezogen, z. B. abhängig von der Krankengeschichte des Patienten oder dem beabsichtigten Anästhesieverfahren.

Regionalanästhesie

Ist ein Regionalanästhesieverfahren geplant, wird die spätere Einstichstelle inspiziert und die erforderliche lokale Beweglichkeit, z. B. der Wirbelsäule, festgestellt; bei Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen kann auch eine differenziertere neurologische Untersuchung erforderlich werden.

Lagerungen

Die Operationslagerung fällt primär in den Verantwortungsbereich des Operateurs. Dennoch sollte sich auch der Anästhesist vergewissern, dass bestimmte Lagerungspositionen für den Patienten überhaupt möglich sind. Daher ist es wichtig, evtl. Bewegungseinschränkungen oder Risikofaktoren wie z. B. Osteolysen oder Knochenmetastasen vorher zu kennen. Im Einzelfall kann es – in Anwesenheit des Operateurs – sinnvoll sein, beim wachen Patienten komplexe Lagerungsmanöver und -positionen vorher zu simulieren, um deren prinzipielle Durchführbarkeit sicherzustellen und Lagerungsschäden zu vermeiden.

Zuständigkeit

Körperliche Untersuchungen als Bestandteil der anästhesiologischen Visite werden vom Anästhesisten selbst durchgeführt und dokumentiert; im Einzelfall kann es jedoch sinnvoll sein, einen Konsilarzt zur Befundinterpretation oder – meist aus medikolegalen Gründen – zur Befunddokumentation hinzuzuziehen.
Anästhesiologische Anamnese und Untersuchung erfolgen immer zielgerichtet und dürfen daher nicht als allgemeiner „Gesundheits-Check“ chirurgischer Patienten angesehen werden. Sie können und sollen z. B. eine hausärztliche Vorsorgeuntersuchung nicht ersetzen.

Einschätzung der Atemwegssituation

Diese gehört zu den wichtigsten Aufgaben der anästhesiologischen Visite, unabhängig davon, ob eine Allgemein- oder Regionalanästhesie geplant ist. Einzelne Parameter sind kaum in der Lage, eine schwierige Intubation mit hoher Sicherheit vorherzusagen oder auch auszuschließen, sodass immer eine Gesamtbeurteilung der Atemwegssituation erfolgen muss.
Klinische Zeichen für eine erschwerte Intubation
Die gebräuchlichste Einzeluntersuchung ist die (modifizierte) Klassifikation der oropharyngealen Strukturen nach Mallampati (Abb. 1; [26]). Der Patient sollte aufrecht sitzen, den Kopf in Neutralposition halten und bei maximaler Mundöffnung die Zunge weit herausstrecken. Es werden 4 Mallampati-Stadien unterschieden.
Wichtige Befunde zur Identifikation möglicher Intubationsprobleme
  • Mundöffnung: Beweglichkeit im Kiefergelenk, enorale Anatomie
  • Zahnstatus: vorstehende („Hasenzähne“) oder lockere obere Schneidezähne können die Intubation erschweren
  • Kieferproportionen: ein kleiner Unterkiefer („Retrogenie“) kann mit Intubationsschwierigkeiten einhergehen – und zwar nicht nur bei den bekannten syndromalen Fehlbildungen des Gesichtsschädels (Pierre-Robin-, Franceschetti-, Goldenhar-, Hallermann-Streiff-Syndrom etc.)
  • HWS-Länge und -Beweglichkeit: ein „kurzer Hals“ kann zu Intubationsschwierigkeiten führen, ebenso eine Einschränkung der HWS-Beweglichkeit: Kann der Patient den Kopf in den Nacken neigen oder bewegt er stattdessen den Oberkörper (z. B. bei M. Bechterew)
  • Zusätzlich können bei adipösen Patienten die Intubationsbedingungen deutlich erschwert sein, wenn viel Nackenfett die Reklination des Kopfes beeinträchtigt
Cave Intubationsprobleme sind zu erwarten, wenn ein Befund besonders ausgeprägt ist, insbesondere aber bei der Kombination mehrerer Phänomene: So beträgt die Wahrscheinlichkeit einer schwierigen Intubation in der Geburtshilfe bei alleinigem Mallampati-III-Befund ca. 2–4 %, bei der Kombination von Mallampati-III-Befund, kurzem Hals und vorstehenden Schneidezähnen bis zu 50 % [25]!
Schwierige Maskenbeatmung
Bei ca. 5 % der Patienten kann auch die Maskenbeatmung erschwert und in Einzelfällen selbst mit Hilfsmitteln unmöglich sein [18].
Risikofaktoren (in der Reihenfolge ihrer Bedeutung)
  • Bartträger
  • Body-Mass-Index >26 kg/m2
  • Keine Zähne
  • Alter >55 Jahre
  • Schnarcheranamnese
Liegen mehrere dieser Risikofaktoren vor, ist eine schwierige Maskenbeatmung wahrscheinlicher. Darüber hinaus ist bei Patienten mit schwieriger Maskenbeatmung auch die Intubation häufig erschwert.
Für jeden Anästhesisten gilt: Vor Einleitung der Narkose Atemwege des Patienten immer selbst untersuchen; der erforderliche Zeitbedarf ist dabei minimal (ca. 10 s).

