Einleitung
Unter dem Begriff Naturheilverfahren werden im weitesten Sinne therapeutische Maßnahmen zusammengefasst, die zu einer Aktivierung der Selbstheilungskräfte beitragen. Sie werden entweder ergänzend (komplementär) oder anstelle (alternativ) der etablierten Therapien eingesetzt.
In der integrativen Onkologie/Medizin werden wissenschaftlich geprüfte komplementäre Therapien in Kombination mit der konventionellen Onkologie/Medizin angewendet (Dobos et al.
2012).
Zu den komplementären
Verfahren zählen Phytotherapie,
Nahrungsergänzungsmittel, Ordnungstherapie bzw. Mind-Body-Medizin (z. B. Yoga, Qigong,
Meditation, Ernährung,
Bewegungstherapie), Akupunktur, Neuraltherapie, Massagen und Hydrotherapie. In Deutschland wenden durchschnittlich 41 % (95-%-KI = 28,5–53,7 %) der onkologischen Patienten komplementäre, alternative oder integrativ-onkologische Verfahren an (Keene et al.
2019). Und das Interesse an Informationen über Komplementärmedizin scheint sogar noch größer zu sein; es lag in einer Umfrage unter Frauen mit fortgeschrittenem
Mammakarzinom bei 75 % (Fremd et al.
2017). Motiviert sowohl durch den Wunsch, selber etwas zur Gesundung und eigenen Stärkung beizutragen, als auch durch die Furcht vor Nebenwirkungen onkologischer Behandlungen und die Hoffnung auf Linderung durch komplementäre Verfahren, suchen Patienten nach zusätzlichen Therapieoptionen. Außerdem besteht häufig Informationsbedarf in Bezug auf einen gesundheitsfördernden Lebensstil, um einem Rezidiv vorzubeugen. Daher gewinnt das Wissen über Empfehlungen zu evidenzbasierten komplementärmedizinischen Therapien für Onkologen und Patienten zunehmend an Bedeutung.
Im Jahr 2004 wurde die Society for Integrative Oncology von führenden Forschern und Klinikern auf diesem Gebiet in den USA gegründet, um die integrative Onkologie im Sinne einer
evidenzbasierten Medizin weiterzuentwickeln und auf diesem Weg die
Lebensqualität onkologischer Patienten zu verbessern. Unter anderem veröffentlichte sie Leitlinien für die integrativ-onkologische Behandlung von Patientinnen mit
Mammakarzinom (Greenlee et al.
2017).
Die Organkommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. (AGO) erarbeitet seit 2002, jährlich aktualisiert, evidenzbasierte Empfehlungen zu komplementären Therapien (Dall und Solomayer
2021). Auch in der S3-Leitlinie „Mammakarzinom“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) vom Februar 2020 finden sich im Kap. 6.6 komplementärmedizinische Empfehlungen (Leitlinienprogramm Onkologie
2020). In Arbeit ist zudem eine S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patienten und Patientinnen, deren Fertigstellung für Sommer 2021 geplant ist.
Die Empfehlungen der AGO und der Society for Integrative Oncology fasst ein Artikel von Witt und Cardoso (
2016) zusammen. Darüber hinaus werden Möglichkeiten der Integration komplementärmedizinischer Verfahren in ein Brustkrebszentrum diskutiert.
Ein Expertenpanel der Amerikanischen Gesellschaft für Klinische Onkologie (ASCO) begutachtete die 2017 aktualisierte Leitlinie der Society for Integrative Oncology (SIO) von Greenlee et al. und befürworte die Empfehlungen (Lyman et al.
2018). Eine
Grad-A-Evidenz besteht demnach für folgende Verfahren:
-
-
Meditation und Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR) zur Verbesserung von Stimmungsschwankungen, depressiven Symptomen, Angst und Stressbewältigung;
-
Entspannungstraining zur Verbesserung von Stimmungsschwankungen und depressiven Symptomen.
Generell wird in Leitlinien empfohlen, Patienten zu der Inanspruchnahme von komplementären und/oder alternativen Therapien zu befragen.
Auf mögliche Risiken und Interaktionen mit Standardtherapien sollte ebenso hingewiesen werden wie auf Therapieoptionen zur Linderung von Nebenwirkungen und zur Verbesserung der
Lebensqualität sowie des körperlichen und seelischen Wohlbefindens. Hier ist eine kompetente, empathische und umfassende Beratung des Patienten durch den behandelnden Arzt unbedingt wünschenswert.
Fundierte und kostenlose Informationen zu Wirkungen, Risiken und Interaktionen komplementärmedizinischer Therapien können auf der Website des Memorial Sloan Kettering Cancer Centers „About Herbs, Botanicals & Other Products“ recherchiert werden. Hierzu reicht es, „about herbs“ bei einer Internetsuchmaschine einzugeben (Memorial Sloan Kettering Cancer Center. About Herbs. Link s. Seite 15). Eine kompetente und umfassende ärztliche Beratung zu ergänzenden Therapieverfahren kann das Gefühl der Selbstverantwortung und -kontrolle der Patienten stärken und zu einer gesundheitsfördernden Lebensweise motivieren. Zusätzlich trägt eine kompetente Beratung zum Schutz vor Risiken, Interaktionen und unseriösen Angeboten bei.
