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Die Anästhesiologie
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Publiziert am: 11.05.2017

Spenderkonditionierung und Organentnahme

Verfasst von: Ralf Hömme und Astrid Willker
Die Transplantation menschlicher Organe ist eine etablierte und meist die einzige lebensrettende Therapie für Patienten im Endstadium eines Organversagens. Die Überlebensrate von Patient und Organen nach Transplantation wurde durch Fortschritte in der Organkonservierung, den operativen Techniken und der Immunsuppression gesteigert, ohne dass bis heute ein 100 %iger Erfolg realisierbar wäre.
Einleitung
Die Transplantation menschlicher Organe ist eine etablierte und meist die einzige lebensrettende Therapie für Patienten im Endstadium eines Organversagens. Die Überlebensrate von Patient und Organen nach Transplantation wurde durch Fortschritte in der Organkonservierung, den operativen Techniken und der Immunsuppression gesteigert, ohne dass bis heute ein 100 %iger Erfolg realisierbar wäre.

Grundlagen der Transplantationsmedizin

Spendersituation

Haupthindernis für eine weitere Zunahme von Transplantationen ist der Mangel an Organen.
Im Jahr 2014 befanden sich in Deutschland mehr als 10.585 Patienten auf der Warteliste für eine Organtransplantation. Durch den Organallokationsskandal im Jahr 2012 ist die Anzahl der hirntoten Organspender im Jahr 2014 auf 851, den niedrigsten Stand seit 2005 gesunken (Abb. 1). Im europäischen Vergleich hatte Kroatien im Jahr 2012 mit 36,5 Organspendern pro Million Einwohner die höchste Zahl im Vergleich zu Deutschland mit lediglich 12,8 Organspendern pro Million Einwohner [7]. Aufgrund der geringen Zahl der hirntoten Organspender kommt den Organspenden nach Kreislaufstillstand (Non heart-beating donors) eine zunehmende Bedeutung zu. Im Jahr 2014 gab es im Gebiet von Eurotransplant 205 Non heart-beating-donors [9]. Diese Praxis ist in Deutschland durch das Transplantationsgesetz verboten.

Rechtliche Grundlagen

In Deutschland regelt das Transplantationsgesetz (TPG) die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben. Danach sind alle Krankenhäuser in die Gemeinschaftsaufgabe Organspende einbezogen und verpflichtet (§ 11 Abs. 1 und 4, TPG), potenzielle Organspender zu melden und die zur Überprüfung der medizinischen und juristischen Voraussetzungen einer geplanten Organentnahme erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 7 TPG; Kap. Transplantationsgesetz).

Eignung zur Organspende

Grundsätzlich kommt jeder beatmete Patient mit diagnostiziertem irreversiblem Hirnfunktionsausfall als Organspender in Frage.
Die meisten Spender sind Patienten mit isolierter zerebraler Läsion. Im Jahr 2013 führte als Todesursache die intrakranielle Blutung (55,5 %), vor ischämisch-hypoxischen Hirnschäden (16,1 %), dem Schädel-Hirn-Trauma (14,4 %) und Hirninfarkten (12,3 %), während entzündliche Hirnschäden (0,9 %), primär intrakranielle Tumore (0,6 %) und Hydrocephali (0,2 %) seltene Todesursachen der Organspender waren (Abb. 2; [8]).

Kontraindikationen zur Organspende

Absolute Kontraindikationen für eine Organspende
  • HIV-Erkrankung
  • Floride Tuberkulose
  • Gesicherte und nicht sanierte Sepsis mit nachgewiesenen multiresistenten Keimen
  • Nicht behandelbare Infektionen (z. B. Tollwut, Creutzfeldt-Jakob)
  • Nicht kurativ behandeltes Malignom (Einzelfallentscheidung in Absprache mit dem DSO-Koordinator)
In allen anderen Fällen muss individuell die Transplantabilität jedes einzelnen Organs geprüft werden. Die Entscheidung und Verantwortung für die Akzeptanz eines Organs liegt bei den Ärzten des regionalen Transplantationszentrums und nicht bei dem Arzt, der den Organspender meldet. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation betreibt Koordinierungsstellen für die Organisation der Organspende (DSO-donor, Tel. 0800–37 63 66 67), in denen Transplantationskoordinatoren rund um die Uhr beratend zur Verfügung stehen. Krankenhäuser mit Intensivstation müssen laut Transplantationsgesetz einen Transplantationsbeauftragten benennen, der u. a. die Beratung von Ärzten in Fragen der Organspende übernehmen soll.
Vorbestehende Erkrankungen und deren Behandlung sollten bekannt sein. Auch eine Fremdanamnese und eine sorgfältige klinische Untersuchung (z. B. nach Mammatumoren oder Lymphknotenvergrößerungen) sollten durchgeführt werden. Insbesondere muss geklärt werden, ob Organfunktionsstörungen schon vor der Hirnschädigung bestanden oder erst im Rahmen der akuten Erkrankung auftraten.
Passagere Nierenfunktionsstörungen mit bekannter und potenziell reversibler Ursache sind keine Kontraindikation zur Organentnahme.
Internistische oder neurologische Begleiterkrankungen sowie fortgeschrittenes Alter stellen keine Kontraindikation für eine Organspende dar. Für eine Nieren- und Leberspende gibt es keine Altersobergrenze mehr.
Die Eignung richtet sich weniger nach dem Alter des Spenders als vielmehr nach dem Funktionszustand der zur Entnahme vorgesehenen Organe.
In den vergangenen Jahren ist das mediane Alter von Hirntoten, deren Organe für eine Transplantation akzeptiert wurden, nahezu kontinuierlich angestiegen.
Neben den Nieren eignen sich v. a. Leber, Herzklappen und Hornhäute älterer Organspender. Bei besonders dringlicher Indikation für die Transplantation können Organe von Spendern mit abgelaufener Virushepatitis und positiver Hepatitisserologie Empfängern mit der gleichen Erkrankung übertragen werden.
Identifikation eines potenziellen Organspenders
Voraussetzungen sind:
Nach Daten des United Network for Organ Sharing (UNOS) werden in den USA jährlich von ca. 50–60 Verstorbenen mit ZNS-Tumoren Organe zur Transplantation entnommen (ca. 1 % aller Spender). Da maligne Gliome selten außerhalb des Gehirns metastasieren, können Organe dieser Verstorbenen zur Transplantation angeboten werden.
Bakteriämie und Fungämie sind keine absolute Kontraindikationen für eine Organentnahme [2, 12]. Im Zweifelsfall sollte Rücksprache mit einem erfahrenen Transplantationsmediziner gehalten werden.

