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Die Geburtshilfe
Info
Verfasst von:
Nicole Ochsenbein-Kölble, Franziska Krähenmann, Maximilian Franz und Franz Kainer
Publiziert am: 14.07.2023

Wochenbett, Nachuntersuchungen

Im Wochenbett finden Uterusrückbildung mit Wundheilung und Laktationsbeginn statt. Die Subinvolutio uteri kann über eine Endometritis/Endomyometritis zur Puerperalsepsis und zum Toxic-shock-Syndrom (TTS) durch z. B. Strepto- oder Staphylokokken führen. Jedes Fieber, eine plötzlich auftretende Verschlechterung des Allgemeinzustands oder eine Organdysfunktion müssen abgeklärt und behandelt werden, um nicht zum septischen Schock zu führen. Bei Fieber muss auch an die Mastitis, Pyelonephritis und an eine septische Ovarialvenenthrombose gedacht werden. Bei Sepsismanifestationen sollten eine hochdosierte antibiotische Kombinationstherapie, großzügig die operative Entfernung des Infektionsherdes und intensivmedizinische Maßnahmen erfolgen. Auch Harnverhalt, Urininkontinenz oder Hämorrhoidalbeschwerden kommen im Wochenbett vor. Es ist wichtig, den auftretenden häufig „maternity blues“ von der postpartalen-Depression und der Puerperalpsychose abzugrenzen. Bei der Nachuntersuchung gewinnen neben der gynäkologischen Kontrolle mit Besprechung der postpartalen Kontrazeption, die Erkennung der postpartalen Depression und die Vorsorgeuntersuchungen nach Schwangerschaftserkrankungen wie z. B. der Präeklampsie und dem Gestationsdiabetes zunehmend an Bedeutung.

Zum Einstieg

Das Wochenbett beinhaltet die Uterusrückbildung, Wundheilung und den Beginn der Laktation. Tägliche Visiten dienen der Früherkennung und Therapie von Komplikationen.
Bei fieberhaften Verläufen und/oder plötzlich auftretender Verschlechterung des Allgemeinzustandes muss immer an eine Infektion gedacht werden. Die durch Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus verursachte Puerperalsepsis kann in einem letal verlaufenden „toxic shock syndrome“ enden. Nach Früherkennung muss eine hochdosierte antibiotische Kombinationstherapie mit großzügiger operativer Entfernung des Infektionsherdes erfolgen. Bei der septischen Ovarialvenenthrombose ist neben der breiten antibiotischen Abschirmung die therapeutische Antikoagulation wichtig. Die systemischen Sepsismanifestationen bedürfen der üblichen intensivmedizinischen Maßnahmen mit Kreislaufunterstützung, mechanischer Beatmung und ggf. Nierenersatzverfahren.
Bei den psychischen Veränderungen, außer beim „maternity blues“, ist meist eine psychiatrisch begleitete medikamentöse Therapie notwendig.

Normale Rückbildung, Lochien

Das Wochenbett oder Puerperium, die Zeit 6–8 Wochen nach der Geburt, dient der Rückbildung und Wundheilung und ist der Beginn der Laktationsperiode (Kap. „Stillen – Laktationsmedizin“).
In den ersten Tagen post partum führen Dauerkontraktionen und Nachwehen neben Stillwehen über eine Kontraktionsischämie zur Degeneration und Autolyse von überflüssigen Muskelfasern, aber auch zur Blutstillung der Plazentahaftstelle, die zusätzlich durch lokale Thrombenbildung in großen Gefäßen unterstützt wird.
Das ausgestoßene Wundexsudat (= Wochenfluss oder Lochien) fließt im Mittel 4–6 Wochen (Fletcher et al. 2012) mit einem Volumen von ca. 300–600 ml, wobei eine längere Geburstdauer mit einem höheren und vaginaloperative Geburten im Vergleich mit anderen Geburtsmodi mit dem höchsten Lochialblutverlust einhergehen (Chi et al. 2010).
In der 1. Woche spricht man von Lochia rubra mit rein blutigen Abgängen. In der 2. Woche wird der Wochenfluss bräunlicher und dünnflüssiger als in der 1. Woche, auch Lochia fusca genannt. Ab der 3. Woche verfärbt er sich gelblich – Lochia flava. Ab der 4. Woche postpartal sind die Lochien, Lochia alba, grau-weiß oder wässrig-serös.
Das Gewicht des Uterus beträgt unmittelbar nach der Geburt etwa 1000 g, eine Woche später 500 g und 6–8 Wochen post partum ca. 60 g. Der Fundus uteri befindet sich postpartal ungefähr auf Nabelhöhe und tritt täglich einen Querfinger tiefer. Am 5. Wochenbettstag liegt er etwa in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse und am 10. Wochenbettstag 2 Querfinger über der Symphyse. 2 Wochen post partum ist er nicht mehr von abdominal palpabel. Nach einer Sectio caesarea kann der Fundusstand etwas verzögert tiefer treten. Am 3. Wochenbettstag ist die Portio zum großen Teil wieder formiert und der Zervikalkanal weitgehend verengt. Nach rund 1 Woche ist die Zervix <1 cm dilatiert.

Subinvolutio uteri

Subinvolutio uteri: Ungenügende Rückbildung des Uterus mit verstärkten blutigen Lochien.
Ursachen hierfür können eine starke Dehnung des Uterus (Mehrlingsschwangerschaften, Polyhydramnion oder Multiparität), Plazentareste, Endometritis, fehlende hormonelle Stimulation nach Abstillen, Myome, Uterusfehlbildungen oder mangelnde Bewegung der Wöchnerin sein.
Cave
Eine Subinvolutio uteri birgt die Gefahr einer aszendierenden Infektion.
Die Diagnose wird bei verstärkten blutigen Lochien durch die Palpation des Uterus gestellt, dessen Fundus zu hoch steht. Therapeutisch bedeutend ist die Mobilisation der Wöchnerin neben der Verabreichung von Uterotonika wie Oxytozin oder Misoprostol. Bei Lochialstau kann ggf. der Zervikalkanal mit einem Blasenkatheter eröffnet werden. Differenzialdiagnostisch kommt plazentares Restmaterial in Frage, bei dessen Vorliegen eine Curettage indiziert ist.