Im Folgenden werden unter Berücksichtigung der aktuellen Studienlage und der langjährigen Erfahrung der Autoren komplementärmedizinische Therapieempfehlungen für onkologische Patientinnen gegeben. Ein besonderes Augenmerk wird auf Auswirkungen von
Schlafstörungen und Stress und deren Behandlungsoptionen sowie die Therapieoptionen bei Fatigue gelegt. Außerdem stehen die
Lebensqualität und das Nebenwirkungsmanagement
in den verschiedenen Therapiephasen (Operation, Chemotherapie,
Strahlentherapie, antihormonelle Therapie) im Fokus sowie Empfehlungen zur Rückfallprophylaxe.
Prävalenz und Therapie von Schlafstörungen
Ein oft vernachlässigter Aspekt ist die schlechte Schlafqualität vieler onkologischer Patienten. Knapp 70 % der Patientinnen mit
Mammakarzinom und gynäkoonkologischen Tumoren leiden unter klinisch relevanten
Schlafstörungen kurz nach Diagnosestellung, 18 Monate später sind es noch 42 % der Patientinnen mit
Mammakarzinom und 33 % der Patientinnen mit
Unterleibstumoren (Savard et al.
2011). Noch neun Jahre nach Diagnose leiden 51 % der onkologischen Patienten unter starker
Insomnie (Strollo et al.
2020). Schlaf beeinflusst die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) und das sympathische Nervensystem (SNS), diese wiederum regulieren die Immunabwehr. Schlafstörungen führen zu einer Herabregulation der spezifischen, erworbenen Abwehr und einer Heraufregulation der angeborenen, unspezifischen Abwehr mit einem Anstieg zellulärer und genomischer Inflammationsmarker und einer Reduktion antiviraler Parameter (Irwin
2015). Die Zahl der natürlichen Killerzellen und ihre Aktivität steigen über Nacht an. Dieser nächtliche Anstieg ist bei Menschen mit Schlafstörungen nur abgeschwächt zu beobachten. Schlafstörungen führen zu einem zweifach erhöhten Risiko für Depressionen (Baglioni et al.
2011), wenn sie über ein Jahr persistieren, steigt bei älteren Menschen das Risiko zur Entwicklung einer Depression im folgenden Jahr noch stärker an (Lee et al.
2013). Schlafstörung bzw. Schlafmangel gilt als Risikofaktor für die Entstehung einer Brustkrebserkrankung (Fang et al.
2015). Entwickelt sich nach der Mammakarzinom-Diagnose eine Insomnie, steigt das brustkrebsspezifische Mortalitätsrisiko nach Daten aus der Nurses’ Health Study um 78 % (Trudel-Fitzgerald et al.
2018). Das bestätigt eine retrospektive Studie mit Daten aus England: Mortalität korrelierte 5 Jahre post Diagnose signifikant mit Insomnie (Hazard Ratio HR = 1,37), Depression (HR = 1,44) und einer Kombination aus beidem (HR = 1,75) (Bach et al.
2020).
Bei Frauen mit fortgeschrittener Mammakarzinom-Erkrankung konnte ebenfalls ein Zusammenhang zwischen einer Schlafeffizienz über 85 % und einem deutlichen Überlebensvorteil hergestellt werden (Palesh et al.
2014).
Zur Diagnostik einer Schlafstörung und um die Schwere der Störung einzuschätzen, sollte eine gezielte Anamnese durchgeführt werden. Hierzu gehören Fragen wie: Ist der Schlaf erholsam? Wie oft wachen Sie nachts auf? Schlafen Sie gut ein?
Besteht eine Beeinträchtigung des Schlafes, sollte nicht nur der Grad der Beeinträchtigung mittels nomineller Analogskala abgefragt werden, sondern auch seit wann die Schlafstörung besteht und was die Ursache der Schlafstörung sein könnte. Besteht sie z. B. seit Diagnosemitteilung einer onkologischen Erkrankung, ist psychoonkologische Unterstützung empfehlenswert. Erfahrungsgemäß kann die Schlafstörung in diesem Fall ein Türöffner für psychoonkologische Unterstützung sein. Verfahren der Mind-Body-Medizin sind ebenfalls geeignet zur Reduktion von Ängsten (s. unten). Die Abfrage des Grades der Beeinträchtigung ermöglicht eine Verlaufskontrolle bzgl. des Therapieansprechens. Auch können validierte Fragebögen zur Erfassung von
Schlafstörungen und zur Verlaufskontrolle herangezogen werden. Der Pittsburgh Schlafqualitätsindex (PSQI) umfasst 18 Items und fragt retrospektiv die letzten 4 Wochen ab. Der Gesamtscore kann von 0–21 variieren, eine höhere Ausprägung entspricht einer verringerten Schlafqualität. Es besteht ein empirisch bestimmter
Cut-off-Wert von 5, der eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Schläfer erlaubt. Eine differenzialdiagnostische Einteilung in verschiedene Schlafstörungsarten leistet der PSQI nicht, er gibt dem Kliniker jedoch eine schnelle Übersicht über Art und Ausmaß der Schlafstörungsproblematik.
Durch Verfahren der Mind-Body-Medizin
und andere nebenwirkungsarme naturheilkundliche Verfahren können
Schlafstörungen zielgerichtet behandelt werden.
Auswirkungen von Stress
Stress und psychische Symptome wie Ängstlichkeit und Depressivität wirken sich negativ auf die Krankheitsentwicklung aus.
Psychische Erkrankungen sind nach der Diagnose Krebs häufig und liegen bei Brustkrebspatientinnen 5–12 Jahre nach Diagnose bei einer
Prävalenz von 30 % (Doege et al.
2020). Eine komorbide Depression führt zu einer schnelleren Progression von Leber-, Lungen- und Nierenkrebs (Cohen et al.
2012; Hamer et al.