Pathophysiologische Veränderungen bei irreversiblem Hirnfunktionsausfall

Vor Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls steht als Behandlungsziel die zerebrale Protektion im Vordergrund. Andere Therapieziele müssen sich dieser Priorität unterordnen.
Die Zeitspanne zwischen zerebraler Läsion und Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls kann erheblich variieren. Intervalle von einigen Stunden bis zu mehreren Tagen sind beschrieben worden [18, 21, 37]. Bei Ausschöpfen aller Therapieoptionen (Kraniektomie, Barbiturattherapie) muss auch damit gerechnet werden, dass der irreversible Hirnfunktionsausfall ggf. erst nach einer Woche sicher festgestellt werden kann.
Die Hirnstammschädigung während des Einklemmens („coning“) verursacht eine fortschreitende zerebrospinale Ischämie, die im Großhirn beginnend rostrokaudal in Richtung Pons, Medulla oblongata und Rückenmark fortschreitet. Die Minderdurchblutung löst eine Aktivierung der Vaguskerne aus – mit Abnahme der Herzfrequenz, des Blutdrucks und des Herzzeitvolumens.
Dehnt sich die Ischämie in Richtung Pons aus, kommt es neben der Vagus- zusätzlich zu einer Sympathikusstimulation mit Hypertension (Cushing-Reflex) und unregelmäßiger Atmung. Mit Erreichen der Medulla oblongata wird der kardiomotorische Vaguskern ischämisch. Die Folge ist eine ungebremste sympathische Stimulation mit Tachykardie, erhöhtem arteriellem Druck und Herzzeitvolumen. Der irreversible Hirnfunktionsausfall setzt zumeist kurz nach dem „autonomen Sturm ein.
Schreitet die Ischämie entlang des Rückenmarks fort, kommt es infolge des Ausfalls spinaler sympathischer Leitungsbahnen zur Vasoparalyse mit peripherer Vasodilatation [33].
Wegen der erheblichen kardiopulmonalen Instabilität vor und während zerebraler Einklemmung kann eine Intervention mit vasoaktiven Substanzen bereits in dieser Phase notwendig werden.

Herz-Kreislauf- und Lungenfunktion

Zum Zeitpunkt des autonomen Sturms wurden kurzfristig massive Anstiege der Katecholaminspiegel im Blut (Adrenalin 11-fach, Noradrenalin 3-fach) gemessen [6, 20, 22]. Die dadurch ausgelöste extreme Vasokonstriktion mit Anstieg des systemischen und des pulmonalen Gefäßwiderstands, des arteriellen Drucks und der raschen Zunahme des venösen Rückstroms zum Herzen kann in ein Linksherzversagen und ein kardiales oder neurogenes Lungenödem münden. Ventrikuläre Extrasystolen, Brady- und Tachykardien sowie Ischämiezeichen im EKG wurden beobachtet. In Endomyokardbiopsien findet man Hinweise auf Mikroinfarkte als Folge der katecholaminbedingten Kalziumüberladung und des reduzierten koronaren Blutflusses. Besonders ausgeprägt sind diese autonomen Veränderungen bei einem raschen Anstieg des intrakraniellen Drucks [33].
Zeitliche Abfolge der Herz-Kreislauf-Reaktionen bei fortschreitender zerebraler Einklemmung

