Die gesetzlichen Grundlagen der Betäubungsmittelverordnung werden erklärt. Hierbei wird zwischen regulärer Verschreibung und Sonderfällen der Verschreibung differenziert. Ebenso wird zwischen Betäubungsmittelrezepten und Betäubungsmittelanforderungsscheinen unterschieden.
Verschreibung, Abgabe und Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln sind in der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) geregelt.
Die enthaltenen Vorschriften sind für Arzt und Apotheker gleichermaßen bindend.
Betäubungsmittelgesetz
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) führt mehr als 300 Stoffe auf, unterteilt in drei Anlagen. Nur die in Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) des Betäubungsmittelgesetzes genannten Stoffe können – ausschließlich als Zubereitung, also in Form von Fertigarzneimitteln oder Rezepturen – im Rahmen ärztlicher Behandlung einschließlich der Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verschrieben werden.
Die reguläre Verschreibung
Betäubungsmittelrezept und Betäubungsmittelanforderungsschein
Betäubungsmittel dürfen für einen Patienten bzw. für den Praxisbedarf nur auf einem Betäubungsmittelrezept
(Abb. 1) und im Rahmen festgesetzter Höchstmengen verordnet werden (Abschn. 3; Tab. 1). Für einen Patienten darf der Arzt innerhalb von 30 Tagen bis zu zwei der in Tab. 1 aufgeführten Betäubungsmittel verschreiben. Alternativ darf eines der weiteren in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes bezeichneten Betäubungsmittel außer Alfentanil, Cocain, Etorphin, Remifentanil und Sufentanil verschrieben werden.
Abb. 1
Betäubungsmittelrezept
Tab. 1
Verschreibungshöchstmengen für einen Patienten innerhalb von 30 Tagen nach § 2 Abs. 1a BtMVV
Zwei Zubereitungen desselben Arzneistoffes (z. B. Morphin-Lösung und Morphin-Retardkapseln) zählen dabei als ein Betäubungsmittel.
Es ist möglich, auf dem Rezept neben Betäubungsmitteln zusätzliche Arzneimittel zu verschreiben.
Für seinen Praxisbedarf darf der Arzt die in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes bezeichneten Betäubungsmittel außer Etorphin bis zur Menge seines durchschnittlichen Zweiwochenbedarfs, mindestens jedoch die kleinste Packungseinheit, verschreiben. Die Vorratshaltung soll für jedes Betäubungsmittel den Monatsbedarf nicht überschreiten.
Bei Diamorphin sind die Grenzen für die Verschreibungsmenge auf den Monatsbedarf und für die Vorratshaltung auf den Zweimonatsbedarf erhöht.
Die Verordnung von Stationsbedarf ist nur auf einem Betäubungsmittelanforderungsschein (Abb. 2) zulässig. Beschränkungen hinsichtlich Anzahl und Höchstmengen sind hier nicht vorgesehen.
Abb. 2
Betäubungsmittelanforderungsschein
×
Aus Sicherheitsgründen soll der Bestand auf Station allerdings den durchschnittlichen Monatsbedarf nicht überschreiten.
Die dreiteiligen amtlichen Formblätter sind über die Bundesopiumstelle (BOPST), eine Abteilung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), zu beziehen: Bundesopiumstelle, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn, Hotline (0228) 207-4321.
Die nummerierten Rezepte sind nur zur Verwendung des anfordernden Arztes bestimmt. Eine Übertragung ist ausschließlich im Vertretungsfall möglich. Die Formulare sind gegen Entwendung zu sichern. Ein Verlust ist unter Angabe der Rezeptnummern dem BfArM unverzüglich anzuzeigen.
Betäubungsmittelanforderungsscheine werden von der Bundesopiumstelle auf schriftliche Anforderung an denjenigen Arzt abgegeben, der ein Krankenhaus oder eine Krankenhausabteilung leitet. Dieser darf sie an Leiter von Teileinheiten weitergeben. Über die Weitergabe ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. Betäubungsmittelanforderungsscheine werden auch an beauftragte Ärzte von Rettungsdiensten ausgegeben sowie an Belegärzte, sofern deren zugeteilte Betten räumlich und organisatorisch von anderen Teileinheiten abgegrenzt sind.
