Chemische Struktur
Das erste klinisch genutzte, lokalanästhetische Pharmakon war
Kokain [
9], was sich trotz toxischer Nebenwirkungen und eines hohen Missbrauchspotenzials noch heute zur topischen Schleimhautanästhesie Verwendung findet.
Die Grundstruktur der modernen Lokalanästhetika besteht aus einer hydrophilen Aminogruppe, welche durch eine Alkylzwischenkette mit einem lipophilen aromatischen Rest (p-Aminobenzoesäure, Anilid- oder Thiophenringe) verbunden ist. Das Gesamtmolekül ist dabei schwach basisch.
Je nachdem, ob die Zwischenkette eine Ester- oder eine Säureamid-(= Peptid)bindung enthält, wird zwischen Aminoestern und Aminoamiden unterschieden.
Mit Procain
wurde 1904 von Einhorn die Gruppe der
Aminoester (R-CO-OR) in die Klinik eingeführt. Der erste Vertreter der
Aminoamide (R-NH-CO-R) war
Lidocain.
Die Esterbindungen können durch
Pseudocholinesterasen im Blut gespalten werden. Die Säureamidbindungen müssen durch Peptidasen in der Leber gelöst werden.
Substanzen mit einem „i“ im Namen vor der Endung „-cain“ sind Aminoamide, Substanzen ohne ein „i“ im Namen vor der Endung „-cain“ Aminoester.
In ihrer tertiären Aminform sind die meisten Lokalanästhetika schlecht wasserlöslich und werden daher als Hydrochloridsalze hergestellt. In wässriger Lösung liegen Lokalanästhetika gemäß der Henderson-Hasselbalch-Gleichung
in einem Gleichgewicht zwischen quaternäres Amin (positiv geladen, und damit nicht membranpermeabel) und tertiäres Amin (freie Base, ungeladen und membranpermeabel) vor. Der Ionisationsgrad ist hauptsächlich von der
Dissoziationskonstante (p
Ka) des Lokalanästhetikums abhängig, und somit auch vom pH-Wert der Lösung. Handelsübliche Lokallanästhetika haben unterschiedliche Dissoziationskonstanten, die durch Substitution der Aminogruppen verändert werden können. Durch Manipulation der Länge der Zwischenkette können Löslichkeit und Membranhaftung beeinflusst werden. Dadurch ändern sich die Wirkintensität und die Wirkdauer. 1–3 Alkylgruppen haben sich als besonders vorteilhaft erwiesen.
3 Faustregeln zu Wirkung von Lokalanästhetika:
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Je größer die Lipidlöslichkeit eines Lokalanästhetikums, umso potenter ist es.
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Je größer die Proteinbindung eines Lokalanästhetikums, umso länger wirkt es.
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Je näher die
Dissoziationskonstante (p
Ka) am physiologischen pH-Wert (7,4) liegt, umso schneller tritt die Wirkung ein.
Wirkmechanismus von Lokalanästhetika
Die meistdiskutierten 3 Hypothesen zur Wirkung der Lokalanästhetika gehen von einer Wirkung an spannungsabhängigen Natriumkanälen (modulierte Rezeptorhypothese und Kalziummediationshypothese) bzw. einer Veränderung der Ladungsverteilung der Membranoberfläche (Membranladungstheorie) aus.