Endokrinium und Temperaturregulation

Die Zerstörung der supraoptischen Neurone und die Entleerung der Speicher im Hypophysenhinterlappen führen zum zentralen Diabetes insipidus . Die Sekretion der Hormone des Hypophysenvorderlappens (TSH, ACTH und Wachstumshormon) ist dagegen weniger beeinträchtigt [15, 17, 24]. Als Folge einer reduzierten TSH-Sekretion ist ein Konzentrationsabfall des freien Trijodthyronins (T3) nach Hirnstammeinklemmung beschrieben. Der Mangel an Schilddrüsenhormon wird als Ursache für eine verminderte kardiale Kontraktilität, die Verarmung an energiereichen Phosphaten und einen erhöhten anaeroben Metabolismus nach Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls angesehen [26, 34]. Der Verlust der thalamischen und hypothalamischen Temperaturkontrolle bewirkt einen Abfall der Körpertemperatur [27].
Der irreversible Hirnfunktionsausfall ist mit einer Freisetzung von proinflammatorischen Substanzen assoziiert. Diese führen zu einer Entzündungsreaktion mit immunologischer Aktivierung aller Organe. Ein histologischer Schaden mit einer verminderten Transplantatfunktion ist die Folge [5, 39].

Spenderkonditionierung

Nach Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfallszielt die Therapie auf den Funktionserhalt transplantierbarer Organe unter Einsatz möglichst geringer Dosen vasoaktiver Substanzen.
Die pathophysiologischen Folgen des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls wie Vasoparalyse, Störung der Thermoregulation und der hormonellen Steuerung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts müssen korrigiert werden.

Pflege und Monitoring

Pflegemaßnahmen, die vor Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls meist auf eine Minimalpflege beschränkt waren (Rückenlage, seltenes Absaugen), müssen wieder intensiviert werden. Für eine optimale Bronchialtoilette sollten gezielte Lagerungsmaßnahmen zur Sekretdrainage in den Atemwegen, manuelles Blähen der Lunge und intensives Absaugen eingesetzt werden. Zum Schutz der Hornhäute muss auf einen suffizienten Lidschluss geachtet werden. Invasive Verfahren wie Ventrikelableitungen, periphere Verweilkanülen und Wunddrainagen sollten als mögliche Infektionsquellen entfernt werden.
Unverändert fortgeführt wird das Monitoring wie arterielle und zentralvenöse Druckmessung, Temperaturmessung, Pulsoxymetrie und Bilanzierung der Diurese. Bei anhaltend hämodynamisch instabilen Spendern ist ein erweitertes Monitoring mit PiCCO-Katheter oder TEE zur Steuerung der Volumen- und Katecholamintherapie erforderlich.
Werden neue Gefäßzugänge notwendig, sollte der arterielle Katheter wegen der geringeren Störanfälligkeit während der Organentnahme am linken Arm und der zentrale Venenkatheter wegen der Entnahme von Thoraxorganen über die rechte V. jugularis interna gelegt werden. Ein transurethraler Blasenkatheter wird gegenüber einer Blasenfistel bevorzugt, da er bei der Präparation nach Eröffnung des Abdomens keine Vorsichtsmaßnahmen erfordert.
Der Cuff des Trachealtubus sollte möglichst weit proximal positioniert werden, um bei der Lungenentnahme eine unbeschädigte Trachealmanschette zu sichern.
Wesentliche Maßnahmen bei Monitoring und Pflege:

Laborparameter

Laborwerte geben Aufschluss über die Organfunktionen, weisen auf mögliche Kontraindikationen zur Organentnahme hin und ermöglichen eine orientierende Empfängerauswahl. Die virologischen Parameter dienen dem Spenderausschluss oder einer Einschränkung der Empfängerauswahl.
Die frühzeitige Meldung der Blutgruppe an die Transplantationszentrale ermöglicht eine orientierende Empfängerauswahl.
Erforderliche Laborwerte vor Organspende :
Spezialuntersuchungen wie Barbituratspiegel und die Infektionsserologie werden nach Absprache und Versand der Blutproben von Laborzentren der Deutschen Stiftung Organtransplantation vorgenommen.
Virologische Untersuchungen vor Organspende:
  • HIV-1/2-Antikörper (inkl. HIV-p24-Antigen),
  • HBs-Antigen,
  • Anti-HBc-Antikörper,
  • HCV-Antikörper,
  • CMV-Antikörper,
  • Lues-Antikörper,
  • EBV,

MikrobiologischeUntersuchungen

Auch ohne klinische Hinweise auf Atem- oder Harnwegsinfektionen sollten Bronchialsekret und Urin sowie Blutkulturen mikrobiologisch untersucht werden, da der Nachweis von pathogenen Keimen und die Resistenztestung evtl. zur Ablehnung der Organe führen oder eine gezielte Therapie ermöglichen können.