2009). Depressionen und Stress sorgen für insgesamt kürzere Überlebenszeiten bei allen Krebserkrankungen, bei majoren Depressionen steigt die Mortalität um 39 % (Satin et al.
2009; Chida et al.
2009). Schwere traumatische Erlebnisse begünstigen den Progress einer metastasierten Brustkrebserkrankung (Palesh et al.
2007). Soziale Bindungen hingegen stehen im Zusammenhang mit einem längeren Überleben (Reynolds und Kaplan
1990; Pinquart und Duberstein
2010; Sprehn et al.
2009; Kroenke et al.
2006). Umso wichtiger ist eine Reduktion des wahrgenommenen Stresses während der Erkrankung.
Dass Stress selbst zur Entstehung eines Tumors führen kann, ist nicht belegt. Die Studien dazu sind widersprüchlich (Bleiker et al.
2008; Duijts et al.
2003).
Schwerwiegende biografische Einschnitte jedoch, zeigt eine Studie von Lillberg et al. (
2003), hinterlassen deutliche Spuren: In einer Gruppe von über 10.000 Frauen stieg das Brustkrebsrisiko nach einer Trennung, Scheidung oder bei Verlust des Partners um das Doppelte. Eine andere Untersuchung an 460 Mammakarzinom-Patientinnen identifiziert sowohl chronischen als auch episodisch auftretenden Stress nach Diagnosestellung als unabhängige Prädiktoren für das vermehrte Auftreten von belastenden körperlichen Symptomen wie z. B.
Schmerz und Fatigue im ersten Jahr nach Diagnosestellung (Harris et al.
2017).
Susan Lutgendorf, Psychoneuroimmunologin an der Universität von Iowa, ist Teil eines „Network on Biobehavioral Pathways in Cancer“ unter dem Dach des National Cancer Institute der USA. Das Netzwerk erforscht, wie Tumorwachstum oder Schwächung des Immunsystems infolge von Stress begegnet werden kann. Chronischer Stress, Depression, aber auch soziale Isolation beeinflussen die Signalketten der Krebsentstehung auf beinahe jeder Stufe (Green McDonald et al.
2013).
Wie kann man nun konkret der Stressantwort entgegenwirken? In den USA hat Herbert Benson an der Harvard Medical School bereits vor 30 Jahren Methoden zur „Relaxation Response“ entwickelt: Durch gezielte Atemübungen und andere
Entspannungstechniken kann ein anhaltend hoher Sympathikotonus herabreguliert werden. Fast zeitgleich entwickelte Jon-Kabat
Zinn an der Massachusetts Medical School, Worchester, sein Konzept der
„Mindfulness-Based Stress Reduction“ (MBSR), das einen besonderen Schwerpunkt auf Achtsamkeit und Meditationstechniken legt. Beide Verfahren können zur sogenannten Mind-Body-Medizin
(MBM) gezählt werden. Die Mind-Body-Medizin wirkt über epigenetische Schalter regulierend und dämpfend auf das Stressgeschehen (Nagaraja et al.
2013).
Nach mehreren systematischen Reviews und
Metaanalysen gelten positive Effekte auf die
psychische Gesundheit von Brustkrebspatientinnen durch MBSR während und nach Abschluss der Therapie als gesichert (Ludolph et al.
2019). MBSR führt zu Verminderung von Angst und Stress, wirkt sich positiv auf den Schlaf aus und fördert die gesundheitsbezogene
Lebensqualität (Greenlee et al.
2017; Haller et al.
2017).
Am Tag der Chemotherapie sollte bei der Gabe kardio- oder nephrotoxischer Chemotherapeutika von verstärkter körperlicher Aktivität abgeraten werden.
Prävalenz und Therapie der Fatigue
Das National Comprehensive Cancer Network (Berger et al.
2021) definiert krebsbedingte Fatigue
folgendermaßen:
Ein belastendes, persistierendes, subjektives Gefühl von körperlicher, emotionaler und/oder kognitiver Müdigkeit oder Erschöpfung im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder deren Behandlung, das nicht in Relation zu stattgehabter Aktivität steht und die alltägliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Die Pathophysiologie ist nicht vollständig geklärt. Diskutiert werden unterschiedliche Ursachen: proinflammatorische
Zytokine, Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, Desynchronisation des zirkadianen Rhythmus, Skelettmuskelabbau und genetische Dysregulation. Unter einer Fatigue leiden etwa 80 % der Patienten unter Chemotherapie/
Strahlentherapie, 75 % in metastasierter Erkrankungssituation und ca. 29 % der Überlebenden einer onkologischen Erkrankung (Berger et al.
2021).
Es wird empfohlen, jeden onkologischen Patienten mittels nomineller Analogskala bezüglich einer Fatigue zu screenen.
Ab einem Wert von 4 auf einer Skala von 0–10 sind weitere Maßnahmen angezeigt. Zusätzliche Belastungsfaktoren sind zu berücksichtigen, hierzu zählen unter anderem
Schlafstörungen, Eisenmangel,
Hypothyreose, Angst, Depressivität und
Schmerzen.
Die Komplementärmedizin bietet wichtige
therapeutische Ansatzpunkte: Moderate körperliche Bewegung,
Hypnose, Yoga
, Qigong
, MBSR und Akupunktur lindern die massiven Ermüdungserscheinungen. Das regelmäßige Üben von Verfahren der Mind-Body-Medizin (Tai Chi, Qigong, Yoga,
Meditation) führt zu einer verminderten Expression des proinflammatorischen Transkriptionsfaktors NF-κB („nuclear factor kappa-light-chain-enhancer of activated B-cells“) (Bower et al. 2015). Möglicherweise erklärt dies die Verbesserung der Fatigue durch die Anwendung der genannten Verfahren.
