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Die Intensivmedizin
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Publiziert am: 22.12.2022

Mesenteriale Durchblutungsstörungen

Verfasst von: Felix Rockmann
In diesem Kapitel werden die mesenterialen Durchblutungsstörungen behandelt. Hierunter werden die arterielle Embolie, die arterielle Thrombose, die venöse Thrombose und nicht occlusive Verengung der mesenterialen Arterien zusammengefasst. Die Ätiopathogenese, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Therapie dieser sehr verschiedenen Erkrankungen werden beschrieben. Die Tab. 48.8 am Ende dieses Kapitels fasst die wichtigsten Punkte nochmals übersichtlich zusammen.

Grundlagen

Intestinale Durchblutungsstörungen erfassen neben der akuten mesenterialen Ischämie (arterielle Embolie, arterielle Thrombose, nicht-okklusive Ischämie) die mesenteriale Venenthrombose. Die akute mesenteriale Ischämie ist ein lebensbedrohlicher Notfall mit einer nach wie vor erschreckend hohen Letalität von 50–90 %. Die klinischen Erscheinungsformen werden von Art und Ausmaß der vaskulären Läsion und von der zugrunde liegenden Erkrankung bestimmt. Die entscheidende Determinante der Prognose ist die Geschwindigkeit der Diagnose, die im Wesentlichen durch bildgebende Verfahren erfolgt. Die Behandlung der akuten Mesenterialarterienverschlüsse und der Mesenterialvenenthrombose ist meist chirurgisch, seltener interventionell, die nichtokklusiven Formen werden wenn möglich konservativ behandelt.
Die Gefäßversorgung des Magen-Darm-Traktes wird durch große Arterien sichergestellt:
  • Truncus coeliacus,
  • A. mesenterica superior (AMS)
  • A. mesenterica inferior (AMI).
Diese Hauptstämme sind untereinander durch Anastomosen verknüpft. Diese bestehen zwischen Truncus coeliacus und AMS (Rio-Branco-Arkade) ebenso wie zwischen AMS und AMI: Riolan- Anastomose). Es ist auch eine präformierte Anastomose von der AMI zur A. iliaca interna sinistra vorhanden (Sudeck-Anastomose), innerhalb der Versorgungsgebiete der Gefäßstämme bestehen ebenfalls zahlreiche Querverbindungen. Diese Anastomosenbildung gewährleistet, dass erst Ausfälle größerer Stromgebiete eine Mangelversorgung mit sich bringen, während Astverschlüsse der 2. oder 3. Ordnung vollständig kompensiert werden können (Abb. 1) oder eine CMI verursachen.

Definition und Klassifikation

Die arteriellen ischämischen Läsionen werden in die arterielle Embolie, die arterielle Thrombose und die nichtokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI) eingeteilt. Dabei handelt es sich bei der NOMI um eine Ausschlussdiagnose: Eine mesenteriale Ischämie, die weder durch Arteriosklerose, arterielle oder venöse Thrombosen, Embolien oder eine Vaskulitis verursacht wird, sondern Konsequenz einer verminderten Perfusion der Mesenterialgefäße aufgrund verschiedenster Ursachen ist.
Zu unterscheiden sind die chronische mesenteriale Ischämie (die in eine acute on chronic Ischämie übergehen kann) von der akuten mesenterialen Ischämie mit akuter intestinaler Minderdurchblutung und mit i. d. R. nachfolgender Organinfarzierung (Embolie, Thrombose, NOMI), die in diesem Kapitel behandelt wird.
Bei der chronischen mesenterialen Ischämie (CMI) ist die Steigerung des intestinalen Blutflussses postprandial nicht möglich, die Patienten leiden üblicherweise unter postprandialen Schmerzen, die meist 20–30 Minuten nach der Nahrungsaufnahme auftreten, unter Abneigung gegen Nahrungsaufnahme und folglichem Gewichtsverlust, aber auch andere gastrointestinale Symptome. Die häufigste Ursache ist das mediane Ligamentum Arcuatum Syndrom und Verengung des Raums zwischen den Zwerchfellschenkeln mit abgangsnaher Verengung des Truncus coeliacus. Weitere Ursachen sind vor allem Stenosen eines oder mehrerer mesenterialer Gefäße. Die elektive offen gefäßchirurgische oder interventionelle Beseitigung der Ursache ist erforderlich und wird die Entwicklung einer Acute on Chronic Ischämie vermeiden. Die CMI ist nicht Thema dieses Kapitels. Eine gute Übersicht über das klinische Management der CMI geben das Review der Society of Vascular Surgery von (van Dijk et al. 2019) und die Praxis-Leitlinie von (Huber et al. 2021).

