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Die Urologie
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Publiziert am: 23.08.2022

Geschlechtsdysphorie, Transsexualität – Klassifikation, Epidemiologie, Symptomatik

Verfasst von: Stefan Siegel und Hartmut A. G. Bosinski
Sowohl gesellschaftlich als auch klinisch ist im Bereich menschlicher Geschlechtlichkeit viel im Wandel. Die rasanten gesellschaftlichen Entwicklungen erfordern umso mehr eine genaue, differenzierende und damit wissenschaftliche Betrachtungsweise der einzelnen Phänomene. Denn bekanntermaßen muss einer medizinischen Behandlung eine adäquate Diagnosestellung vorausgehen.

Terminologie und Klassifikation

Schon die biologische (oder medizinische) Kategorie des „Geschlechts“ (engl. sex) ist mitnichten trivial. Sie beruht auf objektiv, aufgrund Wahrnehmungen und/oder Messungen getroffenen Unterscheidungen auf verschiedensten biologischen Ebenen, z. B. Chromosomenform, Anlage und Form innerer Geschlechtsorgane, Anlage und Form äußerer Geschlechtsorgane, Hormonkonzentrationen, neurobiologische Unterschiede etc. Im Laufe des somatosexuellen Differenzierungsprozesses in utero bedarf es dabei eines komplexen räumlichen und zeitlichen Zusammenspiels dieser verschiedenen Ebenen um eine – rein statistisch – „normale“ Geschlechtsentwicklung zum männlichen bzw. weiblichen Geschlecht zu gewährleisten. Innerhalb dieses Differenzierungsprozesses kann es daher auch zu mannigfaltigen Entwicklungsvarianten kommen, deren Ätiologie und („Patho“-)Physiologie wir dank moderner genetischer und molekularbiologischer Methoden zusehends besser verstehen (siehe dazu Kap. „Varianten der sexuellen Differenzierung“). In der Vergangenheit wurden diese Varianten als „Zwittertum“, „Pseudo-Hermaphroditismus“ oder „Intersexualität“ bezeichnet. Seit 2005 wird jedoch in Fachkreisen der Gebrauch der Abbreviation „DSD“ für „disorders of sex development“ empfohlen. Insgesamt sind untypische Entwicklungen des Geschlechtskörpers mit entsprechender Beeinträchtigung biologischer Funktionen sehr, sehr selten (wenige 100 in Deutschland im Jahr bei über 750.000 Geburten) und nicht alle dieser inzwischen zumeist gut beschriebenen, untypischen Entwicklungsverläufe ziehen überhaupt eine medizinische Behandlungsnotwendigkeit nach sich, sind also krankheitswertig. Wenn aber bei einer der Varianten eine Behandlungsnotwendigkeit vorliegt, dann aufgrund einer Störung innerhalb der oben genannten biologischen Ebenen (Richter-Appelt 2013).
Der Begriff DSD (engl. disorders of sex development, früher „Intersexualität“) bezeichnet angeborene Zustände, in welchen die Entwicklung des chromosomalen, gonadalen oder anatomischen Geschlechts (engl. „sex“) untypisch bzw. ambivalent ist.
Beim Menschen kommen zu den oben geschilderten biologischen Phänomenen zwei weitere Aspekte hinzu: Erstens haben sich – aufbauend auf einer primär nach biologischen Merkmalen bestimmten Geschlechtszuweisung – in allen menschlichen Gesellschaften bzw. Kulturen bestimmte je geschlechtstypischen sozialen Regeln, Verhaltenskodizes, Umgangsformen, Aufgabenteilungen, Kleidungsvorschriften etc. entwickelt. Grob kann dies mit dem englischen Begriff des „gender“ zusammengefasst werden.