Weiterführende Untersuchungen

Nach Anamnese und körperlicher Untersuchung stellt sich für den Anästhesisten häufig die Frage, ob weitergehende Untersuchungen erforderlich sind, z. B. Laborwerte, ein EKG oder eine Thoraxröntgenaufnahme. Die DGAI urteilt in ihrer aktuellen Empfehlung 2017 zur präoperativen Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht Herz-Thorax-chirurgischen Eingriffen folgendermaßen [32]:
Grundlage jeder präoperativen technischen Untersuchung sind dabei eine sorgfältige Anamnese einschließlich einer Blutungsanamnese, eine orientierende körperliche Untersuchung sowie die Ermittlung der körperlichen Belastbarkeit des Patienten. (…)
Ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine relevante, das perioperative Vorgehen potenziell beeinflussende Vorerkrankung, sind – unabhängig von Art und Dauer des Eingriffs oder dem Alter des Patienten – weiterführende Untersuchungen in der Regel nicht erforderlich.
Auch muss beachtet werden, dass z. B. eine Thoraxröntgenaufnahme eine Strahlenbelastung für den Patienten darstellt, für die es eine klare Indikation geben muss. Weiterhin muss bei allen sog. „Routineuntersuchungen“ Folgendes bedacht werden: Untersuchungen, die man allein aus „Routine“ durchführt, werden in einem gewissen Prozentsatz zu falsch-positiven Befunden führen. So kann es z. B. bei den Laborwerten allein durch die Definition sog. „Normalbereiche“ (Mittelwert ± 2 Standardabweichungen) zu pathologischen Befunden bei an sich gesunden Patienten kommen. Dies kann wiederum eine Reihe unnötiger und den Patienten potenziell gefährdender Untersuchungen nach sich ziehen. Daher müssen reine „Routineuntersuchungen“ auch unter diesem Aspekt kritisch betrachtet werden und sind allein aus medikolegalen Überlegungen ebenfalls nicht indiziert.
Im klinischen Alltag müssen aber auch andere Umstände beachtet werden, etwa eine Arbeitserleichterung durch festgelegte Ablaufschemata für die präoperative Routinevorbereitung. Im Folgenden wird daher die o. g. DGAI-Empfehlung 2017 zur präoperativen Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht Herz-Thorax-chirurgischer Eingriffen [32] dargestellt und erläutert, wie man diese am besten in der klinischen Praxis umsetzten kann.

Laborwerte

Während Laborwerte aus medizinischer Indikation zweifelsohne sinnvoll sind, ist der Nutzen eines ungerichteten Laborscreenings für die präoperative Einschätzung nicht erwiesen; auch gibt es kein wissenschaftlich bewiesenes Alter, ab dem eine Routinelaboranalyse erforderlich wäre. Die DGAI-Empfehlung 2017 definiert daher einen Minimalstandard von Laborwerten, die bei Patienten mit (vermuteten) Erkrankungen bestimmt werden sollten (Tab. 3; [32]).
Tab. 3
Minimalstandard für Laborparameter, die bei Patienten mit bekannten oder vermuteten Erkrankungen bestimmt werden sollten. (Nach: [32])
 
Verdacht auf Erkrankungen von
Parameter
Herz/Lunge
Leber
Niere
Blut
+
+
+
+
   
+
   
+
+
+
+
+
+
+
+
+
ASAT, Bilirubin, aPTT, INR
 
+
  
ASAT Aspartataminotransferase, aPTT aktivierte partielle Thromboplastinzeit, INR international normalized ratio
Allerdings weist die DGAI ebenfalls darauf hin, dass in bestimmten Situationen auch weitere Laborwerte analysiert werden sollten, z. B.
  • der Blutzuckerwert bei Patienten mit Diabetes mellitus, beim Vorliegen weiterer kardialer Risikofaktoren, vor Hochrisikoeingriffen oder bei einem Body Mass Index >30 kg/m2,
  • Infektionsdiagnostik bei V. a. HIV, Hepatitis B oder C,
  • die aktuelle Thrombozytenzahl, wenn vorher eine Thromboseprophylaxe mit unfraktioniertem Heparin (UFH) – nicht jedoch bei niedermolekularem Heparin (NMH) – durchgeführt wurde, um eine heparininduzierte Thrombozytopenie auszuschließen,
  • der Kreatininwert bei Gabe von niedermolekularem Heparin.