Fieber im Wochenbett

Bei Fieber (≥38,0 °C) (World Health Organization et al. 2015) im Wochenbett ist in jedem Fall eine orientierende körperliche Untersuchung aller Organsysteme erforderlich, um dessen Ursache zu eruieren (Übersicht):
Ursachen für Fieber im Wochenbett
  • Inneres Genitale:
    • Endometritis
    • Endomyometritis
    • Ovarialvenenthrombose
    • Tuboovarialabszess
    • Paravaginales Hämatom
    • „Toxic-shock-Syndrom“ (TSS)
  • Wundbereich:
    • Infektion der Sectionarbe
    • Infektion der Episiotomie oder eines Vaginal- oder Dammrisses
    • Mammae (Kap. „Stillen – Laktationsmedizin“)
    • Laktogenese
    • Mastitis puerperalis
  • Extremitäten:
  • Abdomen
  • Thorax:
  • ZNS:
  • HNO-Bereich:
    • Sinusitis
    • Otitis media
Neben der Endometritis gelten die Wundinfektion, Mastitis (Kap. „Stillen – Laktationsmedizin“), Harntrakt-, Atemwegs- und Gastrointestinalinfektionen als Hauptursachen für eine Infektion in Wochenbett (Plante, SMFM 2019; Woodd et al. 2019; Escobar et al. 2020). Diese sind mit den dafür typischen Erregern in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1
Die wichtigsten Infektursachen und deren Erregern. (Mod. nach Escobar et al. 2020)
Ursache
Häufigste Erreger
Endometritis
Polymikrobiell: Peptostreptococcus, Bakteriodes, Clostridien, Streptokokken Gruppe B, Enterokokken, Escherichia coli, Streptococcus pyogenes, Staphylococcus aureus
Septischer Abort
Escherichia coli, Enterobacter aerogenes, Proteus vulgaris, hämolytische Streptokokken, Staphylokokken, Anaerobier (z. B., Clostridium perfringens)
Mastitis
Staphylococcus aureus, MRSA (methicillinresistenter Staphylococcus aureus)
Wundinfekt
Gruppe A β-hämolysierende Streptokokken, Staphylococcus aureus
Infekte des Harntraktes
Escherichia coli, Klebsiellen, Enterobacter, Proteus
Atemwegsinfektionen
Streptococcus pneumonia, Haemophilus influenzae, Chlamydia pneumoniae, Mycoplasma pneumonia, Legionella pneumophilia, Influenza A und B, SARS-CoV-2
Gastrointestinale Infekte
Escherichia coli, Enterokokken, Klebsiellen, Enterobacter

Endometritis, Endomyometritis

Die Inzidenz einer Endometritis liegt bei 1,6 % (Woodd et al. 2019).
Wichtigster prädisponierender Faktor für das Auftreten einer Endometritis post partum ist der Zustand nach Sectio. Als weitere Risikofaktoren für eine postpartale Endometritis gelten u. a.
(Haeri und Baker 2013; Chebbo et al. 2016; Moulton et al. 2018; Daifotis et al. 2020; Faure et al. 2019; Mohamed-Ahmed et al. 2019; Venkatesh et al. 2019):
  • Protrahierte oder vaginaloperative Geburt
  • Mekoniumhaltiges Fruchtwasser
  • Mehrfache (>5) vaginale Untersuchungen unter der Geburt
  • Vorzeitiger Blasensprung >12 h
  • Chorioamnionitis
  • Streptokokken-B-Positivität
  • Gardnerellen-, Chlamydieninfekt
  • Human Immunodeficiency Virus (HIV)
  • Manuelle Plazentalösung
  • Body-Mass-Index (BMI) >35 kg/m2
  • Tiefer sozioökonomischer Status
Das Erregerspektrum der Endometritis umfasst typischerweise eine Mischung aus 2–3 Aerobiern und Anaerobiern. Bei schnellem Auftreten von Symptomen mit hohem Fieber sollte an eine Streptokokken- oder Staphylokokkeninfektion mit möglicher Entwicklung eines Toxic-shock-Syndroms“ gedacht werden. Bei spätem Auftreten von Symptomen (≥2 Wochen post partum) ist auch an eine Chlamydia-trachomatis-Infektion zu denken. Gefürchtet sind Infektionen mit Clostridien, v. a. C. sordellii und perfringens, die foudroyant verlaufen können und mit einer hohen Mortalität einhergehen (Elkbuli et al. 2018).
Cave
Ein pelviner Abszess, eine septische Thrombophlebitis, eine Ovarialvenenthrombose oder gar eine Sepsis können durch eine Endometritis bedingt sein.
Über 80 % der Endometritisfälle entwickeln sich in der 1. Woche post partum.
Die Diagnose wird klinisch gestellt bei Fieber, druckdolentem Uterus und/oder purulenten, übelriechenden Lochien. Auch bei anhaltend subfebrilen Temperaturen ist bei Vorliegen von prädisponierenden Faktoren aus dem Geburtsverlauf an eine Endometritis zu denken und eine weitere Klärung zu veranlassen. Dazu zählen neben der klinischen Untersuchung ein Blutbild, C-reaktives Protein (CRP), Gerinnungsstatus, Urinstatus/-kultur, Zervikalabstrich und eventuell Blutkulturen.
Praxistipp
Bei Verdacht auf Endometritis ist immer ein Zervikalabstrich zu entnehmen.
Die Therapie besteht in der Gabe von Uterotonika und Antibiotika. Bewährt haben sich primär die Kombination von Amoxicillin-Clavulansäure (3-mal 2,2 g i.v./Tag) oder bei Allergie Clindamycin (Clindamycin 4-mal 300–600 mg/Tag i.v. oder 3-mal 900 mg i.v./Tag) (Faure et al. 2019).
Führt die Therapie mit Amoxicillin-Clavulansäure nicht binnen 48 h zum Erfolg oder aggraviert sich das Krankheitsbild sogar, sollte das Anaerobierspektrum durch Clindamycin oder Metronidazol und zusätzlich das gramnegative Spektrum durch ein Aminoglykosid wie Gentamicin (für nierengesunde Frauen: 3-mal 1,5 mg/kg Körpergewicht [KG] i.v./Tag oder Einzeldosis: 5 mg/kg KG i.v./Tag) abgedeckt bzw. die Behandlung entsprechend dem Antibiogramm umgestellt werden. Als Monotherapie sind auch Carbapeneme einsetzbar.

Puerperalsepsis, „Toxic-shock-Syndrom

Die Puerperalsepsis gehört mit bis zu 15 % immer noch zu einer der Hauptursachen mütterlicher Mortalität (Buddeberg und Aveling 2015; Woodd et al. 2019; Escobar et al. 2020; Sundin et al. 2021).
Bis 2015 wurde eine Sepsis für das Vorhandensein einer Infektion mit ≥2 SIRS(„systemic inflammatory response syndrome“)-Kriterien angesehen. Diese Definition wurde 2016 durch eine neue Definition, Sepsis-3, abgelöst (Singer et al. 2016). Die WHO hat daher ihre bisherige Definition einer Puerperalsepsis revidiert und 2017 die folgende Definition einer maternalen Sepsis präsentiert (WHO 2017):
Eine maternale Sepsis ist eine lebensbedrohliche Situation, definiert als Organdysfunktion, die von einer Infektion während der Schwangerschaft, Geburt, Fehlgeburt oder dem Wochenbett resultiert.
Eine Organdysfunktion kann mithilfe des SOFA („sequential [sepsis-related] organ failure assessment“)-Scores (Tab. 2) ermittelt werden und liegt bei einem SOFA-Score ≥2 vor, was mit einer Mortalität im Spital >10 % assoziiert ist (Singer et al. 2016; Plante et al. 2019). Von einem septischen Schock sollte dann gesprochen werden, wenn eine Sepsis mit schweren zirkulatorischen, zellulären und metabolischen Auffälligkeiten einhergeht. Klinisch benötigen diese Patientinnen eine Kreislaufunterstützung durch Vasoaktiva, um den mittlereren arteriellen Druck ≥65 mmHg zu halten, und weisen ein Serumlaktat >2 mmol/l (>18 mg/dl) bei Normovolämie auf. Bei einem septischen Schock steigt die Mortalität im Spital auf >40 % an (Singer et al. 2016).
Tab. 2
SOFA (Sequential [Sepsis-related] Organ Failure Assessment)-Score (Singer et al. 2016), mit einem für die Geburtshilfe modifizierten SOFA (Bowyer et al. 2017)
Systemparameter
Score
0
1
2
3
4
PaO2/FiO2 mmHg (kPa)
PaO2/FiO2 mmHg
≥400
(53,3)
≥400
<400
(53,3)
300–399
<300
(40)
<300
<200
(26,7) Mit respiratorischer Unterstützung
<100
(13,3) Mit respiratorischer Unterstützung
Thrombozyten, x 106/l
≥150
≥150
<150
100–149
<100
<100
<50
<20
Bilirubin, mg/l (μmol/l)
(μmol/l)
<1,2
(20)
<20
1,2–1,9
(20–32)
20–32
2,0–5,9
(33–101)
>32
6,0–11,9
(102–203)
≥12 (204)
Mittlerer arterieller Druck (mmHg)
≥70
≥70
<70
Dopamin <5 oder Dobutamin (irgendeine Dosis)a
<70
Dopamin 5,1–15 oder Epinephrin ≤0,1 oder Norepinephrin ≤0,1a
Vasoaktiva nötig
Dopamin >15 oder Epinephrin >0,1 oder Norepinephrin >0,1a
Glasgow Coma Scale Score
15
Wach
13–14
Mit der Stimme weckbar
10–12
Mit Schmerzen weckbar
6–9
<6
Kreatinin, mg/dl (μmol/l)
<1,2 (110)
<90
1,2–1,9 (110–170)
90–120
2,0–3,4 (171–299)
>120
3,5–4,9 (300–400)
>5,0 (440)
Urinausscheidung, ml/Tag
   