Epidemiologie

Die Inzidenz der mesenterialen Durchblutungsstörungen beträgt ca. 12/100.000 Einwohner/Jahr in klassischen Autopsiedaten (Acost 2010). Jüngere Daten zeigen einen leichten Abfall der Inzidenz auf zuletzt 5,3–6,7/100.000 Einwohner/Jahr (Karkkainen und Acosta 2017a). Die Verteilung der Durchblutungsstörung ist ca. 70 % thromboembolisch, ca. 1/6 im Sinne einer NOMI und ca. 1/6 als mesenteriale Venenthrombose.
Die akuten intestinalen Durchblutungsstörungen haben insgesamt wegen ihrer gravierenden Prognose und trotz ihrer relativen Seltenheit erhebliche Bedeutung im Krankenhausalltag, da nur eine rasche Diagnose die Prognose im Einzelfall verbessern kann. Die Mesenterialvenenthrombose ist eine seltene Form der intestinalen Gefäßobstruktion, die langsam und symptomlos, subakut über Wochen und Monate, aber auch als akutes schweres Krankheitsbild verlaufen kann

Ätiologie

Patienten mit mesenterialen Durchblutungsstörungen weisen eine ausgeprägte Komorbidität auf (Tab. 1). In der Mehrzahl der arteriellen Verschlüsse liegt eine Emboliequelle im Herzen, sehr viel seltener sind Aneurysmen der Aorta und der Mesenterialgefäße mögliche Streuquellen, Thromben im venösen Kreislauf mit paradoxer Embolie sind eine Rarität.
Tab. 1
Komorbiditäten bei Patienten mit mesenterialen Durchblutungsstörungen (nach (O’Grady et al. 2009), Angaben in Prozent)
 
Thromboembolische Genese
Thrombotische Genese
KHK
78
79
Aortensklerose
68
79
Myokardinfarkt
50
39
Stattgehabter Apoplex
15
10
Aortenaneurysma
14
11
Lungenemphysem
17
28
Malignom
7
18
Die bei weitem häufigste Ursache der Mesenterialarterienthrombose ist eine vorbestehende Stenosierung durch Arteriosklerose der Viszeralarterien. Seltenere prädisponierende Faktoren sind Vaskulitiden oder intraabdominelle Tumoren. Bei Vorliegen einer Vaskulitis ist eine intestinale Beteiligung eher selten, lediglich bei der Polyarteritis nodosa, dem Churg-Strauss-Syndrom und der Purpura Schoenlein-Henoch wird diese häufiger beobachtet (Misra et al. 2017; Lerkvaleekul et al. 2016).
Bei einer NOMI finden sich andere Risikofaktoren (Tab. 2 (Bala et al. 2017)).
Tab. 2
Risikofaktoren für eine NOMI (nach (Bala et al. 2017))
Erkranktes Organ/Begleiterkrankung
Herzinsuffizienz
Akutes Pumpversagen mit kardiogenem Schock
Multi-Organversagen
Vasopressor-Therapie
Hier ist im Wesentlichen eine verminderte Perfusion der Mesenterialgefäße entweder infolge einer Linksherzinsuffizienz, einer schock- oder sepsisbedingten Hypotonie oder einer Hypovolämie bei Dehydratation, Blutung, Dialyse oder überhöhter Diuretikatherapie ursächlich (Scheurlen 2015). Eine sekundäre mesenteriale Vasokonstriktion infolge eines systemischen „Niedrigflusssyndroms“ ist die entscheidende Ursache. Medikamente, die die splanchnische Perfusion beeinflussen, werden ebenfalls angeschuldigt, hier sind insbesondere Digoxin, Ergotamin, Katecholamine (Cappell 2004), Angiotensin II, Vasopressin und ß-Blocker zu erwähnen (Schwartzkopff und Hennersdorf 2005), die alle auf Intensivstationen besonders häufig benutzt werden. Eine gestörte Sauerstoffutilisation bei Sepsis und die bei Intensivpatienten ebenfalls häufige Anämie und Hypoxie aufgrund anderer Ursachen verstärken den lokalen Ischämieeffekt (Kolkman und Mensink 2003). Eine seltene Ursache ist Kokainabusus.
Bei der Mesenterialvenenthrombose ist eine erhöhte Gerinnungsneigung die häufigste Ursache – beispielsweise findet sich ein AT III-Mangel bei etwa 50 % der Patienten (Agaoglu et al. 2005). Tab. 3 gibt die Risikofaktoren wider. Wenn diese zugrunde liegenden primären Störungen ausgeschlossen wurden, bleiben etwa 20 % der Mesenterialvenenthrombosen ätiologisch ungeklärt (Lock 2001). Nach Splenektomie finden sich ein verminderter Perfusionsdruck und eine konsekutive Thrombozytose als Risikofaktoren.
Tab. 3
Risikofaktoren für eine Mesenterialvenenthrombose
Risikofaktoren
 
Thrombophile Zustände
- Antithrombin III-Mangel
- Protein-S-Mangel
- Protein-C-Mangel
- Faktor-V-Leiden
- G20210A-Mutation im Prothrombingen
- Phospholipidantikörper
- Hyperhomozysteinämie
- Orale Antikontrazeptiva
- Schwangerschaft
- MaligneTumoren
Hämatologische Erkrankungen
- Polycythaemia vera
- EssenzielleThrombozythämie
Entzündliche Erkrankungen
- Peritonitis und intraabdominele Sepsis
- Entzündliche Darmerkrankungen
- Divertikulitis
Postoperative Zustände
- Abdominelle Operationen
- Splenektomie
Zirrhose und portale Hypertension
- Sklerosierung von Ösophagusvarizen
Verschiedene Ursachen
- Abdominelles Trauma
- Dekompressionstrauma