Gerinnungsstatus

Entscheidend für die präoperative Erfassung von Gerinnungsstörungen sind eine exakte Anamnese und der klinische Befund. Daher ist eine Routinebestimmung des Gerinnungsstatus beim symptomfreien Patienten ohne spezifische Risikoanamnese nicht notwendig [7, 30]. Dies gilt auch dann, wenn z. B. in der Geburtshilfe rückenmarknahe Anästhesietechniken (Spinalanästhesie, Periduralanästhesie) geplant sind [12]. Für das Kindesalter, speziell für HNO-Operationen, hat der Wissenschaftliche Arbeitskreis Kinderanästhesie der DGAI Empfehlungen zur Anamnese von Gerinnungsstörungen erarbeitet [29]. Demnach kann auf eine routinemäßige Analyse der Blutgerinnung vor einer Adenotomie oder Tonsillektomie verzichtet werden, wenn eine gründliche Anamnese keinen Hinweis für eine Störung der Blutgerinnung liefert.
Exakte Befragung der Patienten zum Gerinnungsstatus
  • Kommt es bei Ihnen gehäuft zu „blauen Flecken“, Zahnfleisch- oder Nasenbluten oder zu Gelenkblutungen?
  • Dauert es, auch bei Schnittverletzungen, ungewöhnlich lange, bis die Blutung steht?
  • Kam es bei vorangegangenen Operationen zu Nachblutungen bzw. war eine Bluttransfusion erforderlich?
  • Gab es in Ihrer Familie (Blutsverwandtschaft) Fälle von Blutungsneigung?
  • Haben Sie in der letzten Woche gerinnungshemmende Medikamente bzw. Schmerzmittel eingenommen?
  • Bei weiblichen Patienten: Ist die Menses verstärkt oder verlängert (>7 Tage)?
Bei allen Patienten mit positiver Anamnese oder Symptomen ist eine Gerinnungsanalyse folgender Parameter präoperativ sinnvoll: Thrombozytenzahl, Quick-Wert (INR), PTT, Fibrinogen sowie ggf. Thrombozytenfunktionstest. Abhängig von den Analyseergebnissen und der geplanten Operation kann eine weitergehende hämostaseologische Abklärung erforderlich werden.
Wurde präoperativ eine Heparinthromboembolieprophylaxe mit unfraktioniertem Heparin (UFH) durchgeführt, soll die aktuelle Thrombozytenzahl bestimmt werden, um eine heparininduzierte Thrombozytopenie auszuschließen [32].

Präoperativer Schwangerschaftstest

Studienergebnisse bei Frauen im gebärfähigen Alter zeigen, dass mit einem präoperativen Schwangerschaftstest in 0–2 % der Fälle eine (unerwartete) Schwangerschaft festgestellt werden kann [1]. Die Konsequenzen waren dann in allen Fällen gleich: Bei Elektiveingriffen wurde die Operation verschoben, Notfalleingriffe wurden durchgeführt.
Die Task Force on Preanesthesia Evaluation der Amerikanischen Anästhesiegesellschaft kommt in der Fassung aus dem Jahr 2012 zu folgender Einschätzung [1]:
Die Literatur lässt momentan keine sichere Auskunft zu, ob Anästhesie einen schädigenden Einfluss auf die Frühschwangerschaft besitzt oder nicht. Ein Schwangerschaftstest kann Frauen im gebärfähigen Alter angeboten werden, wenn ein positives Testresultat das weitere Vorgehen verändern würde.
Der Test selbst erfolgt durch Bestimmung von HCG (humanes Choriongonadotropin) im Serum oder im Urin. Hierbei ist zu bedenken, dass die HCG-Konzentration im Urin immer der Serumkonzentration „nachhängt“, der Serumwert also etwas sensitiver ist. Weiterhin sollte ein Schwangerschaftstest möglichst zeitnah zum Eingriff durchgeführt werden, der Urintest am besten im konzentrierteren Morgenurin [5]. Die DGAI-Empfehlung 2017 nimmt zur Frage des präoperativen Schwangerschaftstests nicht Stellung.
Praktische Umsetzung
In der klinischen Praxis erscheint folgendes Vorgehen sinnvoll:
  • Beim symptomfreien Patienten mit leerer Anamnese und unauffälligem Untersuchungsbefund ist vor Eingriffen mit niedrigem Risiko (Tab. 1) keine Laboranalyse erforderlich.
  • In allen anderen Fällen wird immer folgende Basislaboranalyse durchgeführt:
  • Weitere Laborwerte bedürfen einer speziellen Indikationsstellung, z. B. Klärung spezifisch chirurgischer Fragestellungen, Infektionsparameter bei HIV, Hepatitis B oder C etc.
  • In den seltenen Fällen einer bisher ungeklärten positiven Blutungsanamnese erfolgt in Absprache mit dem Operateur immer eine hämostaseologische Abklärung.
  • Frauen im gebärfähigen Alter sollten vor jeder Operation gefragt werden, ob eine Schwangerschaft ausgeschlossen ist; in allen Zweifelsfällen sollte ein Schwangerschaftstest angeboten werden.
Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass es recht einfach ist. Darüber hinaus dient der präoperative Hämoglobinwert als Ausgangswert zur Orientierung bei perioperativen Blutverlusten sowie als Planungsgrundlage für die Bereitstellung von Blutprodukten.