Eine hochqualitative Netzwerk-Metaanalyse aus 2018 (Hilfiker et al.
2018) über 245 RCTs untersuchte die Auswirkungen von Bewegung und anderer nicht-pharmakologischer Interventionen auf Fatigue. 25 Studien untersuchten die Evidenz zu Yoga und fanden, dass Yoga, angewandt sowohl während als auch nach Abschluss der Chemo-/Radiotherapie, direkt nach Ende der Yoga-Intervention einer alleinigen Standardtherapie signifikant überlegen ist.
Nach Abschluss der Chemo-/Radiotherapie zeigte Yoga zudem eine signifikant größere Reduktion der Fatigue als konventionelles Ausdauer-/Aerobic-Training. In den Rankings der zu empfehlenden, nicht-pharmakologischen Interventionen zur Behandlung von Fatigue, welche jedoch mit Zurückhaltung zu interpretieren sind, belegt Yoga während Chemo-/Radiotherapie Platz 4 und nach Abschluss der Chemo-/Radiotherapie Platz 1.
Zwei randomisierte kontrollierte Studien, die am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg durchgeführt wurden, bestätigten positive Auswirkungen von Krafttraining auf Fatigue bei Patientinnen unter Strahlen- und Chemotherapie (Steindorf et al.
2014; Schmidt et al.
2015).
Empfehlungen während der operativen Therapiephase
Pflanzliche Medikamente
können z. B. durch eine Beeinflussung der Gerinnungsaktivität das Blutungsrisiko erhöhen. Daher sollten unter anderem folgende pflanzlichen
Medikamente/Nahrungsergänzungsmittel 5–7 Tage vor der Operation
abgesetzt werden (verzehrübliche Mengen sind unproblematisch):
-
Ginkgo,
-
Knoblauch,
-
Weidenrinde,
-
pflanzliche
Enzyme (Bromelain, Papain etc.),
-
Omega-3-Fettsäuren,
-
Kurkuma,
-
Kamille.
Oral eingenommene pflanzliche Präparate, die z. B. Passionsblume, Kava-Kava, Baldrian oder Lavendel enthalten, können mit der Narkose interagieren und sollten daher pausiert werden.
Die Komplementärmedizin bietet während der operativen Phase wertvolle ergänzende Therapien, um Angst vor der Operation zu reduzieren oder
Rückenschmerzen durch die forcierte Rückenlage und
Schmerzen nach der Operation zu lindern.
Therapieempfehlungen bei Nebenwirkungen unter der Chemotherapie
Nicht selten berichten Patientinnen über belastende Nebenwirkungen während der Chemotherapiephase, sodass hier eine Unterstützung durch komplementärmedizinische Therapien von Patientinnen als besonders wertvoll empfunden wird.
Generell abzuraten ist von
Antioxidantien, da in zwei Studien festgestellt wurde, dass deren Einnahme unter Chemo/Radiotherapie sich ungünstig auf das Überleben und die Rezidiventwicklung auswirken kann (Ambrosone et al.
2020; Jung et al.
2019). Erst nach Abschluss der Chemo-Strahlentherapie scheinen sie prognostisch unbedenklich zu sein.
Bei Übelkeit, Erbrechen
Bei Übelkeit
und Erbrechen bieten sich an:
-
Akupunktur/Akupressur (Wu et al.
2015), Akupunkturpunkte: z. B. Pc 6, Ma 36, KG 12; Akupressur (Miao et al.
2017), z. B. Seaband, Ohrakupressur (Eghbali et al.
2016),
-
Ingwertee (1–2 Tassen/Tag) oder Ingwerkapseln (500–1000 mg/Tag), Ingwer wegen möglicher Interaktionen nicht mit Aprepitant kombinieren (evtl. Reduktion der Aprepitant-Wirkung), nicht anwenden bei Sodbrennen oder brennenden Magenschmerzen (nach Studienlage ist die Wirksamkeit nicht klar belegt; Marx et al.
2017), unter Ingwer besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko!
-
Ernährungsberatung,
-
progressive Muskelentspannung nach Jacobson (Charalambous et al.
2016).
Nicht empfehlenswert ist
Glutamin (kein Wirksamkeitsnachweis).
Bei Diarrhö
Probiotika (lebende Mikroorganismen) als komplementäre Therapie bei Diarrhöen
unter onkologischer Behandlung führen zu einer signifikanten Reduktion der Diarrhöen vom CTC-Grad ≥2 (OR = 0,32), jedoch zu einer nichtsignifikanten Minderung der Diarrhöen vom CTC-Grad ≥3 (OR = 0,72) (Redman et al.
2014). Möglicherweise lässt sich durch die Einnahme von Probiotika die Menge der benötigten Antidiarrhoika reduzieren (OR = 0,63). Komplikationen im Sinne einer
Sepsis unter der Gabe von Probiotika während Chemotherapie/Immunsuppression wurden bei 5 von 756 Patienten beschrieben. Eine Risiko-Nutzen-Abwägung ist notwendig und weitere Studien sind wünschenswert, bevor eine Empfehlung ausgesprochen werden kann.
Hingegen ist die Gabe von Präbiotika unbedenklich und sinnvoll und auch lysierte Bakterienstämme können in Erwägung gezogen werden (z. B. Colibiogen® 1×täglich morgens, bei schweren Fällen bis zu 3×täglich 5 ml [=1 Teelöffel] ½ Stunde vor den Mahlzeiten einnehmen).