Pathophysiologie

Grundlage der ischämischen Störungen ist eine Verminderung der Sauerstoffversorgung auf <50 %. Ab dieser Grenze kommt es zu Funktionsstörungen des Darmes. Bei einem Abfall auf <20 % tritt eine Nekrose auf, die aufgrund der Anatomie der Gefäßversorgung (Serosa bis in die Villusspitzen) von der Mukosa ausgeht und dann die gesamte Darmwand betrifft (Blikslager et al. 2007). In der zeitlichen Abfolge sind zunächst eine Verminderung der Resorption, ein Motilitätsverlust, ein Ileus, eine Schleimhautablösung, eine Blutung, eine Permeabilitätssteigerung mit bakterieller Translokation, eine Peritonitis und schließlich eine Sepsis zu beobachten (Grootjans et al. 2016).

Klinik

Die Häufigkeit der Symptome bei der akuten Mesenterialarterienembolie ist in Tab. 4 wiedergegeben. Leitsymptom ist der plötzlich auftretende Bauchschmerz, der in der Regel periumbilikal oder im rechten Unterbauch lokalisiert ist. Das subjektiv starke Schmerzempfinden steht häufig im Gegensatz zur klinischen Untersuchung, bei der das Abdomen noch weich und nur diskret druckempfindlich ist. Viele Patienten klagen über Übelkeit, Erbrechen und Durchfall (Schneider et al. 1994). Von klinischer Bedeutung ist der zeitliche Verlauf der Symptomatik, wobei sich ein Initialstadium, ein „stilles Intervall“ und ein Spätstadium unterscheiden lassen (Tab. 5). Insbesondere das stille Intervall ist Ursache vieler diagnostischer Probleme, da es vermeintlich die Dringlichkeit der Diagnostik reduziert.
Tab. 4
Häufigkeit der Symptome bei Mesenterialarterienembolie
Symptome
Häufigkeit(%)
Abdomineller Schmerz
90
Erbrechen
47
Diarrhö
19
Meteorismus
19
Schock
17
Hämatochezie
15
Fieber
13
Stuhlverhalt
6
Hämatemesis
3
Tab. 5
Zeitlicher Verlauf der Klinik der arteriellen mesenterialen Embolie
Formen
Initialstadium (0–6 h)
„Stilles Intervall“ (7–12 h)
Spätstadium (>12 h)
Klinik
   
Schmerz
+++
+
++
Ileussymptome
0
+
+++
Peritonismus
0
+
+++
AZ
0
--
---
Labor
   
Leukozytose
++
++
+++
Laktat
0
0
>6 mmol/l
Therapie
   
Revaskularisierung
+++
++
+
Resektion
0
++
+++
Letalität
rund 25 %
rund 60 %
80–90 %
Merke (nach (Bala et al. 2017)):
Bei der akuten mesenterialen Ischämie ist initial häufig eine Diskrepanz zwischen starken Schmerzen und diskreter Druck-empfindlichkeit des Abdomens zu beobachten. Daher sollen bei ausgeprägten abdominelle Schmerzen, die kein eindeutiges Korrelat in der körperlichen Untersuchung finden, diese bis zum Ausschluss als AMI gewertet werden (benötigen also eine Bildgebung)!
Wegen der bei der Mesenterialarterienthrombose häufig infolge der Arteriosklerose bereits ausgebildeten Kollateralen verläuft die Symptomatik weniger akut als bei der Embolie. Typisch sind allmählich zunehmende abdominelle Schmerzen mit einer Auftreibung des Bauches. Das Zeitintervall zwischen Beschwerdebeginn und Mesenterialinfarkt beträgt häufig 24 h. Gelegentlich finden sich auch länger zurück liegende Beschwerden einer chronischen mesenterialen Ischämie. Es besteht aber auch bei diesen Patienten zunächst eine Diskrepanz zwischen subjektiven Beschwerdeangaben und objektivem Befund.
Das klinische Erscheinungsbild der NOMI leitet oft fehl, da die Patienten meist wegen eines zugrunde liegenden Krankheitsbildes in der Regel schwerkrank oder frisch operiert sind und häufig auf der Intensivstation behandelt werden. Die intestinalen Symptome können unspezifisch sein und sich als Verstopfung, unspezifische Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und schleimig-blutige Durchfälle äußern. Wenn es zu einer intestinalen Gangrän gekommen ist, weist der Patient Zeichen einer Peritonitis oder einer Sepsis auf.
Merke:
Bei allen Patienten, die eine entsprechende Vorerkrankung haben und bei denen mit Verschiebungen des Flüssigkeitshaushaltes oder Veränderungen der Durchblutung zu rechnen ist, muss bei Auftreten entsprechender Symptome oder bei unerklärten Laborveränderungen auf der Intensivstation (Leukozytose, LDH-Erhöhung) an die NOMI gedacht werden.
Auch die akalkulöse Cholezystitis wird in den Kontext dieses Krankheitsbildes gestellt und sollte an gleichzeitig bestehend intestinale Durchblutungsstörungen denken lassen. Besonders problematisch ist die Tatsache, dass die Mehrzahl der Patienten infolge ihrer Analgosedierung gar keine Symptome angeben und Diagnose und erforderliche Therapiemaßnahme: ausschließlich durch aufmerksame klinische Beobachtung und Sichtung der routinemäßig erhobenen Kontrollparameter indiziert werden.
Auch bei der Mesenterialvenenthrombose ist die klinische Symptomatik unspezifisch. Leitsymptom ist bei mehr als 90 % der Patienten der Schmerz, wobei Dauer, Art, Schweregrad uni Lokalisation große Variationen aufweisen. Meist bestehen die Schmerzen bei Aufnahme in die Klinik schon einige Tage, über 50 % der Patienten geben auch Übelkeit und Erbrechen an. Blutige Diarrhöen, Hämatochezie oder Hämatemesis sprechen für einen erfolgten Mesenterialinfarkt. Die Mehrzahl der Patienten hat ein schmerzhaftes aufgetriebenes Abdomen mit abgeschwächten Darmgeräuschen, die Hälfte hat peritonitische Zeichen und Temperaturen über 38 °C.