Elektrokardiogramm

Das 12-Kanal-Ruhe-EKG gehört zu den häufigsten präoperativen Routineuntersuchungen und wird in vielen Kliniken immer dann durchgeführt, wenn die Patienten ein bestimmtes Alter überschritten haben. Bekannt ist, dass mit zunehmendem Alter auch der Anteil abnormer EKG-Befunde zunimmt, ohne dass aber klar gezeigt werden konnte, dass deren Kenntnis zu einem besseren Outcome führt [9]. Die DGAI-Empfehlung 2017 kommt daher zu dem Ergebnis, dass ein präoperatives EKG bei anamnestisch unauffälligen und kardial asymptomatischen Patienten – unabhängig vom Alter – nicht erforderlich ist [32]. Hingegen ist ein 12-Kanal-EKG indiziert
  • bei kardial asymptomatischen Patienten vor Operationen mit einem hohen oder mittleren kardialen Risiko bei Vorliegen von ≥1 kardialen Risikofaktor (KHK, Herzinsuffizienz, zerebrovaskuläre Insuffizienz, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz mit Kreatinin >2 mg/dl),
  • bei Patienten mit kardialen Symptomen einer ischämischen Herzerkrankung, bei Herzrhythmusstörungen, Klappenerkrankungen, Herzvitien oder einer Herzinsuffizienz und
  • bei Patienten mit implantiertem Kardioverter/Defibrillator (ICD).
Ein EKG kann bei sonst unauffälligen Patienten >65 Jahren vor einer Operation mit mittlerem Risiko und bei Patienten mit kardialen Risikofaktoren vor einer Operation mit niedrigem Risiko erwogen werden. Hingegen ist bei Patienten mit einem Herzschrittmacher kein präoperatives EKG erforderlich, wenn sich der Patient in regelmäßiger Schrittmacherkontrolle befindet und kardial beschwerdefrei ist. Die DGAI-Empfehlungen 2017 zum EKG sind in Abb. 2 zusammengefasst [32].
In der klinischen Praxis sind verlässliche Absprachen zur präoperativen EKG-Diagnostik aus organisatorischen Gründen essenziell. Hinzu kommt, dass eine präoperative EKG-Aufzeichnung – anders als eine Thoraxröntgenaufnahme – für den Patienten keine eigenständige Gefährdung darstellt; außerdem kann ein präoperatives EKG auch als Ausgangsbefund für die Beurteilung perioperativer Veränderungen dienen. In einer Untersuchung wurde zudem ein Alter >65 Jahre als Risikofaktor für einen wesentlichen pathologischen EKG-Befund mit potenziellem Einfluss auf das weitere Vorgehen identifiziert [8].
Praktische Umsetzung
In der klinischen Praxis kann folgendes Vorgehen sinnvoll sein:
Ein präoperatives 12-Kanal-EKG ist erforderlich:
  • bei allen Männern und Frauen ab dem 65. Lebensjahr,
  • vor allen thoraxchirurgischen und gefäßchirurgischen Operationen (Ausnahme Varizenchirurgie),
  • bei allen Patienten mit kardialen Beschwerden oder kardialen Risikofaktoren,
  • bei allen Patienten mit ICD.

Wiederholungs-EKG

Ein Wiederholungs-EKG wird empfohlen, wenn sich der Gesundheitszustand des Patienten gegenüber dem Vorbefund geändert hat, z. B. bei neuen Beschwerden, Beginn oder Umstellung einer antiarrhythmischen Therapie. Ansonsten sollte ein neues EKG angefertigt werden, wenn der Vorbefund älter als 6 Monate ist.