Apparative Diagnostik

Der Umfang der apparativen Diagnostik richtet sich nach der Art der zu entnehmenden Organe und sollte mit dem Transplantationszentrum abgesprochen werden. Ziel ist es, pathologische Veränderungen oder anatomische Varianten zu erfassen, die eine Organübertragung verhindern oder erschweren könnten.
Typische apparative Diagnostik vor Organspende ist:
  • bei allen Patienten:
    • Thoraxröntgenaufnahme,
    • 12-Kanal-EKG,
    • Sonographie des Abdomens (Nieren, Leber, Pankreas),
  • bei geplanter Lungenentnahme:
    • Thoraxröntgen mit Film-Fokus-Abstand von 100 cm (Ausmessen der Lungengröße),
  • bei geplanter Herzentnahme:
    • Echokardiogramm (Herzgröße, Kontraktilität, Klappenveränderungen), eine potenziell im Rahmen des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls auftretende, frühe myokardiale Dysfunktion (z. B. regionale oder globale Wandbewegungsstörungen) kann reversibel sein [5],
    • Koronarangiographie (bei Männern über 45 Jahren, bei Frauen über 50 Jahren ohne Risiko für eine Atherosklerose; bei Vorliegen von Risikofaktoren individuell auch bei einem Alter von <45 Jahren).

Therapieziele vor Organentnahme

Oberstes Therapieziel ist es, für die transplantierbaren Organe optimale Durchblutungs- und Oxygenierungsbedingungen zu schaffen. Deshalb sollten die Determinanten des systemischen O2-Transports folgende Richtwerte aufweisen:
  • systolischer Blutdruck 70–100 mmHg (bei Hypertonikern >100 mmHg),
  • Herzfrequenz 70–100/min
  • zentraler Venendruck 7–10 mmHg,
  • paO2 80–100 mmHg,
  • arterielle O2-Sättigung >95 %,
  • arterielle Blutgase im Normbereich,
  • zentralvenöse bzw. gemischtvenöse Sauerstoffsättigung (SvO2) >70 %,
  • Urinvolumen 1–2 ml/kgKG/h,
  • Körpertemperatur >35 °C,
  • Natrium 135–145 mmol/l,
  • Kalium 3,5–5 mmol/l,
  • Hämatokrit 20–30 %,
  • Blutzucker <180 mg %,
  • Laktat <3 mmol/l.

Herz- und Kreislauffunktion

Eine antihypertensive Therapie mit kurzwirksamen Substanzen wie Urapidil oder Esmolol ist nur bei prolongierter, exzessiver Hypertonie in der Phase der zerebralen Einklemmung erforderlich, um eine Myokardischämie zu verhindern. Bradykardien bedürfen nur selten einer Intervention.
Bei einer Bradykardie ist nur Adrenalin einzusetzen, da Atropin wegen des Ausfalls der Vaguskerne nicht wirkt.
Nach Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ist eine hypotensive Kreislaufsituation häufig.
Differenzialdiagnose der Hypotension bei irreversiblem Hirnfunktionsausfall
Die häufigste Ursache einer Hypotension bei isoliertem Schädel-Hirn-Trauma ist die Hypovolämie.
Das zentral bedingte Vasomotorenversagen verursacht ein relatives Volumendefizit, das durch aktives Erwärmen des Patienten nach Hypothermie verstärkt wird. Ein weiterer Grund für den Volumenmangel sind Flüssigkeitsrestriktion, Osmotherapie und Diuretikagabe im Rahmen der Hirnödemtherapie sowie ein inadäquat behandelter Diabetes insipidus oder eine Polyurie infolge Hyperglykämie.
Differenzialdiagnose der Hypovolämie bei irreversiblem Hirnfunktionsausfall
  • Vasoparalyse
  • Dehydratation (Flüssigkeitsrestriktion)
  • Osmotische Diurese (Mannitol, Hyperglykämie)
  • Schleifendiuretika
  • Traumabedingter Volumenverlust
Die adäquate Behandlung der Hypovolämie besteht in dieser Phase in einer bedarfsadaptierten Volumensubstitution basierend auf balancierten kristalloiden Lösungen. HES-Präparate sollten vermieden werden, da sie im Vergleich zu kristalloiden Lösungen Nierenfunktionsstörungen hervorrufen können und bei Intensivpatienten mit einem schlechteren Outcome assoziiert sein können. Darüber hinaus werden Tubulusnekrosen beschrieben [3]. Ist eine Stabilisierung durch Kristalloide nicht möglich, sollte die Gabe von Gelatinepräparaten oder Humanalbumin erwogen werden [29].
Zur Aufrechterhaltung einer adäquaten Organperfusion kann auch beim Organspender die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten notwendig werden. Die Indikation sollte sich neben dem Alter, den Vorerkrankungen und dem Krankheitsverlauf auch an Surrogatparametern wie z. B. zentralvenöser Sättigung <70 % und normaler Laktatkonzentration orientieren. Bei stabiler Hämodynamik wird ein Hk >20 %, bei Kreislaufinstabilität >30 % empfohlen [3].
45–100 % der Organspender benötigen zumindest vorübergehend Vasopressoren oder positiv inotrope Substanzen [27], um die Zielgröße des systolischen Blutdrucks von 100 mmHg zu erreichen.
Trotz des Einsatzes von vasoaktiven Substanzen beim Spender ist eine Organentnahme möglich.
Katecholamine haben immunmodulatorische Effekte und können die erhöhte Immunogenität der Organe nach irreversiblem Hirnfunktionsausfall abschwächen und damit zu einem längeren Transplantatüberleben führen [30]. Diese Effekte sind am besten für Dopamin nachgewiesen [31], welches protektive Enzyme wie die Hämoxygenase 1 (HO-1) induziert [4] und damit zu einer erhöhten Resistenz der Organe gegenüber Inflammation und Ischämie-Reperfusions-Schaden führt. Bei erheblicher interindividueller Variation der Pharmakokinetik sollte sich die Dosierung von Dopamin an den hämodynamischen Zielwerten orientieren und nur durch eine Tachykardie limitiert sein [4]. Kann hierdurch keine hämodynamische Stabilisierung erreicht werden, ist die Ergänzung eines Vasopressors wie Noradrenalin oder Vasopressin notwendig. Noradrenalin kann hierbei den koronaren und renalen Blutfluss erhöhen [8]. Vasopressin eignet sich zugleich zur Therapie eines ggf. vorhandenen Diabetes insipidus und reduziert den Katecholaminbedarf. Die Indikation für inotrop wirksame Medikamente sollte dennoch sorgfältig gestellt werden, da sich die Funktion eines transplantierten Herzens über eine Down-Regulation der β-Rezeptoren und eine myokardiale ATP-Depletion verschlechtern kann [32].
Elektrolytstörungen sollten behandelt werden; bei hämodynamisch wirksamen ventrikulären Rhythmusstörungen können Lidocain oder Amiodaron, bei supraventrikulären Rhythmusstörungen kann Amiodaron zum Einsatz kommen.
Zielparameter bei erweitertem hämodynamischen Monitoring bei instabilem Spender:
  • Herzindex (CI) 3–5 l/m2,
  • Schlagvolumenindex (SVI) 40–60 ml/m2,
  • pulmonalarterieller Verschlussdruck (PAOP) <12 mmHg,
  • systemvaskulärer Widerstandsindex (SVRI) 2000 ± 500 dyn × s × cm−5 × m2,
  • intrathorakaler Blutvolumenindex (ITBVI) >850–1000 ml/m2,
  • extravasaler Lungenwasserindex (ELWI) 3–7 ml/kgKG.