Diagnostik

Da Anamnese und klinischer Befund bei Patienten mit den verschiedenen mesenterialen Durchblutungsstörungen fast immer unspezifisch und vieldeutig sind, stellt die definitive Diagnose eine klinische Herausforderung dar. Dies umso mehr, da bei den akuten Formen der mesenterialen Ischämie der Zeitfaktor eine entscheidende Rolle für das Überleben der Patienten spielt (Tab. 6). Flüssigkeitsexsudation in das Darmlumen oder den Peritonealraum kann zur Hämokonzentration führen; Hypoxämie und prärenales Nierenversagen treten oft begleitend auf. Sind diese Komplikationen aber erst eingetreten, ist das „therapeutische Fenster“ meist bereits geschlossen.
Tab. 6
Bedeutung der frühen Diagnose der akuten mesenterialen Ischämie für das Überleben (nach (Brandt und Boley 2000))
Jahr der Studie
Patienten (n)
Mortalität in Abhängigkeit eines anatomischen Korrelats
Mortalität in Abhängigkeit von der Zeit
  
Keine Gangrän
Gangrän
<24 h
>24 h
1977
52
-
-
54
95
1981
47
-
-
57
73
1986
23
25
75
-
-
1990
65
25
68
-
-
1990
83
-
-
0
88
1990
98
26
71
-
-
1990
82
31
73
-
-
1997
141
-
-
44
92

Differenzialdiagnose

Die Differenzialdiagnose der akuten mesenterialen Ischämie ist umfangreich (Tab. 7), viele der Differenzialdiagnosen können durch klinische Untersuchungen, einzelne technische Verfahren wie Elektrokardiogramm, Sonographie, Computertomographie und Labormethoden ausgeschlossen werden (Clair und Beach 2016). Bis zum Beweis einer anderen Diagnose muss die Verdachtsdiagnose einer mesenterialen Ischämie aufrechterhalten und zügig weiter verfolgt werden.
Tab. 7
Mögliche Differenzialdiagnosen der akuten mesenterialen Ischämie
Diagnose
Verfahren zum Ausschluss
Akuter Myokardinfarkt (Hinterwand)
Ulcus ventriculi/duodeni (mit Penetration/Perforation)
CT/ÖGD
Sonstige Hohlorganperforation
CT
Akute Pankreatitis
Labor, CT
Akute Gastroenteritis
Anamnese
Mechanischer Ileus (inkarzerierte Hernie, Volvulus, etc.)
CT
Gallenkolik
Sonographie
Peritonitis (Divertikulitis, Appendizitis, spontan bakterielle Peritonitis, Pseudoperitonitis diabetica, etc.)
Klinisches Bild
Obstipation
Anamnese
Ureterenkolik
Sonographie, Urinstatus
Dissezierendes Aortenaneurysma
Sonographie, CT
Intoxikation (Blei, Arsen)
Anamnese
Akute intermittierende Porphyrie
Labor
Vertebragene Beschwerden
Anamnese
Funktionelle Erkrankungen
Anamnese, Erfahrung des Arztes

Diagnosesicherung

Wie bei jeder akuten Erkrankung findet sich häufig eine Leukozytose. Eine LDH-Erhöhung ist häufig, aber unspezifisch. Die Wertigkeit erhöhter Phosphatspiegel ist umstritten, normale Werte schließen eine mesenteriale Ischämie aber nicht aus. Dasselbe gilt für erhöhte Laktatwerte und eine metabolische Azidose.
Potenzielle Biomarker wie das „Ischämie-modifizierte Albumin“ oder der Cobalt-Albumin Bindungstest (cobalt-albumin binding assay, CABA) haben sich nicht durchgesetzt, weitere Marker werden immer wieder in Studien untersucht, haben für die Klinik jedoch keine Relevanz.