Thoraxröntgenbild

Die präoperative Durchführung einer Thoraxröntgenaufnahme allein aufgrund einer festen Altersgrenze ist heute nicht mehr gerechtfertigt. Aufgrund des Thoraxröntgenbefunds wird in der Regel weder die Entscheidung zur Operation noch die Wahl des Anästhesieverfahrens wesentlich beeinflusst; zudem müssen die Aspekte „Strahlenbelastung“ und „Kosten“ berücksichtigt werden.
Die DGAI-Empfehlung 2017 kommt daher zu folgendem Ergebnis [32]:
  • Bei symptomfreien Patienten und unauffälligem Untersuchungsbefund ist eine Routineröntgenaufnahme des Thorax unabhängig vom Alter nicht erforderlich.
  • Ein Thoraxröntgenbild ist indiziert, wenn z. B. der klinische Verdacht auf einen Pleuraerguss, eine Atelektase oder eine Pneumonie vorliegt und dies präoperativ auch behandelt werden soll.
  • In Sonderfällen kann eine Thoraxröntgenaufnahme auch aus anderen Gründen indiziert sein, z. B. zur Abschätzung einer Trachealverlagerung bei Struma.
Die DGAI-Empfehlungen 2017 zur Thoraxröntgenaufnahme sind in Abb. 3 zusammengefasst [32]. Muss aus den o. g. Gründen eine Thoraxröntgenaufnahme angefertigt werden, dann ist häufig eine Aufnahme im posterior-anterioren Strahlengang („p.a.-Aufnahme“) ausreichend; die seitliche Röntgenaufnahme wird nur dann durchgeführt, wenn dies zur Befundung erforderlich ist. Wird bei dem Patienten präoperativ eine Computer- oder Kernspintomografie durchgeführt, dann kann in den meisten Fällen ganz auf eine konventionelle Röntgenaufnahme verzichtet werden.

Lungenfunktionsprüfung

Bekannt ist, dass pathologische Lungenfunktionsparameter mit der Häufigkeit pulmonaler Komplikationen korrelieren, jedoch wird das Ausmaß dieser Komplikationen erheblich von weiteren Faktoren (z. B. Operationsgebiet und -radikalität, Allgemeinzustand des Patienten) beeinflusst, sodass der Vorhersagewert der alleinigen Lungenfunktionsprüfung gering ist [28]. Patienten mit erhöhtem pulmonalem Risiko können zudem allein aufgrund von Anamnese und körperlicher Untersuchung identifiziert werden [28]. Aus diesen Gründen ist ein globales präoperatives Screening aller Patienten nicht indiziert; vielmehr ist auch hier die klinische Einschätzung entscheidend. Die DGAI-Empfehlung 2017 fasst unter dem Begriff „Lungenfunktionsprüfung“ folgende Untersuchungen zusammen:
Gemäß DGAI-Empfehlung 2017 ist eine präoperative Untersuchung der Lungenfunktion bei nicht Herz-Thorax-chirurgischen Patienten nur selten erforderlich, meist bei Patienten mit einer neu aufgetretenen pulmonalen Erkrankung [32]. Die Empfehlungen sind in Abb. 3 zusammengefasst. Hinweise zur präoperativen Evaluation und Risikoeinschätzung vor thoraxchirurgischen Eingriffen findet man bei Mutlak et al. [21].
Praktische Umsetzung
In der klinischen Praxis bietet sich folgendes Vorgehen an:
Eine präoperative Lungenfunktionsdiagnostik erfolgt
  • vor allen lungenresezierenden Eingriffen – die Lungenfunktionsdiagnostik wird vom Operateur für die OP-Planung herangezogen,
  • vor allen großen Oberbauchoperationen, z. B. Ösophagusresektionen, Whipple-OP, großer Magen- oder Leberchirurgie,
  • bei Patienten mit einer neu aufgetretenen pulmonalen Erkrankung zur Einschätzung des Schweregrads oder zur Kontrolle der Therapiewirksamkeit,
  • sehr selten bei ausgeprägter Thorax- oder Wirbelsäulendeformität oder bei verschiedenen Lungenerkrankungen (schwere Silikose, Mukoviszidose usw.) als Ergänzung zur klinischen Einschätzung.
Die Auswahl des geeigneten Verfahrens (Pulsoxymetrie, Spirometrie oder arterielle Blutgasanalyse) erfolgt individuell.

