Indikationen
Eine progrediente neurologische Verschlechterung, vor allem der Vigilanz kann durch prolongierte Blutung, Hirnödem oder Liquorzirkulationsstörung bedingt sein und ist eine Indikation zur Aufnahme auf die Intensivstation.
Patienten mit
initialer Bewusstseinstrübung, schwerer SAB oder mit
ausgedehnter ICB müssen intensivmedizinisch überwacht werden, falls eine therapeutische Konsequenz zu erwarten ist. Bei exzessiver
Hypertonie ist eine adäquate Blutdrucküberwachung und -therapie meist nur auf der Intensivstation möglich.
Ergeben sich aus der initial durchgeführten kranialen Computertomographie (CCT) Hinweise auf eine Liquorzirkulationsstörung, z. B. bei Blutungen mit Ventrikeleinbruch, SAB, raumfordernder Kleinhirn- oder Hirnstamminfarkt oder bei Verdacht auf eine Kompression des III. Ventrikels bzw. eine Blockade des Foramen Monroi, sind eine Ventrikeldrainage und intensivmedizinische Überwachung notwendig.
Akutversorgung
Ein Großteil der Patienten mit akuter zerebrovaskulärer Erkrankung, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, ist (durch Schluckstörungen, Erbrechen und Vigilanzminderung) stark aspirationsgefährdet. Daher ist in der Akutversorgung ein besonderes Augenmerk auf Aspirationsschutz zu legen (Oberkörperhochlagerung, Anlage einer Magensonde).
Ab einer
Sauerstoffsättigung <95 % sollte Sauerstoff gegeben werden (Kobayashi et al.
2018).
Bei
respiratorischer Insuffizienz sollte zur Vermeidung einer zerebralen
Hypoxie frühzeitig, d. h. vor Erreichen kritischer arterieller Blutgaswerte, intubiert werden. Bei bewusstseinsgetrübten Patienten mit beeinträchtigten Schutzreflexen wird die Indikation zur
Intubation zur Sicherung der Atemwege ebenfalls großzügig gestellt. Eine
Nicht-invasive Beatmung kommt aufgrund der eingeschränkten Schutzreflexe, der Vigilanzstörung und der Aspirationsgefahr im Regelfall nicht in Frage.
Ein
Blutdruckabfall nach der Intubation muss möglichst schnell mit Volumengaben, bei fehlender Wirkung mit
Katecholaminen behandelt werden, um einen Abfall des zerebralen Perfusionsdrucks zu verhindern. Depolarisierende
Muskelrelaxanzien können durch initiale Faszikulationen hirndrucksteigernd wirken und sollten daher nicht ohne Präcurarisierung verwendet werden.
Bei der Überwachung der Vitalparameter ist das Blutdruckmangement in der Akutphase zerebrovaskulärer Erkrankungen von entscheidender Bedeutung.
Spontan erhöhte Blutdruckwerte in der Akutphase nach einem
Schlaganfall sind ein häufiges Phänomen. Ebenso regelhaft kann eine Verschlechterung neurologischer Symptome nach Gabe von Antihypertonika beobachtet werden
Bei ischämischen Schlaganfällen sollte erst dann eine Senkung des Blutdrucks vorgenommen werden, wenn bei mehreren Blutdruckmessungen in 15-minütigen Abständen keine Tendenz einer spontanen Senkung zu beobachten ist bzw. erst bei dauerhaft erhöhten Blutdruckwerten die Gefahr einer Einblutung in das Infarktgewebe steigt (Tab.
2) (Ringleb et al.
1998).
Tab. 2
Blutdruckbehandlung bei Schlaganfällen: a) Bei Ischämie: moderate Senkung des Drucks (nicht mehr als 25 % in 24 Stunden), wenn systolischer Blutdruck >220 mmHg und diastolischer Blutdruck>120 mmHg; bei Thrombolyse oder interventioneller Therapie, wenn systolischer Blutdruck >180/105 mmHg ( Ringleb et al.
2021) b); bei
intrazerebraler Blutung sollte der systolische Druck unter 140 mmHg, allerdings insgesamt nicht um mehr als 90 mmHg gesenkt werden (Steiner et al.
2021). Der Blutdruck sollte wiederholt im Abstand von 15 min gemessen werden oder kontinuierlich
Parenterale Einmalgaben |
Urapidil i.v. (Ebrantil) | 5–25 mg | Hypotension |
Clonidin s.c./i.v. (Catapressan, Paracefan) | 0,075 mg | Initiale Blutdrucksteigerung, Sedierung |
Parenterale Dauertherapie |
Clevidipin (! Off-label Therapie, sofern nicht perioperativ) | 2,0 mg/h über die ersten 1,5 Minuten, dann nach Wirkung bis maximal 32 mg/h | |
Urapidil 250 mg/50 ml | 2–8 ml/h | oben |
Clonidin 0,75 mg/50 ml | 1–5 ml/h | Sedierung |
Dihydralacin 100 mg/50 ml (Nepresol) | 1–2 ml/h | Kombination mit Clonidin zur Vermeidung von Tachykardien |
Bezüglich der protektiven Wirkung einer Temperatursenkung bei akuten zerebralen Schädigungen sind die Datenlage und die Leitlinienempfehlungen uneinheitlich. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Hyperthermie in der Akutphase eines
Schlaganfalles mit einer Erhöhung der Akutletalität verbunden ist (Prasad und Krishnan
2010) und Patienten mit
Fieber von einer Temperatursenkung profitieren (den Hertog et al.
2009; Greer et al.
2008). Daher halten wir eine Temperatursenkung ab 37,5 °C für sinnvoll. Gleiches gilt für Hyper- als auch
Hypoglykämien, so dass ein engmaschiges Monitoring des Blutzuckers und eine konsequente Therapie leitliniengerecht erfolgen sollten (Zielbereich zwischen 70 mg/dl und 200 mg/dl (4 und 11 mmol/l) (Ringleb et al.
2021). Diese strenge Blutzuckereinstellung betreffend den unteren Zielwert, bei der auch Werte bis 70 mg/dl toleriert werden, geht mit 5-fach vermehrten Hypoglykämien und ohne Überlebensvorteil bei kritisch Kranken einher (Yamada et al.
2017). Alle anderen intensivmedizinischen Leitlinien im deutschsprachigen Raum, aber auch international, empfehlen daher eine eher moderate bis milde Blutzuckereinstellung zwischen 140 und 180 mg%, entsprechend 7,8–10 mmol/L. (Roth et al.
2021).