Bildgebende Verfahren

Die Sonographie ist das bildgebende Verfahren der 1. Wahl bei Patienten mit abdominellen Beschwerden. Bei akuter mesenterialer Ischämie können als Folgen sono-graphisch eine verdickte Dünndarmwand (>5 mm), Zeichen eines Subileus oder Ileus mit erweiterten Darmschlingen und fehlender Peristaltik und – in fortgeschrittenen Fällen – freie intraabdominelle Flüssigkeit und Lufteinschlüsse im Portalgefäßsystem gefunden werden (American Gastroenterological Association Medical Position Statement: guidelines on intestinal ischemia 2000). Die wesentliche Bedeutung der Sonographie liegt im Ausschluss anderer abdomineller Erkrankungen (Aortenaneurysma, mechanischer Ileus, biliäre Erkrankungen etc.). Die Rolle der Duplexsonographie beim akuten Mesenterialarterienverschluss ist bislang nur unzureichend untersucht (Baccoli et al. 2008). Die Untersuchung kann durch den häufig vorhandenen Meteorismus erheblich erschwert oder unmöglich sein. Wenn ein normaler Fluss in der AMS gefunden wird, ist eine Okklusion des Hauptstammes proximal der A. colica unwahrscheinlich, dennoch können signifikante Embolien in größere Gefäßabschnitte distal dieser vorliegen. Die thrombosierte Mesenterialvene kann als erweitertes röhrenförmiges Gebilde ohne Flusssignal dargestellt werden. Bei guten Untersuchungsbedingungen kann hier eine definitive Diagnose möglich sein.
Die weite Verbreitung der Computertomographie hat dazu geführt, dass bei vielen Patienten mit unklaren abdominellen Schmerzen diese Untersuchung relativ rasch und unkompliziert durchgeführt werden kann. Die Multidetektor-Computertomographie mit arterieller Kontrastierung (hier ist besonders auf eine flussgetriggerte und frühe arterielle Phase zu achten) ist heute in der Lage, arterielle Verschlüsse mit hoher Sensitivität (93 %) und Spezifität (bis 100 %) darzustellen (Aschoff et al. 2009; Yang und Wang 2019). Diese wird auch in Leitlinien/Übersichten als Diagnostikum der 1. Wahl empfohlen (Bala et al. 2017; Karkkainen und Acosta 2017a; Scheurlen 2015).
Merke:
Der Goldstandard zur Diagnose einer akuten mesenterialen Ischämie ist heute die kontrastmittelgestützte Multidetektor Computertomographie (MDCT).
Entscheidend bei der Durchführung der CT-Untersuchung ist, dass in der Anforderung explizit nach der mesenterialen Ischämie gefragt wird, da sonst häufig nur eine spätere Kontrastmittelphase (sog. Portal-venöse Phase) als Zeitpunkt der Untersuchung genutzt wird. Hier existieren Protokolle, die den Untersuchungsablauf standardisieren (Karkkainen und Acosta 2017a).
Einzig bei der NOMI ist weiterhin eine Angiographie als Goldstandard zu sehen, da hier sowohl die funktionelle Engstellung untersucht als auch gleich eine Therapie durchgeführt werden kann (Kammerer et al. 2015), in der Diagnostik kommt aber ebenfalls die MDCT mit ähnlich gutem Erfolg regelhaft zum Einsatz (Woodhams et al. 2010).
Der Untersuchungsablauf der Angiographie gliedert sich wie folgt:
Nach Darstellung der Aorta und der Abgänge des Truncus coeliacus und der AMS wird Letztere selektiv dargestellt. Bei unauffälligem Befund können anschließend AMI und Truncus coeliacus selektiv dargestellt werden (Schneider et al. 1994). In der AMS findet sich meist ein abrupter Kontrastmittelabbruch, häufig am Gefäßabgang oder innerhalb von 1–2 cm nach dem Abgang (Abb. 2). Mesenterialarterienembolien zeigen sich als scharfe, abgerundete Füllungsdefekte in der Kontrastmittelsäule („Meniskuszeichen“). Wie bei der Thrombose finden sich zusätzliche Vasospasmen. Die Embolien sind üblicherweise an Gefäßengen, Verzweigungen oder Bifurkationen und meist distal des Abgangs der A. colica media lokalisiert (Abb. 3 und 4).
Im Vergleich hierzu die Darstellung einer Mesenterialarterienembolie im MDCT: auch hier lässt sich sowohl in den Originalschichten (Abb. 5) als auch in der 3D Rekonstruktion (Abb. 6) der Embolus eindeutig differenzieren.
Merke:
Für die NOMI ist die Mesenterialangiographie nicht mehr das einzig verlässliche Diagnoseverfahren. Hier scheint das MDCT ähnlich gut geeignet. Entscheidend ist, dass bei klinischem Verdacht und Fehlen eines Therapieerfolges von Allgemeinmaßnahmen wie Volumenersatz und Schocktherapie eine rasche Diagnostik hier vorzugsweise mit der Angiographie angewendet wird.
Die NOMI ist angiographisch durch eine diffuse Verengung der AMS und ihrer Äste als Ausdruck der zugrunde liegenden Vasokonstriktion charakterisiert. Die peripheren Gefäßarkaden können spastisch enggestellt sein, weitgestellte und spastische Abschnitte der Gefäße können aufeinander folgen, und das Bild kann dann an eine Kette von Würsten erinnern („string of sausage“-sign; Abb. 4).
Bei der chronischen mesenterialen Ischämie haben CT-Angiographie und die kontrastmittelverstärktes Magnet-Resonanz-Angiographie (MRT) die konventionelle Angiographie als Gold-Standard abgelöst (Terlouw 2020 – europäische Leitlinie)
Abb. 7 fasst die Diagnostik zusammen.