Echokardiografie

Mithilfe der Echokardiografie können – bei hoher Sensitivität und Spezifität – Pumpfunktionsstörungen und Klappenvitien diagnostiziert werden. Allerdings bietet die präoperative Echokardiografie bei Patienten, bei denen die Diagnose einer Herzinsuffizienz oder Pumpfunktionsstörung bereits gesichert ist, keinen zusätzlichen Informationsgewinn zur Vorhersage perioperativer Komplikationen [6]. Gemäß DGAI-Empfehlung 2017 ist eine präoperative Echokardiografie in folgenden Situationen gerechtfertigt [32]:
  • bei Patienten mit neu aufgetretener Dyspnoe unklarer Ursache,
  • bei Patienten mit bekannter Herzinsuffizienz und Symptomverschlechterung innerhalb der letzten 12 Monate (sofern dies nicht schon erfolgt ist),
  • bei einem erstmals entdeckten oder bisher nicht abgeklärten Herzgeräusch nur vor Eingriffen mit einem mittleren oder hohen Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen, auch bei normaler Belastbarkeit im Alltag. Darauf kann bei Eingriffen mit einem niedrigen kardialen Risiko (Tab. 1) vermutlich verzichtet werden. Dann sollte dem Patienten aber empfohlen werden, dies durch den Hausarzt abklären zu lassen.
Eine bekannte stabile KHK oder eine bekannte stabile Herzinsuffizienz stellen keine Indikationen für eine präoperative Echokardiografie dar.
Soll nun präoperativ eine Echokardiografie durchgeführt werden, so erfolgt diese in der Regel als transthorakale Echokardiografie (TTE) und nur im Ausnahmefall als transösophageale Echokardiografie (TEE). Die TEE ist aufwändiger, invasiver und komplikationsträchtiger, v. a. bei Zuständen mit erhöhter Vulnerabilität des Ösophagus, z. B. bei Striktur, Tumor, Divertikel, Varizen etc. und bedarf daher einer klaren Indikationsstellung und der vorherigen Aufklärung des Patienten.

Sonografie der Halsgefäße

Generell unterscheiden sich die Indikationen für eine Diagnostik oder Intervention der Halsgefäße perioperativ nicht von denjenigen ohne Operation. Interessanterweise korreliert die Ausprägung eines Strömungsgeräusches über der A. carotis nicht zwangsläufig auch mit dem Schweregrad einer Stenose. Ein neu diagnostiziertes Strömungsgeräusch sollte bei symptomatischen Patienten immer durch eine entsprechende Diagnostik der Halsgefäße abgeklärt werden. Ist dagegen der Patient in den letzten 6 Monaten symptomfrei gewesen, kann auf die Diagnostik verzichtet werden. Eine zielgerichtete neurologische Anamnese und Erfassung von vaskulären Risikofaktoren erscheint dann ausreichend zu sein [32]. Unabhängig von Beschwerden oder Auskultationsbefund kann insbesondere vor großen arteriellen Gefäßeingriffen, vor Operationen im Kopf-Hals-Bereich sowie in sitzender Position eine Sonografie der Halsgefäße erwogen werden. Der Abstand zwischen zerebraler Ischämie und einer elektiven Operation sollte mindestens 6 Monate betragen.