<500
<200
aKatecholamindosen sind in μg/kg/min angeben für mindestens 1 h. PaO2, Sauerstoffpartialdruck; FiO2, inspiratorische Sauerstoffkonzentration
Um nicht auf Laborresulate warten zu müssen, wurde zudem ein quickSOFA (qSOFA) eingeführt, mit dem anhand 3 klinischer Parameter besonders kritische Personen (qSOFA ≥2) erkannt werden können: Respirationsrate ≥22/min, Beeinträchtigung der geistigen Verfassung oder ein systolischer Blutdruck ≤100 mmHg (Singer et al. 2016).
Streptokokken der Gruppe A, Erreger des klassischen Kindbettfiebers, sind besonders gefürchtet wegen des oft atypischen und raschen Verlaufs mit der Entwicklung von Schocklunge, Kreislaufkollaps, Gerinnungsstörung und Multiorganversagen (Donders et al. 2021). Innerhalb von wenigen Tagen oder selten von Stunden können sie durch ihre Endotoxinproduktion und der ausgedehnten Gewebezerstörung zu foudroyant lebensbedrohlichen Verlaufsformen führen, bei denen die alleinige antibiotische Therapie den oft letal endenden Krankheitsverlauf kaum mehr aufhalten kann.
Cave
Der optische Eindruck einer Wöchnerin mit anfänglich gutem, rosigem Aussehen vertuscht oft die beginnende heimtückische Infektion.
Für das Toxic-shock-Syndrom (TSS) verantwortlich sind Virulenzfaktoren wie bei Streptokokken der Gruppe A, z. B. die Streptolysine, -kinase (= Fibrinolysin), M-Proteine mit antiphagozytärer Eigenschaft (besonders M1 und M28), Hyaluronidase mit Begünstigung der Gewebeinvasion und die pyrogenen Exotoxine A (SPEA) und B (SPEB) (Donders et al. 2021). Bei Staphyloccocus aureus ist neben Enterotoxin auch das Toxic-shock-Syndrom-Toxin 1 (TSST-1) zu nennen. Die Toxine wirken als „Superantigene“ und können u. a. Lymphozyten 10000-mal stärker als übliche Antigene aktivieren. Dies führt zu einer massiven Ausschüttung von Zytokinen (Interleukin (IL)-1/-2, Tumornekrosefaktor (TNF), α-, β- und γ-(IFN)) durch Makrophagen als auch durch T-Lymphozyten, was in „capillary leak“ und Gewebeschäden mit Schock und Multiorganversagen resultiert.
Die klinische Manifestation des Streptokokken-A-TSS ist oft unspezifisch. Häufig findet sich als Erstsymptom ein plötzlich auftretender starker Schmerz, der wenig auf übliche Analgetika anspricht. Ungefähr bei 80 % der Fälle finden sich Zeichen einer lokalen Infektion mit Schwellung und Rötung, wobei in etwa 70 % der Fälle mit dem Fortschreiten zu einer nekrotisierenden Fasziitis oder Myositis zu rechnen ist. In etwa 20 % der Fälle kann vorangehend oder gleichzeitig ein grippeartiges Syndrom mit Fieber, Myalgien, Schüttelfrost und Diarrhö beobachtet werden. Verwirrtheit ist in 55 % der Fälle anzutreffen. Es entwickelt sich innerhalb von Stunden ein häufig therapierefraktärer septischer Schock mit Multiorganversagen (Donders et al. 2021).
Cave
In den ersten 7 Tagen beträgt die Letalität des Streptokokken-A-TSS rund 45 %. Bei Verdacht sofort mit einer anitbiotischen Therapie beginnen!
Kriterien für die Diagnose eines Streptokokken-A-TSS
Isolation von Streptokokken der Gruppe A von einem normalerweise sterilen Bereich sowie
Arterielle Hypotonie (systolischer Blutdruck ≤90 mm Hg) verbunden mit
≥2 der folgenden Kriterien:
Nierenverschlechterung: Kreatinin ≥2-facher Normwert
Koagulopathie (Thrombozytopenie ≤100.000/μl oder DIC (disseminierte intravasale Gerinnungsstörung))
Leberbeteiligung: Alanin-Aminotransferase (ALAT), Aspartat-Aminotransferase (ASAT), totales Bilirubin ≥2-facher Normwert
ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome)
Fleckförmiges Exanthem evtl. mit Desquamation
Weichteilnekrose (nekrotisierende Fasziitis, Myositis oder Gangrän)
Die Therapie eines TSS beinhaltet eine frühzeitige, hochdosierte antibiotische Therapie der zugrunde liegenden Infektion, im Falle einer Wundinfektion die sorgfältige Wundrevision mit großflächigem Débridement und das Management der Sepsiskomplikationen auf einer Intensivstation (Plante et al. 2019; Gottlieb et al. 2018; Donders et al. 2021) (Übersicht).
Streptokokken der Gruppe A sind empfindlich auf Penicillin und andere β-Laktam-Antibiotika. Die Monotherapie mit β-Laktam-Antibiotika spricht jedoch oft nicht wie erwartet an, wenn es nach einer gewissen Latenzperiode nach der Infektion eingesetzt wird. Dies rührt daher, dass diese Antibiotika vorwiegend die Wandsynthese der sich teilenden Bakterien in der Wachstumsphase hemmen, während sie in der stationären Phase, in der weiter Exotoxine gebildet werden können, praktisch ohne Einfluss bleiben. Im Gegensatz dazu können Substanzen wie Clindamycin, die die Proteinsynthese hemmen, auch in dieser Phase wirksam sein. So kann die TSST-1-Freisetzung deutlich reduziert werden (Gottlieb et al. 2018).
Mit zunehmender Prävalenz von MRSA und dem Auftreten weiterer Resistenzen kommen zunehmend auch Vancomycin und Piperacillin/Tazobactam zum Einsatz.
Massnahmen und Therapie beim Toxic-shock-Syndrom
  • Chirurgische Intervention: Débridement, breite Eröffnung, evtl. Hysterektomie
  • Frühzeitige auf eine Intensivstation:
  • Dauermonitoring: EKG, arteriell gemessener Blutdruck, Sauerstoffsättigung
  • Zentraler Venenkatheter, ggf. mit Messung des kardialen Outputs
  • Ausscheidungskontrolle mit Bilanzierung, Hämofiltration, evtl. Dialyse
  • Volumengabe, Substitution von Gerinnungsfaktoren
  • Herz-Kreislauf-Unterstützung mit Vasoaktiva
  • Atmung: evtl. Intubation mit mechanischer Beatmung
  • Antibiotika hochdosiert
  • Zweierkombination: z. B. Amoxicillin-Clavulansäure 3-mal 2,2 g/Tag i.v. oder Ceftriaxon 1 g/Tag i.v. oder Imipenem 4-mal 500 mg/Tag i.v. + Clindamycin 4-mal 300–600 mg oder 3-mal 900 mg/Tag i.v.
  • Dreierkombination: z. B. Amoxicillin-Clavulansäure 3-mal 2,2 g/Tag i.v. oder Ceftriaxon 1 g/Tag i.v. + Clindamycin 4-mal 300–600 mg/Tag i.v. + Gentamicin 1-mal 300 mg i.v.; Cave: Niereninsuffizienz!