Therapie

Basistherapie

Der erste Schritt der Therapie bei allen Formen der akuten mesenterialen Ischämie ist die Stabilisierung der Kreislaufverhältnisse. Anämie, Flüssigkeitsdefizite und Störung des Elektrolyt-und Säure-Basen-Haushaltes (Azidose!) sollten ausgeglichen, die Pumpleistung des Herzens optimiert und hämodynamisch relevante Arrhythmien behandelt werden. Bei klinischen oder laborchemischen Zeichen einer fortgeschrittenen Ischämie müssen unverzüglich Antibiotika (z. B. ein Cephalosporin der 3. Generation in Kombination mit Metronidazol) appliziert werden. Potenziell vasokonstriktorische Medikamente (Digitalis!) sollten vermieden werden, das gilt auch für vasokonstriktorisch wirkende Katecholamine.
Bei hypotensiven, hypovolämischen und im Schock befindlichen Patienten liegt immer eine mesenteriale Vasokonstriktion vor.
Eine Angiographie in dieser Situation ist bei begründetem Verdacht auf eine NOMI daher nur sinnvoll, wenn Allgemeinmaßnahmen nicht zu einer Besserung führen. Dann muss eine andere Form der mesenterialen Ischämie als Ursache des Schocks sicher ausgeschlossen werden (Kammerer et al. 2015; Calame et al. 2021).

Interventionelle Maßnahmen

Die Mehrzahl der Autoren empfiehlt bei angiographischem Nachweis einer mesenterialen Ischämie eine selektive Applikation von Papaverin in die AMS über Angiographiekathet (Mahlke et al. 2017). Bei Vorliegen eines embolischen oder thrombotischen Gefäßverschlusses soll dadurch die häufig gleichzeitig vorhandene mesenteriale Vasokonstriktion behandelt werden. Bei der NOMI ist diese Maßnahme auch als definitive Therapiemöglichkeit anzusehen, wenn noch keine Nekrosen aufgetreten sind. Papaverin ist ein potenter Phosphodiesteraseinhibitor und führt über eine Erhöhung der cAMP-Konzentration zu einer Vasodilatation.
Die Dosierung liegt nach einem Bolus von 5–10 mg bei 30–60 mg/h (Applikation über eine Infusionspumpe) (Kammerer et al. 2015). Heparin darf wegen Inkompatibilität mit Papaverin nicht im gleichen System gegeben werden. Bei ausgeprägter Hypovolämie und Hypotonie ist Papaverin kontraindiziert. Während der Infusion muss eine kontinuierliche Überwachung von Blutdruck, Herzfrequenz und Herzrhythmus gewährleistet sein. Bei korrekter Lage des Infusionskatheters in der AMS kommt es allerdings nur selten zu systemischen Blutdruckabfällen, da Papaverin während der ersten Leberpassage zu über 90 % abgebaut wird. Beim plötzlichen Blutdruckabfall sollte die Infusion sofort gestoppt und die korrekte Lage des Angiographiekatheters überprüft werden. Eine seltenere Ursache einer akuten Hypotension ist eine Leberinsuffizienz mit inadäquater Clearance. Eine Alternative ist Prostaglandin E1.
Ebenfalls deutlich zunehmend sind die radiologisch interventionellen Verfahren, durch die rasche Diagnose mittels MDCT kann bei noch fehlenden Zeichen einer Darmnekrose eine interventionelle Therapie gerade bei abgangsnahen Verschlüssen der mesenterialen Gefäße versucht werden. In den USA wurden von 2000 bis 2006 bereits über 30 % der Patienten mit akuter mesenterialer Ischämie mittels PTA mit und ohne Stentimplantation behandelt (Schermerhorn et al. 2009). Gerade für ältere und multimorbide Patienten kann dies bei rascher Diagnosestellung eine günstigere Option sein (Cortese und Limbruno 2010).

Operative Therapie

Nach wie vor ist bei der Mesenterialarterienembolie und -thrombose nach Stabilisierung des Patienten die rasche operative Gefäßdesobliteration die Therapie der Wahl (Knichwitz et al. 2005; Zientara et al. 2021). Nach einer medianen Oberbauchlaparotomie wird zunächst das Intestinum beurteilt. Bei der Embolie ist das proximale Jejunum in der Regel unauffällig, die betroffenen Darmanteile können den gesamten übrigen Dünndarm und den Dickdarm bis ins Colon transversum einschließen. Wenn ein Embolus in der AMS angenommen wird, wird die Eröffnung der AMS im Mesenterium durchgeführt, nachdem der Patient systemisch heparinisiert wurde. Die Arteriotomie sollte proximal der A. colica media erfolgen. Ebenfalls steht bei offenem Abdomen die retrograde interventionelle Wiedereröffnung als Möglichkeit zur Verfügung (Pisimisis und Oderich 2011; Lim et al. 2019).
Nach erfolgreicher proximaler und distaler Embolektomie werden 30 min Reperfusion abgewartet, bevor eine Darmresektion durchgeführt wird. Hierdurch wird versucht, das Resektionsausmaß möglichst zu minimieren ( Karkkainen und Acosta 2017b )
Eine Second-look-Operation kann 12–24 h später durchgeführt werden, um Regionen fraglicher Vitalität zu inspizieren. Dies unterstützt die Reduktion der initialen Resektion. Neuere Daten lassen aber annehmen, dass eine Second-look-Operation nicht in allen Fällen hilfreich oder erforderlich ist ( Zientara et al. 2021 ).
Wenn der gesamte Dünndarm gangränös ist, ist eine mehr oder weniger komplette Enterektomie mit konsekutiver lebenslanger intravenöser Ernährung gelegentlich die einzige Option, die dann aber mit den ansonsten vorliegenden Erkrankungen abgewogen werden muss.
Ist die Darmvitalität und Reperfusion nicht ausreichend beurteilbar, sollte keine die Kontinuität wieder herstellende Anastomose erfolgen, sondern zunächst ein Splitstoma angelegt werden, das eine Beurteilung der Durchblutung der beiden herausgeleiteten Darmenden erlaubt. Weitere operative Eingriffe werden dann von der Vitalität der Splitstomata abhängig gemacht.