Erweiterte kardiale Diagnostik

Präoperativ kann in seltenen Fällen – und dabei ist die Indikation streng zu stellen – eine differenzierte kardiologische Abklärung bei Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen sinnvoll sein. Hierbei wird der Kardiologe den Patienten mit den Möglichkeiten seines Fachgebiets untersuchen und ggf. folgende Maßnahmen durchführen:
  • TTE oder TEE (Abschn. 4.5)
  • zur Ischämiediagnostik ein Belastungs-EKG (Ergometrie) oder alternativ eine Dobutamin-Stress-Echokardiografie bzw. Myokardszintigrafie. Das genaue Vorgehen richtet sich nach der körperlichen Belastbarkeit des Patienten und nach Kenntnisstand und Methodenverfügbarkeit vor Ort.
  • Eine Koronarangiografie bei auffälliger Ischämiediagnostik, dann ggf. mit Koronarintervention („percutaneous coronary intervention“, PCI).
Nun stellt sich die Frage, wann eine solche differenzierte kardiologische Diagnostik präoperativ wirklich sinnvoll ist – schließlich ist sie aufwändig und mit teilweise erheblichen Kosten verbunden, kann zu einer Verschiebung des OP-Termins führen und ist letztlich auch mit eigenen Risiken verbunden. Die DGAI-Empfehlung 2017 hält eine erweiterte kardiologische Diagnostik in verschiedenen Situationen für unterschiedlich sinnvoll bzw. gerechtfertigt [32]:
  • Eine kardiologische Abklärung und Therapie soll durchgeführt werden bei Vorliegen einer akut symptomatischen Herzerkrankung (Tab. 4). Elektivoperationen werden in diesen Fällen verschoben, bei dringlichen oder Notfalleingriffen erfolgt eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung.
  • Die Durchführung nichtinvasiver kardialer Belastungstests (Ergometrie, Dobutamin-Stress-Echokardiografie oder Myokardszintigrafie) erscheint sinnvoll bei Patienten mit mindestens 3 kardialen Risikofaktoren und eingeschränkter (MET <4) bzw. unbekannter Belastbarkeit vor einer Hochrisikooperation. Zur Definition der Belastbarkeit wird in der angloamerikanischen Literatur der Begriff „metabolic equivalent“ (MET) herangezogen: Der Ruheumsatz des Menschen entspricht 1 MET, eine ausreichende körperliche Belastbarkeit liegt bei 4 MET vor. Dies entspricht einer Belastung von 100 W bei der Ergometrie bzw. im Alltag, dass der Patient 1 Stockwerk gehen oder leichte Hausarbeit verrichten kann.
  • Die Durchführung nichtinvasiver kardialer Belastungstests (Ergometrie, Dobutamin-Stress-Echokardiografie oder Myokardszintigrafie) kann erwogen werden bei Patienten mit 1–2 kardialen Risikofaktoren und eingeschränkter (<4 MET) bzw. unbekannter Belastbarkeit vor einer Operation mit mittlerem oder hohem kardialen Risiko.
  • Die Durchführung nichtinvasiver kardialer Belastungstests (Ergometrie, Dobutamin-Stress-Echokardiografie oder Myokardszintigrafie) sollte nicht erfolgen bei Patienten vor einer Operation mit niedrigem kardialen Risiko, auch beim Vorliegen von kardialen Risikofaktoren.
Tab. 4
Akut symptomatische Herzerkrankungen: Indikationen für eine präoperative kardiologische Abklärung und Therapie. (Nach: [32])
Instabile Koronarsyndrome
Instabile oder schwere Angina (CCS III oder IV)
Kürzlich abgelaufener Myokardinfarkt (>7 Tage und <30 Tage)
Dekompensierte Herzinsuffizienz
Erstmanifestation der Herzinsuffizienz
Bei Symptomverschlechterung
Bei NYHA IV
Signifikante Arrhythmien
Höhergradiger AV-Block: AV-Block II° (Typ Mobitz), AV-Block III°
Symptomatische Herzrhythmusstörungena
Supraventrikuläre Arrhythmie (inkl. Vorhofflimmern) mit schneller Überleitung >100/mina
Symptomatische Tachykardiea
Relevante Herzklappenerkrankung
Schwere Aortenklappenstenose (Gradient >40 mmHg oder KÖF <1 cm2 oder symptomatisch)
Schwere Mitralklappenstenose (fortschreitende Belastungsdyspnoe oder Belastungssynkope oder Zeichen der Herzinsuffizienz)
AV Atrioventrikulär, CCS Canadian Cardiovascular Society, KÖF Klappenöffnungsfläche, NYHA New York Heart Association
Elektivoperationen werden bis zur diagnostischen Abklärung verschoben, bei dringlichen oder Notfalleingriffen erfolgt eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung
aNach Ansicht der Autoren ist eine kardiologische Abklärung dieser Herzrhythmusstörungen nur dann erforderlich, wenn diese Herzrhythmusstörungen aus Sicht des Anästhesisten perioperativ nicht ausreichend behandelbar erscheinen
Wird bei der kardiologischen Diagnostik nun eine KHK festgestellt, so ist außerdem unklar, ob eine präoperative Koronarintervention als PCI oder Bypass-Operation das perioperative Outcome verbessert, oder ob nicht eine engmaschige hämodynamische Überwachung ebenso effektiv ist [20, 24]. Möglicherweise profitieren Patienten mit einem hohen kardialen Risiko vor großen gefäßchirurgischen Eingriffen sowie Karotisthrombendarteriektomie von einer präoperativen Herzkatheteruntersuchung [17].