Infektion der Episiotomie

Für die Episiotomie mit Infektrisiko durch topografische Nähe zur Vagina und zum Enddarm gelten prinzipiell die gleichen Komplikationen wie für alle abdominellen Wunden. Klinisch manifestiert sich eine Infektion der Episiotomie durch Spannungsgefühl, Rötung und Schwellung oder Dehiszenz, typischerweise in den ersten 7–14 Tagen nach Geburt.
Die Behandlung besteht in einer Spreizung der Wunde, der Entfernung von störendem Nahtmaterial und dem Abtragen nekrotisierten Gewebes. Die Wundheilung erfolgt meist sekundär durch Granulation. Bei tiefer Dehiszenz kann eine eventuelle sekundäre operative Wundversorgung auch nach mehrtägiger antibiotischer i.v.-Therapie und lokaler antiinfektiver Wundsäuberung, z. B. mit Betadine -- oder Eichenrindensitzbädern, erfolgen (Okeahialam et al. 2020).
Hat sich die Infektion flächenhaft entlang der oberflächlichen Perinealfaszie ausgebreitet, so besteht die Gefahr einer generalisierten Infektion, die neben der chirurgischen Wundrevision mit großzügigem Débridement zusätzlich eine breite antibiotische Therapie erfordert.

Septische Ovarialvenenthrombose

Die Inzidenz der septischen puerperalen Ovarialvenenthrombose (SPOVT) beträgt ca. 0,02 % nach vaginaler Geburt, ca. 0,1 % nach Sectio caesarea und steigt bis auf 1–2 % an, falls nach Sectio eine Endometritis auftritt. Meist treten sie In den ersten 10 Tagen postpartal und auf der rechten Seite auf (Rottenstreich et al. 2016; Bannow und Skeith 2017) auf.
Die Erkrankung kann sich anfänglich mit unspezifischen Symptomen wie Dysurie, Blähungen oder rechtsseitigen Unterbauchschmerzen mit Fieber (Differenzialdiagnose: Endomyometritis, Appendizitis, stielgedrehte Adnexe, Pyelonephritis) präsentieren. Die Diagnose erfolgt häufig erst spät, wenn therapieresistente septische Fieberschübe, ein akutes Abdomen oder der typische Palpationsbefund einer strang- oder walzenförmigen Druckdolenz im Unterbauch bis in die Flanke reichend auftreten.
Eine Leukozytose >12.000/μl ist in 70–100 % der Fälle zu finden. Häufig sind Blutkulturen negativ.
Typische Symptome einer Ovarialvenenthrombose
  • Septische Fieberschübe (≥38,0 °C)
  • Abdominale Schmerzen bis zum akuten Abdomen
  • Palpable strang- oder walzenförmige Druckdolenz im Unterbauch
Bildgebend können Ultraschall, Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) hilfreich sein. Sonografisch zeigt sich eine verdickte Adnexe und mittels Dopplersonografie das Fehlen des venösen Flussmusters in ca. 50 % der Fälle. Oft ist diese Region aber durch Darmgase überlagert. CT und insbesondere die MR-Angiografie sind zuverlässiger als Ultraschall in der Diagnose einer SPOVT.
Eine frühe und kausal wirkende antibiotische Therapie (Zweier- oder Dreierkombination mit Amoxicillin-Clavulansäure 3-mal 1,2 g/Tag bis 3-mal 2,2 g/Tag i.v., Clindamycin 4-mal 300 mg/Tag i.v. und ggf. Gentamicin 300 mg/Tag  i.v.) sowie eine therapeutische Antikoagulation können die Morbidität und Mortalität der SPOVT reduzieren. In seltenen Fällen ist eine operative Sanierung des infizierten Herdes (Adnexektomie, Thrombektomie durch die Ovarialvene bis nahe an die V. cava inferior heran, links bis zur V. renalis, evtl. Hysterektomie bei zusätzlicher Endomyometritis) erforderlich.

Harnverhalt, Harnwegsinfekt (HWI)

Postpartal liegt die Prävalenz eines Harnverhalts bei etwa 4 % (Beaumont 2019). Durch eine Ödembildung im Bereich der Urethra oder Blasenatonie, evtl. auch durch einen reflektorischen Sphinkterkrampf, ist es innerhalb der ersten 6 h post partum unmöglich zu miktionieren.
Als Risikofaktoren gelten eine Episiotomie, Epiduralanalgesie, Primiparität, protrahierte Austreibungsperioden und eine vaginaloperative Geburtsbeendigung (Li et al. 2020).
Durch das Katheterisieren steigt zudem das Risiko für einen HWI im Wochenbett. Die häufigsten Keime eines HWI sind E. coli. (80–90 %), Klebsiella, Proteus, Enterobacter, Staphylococcus saprophyticus und B-Streptokokken. Die Analyse des Mittelstrahlurins zeigt oft eine Kontamination durch die Lochien. Eine unklare Pyurie bei einer Bakteriurie mit ≥105 Keimen/ml sollte aber in jedem Falle, evtl. durch eine einmalige Katheterisierung, abgeklärt und ggf. behandelt werden.
Praxistipp
Bei unklarem Fieber im Wochenbett muss stets auch an eine Infektion der Harnwege gedacht werden.
Therapeutisch ist bei einem Harnverhalt eine frühzeitige Gabe von antiphlogistischen Medikamenten (NSAR) und/oder Spasmolytika, wie N-Butylscopolamin, zu nennen. Falls unbedingt nötig, kann zur Blasentonisierung ein Parasympathikomimetikum, wie Carbachol, verabreicht werden. Bei deutlicher Restharnbildung sollte die Blase durch ein- oder mehrmaliges Katheterisieren entleert werden. In seltenen Fällen wird ein Dauerkatheter benötigt.
Bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen kann eine resistenzgerechte 3-tägige Antibiotikatherapie mit Amoxicillin plus Clavulansäure oder Trimethoprim plus Sulfamethoxazol (cave: Kerinkterus) per os verabreicht werden. Bei febrilem Zustandsbild mit Verdacht auf Pyelonephritis ist eine resistenzgerechte, anfänglich intravenöse Antibiotikagabe über 7–10 Tage indiziert. Die Klinik und die sinkenden Infektparameter sollen über die Dauer und Art der Antibiotikagabe entscheiden.