Aufbewahrungspflicht
Teil 3 der Betäubungsmittelrezepte bzw. Betäubungsmittelanforderungsscheine, Teil 1 bis Teil 3 von fehlerhaft ausgestellten Verordnungen sowie die Nachweisunterlagen über weitergegebene Betäubungsmittelanforderungsscheine müssen vom anfordernden Arzt drei Jahre lang – von der letzten Eintragung an gerechnet – aufbewahrt werden.
Angaben auf dem Betäubungsmittelrezept (§ 9 Abs. 1 BtMVV)
Ein Betäubungsmittelrezept muss folgende Angaben enthalten
Name, Vorname und Anschrift des Patienten, für den das Betäubungsmittel bestimmt ist
Ausstellungsdatum (Ein Betäubungsmittelrezept, das vor mehr als 7 Tagen ausgestellt wurde, darf die Apotheke nicht mehr beliefern. Ausnahme: Es handelt sich um ein Betäubungsmittel, das aus dem Ausland importiert wird.)
Arzneimittelbezeichnung
Soweit sie sich nicht eindeutig aus der Arzneimittelbezeichnung ergeben, sind zusätzlich folgende Angaben erforderlich:
Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form sowie die Darreichungsform
Ist ein Betäubungsmittel also nur in einer Darreichungsform und in einer Stärke im Handel, genügt die Angabe der Arzneimittelbezeichnung; eindeutig definiert wären z. B. Dipidolor, Dolantin-Tropfen 20 ml
Menge des verschriebenen Arzneimittels
in g oder ml
Stückzahl der abgeteilten Form (Eine Wiederholung in Worten ist nicht mehr erforderlich)
Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe oder im Falle, dass dem Patienten eine schriftliche Gebrauchsanweisung übergeben wurde, der Vermerk „gemäß schriftlicher Anweisung“ (nicht ausreichend wären z. B. Angaben wie „bei Bedarf eine Tabl.“ oder „ad manum medici“.)
ggf. Vermerk „Praxisbedarf“ anstelle der Daten des Patienten und der Gebrauchsanweisung
Name des verschreibenden Arztes, seine Berufsbezeichnung und Anschrift einschließlich Telefonnummer
Unterschrift des verschreibenden Arztes, im Vertretungsfall darüber hinaus den Vermerk: „i. V.“
Angaben auf dem Betäubungsmittelanforderungsschein (§ 11 Abs. 1 BtMVV)
Ein Betäubungsmittelaforderungsschein muss folgende Angaben enthalten
Name oder die Bezeichnung und Anschrift der Einrichtung, für die die Betäubungsmittel bestimmt sind
Ausstellungsdatum
Bezeichnung der verschriebenen Arzneimittel (wie oben)
Menge der verschriebenen Arzneimittel (wie oben)
Name des verschreibenden Arztes einschließlich Telefonnummer
Unterschrift des verschreibenden Arztes, im Vertretungsfall darüber hinaus der Vermerk: „i. V.“
Für alle Betäubungsmittelverschreibungen gilt: Nur die Unterschrift sowie ggf. der Vermerk „i. V.“ müssen vom Arzt selbst und handschriftlich angebracht werden. Alle anderen Angaben können auch durch eine andere Person oder per EDV erfolgen, auf jeden Fall jedoch dauerhaft und auf allen drei Teilen des jeweiligen Formulars übereinstimmend.
Im Falle einer Änderung der Verschreibung hat der verschreibende Arzt die Änderung auf allen Teilen des Betäubungsmittelrezepts/-anforderungsscheins zu vermerken und durch seine Unterschrift zu bestätigen.