Lunge

Das therapeutische Vorgehen hängt davon ab, inwieweit die Lunge für eine Transplantation in Frage kommt.
Bei schwerem, neurogenem Lungenödem, Lungenkontusion, Aspiration oder Atemwegsinfektionen scheidet die Entnahme der Lunge meist aus. Ziel der Beatmung ist es in diesem Fall, mit minimalen hämodynamischen Nebenwirkungen eine ausreichende arterielle Oxygenierung zu erzielen. Hohe PEEP-Werte (>10 mbar) sollten wegen ihrer potenziell negativen Effekte auf die Organperfusion und der Aktivierung von Entzündungsprozessen zugunsten einer erhöhten FIO2 vermieden werden.
Kommt dagegen die Entnahme der Lunge in Betracht, muss angesichts der geringen Zahl transplantierbarer Lungen die Behandlungspriorität in Richtung auf eine Volumenrestriktion geändert werden. Die generalisierte Entzündungsreaktion nach Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls erhöht die Permeabilität der alveolokapillären Membran [34]. Die Beatmung sollte die Lunge möglichst wenig traumatisieren und zugleich Atelektasen vorbeugen. Tidalvolumina von 6–8 ml/kgKG minimieren die Scherkräfte für das Lungengewebe und sollen eine sekundäre Lungenschädigung (Biotrauma) verhindern. Der inspiratorische Spitzendruck bei druckbegrenzter Beatmung wird auf maximal 30 mbar begrenzt, der PEEP-Wert auf 8–10 cmH2O und die FIO2 auf den niedrigsten Wert eingestellt, der einen paO2 von 100 mmHg erzielt. Minderbelüftungen können durch Rekrutierungsmaßnahmen wie intermittierendes Blähen und/oder bronchoskopische Sekretabsaugung behoben werden.
Die Flüssigkeitsbilanz bei geplanter Lungenentnahme sollte bewusst negativ gestaltet werden [23]. Eine Verschlechterung der Nierenfunktion durch Volumenrestriktion ist dabei in Kauf zu nehmen. Ein zusätzliches Monitoring des extravasalen Lungenwassers (EVLW) durch das PiCCO-System kann die Steuerung der Volumentherapie weiter verbessern [38].
„Ideal“-Kriterien zur Lungenspende (Nach: [38])
  • Alter <55 Jahre
  • Unauffälliges Röntgenbild der Lunge
  • paO2/FIO2 > 300 mmHg bei PEEP 5 mbar (500 Pa)
  • Kein Hinweis auf Aspiration oder Infektion (Bronchoskopie)
  • Grampräparat des Bronchialsekrets ohne Bakterien oder Leukozyten
  • Kein massiver Raucher (<20 „pack-years“)
  • ABO-Kompatibilität
  • Keine vorhergehende kardiopulmonale Voroperation
  • Passende Größenverhältnisse zum Empfänger
Durch eine bessere Kommunikation zwischen Entnahmeklinik und Transplantationszentrum und einer aktiven Einbindung der Transplantationschirurgen in die Therapie konnte die Zahl der Lungenentnahmen innerhalb von 4 Jahren verdoppelt werden [1]. Infektionen der Spenderlunge sind häufig, besonders wenn der Spender länger als 48 h beatmet war. Ein positives Grampräparat eines Bronchialsekrets sollte eine Lungenspende nicht ausschließen, da eine Übertragung der Infektion vom Spender auf den Empfänger selten stattfindet [35].