Urininkontinenz

Urininkontinenz nach vaginaler Geburt ist ein bekanntes Problem, das fast jede 3. Frau nach der Geburt betrifft (Moossdorff-Steinhauser et al. 2021). Ob eine Beckenbodengymnastik, die erst nach der Geburt begonnen wird, einen Effekt auf die Urininkontinenz hat, ist nach wie vor unklar (Woodley et al. 2017). Trotzdem wird nach der Geburt eine mehrere Wochen dauernde fachgemäße Rückbildungsgymnastik unter Einbeziehung des Beckenbodens mit Training des Blasenverschlussapparates empfohlen werden Der Behandlungserfolg kann durch medikamentöse Relaxierung des Blasendetrusors und Tonisierung des Spinkters mit Parasympathikomimetika unterstützt werden.

Hämorrhoiden

Die Prävalenz von selbstberichteten Hämorrhoiden scheint 8 Wochen post partum ca. 30 % zu betragen. Typische Symptome sind Blutungen, Druckgefühl, analer Pruritus und starke Schmerzen bei Hämorrhoidalthrombose (Ferdinande et al. 2018).
Therapeutisch sind Ballaststoffe zur Besserung der allgemeinen Symptome, aber auch zur Reduktion des Blutungsrisikos wichtig. Für eine regelmäßige Defäkation sollte gesorgt werden, wobei Leinsamen und Weizenkleie nicht resorbiert werden, Bisacodyl und Lactulose ebenfalls kaum. Zur Verringerung von Schwellung und Juckreiz werden Phlebotonika wie Flavonoide empfohlen. Ein schmerzhafter frischer Hämorrhoidalthrombus sollte nach Lokalanästhesie inzidiert werden. Anschließend werden täglich 2–3 Sitzbäder mit Eichenrindenextrakt verordnet.
Praxistipp
Wichtig sind ein geregelter Stuhlgang und eine gute Analhygiene mit regelmäßigem Waschen mit gewöhnlichem Wasser nach dem Stuhlgang. Oft helfen auch Sitzbäder mit Eichenrindenextrakt.

Psychische Veränderungen

Postpartal können verschiedene psychische Störungen und Erkrankungen auftreten (Rodriguez-Cabezas und Clark 2018).
Die Diagnosestellung ist der erste wichtige Schritt, da der Verlauf durch psychiatrische Therapieverfahren teils deutlich abgekürzt werden kann. Eine psychiatrische Konsultation sollte daher bereits bei Verdacht angeboten bzw. durchgeführt werden.
Gründe für psychische Störungen sind oft eine Kombination aus biologischen Faktoren, wie z. B. die hormonellen Veränderungen, emotionaler Stress und Schlafentzug (Degner 2017; Guintivano et al. 2018). Primiparae haben in den ersten 4 Monaten, insbesondere 1–3 Wochen post partum, ein erhöhtes Risiko, psychisch zu erkranken.
Meist werden bei psychischen Veränderungen die folgenden 3 Hauptformen unterschieden:
  • Post-partum-Verstimmung („Maternity Blues“ oder „Baby Blues“),
  • Post-partum-Depression,
  • Puerperalpsychose.

„Maternity Blues“ oder „Baby Blues “

Die Prävalenz variiert zwischen 14 und 76 % (Rezaie-Keikhaie et al. 2020). Symptome wie Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Tendenz zum Weinen, Konzentrationsschwäche, milde depressive Verstimmung und Ängstlichkeit treten in den ersten Tagen nach der Geburt auf, zeigen oft zwischen dem 3. und 6. postpartalen Tag ihren Höhepunkt und verschwinden meist in den ersten 10 Tagen post partum.

Post-partum-Depression (PPD)

Die Häufigkeit einer postpartalen Depression liegt bei den Müttern bei ca. 10–15 %, kommt aber auch bei den Vätern in 2–8 % der Fälle vor (Guintivano et al. 2018; Glasser und Lerner-Geva 2019). Sie ist nach DSM- 5 (Diagnostic und Statistical Manual of Mental Disorders, Version 4) durch das Auftreten einer Major-Depression während der Schwangerschaft oder innerhalb der ersten 4 Wochen post partum definiert (McEvoy et al. 2017). Oft wird diese Definition jedoch auf ein Zeitfenster von 3–12 Monaten post partum ausgeweitet. Risikofaktoren sind Angstzustände oder Depression in der Schwangerschaft, Depression in der Eigen- oder Familienanamnese, Zustand nach PPD, Stress, mangelhafte Unterstützung durch den Partner oder mangelhafte soziale Unterstützung, Eheprobleme oder andere Konfliktsituationen, wie eine ungewollte Schwangerschaft, und junges oder älteres mütterliches Alter (<24 oder >35 Jahre) (Guintivano et al. 2018).
Klinisch finden sich eine depressive Verstimmung, Interesselosigkeit u. a. mit Vernachlässigung der Kindsversorgung, Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme, Schlafstörungen, Energielosigkeit, Schuldgefühle, Denk- und Konzentrationsschwäche und Gefühl der Nutzlosigkeit (Putnam et al. 2017). Ein Edinburgh Postnatal Depression Scale(EPDS)-Score ≥11 optimiert die Sensitivität und Spezifität zur Diagnose einer PPD (Levis et al. 2020).
Neben Psychotherapie ist in manchen Fällen eine antidepressive Therapie mit selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern (z. B. Sertralin) oder trizyklischen Antidepressiva (z. B. Amitriptylin) unumgänglich. In schweren Fällen ist eine stationäre psychiatrische Behandlung indiziert.

Puerperalpsychose

Die Puerperalpsychose ist die schwerste und bedrohlichste aller postpartalen Störungen. Die Prävalenz beträgt 0,1–0,2 % und ist 100-mal höher bei Frauen mit einer bipolaren Störung oder Zustand nach postpartaler Psychose. Mögliche erste Symptome, die sich innerhalb kürzester Zeit ändern können, sind Interessenverlust, Anhedonie und Konzentrationsstörungen, aber auch Ich-Störungen, Wahrnehmungsstörungen und Sinnestäuschungen sowie Störungen des formalen und inhaltlichen Denkens mit zerfahrenem und sprunghaftem Denken. Möglich sind ebenfalls eine starke motorische Unruhe bis hin zur Verwirrtheit sowie Stupor und Erregungszustände. Auch Schlafstörungen sind häufig. In 5 % bzw. 4 % der Fälle kommt es zum Suizid bzw. Infantizid (Rodriguez-Cabezas und Clark 2018).
Cave
Die Puerperalpsychose ist ein psychiatrischer Notfall! Aufgrund der Suizid- und Infantizidgefahr ist meist eine sofortige stationäre psychiatrische Behandlung indiziert.
Der Suizid ist eine der führenden Ursachen der Müttersterblichkeit. Risikofaktoren für einen Suizid sind eine positive Anamnese für eine psychiatrische Erkrankung oder einen früheren Suizidversuch, das Vorliegen einer bipolaren Erkrankung, das Absetzen einer psychiatrischen Medikation, Gewalt durch den Partner und eine Totgeburt (Rodriguez-Cabezas und Clark 2018).

