Grundlagen
Periphere Nervenblockaden werden bei Kindern zurückhaltend eingesetzt, obwohl sie deutliche Vorteile gegenüber einer alleinigen Vollnarkose bieten.
Im Gegensatz zu Erwachsenen darf die Anlage einer
Regionalanästhesie beim Kind in tiefer Sedierung oder
Allgemeinanästhesie vorgenommen werden – dies gilt sowohl für periphere als auch für rückenmarknahe Blockadetechniken (inkl. thorakale Periduralanästhesie).
Eine Vielzahl von namhaften Kinderanästhesisten bewertet dieses Vorgehen als „etablierte und akzeptierte Praxis“, sofern spezielle Kenntnisse in Bezug auf kindliche Anatomie und Pharmakologie sowie die notwendige technische Geschicklichkeit und Sorgfalt gewährleistet sind.
Bei exakt erhobener und unauffälliger Gerinnungsanamnese ist eine präoperative Laboruntersuchung für periphere und rückenmarknahe Regionalverfahren verzichtbar.
Mit dem Einsatz der Nervenstimulationstechnik (PNS) und/oder der
Sonographie können Nerven auch ohne Kooperation des Patienten sicher lokalisiert werden. Im Kindesalter
ist nahezu immer eine zusätzliche Sedierung oder eine flache
Allgemeinanästhesie sinnvoll.
Indikation und Dosierung
Angaben zur Dosierung sind bei den einzelnen Blockadetechniken aufgeführt.
Technik
Voraussetzung für eine erfolgreiche Blockadeanlage beim wachen Kind sind:
-
frühzeitige topische Applikation von
Lokalanästhetika (EMLA) auf die Punktionsstelle,
-
ruhige Atmosphäre im Vorbereitungsraum,
-
altersentsprechende Information des Kindes („Überraschungsangriffe“ sind zum Scheitern verurteilt!),
-
während der Punktion mit dem Kind reden,
-
Kind und Eltern zuvor über die postoperative motorische Schwäche informieren.
Die Punktionstechniken entsprechen weitgehend denen bei Erwachsenen. Der Hauptunterschied besteht in der geringeren Distanz zwischen Haut und Nerv. Die noch nicht abgeschlossene Myelinisierung bei Neugeborenen und die dünnen Nerven bei Kindern führen zu einer raschen Penetration des Lokalanästhetikums und zu deutlich kürzeren Anschlagzeiten.
Grundsätzlich müssen die empfohlenen Grenzdosen eingehalten werden (Tab.
1 und
2).
Prilocain, Mepivacain | Max. 1 % | Prilocain nicht bei Neugeborenen unter 3 Monaten, da Rest-HbF und Met-Hb-Reduktase noch nicht voll funktionsfähig |
Bupivacain, Ropivacain | Max. 0,25 % Bupivacain | |
Max. 0,50 % Ropivacain | Ropivacain ab 1. Lebensjahr zugelassen |
Tab. 2
Zur peripheren Nervenblockade im Kindesalter empfohlene Höchstdosen von Lokalanästhetika
Bupivacain | 2,5 mg/kgKG | 250 μg/kgKG/h |
Ropivacain | 3,0 mg/kgKG | 200–400 μg/kgKG/h |
| 7,0 mg/kgKG | – |
Prilocain | 7,0 mg/kgKG | – |
Das Auslösen von Parästhesien ist obsolet, die Nervenstimulation obligat.
Die Impulsfrequenz von 2 Hz erleichtert das Aufsuchen der Nerven und mindert beim sedierten Kind nicht den Patientenkomfort. Zur Erhöhung der Sicherheit ist bei Kindern in Narkose eine Impulsbreite von 1,0 ms sinnvoll: Schon bei erheblichem Abstand zum Nerven wird bereits eine Muskelreaktion erhalten.
Die Schwellenstromstärke von 0,50 mA sollte nicht unterschritten werden, um einen sicheren Mindestabstand zum Nerven einzuhalten.
Die Punktionsstelle für den dorsalen N.-ischiadicus-Blockade wird – abweichend von der Technik beim Erwachsenen – durch die Halbierung der Verbindungslinie zwischen kranialem Ende der glutealen Falte und dem Trochanter major identifiziert.
Mit der
anterioren Ischiadikusblockade wird – abweichend vom Erwachsenen – der N. cutaneus femoris posterior meist mitblockiert (Tab.
3).
Tab. 3
Periphere Nervenblockaden im Kindesalter
Plexus axillaris | 0,5–0,7 ml/kgKG | Radiusreposition | Technisch einfach |
N. femoralis | 0,3–0,7 ml/kgKG | Femurfrakturen, Kniegelenkeingriffe, Muskelbiopsien, Entnahme von Hauttransplantaten | Technisch einfach |
N. ischiadicus | 0,5–0,7 ml/kgKG | Unterschenkelfrakturen, orthopädische, plastische Eingriffe | Technisch einfach |
- dorsaler Zugang |
- anteriorer Zugang | Technisch schwieriger |
- poplitealer Zugang |