Säure-Basen-Haushalt

Eine respiratorische Alkalose, wie sie während Hyperventilation zur Hirndrucktherapie entstehen kann, verschlechtert die Gewebeoxygenierung. Nach Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls sollte deshalb Normokapnie angestrebt werden.
Oft wird bei Hirntoten eine metabolische Azidose beobachtet, die möglicherweise durch einen anaeroben Stoffwechsel infolge eines T3-Mangels (mit)verursacht wird [26].
Eine symptomatische Behandlung mit Trometamol (Tris-Puffer) oder Natriumbikarbonat kommt nur bei pH-Werten <7,20 in Betracht, wenn negative Effekte auf die Herzfunktion befürchtet werden.

Niere, Wasser- und Elektrolythaushalt

Bei den meisten Organspendern kann die Diurese mit aggressiver Volumenzufuhr und ggf. Katecholaminen in Gang gebracht werden. Bleibt die Diurese trotz eines mittleren arteriellen Drucks von >70 mmHg unter 2 ml/kgKG/h, können kleine Dosen Furosemid (10 mg i.v.) oder Mannitol (0,5 g/kgKG) die Urinausscheidung fördern [36].
In bis zu 80 % der Fälle besteht ein Diabetes insipidus infolge eines ADH-Mangels [6]. Unbehandelt können durch die erheblichen Flüssigkeitsverluste Hypovolämie und Elektrolytimbalanzen auftreten, was sich negativ auf die Funktion der transplantierten Organe auswirken kann [10]. Folgende Befunde weisen auf einen Diabetes insipidus hin:
  • Polyurie mit Urinmengen >5 ml/kgKG/h,
  • spezifisches Gewicht des Urins <1005,
  • Hypernatriämie mit Natriumkonzentration im Serum >150 mmol/l als Zeichen einer hypertonen Dehydratation (insgesamt spätes Zeichen),
  • Serumosmolalität >310 mosmol/l,
  • Urinosmolalität <300 mosmol/l,
  • Natriumkonzentration im Urin <20 mmol/l.
Therapie der Wahl des Diabetes insipidus ist Desmopressin (Minirin).
Die Therapie des Diabetes insipidus besteht initial im quantitativen Ersatz des Urinvolumens unter Beachtung der darin enthaltenen Mengen an Elektrolyten. Die Zufuhr von Natrium muss durch Gabe natriumarmer oder -freier Lösungen (Halbelektrolytlösung NaCl 0,45 %, Glukose 5 %) vermindert werden.
Liegt keine Hyperglykämie vor, sollten glukosehaltige Lösungen bevorzugt werden, da so die intrahepatischen Glykogendepots aufgefüllt und die Leberfunktion nach Transplantation verbessert werden soll [23].
Eine Hyperglykämie kann die Polyurie weiter verstärken. Dysfunktionen von Pankreastransplantaten als Folge erhöhter Glukosespiegel im Serum von Organspendern sind beschrieben [14]. Durch Insulingabe sollte der Glukosespiegel bei 80–150 mg/dl gehalten werden [41].
Überschreitet die Urinproduktion 300 ml/h (ca. 5 ml/kgKG/h), sollte DDAVP (Desamino-D-Arginin-Vasopressin = Desmopressin) 1–4 μg alle 6–12 h i.v. gegeben werden. Die antidiuretische Wirkung von DDAVP hält 6–20 h (HWZ 90–160 min) an. Vasopressin als zweite antidiuretische Substanz hat verglichen mit DDAVP eine mehr vasopressorische Wirkung und kann bei Bolusinjektion Organischämien auslösen. Es sollte nur kontinuierlich (<2,4 U/h) appliziert werden (HWZ ca. 15 min) [7, 32].