Postpartale Kontrolle

Die Bedeutung der Nachuntersuchung nach dem Wochenbett hat sich in den letzten Jahren von einer rein geburtshilflich-gynäkologischen Untersuchung zu einer wichtigen Vorsorgeuntersuchung der Frau verändert.
Neben der postpartalen allgemeinmedizinischen und gynäkologischen Kontrolle mit Besprechung der allgemeinen Befindlichkeit, ggf. von Stillschwierigkeiten und der Kontrazeption, die bisher den Schwerpunkt der Nachuntersuchung darstellten, gewinnt v. a. die Nachuntersuchung nach Schwangerschaftserkrankungen wie z. B. dem Gestationsdiabetes und der Präeklampsie zunehmend an Bedeutung. Die Ursache dafür liegt einerseits in neuen Erkenntnissen der Forschung, andererseits aber sicherlich auch im zunehmenden Alter der Gebärenden und dem damit verbundenen Anstieg der vorbestehenden Grunderkrankungen. Zudem nehmen Erkrankungen wie die postpartale Depression mit ansteigendem mütterlichem Alter und damit in ihrer Bedeutung bei der Nachuntersuchung zu.
Nach Daten des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland bringen heute Frauen in der Altersgruppe von 30–34 Jahren die meisten Kinder auf die Welt. Noch Anfang der 1970er-Jahre waren dies die 20 bis 24-jährigen Frauen (Deutsches Bundesamt für Statistik 2021).
Die postpartale Kontrolle wird etwa 6–8 Wochen nach der Geburt durchgeführt.

Anamnese, Befindlichkeit, psychische Veränderungen

In den ersten Wochen nach der Geburt beeinträchtigen Stillschwierigkeiten und Schlafstörungen mit Erschöpfungszuständen vielfach das allgemeine Wohlbefinden und sollten daher gezielt abgefragt werden. In der postpartalen Phase können neben diesen allgemeinen Erschöpfungszuständen aber auch psychische Störungen und Erkrankungen auftreten, die rechtzeitig erkannt und therapiert werden sollten (siehe Abschn. 12).

Gynäkologische Untersuchung

Neben den Fragen nach noch vorhandenen Schmerzen ist auch gezielt nach möglicherweise vorhandener Harn – oder Stuhlinkontinenz zu fragen. Folgende Punkte sind bei der Untersuchung zu beachten:
  • Inspektion von Abdomen, Vulva und Vagina (Narbeninspektion von evtl. Sectio, Episiotomie oder Damm-, Scheiden- oder Zervixrissen)
  • Beurteilung von Senkungszuständen von Vagina (Zystozele/Rektozelenbildung) oder Uterus (pressen lassen nach Spreizen der kleinen Labien)
  • Beurteilung von Vagina und Portio auf Verletzungen, Blutungen, Entzündungen und Risse
  • Nativabstrich aus dem Fornix vaginae (Soor, Reinheitsgrad, bakterielle Vaginose)
  • Je nach Vorbefund Abnahme eines zytologischen Abstrichs
  • Palpation und Befundung von Uterus und Adnexen
  • Ultraschalluntersuchungen bei persistierender Schmierblutung/Blutung mit Verdacht auf Plazentaretention oder unklaren Palpationsbefunden
  • Brustuntersuchung: Inspektion und Palpation der Brust und der ableitenden Lymphbahnen. Bei suspekten Befunden Zuweisung an eine Spezialeinrichtung zur Mammadiagostik
Bei unauffälligem Befund wird die nächste gynäkologische Kontrolle 12 Monate nach der ersten postpartalen Untersuchung empfohlen.
Diagnostik und Therapie der geburtsbedingten Schäden am Beckenboden sind in Kap. „Geburt und Beckenboden“ zusammengefasst und werden deshalb hier nicht im Detail erläutert. Jedenfalls sollte im Rahmen der Wochenbettkontrolle dieses Thema angesprochen werden und die Ratsuchende auf die Sinnhaftigkeit einer Rückbildungsgymnastik und regelmäßiges Beckenbodentraining hingewiesen werden. In der Praxis zeigt es sich oft, dass als erstes wieder Jogging oder Bauchtraining geplant ist, zusätzliche Belastungen des Beckenbodens ohne vorheriges Beckenbodentraining sollte aber vermieden werden. Diese Beratung stellt einen integralen Bestandteil der Untersuchung dar und darf nicht vernachlässigt werden, da hier die Weichen für spätere Beckenbodengesundheit gestellt werden.

Klinische Untersuchung und weiterführende Diagnostik

Der klinischen Untersuchung kommt mit dem demografischen Wandel zu immer älteren Müttern eine zunehmende Bedeutung zu. Folgende Befunde sollten bei allen Patientinnen auch nach einer unkomplizierten Schwangerschaft erhoben werden:
Körpergewicht
Das Ausgangsgewicht sollte innerhalb der ersten Monate nach der Entbindung wieder erreicht werden. Besonders eine übermäßige Gewichtzunahme während der Schwangerschaft führt aber vielfach zu einem dauerhaft erhöhten Gewicht. Diese Problematik sollte angesprochen und ggf. eine Ernährungsberatung empfohlen werden. Ebenso sollten die positiven Effekte von körperlicher Betätigung und Sport angesprochen und empfohlen werden.
Blutdruck
Nach der Schwangerschaft gelten dieselben Normwerte für den Blutdruck wie bei allen anderen Frauen.
Urinuntersuchung
Nach Präeklampsie oder Schwangerschaften mit rezidivierenden Harnwegsinfekten sollten die Werte wieder im Normbereich liegen. Bei auffälligen Befunden sollte eine weitere nephrologische Abklärung erfolgen.
Blutuntersuchungen
Nach einer Anämie sollte nun das Blutbild wieder im Normalbereich sein. Pathologische Befunde während der Schwangerschaft, wie z. B. erhöhte Lebertransaminasen bei Schwangerschaftscholestase oder nach einem (Haemolysis, Elevated Liver enzymes, Low Platelets) HELLP-Syndrom sollten ebenfalls wieder im Normalbereich sein. Falls nicht, sollten weitere Abklärungen erfolgen.

Postpartale Kontrolle nach hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft

Eine Präeklampsie gilt mittlerweile als eigener Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen (Brown et al. 2020). Nach einer Präeklampise ist das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Insult im weiteren Leben erhöht (Okoth et al. 2020). Über 90 % der Patientinnen entwickeln nach 20–25 Jahren eine chronische Hypertonie.
Bei Frauen, die eine schwangerschaftsinduzierte Hypertonie, eine Präeklampsie oder ein (Haemolysis, Elevated Liver enzymes, Low Platelets) HELLP-Syndrom hatten, sollten folgende Parameter bei der postpartalen Kontrolle beachtet werden (Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, WMF-Registernummer 015/018):
  • Beratung zur primären Prävention (Lifestyle-Anpassungen).
  • Beratung der Frauen über erhöhte Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen für Mutter und Kind. Frauen, die eine frühe Form (Geburt <34 + 0 SSW) oder eine schwere Präeklampsie erlebten, zeigen dabei ein deutlich erhöhtes Risiko.
  • Beratung des Paares über die Wiederholungswahrscheinlichkeiten: Das Wiederholungsrisiko liegt, je nachdem wann eine Präeklampsie auftrat und wie schwer sie war, zwischen 14 und 24 % (van Oostwaard et al. 2015; Mulder et al. 2018).
  • Erläuterung zur Schwangerschaftsbetreuung in einer Folgeschwangerschaft sowie von prophylaktischen Maßnahmen: In einer weiteren Schwangerschaft sollte zur Prävention Aspirin 100–150 mg täglich eingenommen werden, da dadurch das Risiko für eine Präeklampsie und die perinatale Mortalität deutlich gesenkt werden kann (Roberge et al. 2018).
Die Frauen sollten in regelmäßigen Intervallen, mindestens alle 5 Jahre, nach weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren wie ein erhöhter Blutdruck, erhöhte Nüchternglukose, erhöhter BMI, Nikotinabusus und pathologischer Lipidstatus, untersucht werden.
Bei Patientinnen mit schwangerschaftsinduzierter Hypertonie ist die Abgrenzung zur vorbestehenden Hypertonie manchmal schwierig. Bei weiterhin erhöhtem Blutdruck >12 Wochen postpartal ist bei diesen Patientinnen von einer chronischen Hypertonie auszugehen, und eine Überweisung zum Internisten sollte erfolgen.
Nach einer schweren Präeklampsie/HELLP oder bei wiederholter sehr früher Manifestation (<28 + 0 SSW) kann eine Thrombophilieabklärung, besonders auf Antiphospholipidantikörpersyndrom, erfolgen.

Postpartale Kontrolle nach Gestationsdiabetes (GDM)

Nach der Schwangerschaft bildet sich die Glukosetoleranzstörung in ca. 13–40 % der Fälle nicht vollständig zurück. Das Risiko ist besonders bei vorbestehender Adipositas, positiver Familienanamnese, insulinpflichtigem GDM, höherem Alter der Schwangeren, Asiatinnen und Schwarzafrikanerinnen erhöht. Nach einem GDM entwickeln zwischen 35–60 % der Frauen innerhalb von 10 Jahren einen Diabetes (7- bis 8-fach erhöhtes Risiko im Vergleich zu unkomplizierten Schwangerschaften). Die Inzidenz eines Typ-1-Diabetes liegt bei Risikogruppen 5–10 Jahre nach GDM bei 2,3–10 % (S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018).
Bei der postpartalen Nachkontrolle soll ein 75 g-oGTT unabhängig vom Stillen durchgeführt werden. Hierbei gelten die Normalwerte für den 75 g-oGTT außerhalb der Schwangerschaft mit Blutglukosemessungen nüchtern und 2 h im venösen Plasma nach Belastung nach Richtlinien der WHO:
  • Normal: Nüchtern <100 mg/dl (5,6 mmol/l), 2 h nach Belastung <140 mg/dl (7,8 mmol/l);
  • Diabetes mellitus: Nüchtern ≥126 mg/dl (7,0 mmol/l) und oder 2 h nach Belastung ≥200 mg/dl (11,1 mmol/l);
  • Abnorme Nüchternglukose (= IFG, „impaired fasting glucose“): 100–125 mg/dl (5,6–6,9 mmol/l);
  • Gestörte Glukosetoleranz nach 2 h (= IGT, „impaired glucose tolerance“): 140–199 mg/l (7,8–11,05 mmol/l).
Die primäre Bestimmung der Nüchternglukose allein oder des HbA1c-Werts wird bei der Nachkontrolle nicht empfohlen (S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018).
Je nach Resultat im oGTT ist das folgende Vorgehen empfohlen (S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018):
  • Bei normalen Ergebnissen sollte eine Nüchternglukose und ein HbA1c, ggf. oGTT, alle 2 Jahre durchgeführt werden.
  • Bei der postpartalen Diagnose IGT oder IFT sollte jährlich ein oGTT erfolgen.
  • Bei V. a. Entwicklung eines Typ-1-Diabetes (Frauen mit einem BMI <30 kg/m2 und Insulintherapie des GDM) ist ein AutoantikörpersScreening (z. B. Anti-GAD, Anti-IA2, Anti-ICA und Anti-ZnT8) empfohlen.
Diabetesprävention
Empfohlen wird die Information über und das Einleiten von diabetespräventiven Maßnahmen wie eine Gewichtsabnahme bei Adipositas, regelmäßige sportliche Betätigung und Vermeidung kardiovaskulärer Risikofaktoren wie z. B. Nikotinabusus.
Mit diesen Maßnahmen kann eine Diabetesmanifestation in 3 bzw. 10 Jahren um 50 % bzw. 35 % reduziert werden. Bei der Planung einer weiteren Schwangerschaft sollte eine Diabetesdiagnostik mit einer Nüchternglukose und einem HbA1c, ggf. oGTT, erfolgen. Zudem sollen Frauen mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung auf die Risiken bei ungeplanter Schwangerschaft bei Diabetes hingewiesen werden (S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018).
Das Wiederholungsrisiko für einen GDM
Bei Frauen kaukasischer Herkunft liegt das Wiederholungsrisiko bei 35–50 % in weiteren Schwangerschaften, während bei asiatischen oder lateinamerikanischen Patientinnen das Wiederholungsrisiko sogar auf ca. 50–80 % ansteigt (S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge, 2. Auflage, 2018).

Postpartale Kontrazeption

Unter bestimmten Voraussetzungen ist durch das Stillen ein relativer Konzeptionsschutz gegeben (Kap. „Antikonzeption während des Stillens“). Durch den Saugreflex erhöht sich der Prolaktinspiegel bei der Mutter. Dieser bleibt bei ausreichender Stillfrequenz und Stillintensität auf gleichbleibend erhöhtem Niveau und verhindert die pulsatile Sekretion von Gonadotropin-Releasing-Hormonen. Die Follikelbildung und die Östrogensekretion im Ovar bleiben aus, was zu einer Amenorrhö führt.
Der vorübergehende Östrogenmangel ist die Ursache für die bei Stillenden vorhandene Trockenheit der Scheide und von Dyspareunien. Beim Abstillen fällt der Prolaktinspiegel rasch in den Normbereich ab, und meist findet in den nächsten 2–4 Wochen eine Ovulation statt.

Kontrazeption und Stillen

Wenn Frauen in den ersten 6 Monaten ausschließlich stillen und noch keine Menstruation haben, werden bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr ca. 1–2 % der Frauen schwanger (Labbok 2015).
Ist eine zu 100 % sichere Kontrazeption erwünscht, muss eine zusätzliche kontrazeptive Maßnahme begonnen werden.