Liegen keine gastrointestinalen Stenosen vor, können bei Diarrhö Flohsamenschalen, Luvos® Heilerde zur Einnahme oder auch Myrrhinil intest® (Myrrhe, Kaffeekohle und Kamille) angewendet werden. Sowohl die Heilerde als auch Präparate mit Kaffeekohle sollten mit mindestens 1 h Abstand zu anderen Medikamenten eingenommen werden, damit sie diese nicht binden und deren Resorption behindern.
Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie
Prophylaxe einer Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie
Zur Prophylaxe einer Chemotherapie-induzierten
Polyneuropathie (CINP)
können Kühlhandschuhe und/oder eine Kühlung der Zehen empfohlen werden. Möglicherweise profitieren Patientinnen auch von einer Kompression durch chirurgische Handschuhe. Von L-Carnitin zur Prophylaxe einer CINP wird abgeraten (schlechteres Outcome im Vergleich zu Placebo!) (Hershman et al.
2013). In einer Studie profitierten Patientinnen von der Einnahme von 640 mg Omega-3-Fettsäuren/Tag zur Prophylaxe einer CINP (Ghoreishi et al.
2012).
Therapie der Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie
Besteht eine CINP, können folgende Verfahren eingesetzt werden:
-
Akupunktur (z. B. BaXie, BaFeng, Ma 36, MP 6, Le 3, 3E 5), evtl. Elektrostimulation (nicht bei
Herzschrittmacher!) (Bao et al.
2020; Lu et al.
2020),
-
ggf. Capsaicin-Salbe 2×täglich auftragen (ausschließlich bei brennendem Schmerzcharakter, nicht bei offenen Hautläsionen anwenden, Schleimhäute schützen),
-
ggf. Zwei- oder Vierzellenbäder (unter Beachtung der Kontraindikationen!),
-
kalte Knie- oder Armgüsse,
-
sensomotorisches Training, ggf. Vibrationstraining (unter Beachtung der Kontraindikationen!),
-
topische Anwendung von WALA® Aconit Schmerzöl.
Von (Elektro)akupunktur zur Prophylaxe einer CINP wird abgeraten (Greenlee et al.
2016)!
Bei Mukositis/Stomatitis
Die Datenlage zu komplementärmedizinischen Anwendungen zur Prävention oder Therapie einer oralen Mukositis
ermöglicht keine klaren Empfehlungen (Aghamohammadi und Hosseinimehr
2016). In der Praxis bewährt haben sich die nachfolgenden Maßnahmen.
Prophylaxe einer Mukositis/Stomatitis
-
Mechanische Schädigung meiden (z. B. harte Zahnbürste, krümelige/harte Lebensmittel)
-
Chemische Reize meiden (Alkohol, Nikotin, zu heiße oder kalte und zu scharfe oder säurehaltige Nahrungsmittel, handelsübliches Mundwasser etc.)
-
Regelmäßige Mundhygiene
-
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mind. 30 ml pro kg Körpergewicht täglich)
-
Viele kleine Mahlzeiten statt wenige große; lange kauen
-
Ölziehen: ein Esslöffel geschmacksneutrales Öl (z. B. Sonnenblumen- oder Sesamöl in Bioqualität) morgens vor dem Essen/Zähneputzen im Mund hin- und herziehen, bis es schaumig wird (ca. 3–5 min), anschließend ausspucken und Zähneputzen
-
Spülung mit Salbeitee ca. 3×täglich (oder auch verdünnte Salbeitropfen, z. B. Salviathymol®)
-
Eiskugeln lutschen (dabei Eis aus klarem Wasser, Ananassaft oder Salbeitee)
-
Leinsamenschleim: 1–2 Esslöffel Leinsamen (nicht geschrotet) in 500 ml Wasser mindestens 30 min köcheln lassen, Schleim durchsieben, Leinsamen verwerfen, visköse Flüssigkeit schluckweise warm trinken (1–2 Tage in Thermoskanne haltbar)
-
Mundspray mit Tormentillwurzel, Rhatania, Myrrhe, Pfefferminzöl, Eukalyptusöl, Nelkenöl, Anisöl (Repha-OS®, z. B. 5–6 Hub tägl.). Cave: bei bestehender Entzündung evtl. zu scharf wegen Mentholgehalt
Therapie einer Mukositis/Stomatitis
Folgende Substanzen können zur topischen Anwendung eingesetzt werden:
-
Salbeimundspüllösung (z. B. Salviathymol®) oder Salbeitee (Steinmann et al.
2021),
-
Sanddornfruchtfleischöl (1/2 bis 1 Teelöffel mit etwas lauwarmem Wasser mischen und zum Mundspülen verwenden oder direkt auf die Schleimhaut auftragen) (Steinmann et al.
2021),
-
Traumeel S® (5–6×tgl. 2-ml-Ampullen) oder Myrrhe-Tinktur (in Wasser verdünnt),
-
lokal betäubende Lösungen, um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern,
-
bei schmerzhaften Lippen: Gel mit lokalem Betäubungsmittel und Kamille, z. B. Kamistad®,
-
Heilerde (innerlich) in Wasser rühren und damit Mundspülungen durchführen,
-
Leinsamenschleim (Steinmann et al.
2021),
-
Kaltgeschleuderter Honig (Liu et al.
2019)
-
Akupunktur/Akupressur (z. B. Mund-Schlund-Punkt am Ohr).