EndokrineVeränderungen

Schilddrüsenfunktion
Die Bedeutung erniedrigter Spiegel von Schilddrüsenhormonen bei Organspendern ist unklar. Eine Arbeitsgruppe fand erniedrigte Serumspiegel von Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) bei unverändertem TSH-Spiegel tierexperimentell [20] und bei Organspendern [41]. Die Abnahme der Schilddrüsenwerte wurde daher für die Verschlechterung der Myokardfunktion bei Hirntoten verantwortlich gemacht [6]. Es ist jedoch unklar, ob Schilddrüsenhormone substituiert werden sollten, da die Substitution von T3 beim Organspender das Endergebnis beim Empfänger nicht verbessern konnte [13, 18, 24, 28].
Eine routinemäßige Substitution von Schilddrüsenhormonen wird derzeit nicht empfohlen.
Bei therapierefraktärer Kreislaufinsuffizienz bzw. bei Spendern mit einer EF <40 % im UKG wird nach einer retrospektiven Kohortenstudie des United Network for Organ Sharing (UNOS) eine Hormonkombinationstherapie empfohlen.
Dosierung
  • Vasopressin 1 U als Bolus i.v. gefolgt von max. 2,4 U/h kontinuierlich i.v.
  • Schilddrüsenhormon
    • T4 20 μg Bolus i.v., dann 10 μg/h kontinuierlich i.v.
    • T3 4 μg Bolus i.v., dann 2 μg/h kontinuierlich i.v.
  • Methylprednisolon 15 mg/kgKG i.v. alle 24 h
Hiermit konnte die Rate an verwertbaren Organen erhöht und ein besseres Transplantatüberleben erzielt werden. Vor Beendigung der Vasopressingabe sollten alle anderen Katecholamine ausgeschlichen sein [19, 32].
Nebennierenrinde
Die routinemäßige Substitution von Kortisol ist – außer bei längerer Vorbehandlung mit Dexamethason – nicht notwendig [15]. Allerdings vermindern Kortikoide die Zytokinausschüttung im Rahmen der systemischen Inflammationsreaktion nach Eintritt des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls und können die Immunantwort des Empfängers auf die Transplantation abschwächen [25]. Vom UNOS wird bei Spendern mit eingeschränkter Lungenfunktion eine hochdosierte Methylprednisolongabe (15 mg/kgKG, wiederholt nach 24 h) empfohlen, da hierunter eine verbesserte Oxygenierung und eine erhöhte Ausbeute an Lungentransplantationen beobachtet wurden. Im europäischen Raum wird zur Abschwächung der Entzündungsreaktion eine Therapie mit Methylprednisolon 250 mg als Bolus gefolgt von 100 mg/h als Aufrechterhaltung nach festgestelltem irreversiblen Hirnfunktionsausfall empfohlen [3].
Vasopressin
Arginin-Vasopressin wird zur Therapie eines Diabetes insipidus eingesetzt. In niedriger Dosierung (1 E als Bolus, danach 0,5–4 E/h) fand sich eine deutliche Dosisreduktion von Katecholaminen ohne negative Auswirkungen auf die Transplantatfunktion [25].
Insulin
Nach dem irreversiblen Hirnfunktionsausfall fallen die Insulinspiegel ab, und damit vermindert sich auch die intrazelluläre Glukosekonzentration [34]. Die Blutglukosespiegel sind dagegen als Folge der Stressantwort, der Gabe von Katecholaminen und der Verabreichung von Kortison oft erhöht. Durch Insulingabe sollte der Glukosespiegel bei 80–150 mg/dl gehalten werden [41].

Hypothermie

Durch den Ausfall des Hirnstamms geht die Fähigkeit zur Temperaturregulation verloren (Poikilothermie). Die Wärmeproduktion nimmt als Folge des reduzierten Stoffwechsels und der fehlenden muskulären Aktivität ab, die Wärmeabstrahlung infolge der Vasodilatation zu [25, 34]. Eine Hypothermie muss verhindert werden.
Cave
Eine primäre Hypothermie muss vor Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls ausgeschlossen sein.

Gerinnung

Nach zerebralen Läsionen muss mit Gerinnungsstörungen gerechnet werden, da Plasminogenaktivatoren und fibrinolytische Substanzen aus dem thromboplastinreichen Hirngewebe freigesetzt werden.
Auch Störungen der Blutgerinnung nach vorangegangener Massivtransfusion erhöhen die Blutungsneigung beim Organspender. Frischplasma und Thrombozytenkonzentrate sollten abhängig von der klinischen Blutungsneigung transfundiert werden. Von Antifibrinolytika wird wegen des erhöhten Risikos von Mikrothromben in Spenderorganen und schlechteren Ergebnissen nach Transplantation abgeraten [7, 37].

Organentnahme

Hirntote Spender

Die Organentnahme sollte nach der formellen Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (Kap. Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls) und Abschluss aller organisatorischen Maßnahmen (Datenübermittlung an das Transplantationszentrum, Organisation eines Operationssaales, Koordination aller Explantationsteams) so zügig wie möglich erfolgen.
Anästhesist und Operateure müssen sich davon überzeugen, dass eine regelrechte Hirntoddiagnostik und das Einverständnis zur Organentnahme (ggf. mit Einschränkungen) in den Krankenunterlagen dokumentiert sind.