Intrauterinpessar (Spirale oder IUD, „intrauterine device“)

Üblicherweise ist eine IUD-Einlage frühestens 5–6 Wochen nach der Geburt zu empfehlen, da eine zu frühere Einlage mit einer erhöhten Perforationsrate einhergeht. Nach Sectio hat sich eine Applikation frühestens nach 3 Monaten bewährt.
Es gibt keinen negativen Einfluss auf die Menge oder Qualität der Muttermilch durch kupferhaltige oder gestagenhaltige IUD. Die Gestagenspiegel in der Muttermilch sind sehr niedrig und haben keine nachteiligen Folgen auf das Kind.
Kupferhaltige IUD
Die Kupferionen wirken hemmend auf Spermien, sodass das IUD nicht als Abortivum wirkt, sondern primär die Schwangerschaft verhindert. Die Liegezeit beträgt normalerweise 5 Jahre. Die verschiedenen Typen sind unterschiedlich in ihrer Form und ihrem Kupfergehalt. Die Zahl steht für die Größe der Kupferoberfläche, Ag weist auf den Silberkern der Spirale hin.
Gestagenhaltige Intrauterinsysteme (IUS)
Die Wirkungsweise der gestagenhaltigen Intrauterinsysteme (Levonorgestrelhaltige(LNG)-IUS) beruht vor allem auf einer Veränderung des Zervixschleims, wodurch Spermien nicht mehr aufsteigen können. Darüber hinaus kommt es zu einem verminderten Aufbau des Endometriums, was in Abhängigkeit des LNG-IUS-Typs in bis zu 40 % der Fälle zu einer Amenorrhö führt. Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass intrauterine LNG-IUS nicht systemisch wirken und nicht zu einer Beeinflussung des Zyklus führen. Dies ist nur bedingt richtig, da LNG-IUS mit 50 bzw. 52 μg Levonogestrel vor allem in den ersten Jahren nach Applikation zu Ovulationshemmung führen können und auch systemische Nebenwirkungen beschrieben sind. Seit einigen Jahren sind nun aber auch deutlich niedriger dosierte LNG-IUS mit weniger Nebenwirkungen auf dem Markt.
Die Liegedauer beträgt abhängig vom Präparat normalerweise zwischen 3 und 5 Jahre. Durch die optimalen Applikationsvorrichtungen sind LNG-IUS oft leichter zu applizieren als Kupfer-IUD.
Vor allem bei Endometriose oder auch bei starken Menstruationsblutungen haben gestagenhaltige IUD den Vorteil, dass es zu einer Unterdrückung des Aufbaus des Endometriums kommt und werden in verschiedenen Leitlinien zur Behandlung der Endometriose gleichwertig zur Pille im Langzyklus angegeben (ESHRE-Guideline Endometriose).
Komplikationen
Ein erhöhtes Risiko einer Perforation besteht v. a. bei Zustand nach Sectio und retroflektiertem Uterus. Weiterhin ist ein stark anteflektierter Uterus mit dem Risiko einer Perforation an der Hinterwand verbunden. Das Einlegen des IUD verursacht bei sachgerechter Durchführung kaum Beschwerden, sodass bei stärkeren Beschwerden immer an eine Perforationsverletzung gedacht werden sollte.
Kommt es bei liegender IUD zu einer Schwangerschaft, ist mit einer erhöhten Rate von Eileiterschwangerschaften und Fehlgeburten zu rechnen. Bei LNG-IUS scheint dieses Risiko (1:2) deutlich höher zu sein als bei kupferhaltigen IUD (1:16) (Panelli et al. 2015).
Kontraindikationen
Kontraindikationen für IUD unmittelbar post partum sind Entzündungen sowie verstärkte Blutungen oder eine fraglich vollständige Plazenta. Bei einer postpartalen Endometritis soll die Einlage erst nach Ausheilen der Entzündung nach 3 Monaten erfolgen.

Postpartale hormonelle Kontrazeption

Kombinationspräparate
Die Gabe von Kombinationspräparaten (Ethinylestradiol [EE], Gestagen) gilt in der Stillperiode als kontraindiziert, da Östrogene die Milchproduktion negativ beeinflussen. Sie verringern die Milchproduktion und beeinflussen die Qualität der Muttermilch. Ebenso wird ein kleiner Anteil der Steroide über die Milch ausgeschieden, sodass auch niedrig dosierte orale Kontrazeptiva nicht als Mittel der 1. Wahl in Frage kommen. Darüber hinaus ist in der Wochenbettphase das natürliche Thromboserisiko deutlich erhöht, sodass hier gänzlich, auch bei nichtstillenden Frauen, von einer Kombinationspräparaten Abstand genommen werden sollte. Neuere Kombinationspräparate, die anstatt des EE Estradiolvalerat enthalten, welches zu natürlichem Estradiol umgebaut wird, wurden an stillenden Frauen noch nicht untersucht und sind ebenso kontraindiziert.
Gestagenpille
Ist die orale Kontrazeption indiziert, so erfolgt die Verabreichung eines ausschließlich gestagenhaltigen Präparates. Die Milchsekretion wird nicht negativ beeinflusst, und es sind auch keine negativen Einflüsse auf das Kind durch niedrige Gestagenspiegel in der Milch bekannt. Für einen zuverlässigen Schutz ist die tägliche Einnahme zur gleichen Tageszeit eine wichtige Voraussetzung. Zwischenblutungen können auch bei vorschriftsmäßiger Einnahme auftreten. Die wesentliche kontrazeptive Wirkung besteht in einer Veränderung des Zervixschleims (Viskositätserhöhung, Abnahme der Spinnbarkeit), die zu einer verminderten Penetration der Spermien führt. Teilweise kommt es auch zu Implantationsstörungen durch Veränderungen des Endometriums.
Desogestrel als Gestagenmonopräparat führt bei vorschriftsmäßiger Einnahme zusätzlich zur Veränderung des Zervixschleims zur Ovulationshemmung.
Depotgestagenpräparate
Depotgestagenpräparate (Medroxyprogesteronacetat [MPA], Norethisteronenantat) werden intramuskulär in 3-monatlichen Abständen verabreicht und gewährleisten einen sicheren Konzeptionsschutz durch eine gleichzeitig vorhandene Ovulationshemmung neben den peripheren Gestagenwirkungen. Allerdings sind die Nebenwirkungen ausgeprägter als bei Gestagenpillen. Bei Depot-MPA kommt es auch zu einer Erhöhung der Thromboserate.
Da die Hormonspiegel in der Milch jedoch deutlich höher sind und beim Kind ähnliche Spiegel wie bei der Mutter gefunden werden, kann die Verabreichung nicht oder nur in wenigen Ausnahmefällen empfohlen werden.
Für Gestagenimplantate gelten die gleichen Einschränkungen wie für die intramuskulär verabreichten Präparate. Das Gestagenimplantat mit Etonogestrel hat bei einer subkutanen Insertion in den ersten 3 Wochen nach der Geburt einen Konzeptionsschutz von 100 %. Daten zur Sicherheit bei der Anwendung während der Stillzeit sind derzeit nicht zur Verfügung. Nach Aufklärung der Entbundenen und Überwachung des Neugeborenen ist die subkutane Implantation jedoch eine sehr zuverlässige Methode mit geringen Nebenwirkungen.

Natürliche Familienplanung

Die Methoden der natürlichen Familienplanung sind in der Stillzeit nur begrenzt einsetzbar. Die Temperaturmethode ist nicht anwendbar, da eine ausreichende Nachtruhe meist nicht gewährleistet ist, sodass zusätzliche Temperaturschwankungen bestehen.
Hat die Frau bereits Erfahrung mit der Zervixschleimbeurteilung, dann kann diese Methode mit Einschränkung auch in der postnatalen Phase angewendet werden. Allerdings kann sich der Zervixschleim auch verändern, ohne dass dies mit einer Ovulation in Zusammenhang steht; die Methode ist daher erst wieder zuverlässig einsetzbar, wenn regelmäßige Menstruationsblutungen auftreten.

Postpartale Sterilisation

Die laparoskopische Sterilisation ist dann eine Option, wenn die Familienplanung sicher abgeschlossen ist.
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