NOMI

Bei einer NOMI besteht das Hauptproblem in der mesenterialen Vasokonstriktion, die nicht operativ korrigiert werden kann. Eine operative Exploration bei Patienten mit NOMI ist daher nur dann zweckmäßig, wenn die Patienten Zeichen einer Peritonitis aufweisen (Bala et al. 2017). Entsprechend den oben dargestellten pathophysiologischen Prinzipien besteht die frühe Behandlung in der Korrektur prädisponierender und präzipitierender Faktoren und einer effektiven Behandlung der mesenterialen Vasokonstriktion. Die oben genannten allgemeinen Behandlungsmaßnahmen sind daher in diesem Fall von besonderer Bedeutung (Bourcier et al. 2016; Terlouw et al. 2020; Prakash et al. 2019).
Die weitere Therapie erfolgt pharmakologisch mit Hilfe der selektiven Infusion von Papaverin (vgl. Abschn. 3.2), anschließend oder alternativ kann Prostagladin E1 (Bolus 20 μg, 0,1–0,6 ng/kg KG/min Dauerinfusion für maximal 48 h) in die AMS infundiert werden. Die Angiographie muss nach 30 min wiederholt werden, um die Beseitigung der Vasokonstriktion zu dokumentieren. Im Erfolgsfall wird die Papaverin-Infusion für 24 h fortgesetzt und eine erneute Angiographie nach 30-minütigem Ersetzen der Papaverin-Infusion durch Kochsalz zur Definition des weiteren Vorgehens durchgeführt.
Entsprechende Behandlungszyklen mit diesem Verfahren über bis zu 5 Tage sind beschrieben, aber nicht durch Studien evaluiert. Ein Effekt der lokalen Pharmakotherapie kann durch extremen Gefäßspasmus und ausgedehnte Kollateralisierung ausbleiben.
Wenn sich Zeichen einer Peritonitis entwickeln oder sich unter der Infusion nicht zurückbilden, muss bei NOMI eine chirurgische Exploration erfolgen.
Die Papaverin-Infusion wird während und nach der Operation fortgesetzt. Eine Peritoneallavage mit warmer Kochsalzlösung (37 °C) kann die Vasokonstriktion ebenfalls reduzieren. Offensichtlich nekrotischer Darm wird reseziert. Wenn die Operationsränder eindeutig vital sind, kann eine primäre Anastomose versucht werden. In allen anderen Fällen ist eine Exteriorisierung mit Anlage eines Splitstomas zur Beurteilung der Vitalität im weiteren Verlauf angezeigt.

Mesenterialvenenthrombose

Bei der akuten Mesenterialvenenthrombose ist in der Regel eine unverzügliche Antikoagulation notwendig. Wenn keine Peritonitis und keine Zeichen der Darmnekrose erkennbar sind, kann sich das weitere Vorgehen auf Antikoagulation beschränken. Diese muss in der Regel lebenslang weiter geführt werden. Wie bei der arteriellen Ischämie sind Antibiotika indiziert.
Eine thrombolytische Therapie bei akuter Mesenterialvenenthrombose kann auf drei Wegen durchgeführt werden: systemisch, regional oder portal regional. Die systemische Thrombolyse birgt die Gefahr der generalisierten Blutungsneigung. Die regionale Thrombolyse kann im Rahmen der Operation ermöglicht werden, indem über eine Mesenterialvene ein Katheter in die V. mesenterica oder die Pfortader eingelegt wird. Verwendet wird hier rt-PA in der Dosierung 2 mg/h für 2–3 Tage (Klar et al. 2012). Dies kann durch einen transjugulär-transhepatisch-intraportal gelegten Katheter ebenfalls erreicht werden. Die operative Thrombektomie bei Pfortaderthrombose mit regionaler Thrombolyse wird vereinzelt beschrieben. Der operative Zugang hat durch das interventionelle Verfahren der TIPS-Katheterplatzierung an Bedeutung verloren.