Tipps bei Xerostomie
Bei Xerostomie bieten sich an:
-
Übung aus dem Qi-Gong: Zungenspitze hinter den Schneidezähnen an die Nahtstelle von Zahn und Zahnfleisch ansetzen, mit leichtem Druck Zahn für Zahn abrollen, jeweils vier Runden nach rechts bzw. links und dasselbe von außen vor den Schneidezähnen,
-
saures Obst (z. B. Zitrone), wenn keine Entzündung vorliegt,
-
langes Kauen (verbessert den Speichelfluss),
-
Akupunktur (z. B. Di 2, Ma 44, Ni 6) (Garcia et al.
2019).
Bei Hand-Fuß-Syndrom
Beim
Hand-Fuß-Syndrom gibt es folgende Verfahren:
-
warmes Hand-/Fußbad mit abgekochtem Leinsamen: 2×täglich 100 g geschroteten Leinsamen in 1 l Wasser ca. 5 min kochen, abkühlen lassen und Hände/Füße darin baden (ca. 5–10 min),
-
topische Anwendung von Hanföl zur Prophylaxe,
-
Calendula-Salbe zur Prophylaxe,
-
10 %ige Urea-Creme (Hofheinz et al.
2015).
Kurzzeitfasten unter Chemotherapie
In gesunden Zellen führt Nahrungsentzug zur Verminderung von Prozessen, die Zellwachstum fördern, um Energie in Zellerhalt und Reparatur zu investieren. Tumorzellen sind nicht in der Lage, diesen protektiven Mechanismus zu aktivieren. Diese „Differential Stress Resistance-Theorie“ wurde von Valter Longo im Mausmodell untersucht. Kurzzeitfasten im Mausmodell führt zur Reduktion der Nebenwirkungen unter Chemotherapie und zu einer 40 %igen Reduktion von zirkulierendem Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1). Der Gewichtsausgleich im Mausmodell wird 4 Tage nach der Chemotherapie erreicht.
Die Datenlage aus klinischen Studien beim Menschen bezüglich Kurzzeitfasten (de Groot et al.
2020; Dorff et al.
2016) reicht derzeit nicht aus, dieses außerhalb von Studien zu empfehlen. In der Neoadjuvanz haben sich Hinweise auf ein verbessertes Ansprechen ergeben. Allerdings war die
Compliance niedrig, nur etwa 1/3 der Patientinnen haben das Kurzzeitfasten wie geplant absolviert (de Groot et al.
2020). Sollten Patientinnen unbedingt fasten wollen, müssen Kontraindikationen geprüft werden, damit kein Gesundheitsschaden entsteht!
Folgende
Kontraindikationen sind zu beachten:
-
-
Gewichtsverlust ≥10 % in den letzten 6 Monaten,
-
NSAR-Bedarf,
-
-
Diabetes mellitus medikamentös eingestellt,
-
Schwangerschaft,
-
akute Gastritis/akuter Ulkus,
-
-
-
infektiös und nichtinfektiös bedingte Diarrhö (z. B. Auftreten bei Therapie mit doppelter Antikörperblockade),
-
akute Infektsituation,
-
ausgeprägte Fatigue.
Bei dringendem Fastenwunsch der Patientin wäre folgendes Konzept denkbar:
-
Bei Chemotherapien, die alle 3–4 Wochen wiederholt werden (CTX q3w bzw. q4w): 24–48 h vor der CTX bis 24 h nach der CTX-Infusion: Bis 200 kcal/Tag sind erlaubt und empfohlen: 2 × 100 ml Gemüsesaft (keine Obstsäfte) plus 1 Teller fettfreie Gemüsebrühe (vegan), zusätzlich Tee und Wasser;
-
Bei Chemotherapiegabe alle 2 Wochen (CTX q2w): 24 h vor der CTX bis 24 h nach der CTX-Infusion: Bis 200 kcal/Tag sind erlaubt und empfohlen: 2 × 100 ml Gemüsesaft (keine Obstsäfte) plus 1 Teller fettfreie Gemüsebrühe (vegan), zusätzlich Tee und Wasser.
Bei wöchentlicher Chemotherapie ist vom begleitenden Fasten eher abzuraten.
Kurzzeitfasten unter Chemotherapie bedarf einer intensiven Betreuung durch den behandelnden Onkologen. Gewichtskontrollen sind unbedingt notwendig.
Therapieempfehlungen während Strahlentherapie
Begleitend zur
Strahlentherapie sind auch Supportivmaßnahmen aus der Naturheilkunde unter Berücksichtigung der Therapiesicherheit möglich. So sollten Patienten grundsätzlich darauf hingewiesen werden, dass lokale Maßnahmen, wie z. B. Eincremen während der Strahlentherapie, nur in Absprache mit dem Facharzt für Strahlentherapie erfolgen dürfen. Die Markierungen auf der Haut dienen der korrekten Lagerung während der Bestrahlungen und müssen während der gesamten Behandlungszeit sichtbar bleiben. Die Mitarbeiter der Strahlentherapie zeichnen diese bei Bedarf nach.
Das Tragen von luftiger Kleidung ohne wärmestauende Stoffe, insbesondere im Bereich der Hautfalten, sollte empfohlen werden. Um mechanischen Reizen im Strahlungsbereich vorzubeugen, kann ein doppeltes Seidentuch in den BH oder die Unterhose eingelegt werden.
Während der Strahlentherapie im Brustbereich
Calendula-Salbe mit hohem Pflanzenextraktanteil (10–20 %) kann 2×täglich nach der Bestrahlung aufgetragen werden, um bei perkutaner Bestrahlung die Symptome zu lindern. Hierbei ist zu beachten, dass potenziell allergische Reaktionen durch die Pflanzenstoffe ausgelöst werden können.