Postoperative Visite

Die anästhesiologische Betreuung endet bei den meisten Patienten mit der Verlegung aus dem Aufwachraum auf die Allgemeinstation. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Regel eine zusätzliche postoperative anästhesiologische Visite sinnvoll ist, insbesondere unter den Aspekten der Qualitätssicherung. Hierbei besteht die Möglichkeit, die Ergebnisse des eigenen Handelns zu überprüfen, aber auch, dem Patienten, dem Operateur oder dem Krankenpflegepersonal der Station im konkreten Fall beratend zur Verfügung zu stehen.
Aufgaben der postoperativen anästhesiologischen Visite
  • Eigene Qualitätskontrolle, z. B. Inzidenz von Halsschmerzen nach Atemwegsmanagement, Wirkdauer und Nebenwirkungen von Regionalanästhesieverfahren, Volumenstatus u. a.
  • Beratung des Patienten, z. B. Information bei schwieriger Intubation oder intraoperativen Komplikationen, die entweder im Zusammenhang mit der Anästhesieführung auftraten oder durch den Anästhesisten beobachtet wurden (z. B. höhergradige Herzrhythmusstörungen).
  • Beratung des Operateurs oder des Krankenpflegepersonals der Station, z. B. bei der postoperativen Akutschmerztherapie oder bei Übelkeit und Erbrechen der Patienten u. a.
Aus dieser Übersicht wird klar, dass die postoperative anästhesiologische Visite – im Nebeneffekt – auch zur Wahrnehmung des Anästhesisten als wichtiges Mitglied des Behandlungsteams führt: Viele Patienten hatten vor der Anästhesie mehr Angst als vor der Operation, und nun kann der Patient noch einmal mit demjenigen Arzt sprechen, der ihn sicher durch die Anästhesie und während der Operation begleitet hat.
Bei allen positiven Aspekten einer postoperativen anästhesiologischen Visite darf allerdings nicht verkannt werden, dass diese aufgrund der heutigen Arbeitsverdichtung nur in eingeschränktem Umfang durchgeführt werden kann.
In ihrer Übersicht zur anästhesiologischen Personalbedarfsplanung gehen Iber et al. [15] von einem mittleren Zeitbedarf von 15 min für eine Visite aus. Selbst bei günstigsten Umständen – ein Anästhesist betreut in seinem OP 5 Patienten derselben Station, der Weg ist kurz, alle Patienten werden sofort angetroffen, und die Akten liegen zur Dokumentation bereit – muss mit einem Gesamtzeitbedarf von 30–45 min gerechnet werden. Fasst man diese Zeiten zusammen, so wird schnell klar, dass eine postoperative Visite aller Patienten zwar wünschenswert, aber in der Praxis nahezu unmöglich ist. Daher kann das in der Übersicht dargestellte Vorgehen empfohlen werden.
Empfehlung: Postoperativ visitiert werden immer
  • Alle Kinder
  • Alle geburtshilflichen Patientinnen
  • Alle Patienten nach Regionalanästhesieverfahren
  • Alle Patienten, bei denen intraoperativ Schwierigkeiten/Komplikationen auftraten
  • Alle Patienten, die sich im Vorfeld der Anästhesie mit bestimmten Sorgen und Fragestellungen an den prämedizierenden Anästhesisten gewandt haben
Weiterhin müssen alle Stationen und operativ tätigen Kollegen informiert werden, dass im Falle von Beschwerden, die verdachtsweise der anästhesiologischen Betreuung zugeordnet werden, sofort eine Informationsweitergabe erfolgt.
Darüber hinaus kann mit Hilfe von Fragebögen versucht werden, eine allgemeine Qualitätsanalyse zu erreichen. Hier bietet sich z. B. der „Evaluierte Fragebogen Anästhesie“ (EFA) [27] an, mit dem die Patienten die Qualität der anästhesiologischen Versorgung beurteilen können. Zusammengefasst stellt die postoperative Visite eine wichtige Maßnahme der anästhesiologischen Qualitätssicherung dar. Ihre Durchführung bei möglichst vielen Patienten ist wünschenswert. Im Spannungsfeld zunehmender Arbeitsverdichtung und knapper finanzieller Ressourcen muss letztlich jede anästhesiologische Einrichtung für sich entscheiden, wann und bei welchen Patienten eine postoperative Visite erfolgen soll, um möglichst gezielt Informationen über das eigene Handeln zu erhalten und ein effizientes Zwischenfall- und Beschwerdemanagement zu gewährleisten.
Anmerkung: Einer der Autoren dieses Buchkapitels (Prof. Wolfram Wilhelm) ist gleichzeitig Autor des Buchkapitels „Anamnese, Voruntersuchungen und Aufklärung in der Anästhesiologie“, das im Lehrbuch „Praxis der Anästhesiologie“ (Hrsg. Wilhelm W), Springer-Verlag 2018, erscheint. Da sich beide Buchkapitel mit den präoperativen Untersuchungen beschäftigen, liegt es in der Natur der Sache, dass sich die Kapitel inhaltlich und in Textteilen etwas überschneiden.
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