Prognose

Die verschiedenen Formen der akuten arteriellen mesenterialen Ischämie und die akute venöse Thrombose im Splanchnikusstromgebiet weisen nach wie vor eine sehr hohe Mortalität auf (Acosta-Mérida et al. 2020). Dies ist teilweise durch die Begleiterkrankungen der Patienten, v. a. aber durch die häufig verzögerte Diagnose bedingt. Ein Überblick über die publizierten größeren Serien akuter mesenterialer Ischämie zeigt die Bedeutung einer frühen Diagnose für das Überleben der Patienten (Hou et al. 2021). Wenn die Diagnose vor Auftreten einer Gangrän erfolgt, liegen die Mortalitätsraten in den Studien, die dies analysiert haben, unter 30 %. Erfreulicherweise lassen neue Übersichten (Acosta-Mérida et al. 2020; Clair und Beach 2016) erkennen, dass die Prognose sich in den letzten Jahren verbessert hat, wobei dies insbesondere für die Mesenterialarterienthrombose und für die -venenthrombose gilt.
Unverändert schlecht ist die Prognose der NOMI, die ja in der Regel Patienten betrifft, die a priori eine ungünstige Prognose aufweisen und bereits intensivbehandlungspflichtig sind. Hier spielen auch die erheblichen Probleme der Erkennung des Krankheitsbildes bei analgosedierten Patienten eine Rolle, sodass die Prävalenz der NOMI und ihrer Rolle für die Prognose dieser Patienten sicher immer noch unterschätzt wird.
Die Mortalität nach einer chirurgischen Therapie einer arteriellen Embolie und einer venösen Thrombose liegt mit 54,1 und 32,1 % deutlich niedriger als nach Operation einer arteriellen Thrombose oder einer NOMI (77,4 und 72,7 %) (Hou et al. 2021).
Tab. 8 gibt eine Übersicht über die akuten mesenterialen Durchblutungsstörungen.
Tab. 8
Übersicht über die akuten mesenterialen Durchblutungsstörungen
Mesenteriale Durchblutungsstörung
Prädisposition
Leitsymptom
Definitive Diagnosesicherung
Therapie
Mesenterialarterienembolie
Herzrhythmusstörungen, Zustand nach Myokardinfarkt, Aortenaneurysma
plötzlich auftretende heftige Bauchschmerzen
multislice Computertomographie (Angiographie)
Embolektomie, Resektion von infarziertem Darm
Mesenterialarterienthrombose
Generalisierte Arteriosklerose
Allmählich zunehmende Bauchschmerzen
multislice Computertomographie (Angiographie)
Operative Revaskularisierung, Resektion von infarziertem Darm
Nicht- okklusive Darmischämie
Linksherzinsuffizienz, ausgeprägte Hypotonie, Hypovolämie, Anämie, Vasokontriktorische Medikation
Allmählich zunehmende Bauchschmerzen, aufgetriebenes Abdomen;
unerklärte Erhöhung von Laktat oder LDH bei analgosedierten Intensivpatienten
Angiographie, multislice Computertomographie
Papaverin, Resektion von infarziertem Darm
Mesenterialvenenthrombose
Hyperkoagulabilität, portale Hypertonie, entzündliche intraabdominelle Erkrankungen, postoperativ
Allmählich zunehmende Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
(multislice) Computertomographie, (Duplexsonographie)
Darmresektion und Heparin, evtl. Thromb-ektomie, in Einzelfällen nur Heparin und Thrombolyse

Fazit

5 Grundsätze, die als Entscheidungshilfe verstanden werden sollten
  • Ähnlich wie beim Myokardinfarkt gibt es auch für den Mesenterialinfarkt ein bestimmtes Risikoprofil, das das Vorliegen einer mesenterialen Ischämie wahrscheinlich macht.
  • Typisch für das Frühstadium der akuten mesenterialen Ischämie ist ein Missverhältnis zwischen der erheblichen Beschwerdeangabe des Patienten und dem relativ unauffälligen abdominellen Untersuchungsbefund. Bei akuten, heftigen, anderweitig nicht erklärbaren Bauchschmerzen muss immer auch an eine mesenteriale Ischämie gedacht werden.
  • Pathologische Laborwerte wie eine sonst nicht zu erklärende Leukozytose, eine metabolische Azidose oder ein erhöhter Laktatwert können als Hinweis auf eine mesenteriale Ischämie insbesondere bei Intensivpatienten gedeutet und als Argument für eine bildgeberische Klärung verwendet werden. Das Fehlen dieser Parameter schließt eine mesenteriale Ischämie niemals aus.
  • Die MDCT ist heutzutage das Mittel der Wahl zur Diagnosestellung. Sie ist flächendeckend verfügbar, kann rasch durchgeführt werden und bietet neben der sicheren Diagnose auch die Möglichkeit, differentialdiagnostische Fragestellungen zu beantworten. Entscheidend ist hier die gezielte Fragestellung, so dass die Untersuchung mit arterieller Phase und Gefäßrekonstruktion durchgeführt wird.
  • Bei arteriellen Verschlüssen steht die Thrombektomie bzw. Embolektomie im Vordergrund, gefolgt von der Antikoagulation. Bei venösen Thrombosen kann eine lokale Antikoagulation und Lyse durchgeführt werden, unterschiedliche Zugangswege sind möglich.
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