Während der Strahlentherapie im Beckenbereich
Sauberkeit, Händewaschen und Intimhygiene sind dringend zu beachten, ebenso wie der tägliche Wechsel der Unterwäsche, die aus Naturfasern (Baumwolle und Seide) bestehen sollte. Dies gilt auch für Strumpfhosen und Hosen. Vorlagen sollten mehrmals täglich gewechselt werden. Eine Reinigung des Analbereiches kann mit Schwarztee oder Salbeitee (10 min ziehen lassen) vorgenommen werden, um Entzündungen im Genitalbereich vorzubeugen. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Strahlentherapeuten kann während der Bestrahlung und einige Wochen danach über Nacht ein mit Bepanthen® Wund- und Heilsalbe bestrichener Tampon als Platzhalter in die Scheide eingeführt werden, um Verklebungen und Entzündungen vorzubeugen. Morgens sollte der Tampon wieder entfernt werden. Bei Scheidentrockenheit kann mit delima feminin® Vaginalzäpfchen (u. a. Traubenkern- und Granatapfelsamenöl) eine wohltuende Gleitwirkung und Feuchtigkeit im Scheidenbereich erreicht werden.
Auch während der
Strahlentherapie können die Patientinnen eine ausgewogene
mediterrane Vollwertkost zu sich nehmen. Um einem ausgeprägten Meteorismus vorzubeugen, sollten jedoch blähende Lebensmittel vermieden werden. Hierzu zählen Hülsenfrüchte, Kohl und grobes Vollkorngetreide, scharfe Gewürze sowie Knoblauch und Zwiebeln. Auch von fettreichen Speisen und stark Angebratenem ist abzuraten. Es empfiehlt sich, bereits eine Woche vor der ersten Bestrahlung mit der Umsetzung einer leichten Vollkost zu beginnen. Zur Vermeidung eines Gewichtsverlustes unter der Strahlentherapie sollten regelmäßige Mahlzeiten eingenommen werden, die auch aus vielen kleinen Portionen bestehen dürfen. Außerdem ist auf eine ausreichende Trinkmenge von mindestens 2,0 l pro Tag zu achten.
Therapieempfehlungen bei Nebenwirkungen unter antihormoneller Therapie
Die Nebenwirkungen der antihormonellen Therapie
führen häufig zu einer schlechten Adhärenz bzw. zum frühzeitigen Abbruch der Tabletteneinnahme. Der prognostische Nachteil, der hierdurch den Frauen mit Hormonrezeptor-positivem
Mammakarzinom entsteht, legt es nahe, auch hier mit naturheilkundlichen Methoden Beschwerden nachhaltig zu lindern, zumal inzwischen eine Gesamttherapiedauer von bis zu 10 Jahren empfohlen wird.
Besonders beeinträchtigt werden Patientinnen durch
Gelenk- und Muskelschmerzen mit Morgensteifigkeit und Anlaufschmerzen. Hier können Yoga,
Bewegungstherapie und Akupunktur (Ohr- und/oder Körperakupunktur) empfohlen werden, um die Schmerzsymptomatik zu lindern. Auch können Akupressurmatten z. B. bei
Rückenschmerzen, Kohlwickel bei Gonalgie (für mindestens 7 aufeinanderfolgende Tage) und topische Anwendungen von Aconit-Schmerzöl eine wertvolle Unterstützung bieten. Phytotherapeutika aus Brennnesselblättern (Rheuma Hek®), Eschenrinde, Zitterpappel, Goldrutenkraut (Phytodolor®) oder dem Ananasenzym Bromelain (z. B. Phlogenzym®, Bromelain-POS®, Equinovo®) können die Schmerzsymptomatik und einen NSAR-Bedarf reduzieren. Eine Kombination aus Natrium-Selenit, proteolytischen
Enzymen (Bromelain und Papain) und Lens-culinaris-Lektinzubereitung (Equizym® MCA, Equinovo®) lindert nach einer Beobachtungsstudie (Uhlenbruck et al.
2010)
Gelenkschmerzen unter antihormoneller Therapie.
Zur Verbesserung der
Hitzewallungen und der dadurch bedingten
Schlafstörungen profitieren Patientinnen von Akupunkturbehandlungen, Yoga
, Entspannungstraining (z. B. progressive Muskelentspannung, Vorstellungsübungen) und
Hypnose, die Wirksamkeit der genannten Therapien kann durch aktuelle Studien belegt werden. Die Datenlage bezüglich einer Verbesserung von
postmenopausalen Symptomen bei Patientinnen mit und ohne Brustkrebs durch die Einnahme von Trockenextrakt aus Cimicifuga-Wurzelstock ist widersprüchlich (Fritz et al.
2013): Möglicherweise profitieren Patientinnen mit
Mammakarzinom unter Tamoxifen-Therapie von der Gabe von Traubensilberkerze. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Einnahme von Cimicifuga und dem Auftreten von Brustkrebs konnte ausgeschlossen werden. Cimicifuga racemosa bindet nicht an Östrogenrezeptoren. Von der Gabe von Remifemin plus® wird auf Grund der Wechselwirkungen zwischen Tamoxifen und Johanniskraut abgeraten. Da Pflanzenstoffe auch sogenannte Phytoöstrogene enthalten können, ist insbesondere bei Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom auf die Unbedenklichkeit des ausgewählten Präparates zu achten. So sind zum Beispiel Präparate, die Rotklee enthalten, bei hormonabhängigen Tumoren kontraindiziert. Harmlos, aber hilfreich sind dagegen Waschungen mit Salbeitee, wenn Patientinnen stark schwitzen.