Eventuelle Korrekturen der Betäubungsmittelverschreibungen (§ 12 Abs. 2 BtMVV)
Bei Verschreibungen oder Stationsverschreibungen, die einen für den Abgebenden (Apotheker) erkennbaren Irrtum enthalten, unleserlich sind oder den Vorschriften nicht vollständig entsprechen, ist der Abgebende berechtigt, nach Rücksprache mit dem Verschreibenden Änderungen vorzunehmen. Diese Änderungen sind übereinstimmend auf allen drei Teilen der Betäubungsmittelverschreibung zu vermerken.
Ist eine solche Korrektur nicht möglich, weil der Arzt z. B. nicht erreichbar ist, dürfen das verschriebene Betäubungsmittel oder Teilmengen davon abgegeben werden, wenn ein dringender Fall vorliegt, der eine unverzügliche Anwendung des Betäubungsmittels erforderlich macht.
In diesem Fall ist der Arzt unverzüglich nachträglich zu benachrichtigen, und die erforderlichen Korrekturen sind auf den Verschreibungen vorzunehmen.
Sonderfälle der Verschreibung
Ausnahmeverschreibung
Bei der Verordnung von Betäubungsmitteln für einen Patienten, der in seiner Dauerbehandlung steht, darf der Arzt in begründeten Einzelfällen von den Vorschriften des § 2 BtMVV hinsichtlich der Zahl der verschriebenen Betäubungsmittel und der gesetzlichen Höchstmenge(n) abweichen.
Wenn er für einen solchen Patienten
mehr als die innerhalb von 30 Tagen zulässigen Höchstmengen verschreibt oder
die Anzahl der zulässig zu verschreibenden Betäubungsmittel überschreitet,
ist die Verschreibung zusätzlich mit einem „A“ (für: Ausnahmeverschreibung) zu kennzeichnen.
Substitutionsverschreibung
Betäubungsmittel können im Rahmen einer substitutionsgestützten Behandlung opiatabhängigen Patienten unter bestimmten Voraussetzungen und unter Beachtung diverser Kautelen (siehe hierzu § 5 BtMVV) verordnet werden.
In diesem Fall ist die Verschreibung zusätzlich mit einem „S“ (für: Substitutionsverschreibung) zu kennzeichnen.
Notfallverschreibung
In Notfällen dürfen für Patienten oder Praxisbedarf Betäubungsmittel auch ohne Betäubungsmittelrezept verordnet werden, allerdings nur in der für den Notfall erforderlichen Menge. In diesen Fällen ist die Verordnung mit dem Wort „Notfall-Verschreibung“ zu kennzeichnen. Die Apotheke muss den Arzt unverzüglich nach Vorlage der Notfallverschreibung informieren. Dieser ist verpflichtet, der Apotheke, die die Notfallverschreibung beliefert hat, unverzüglich die Verschreibung auf einem Betäubungsmittelrezept nachzureichen. Diese Verschreibung ist zusätzlich mit einem „N“ zu kennzeichnen.
Eine Notfallverschreibung, die älter als einen Tag ist, darf durch die Apotheke nicht mehr beliefert werden.
Die Ausnahmeregelung der Notfallverschreibung gilt nicht für die Substitution Abhängiger.
Verschreibung für Einrichtungen des Rettungsdienstes (§ 6 BtMVV)
Die Verordnung für Einrichtungen des Rettungsdienstes erfolgt analog der Verschreibung für den Stationsbedarf. Der Träger oder der Durchführende des Rettungsdienstes hat einen Arzt damit zu beauftragen, die benötigten Betäubungsmittel zu verschreiben. Die Aufzeichnungen über Verbleib und Bestand (Betäubungsmittelkartei bzw. -buch) sind durch den jeweils behandelnden Arzt zu führen.
Bei einem Großschadensfall sind die benötigten Betäubungsmittel vom zuständigen leitenden Notarzt – analog einer Verordnung für Stationsbedarf – zu verschreiben. Die verbrauchten Betäubungsmittel muss er unverzüglich – für den Großschadensfall zusammengefasst – nachweisen und der zuständigen Landesbehörde unter Angabe der nicht verbrauchten Betäubungsmittel anzeigen.