Präoperative Vorbereitung

Falls nicht schon im Rahmen der Intensivtherapie eine Antibiotikatherapie begonnen wurde, sollte vor Beginn der Operation ein geeignetes Antibiotikum (z. B. Cephalosporin der 3. Generation und Metronidazol oder eine Kombination aus Ureidopenicillin und β-Laktamase-Inhibitor) i.v. gegeben werden.
Die Lagerung erfolgt in Rückenlage, um den Operationsteams den besten Zugang zum Operationsfeld zu verschaffen.
Obwohl bei Hirntoten naturgemäß eine Narkose nicht notwendig ist [42], kann es bei chirurgischer Stimulation zu Muskelbewegungen infolge intakter spinaler Reflexe kommen [16, 40].
Diese Bewegungen können als zentrale Reaktionen auf (Schmerz)reize missgedeutet werden und das OP-Personal erheblich verunsichern. Deshalb sollten diese spinalen Reflexe durch Muskelrelaxanzien ausgeschaltet werden.
Auch Blutdruckanstiege durch Stimulation von Nozizeptoren werden beobachtet, ausgelöst wohl durch eine spinal vermittelte Vasokonstriktion und durch humorale Mechanismen [40, 42].
Durch den Einsatz volatiler Anästhetika (Isofluran, Sevofluran) oder Vasodilatoren (Nitroglycerin, Urapidil) lassen sich Blutdruckanstiege unterdrücken [11, 42].

Operationstechnik

Manipulationen an den Organen und großen Gefäßen haben erhebliche Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion (z. B. Rhythmusstörungen, Katecholaminausschüttung, Schwankungen des venösen Rückflusses). Die Volumenverluste während des Eingriffs sind hoch. Daher sollten Erythrozytenkonzentrate bereitgestellt werden. Bei frühzeitiger Auskühlung des Spenders drohen Gerinnungsstörungen.
Der Anästhesist muss sich über das geplante Vorgehen bei der Organentnahme mit den oft aus verschiedenen Zentren angereisten Chirurgen absprechen.
Dazu gehört auch der gelegentliche Einsatz von Prostacyclin (z. B. 500 μg 1–2 min vor Organperfusion als Bolus i.v.), Mannitol 20 % (100–125 ml i.v.) oder Furosemid (20–100 mg i.v.).
Eine Multiorganentnahme ist ein ausgedehnter Zweihöhleneingriff und dauert mehrere Stunden.
Abdomen und Thorax werden über eine mediane Schnittführung vom Jugulum bis zur Symphyse eröffnet und die zu entnehmenden Organe dargestellt. Die rechte A. iliaca und die Aorta aszendens werden kanüliert und die Aorta unterhalb des Zwerchfells angeschlungen. Am Ende der Präparation wird eine systemische Antikoagulation mit 20.000–30.0000 E Heparin i.v. eingeleitet. Danach werden die Abdominalorgane mit mindestens 4–5 l einer auf 4–7 °C gekühlten Präservationslösung (UW-, HTK- oder Bretschneider-Lösung) perfundiert, wobei die Aorta nach kranial in Höhe des Zwerchfells abgeklemmt wird. Zeitgleich beginnt über die aortale Kanüle die Perfusion des Herzens mit kardioplegischer Lösung. Die venöse Drainage erfolgt in der Regel über die V. cava inferior zwischen rechtem Vorhof und Lebervenen. Alle Organe werden darüber hinaus oberflächengekühlt.
Unmittelbar vor der Entnahme des Herzens oder des Herz-Lungen-Pakets werden alle zentralen Katheter zurückgezogen.
Die Beatmung wird per Hand fortgeführt, die Lungen werden nahezu bis auf die totale Lungenkapazität gebläht, der Trachealtubus ohne Cuffentlastung zurückgezogen, um die Lunge gedehnt zu halten und den Eintritt von Sekret zu vermeiden.
Die Trachea wird mit einer Klemme verschlossen und durchtrennt. Damit endet die Verantwortung des Anästhesisten im Rahmen der Organentnahme.
Zu Recht verweist das TPG darauf, dass die Organentnahme und alle mit ihr zusammenhängenden Maßnahmen unter Achtung der Würde des Organspenders in einer der ärztlichen Sorgfaltspflicht entsprechenden Weise durchgeführt werden müssen (§ 6 Abs. 1 TPG).
Dies verpflichtet alle an der Organentnahme Beteiligten zu entsprechendem Handeln. Dazu gehören nach der Organentnahme der operative Verschluss der Körperhöhlen, das Entfernen von Kathetern, Beatmungstubus und die Reinigung des Leichnams.

Lebendspender

Der Anteil transplantierter Nieren, die von lebenden Spendern stammen, hat nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation von 2,6 % im Jahr 1991 auf 31,9 % im Jahre 2013 zugenommen. Bei den Lebertranplantationen im Jahr 2013 lag der Anteil der Teilleberlebendspende bei 8,6 %.
Die Narkoseführung bei der Organentnahme aus einem lebenden Spender und dessen postoperative Betreuung unterscheiden sich grundsätzlich nicht von der für eine vergleichbare Operation an Nieren, Leber oder Lunge. Vor Entnahme einer Niere werden an den meisten Zentren 20–100 mg Furosemid, 100 ml Mannitol 20 % und 2000–5000 E Heparin i.v. gegeben. Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr in der perioperativen Phase ist wegen der Gefahr einer passageren Niereninsuffizienz zu achten. Um postoperative Komplikationen beim Spender möglichst zu verhindern, muss der Schmerztherapie hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden. Eine thorakale Periduranalgesie als die effektivste Form der postoperativen Schmerztherapie sollte mit dem Patienten besprochen werden [4].
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