Zur Therapie der
Scheidentrockenheit kann auf Akupunktur und delima feminin® Vaginalzäpfchen (Traubenkernöl [Vitis vinifera seed oil], Granatapfelsamenöl [Punica granatum seed oil] und natürliches
Vitamin E [Tocopherol]) zurückgegriffen werden. Nicht selten berichten Patientinnen über
Stimmungsschwankungen unter antihormoneller Therapie. Leider muss, wie bereits erwähnt, von der begleitenden Gabe von Johanniskraut abgeraten werden. Sowohl die aktuelle Studienlage als auch unsere Erfahrung sprechen hier für einen Therapieversuch mit Akupunktur und Stressbewältigungsprogrammen wie z. B. Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR, achtsamkeitsbasierte Stressreduktion). Auch lohnt sich die Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels zum Ausschluss eines Mangels und ggf. die Substitution von
Vitamin D3.
Bei Hitzewallungen
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Akupunktur (Lesi et al.
2016; Chen et al.
2016; Greenlee et al.
2017), Ohrakupunktur
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Atemübungen
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Moderates Ausdauertraining unter Pulskontrolle (180 minus Lebensalter [±10]; grundsätzlich sollte der Trainingspuls 150 nicht überschreiten, bei Einnahme von
Betablocker minus 20)
-
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Traubensilberkerze, z. B. Remifemin® (Geringe Evidenzlage, aber keine phytoöstrogene Wirkung; Ruan et al.
2019)
Therapieempfehlungen zur Rezidivprophylaxe
Zum jetzigen Zeitpunkt gelten zur Rückfallprophylaxe
– neben z. B. antihormoneller Therapie – Empfehlungen zu
Ernährung und
körperlichem Training (Campbell et al. 2019) als wichtig und wirksam (Pierce et al.
2007). Die Evidenz zu dem Nutzen von
Bewegungstherapie zur Symptomlinderung und auch zur Prognoseverbesserung ist so überzeugend, dass sie selbstverständlicher Bestandteil onkologischer Therapien werden sollte.
Mind-Body-Therapien (Tai Chi, Qigong
, Yoga
,
Meditation) bewirken eine verminderte Expression des proinflammatorischen Transkriptionsfaktors NF-κB. Inwieweit dies durch Minderung entzündlicher Prozesse zu einer Verbesserung der Prognose beiträgt, wird zukünftige Forschung zeigen. Prognostisch ungünstig scheinen sich
Schlafstörungen auszuwirken. Möglicherweise führt eine Minderung einer ausgeprägten Schlafstörung durch komplementärmedizinische Therapien ebenfalls zu einer Prognoseverbesserung. Interessante Ergebnisse präsentieren auch erste klinische Studien, die
Fastentherapie begleitend zur Chemotherapie untersuchen. Inwieweit das Ansprechen des Tumors auf die Chemotherapie dadurch verbessert und die Toxizität vermindert werden kann, werden die nächsten Jahre zeigen.
Ernährungstherapie
Durch eine Umsetzung von 6–7 der 8 Empfehlungen des World Cancer Research Fund (WCRF) kann in der Primärprävention das Brustkrebsrisiko um 31 % gesenkt werden. Zum Erreichen und Halten des Normalgewichts und zur Rezidivprophylaxe des
Mammakarzinoms wird eine Ernährung
(gemäß den Empfehlungen des WCRF/American Cancer Society for Cancer Survivors) empfohlen, die
-
reich an Gemüse und Obst ist,
-
einen geringen Gehalt an gesättigten
Fettsäuren aufweist,
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ausreichende Mengen (Getreide-)Ballaststoffe bietet,
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sich an einer mediterran adaptierten Ernährung orientiert.
Der Erhalt/das Anstreben eines normalen
Body-Mass-Index (BMI) (ggf. Screening auf Mangelernährung, z. B. MUST [Malnutrition Universal Screening Tool]) scheint wichtig. Die Alkoholmenge/Tag sollte 6 g nicht überschreiten.
Empfehlungen zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht
Adipositas bei
Mammakarzinom-Patientinnen erhöht das Risiko signifikant, an einem zweiten primären Krebs der Brust zu erkranken, Gleiches gilt bei einem Anstieg des BMI um 5 kg/m
2 (Druesne-Pecollo et al.
2012). In der S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“ wird unter anderem Folgendes zur Gewichtsreduktion empfohlen (Deutsche Adipositas Gesellschaft 2014):
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ein Kaloriendefizit von etwa 500 kcal pro Tag,
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die Vermeidung von fettreichen Lebensmitteln,
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eine Reduktion der Fettmenge,
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die Bevorzugung von pflanzlichen Fetten und Ölen,
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häufiger Verzehr von ballaststoffreichen Lebensmitteln,
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maßvoller Konsum von energiereichen, nicht alkoholischen Getränken und
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die Einschränkung des Alkoholkonsums.
Von extremen Diäten wird abgeraten.
Intermittierendes Fasten findet zurzeit als neue Strategie zum Gewichtsmanagement viel Beachtung. Aus der Sekundäranalyse von 2413 Frauen der prospektiven WHEL-Studie ergab sich, dass nächtliches Fasten von weniger als 13 h mit einem 1,36-fachen erhöhten Rezidivrisiko verbunden ist (HR 1,36; 95-%-KI 1,05–1,76) (Marinac et al.
2016). Das bedeutet, dass zwischen Abendmahlzeit und Frühstück idealerweise mindestens 13 h liegen sollten.
Bewegungstherapie
Auch am Tag der Chemotherapie sollte bei der Gabe kardio- oder nephrotoxischer Chemotherapeutika von verstärkter körperlicher Aktivität abgeraten werden.