Zweitens verhält sich das jeweilige menschliche Individuum sowohl zu seinem eigenen körperlichen So-Sein als auch zu den an es heran getragenen gesellschaftlichen Ansprüchen, sei es affirmativ oder sei es kritisch bis ablehnend und entwickelt im Laufe seiner psychosexuellen Entwicklung ein Zugehörigkeitsgefühl bzw. ein Sich-Identifiziert-Fühlen mit einem Geschlecht, was auch als „Geschlechtsidentität“ (engl. gender identity) bezeichnet wird. Die menschliche Geschlechtlichkeit kann also analog dem aktuellen Modell in der Medizin (Engel 1977) am besten als ein „bio-psycho-soziales Phänomen“ verstanden werden (vgl. Abb. 1).
Auch zwischen diesen eher theoretisch-modellhaft abgegrenzten Ebenen kann es innerhalb eines Individuums zu Diskrepanzen kommen. So kann man sich etwa im eigenen Körper mit seinen anatomischen Geschlechtsmerkmalen unwohl fühlen oder man lehnt die an das zugewiesene Geschlecht herangetragenen sozialen Rollenerwartungen ab und wünscht sich als Angehöriger des anderen Geschlechts sozial gesehen und behandelt zu werden. In den letzten Jahren hat sich dafür, insbesondere im englischen Sprachraum, der zunächst rein deskriptiv zu verstehende Begriff „Geschlechtsinkongruenz“ (engl. gender incongruence) etabliert, wobei vereinzelt schon Kritik an dieser Wortschöpfung geäußert wurde (Ahlers und Siegel 2020).
Diese Inkongruenzen zwischen den bio-psycho-sozialen Ebenen müssen – ähnlich wie bei den Varianten der somatosexuellen Differenzierung (i. e. DSD) – nicht zwangsläufig mit einem wesentlichen, behandlungsbedürftigen Leidensdruck einhergehen. Gerade in modernen liberalpluralistischen Gesellschaften haben sich zwischenzeitlich soziale Empfangsräume etabliert, die auch ein Leben mit geschlechtsvariantem Verhalten und geschlechtsvarianten Präferenzen ermöglichen. Es haben sich für diese, die traditionellen sozialen Geschlechterbilder von Mann-Sein bzw. Frau-Sein transzendierende Lebensentwürfe auch eigene Selbstbeschreibungen und Begriffe entwickelt, wie „trans“, „trans*“, „agender“, „non-binary“, etc. welche sich – der Natur der Sache entsprechend – als sehr fluide erweisen und schwer zu definieren und abzugrenzen sind. Die Weltgesundheitsorganisation verwendet in aktuellen Publikationen dafür den Begriff „transgender“ und definiert ihn als einen Oberbegriff („umbrella term“), der eine vielfältige Gruppe von Menschen beschreibt, deren inneres Gefühl für ihr soziales Geschlecht („gender“) verschieden ist vom ursprünglich bei Geburt zugewiesenen. Als Ausdruck der Persönlichkeitsentfaltung darf diesen erlebten und zum Ausdruck gebrachten Varianten von sozialer Geschlechtlichkeit aber seitens der Medizin kein Störungswert per se zugesprochen werden.
Das Phänomen „DSD/Inter“ spielt sich „innerhalb“ der biologischen Ebene ab, das Phänomen „Trans“ spielt sich „zwischen“ der biologischen, psychischen und sozialen Ebene ab.
In einzelnen Fällen kann aber – trotz chromosomal, anatomisch, hormonell etc. eindeutigem Geschlecht – aus einer solchen Inkongruenz zwischen dem biologischen und dem psycho-sozialen Geschlecht bzw. Geschlechtsgefühl ein klinisch relevanter psychischer Leidensdruck entstehen. Erst mit der Feststellung dieses Leidensdrucks, der dann eventuell auch erst zu einer Vorstellung im Gesundheitssystem mit einem entsprechenden Wunsch nach „Behandlung“ führt – kann von einer krankheitswertigen Störung gesprochen werden. In den letzten Jahren hat sich dafür der Oberbegriff der „Geschlechtsdysphorie“ durchgesetzt. Es handelt sich dabei um eine Gruppe krankheitswertiger Störungsbilder, genauer genommen eigentlich um ein klinisches „Syndrom“, die durch ein Leiden an einer Geschlechtsinkongruenz – also einer Diskrepanz zwischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen und psychosozialen Aspekten von Geschlecht – gekennzeichnet ist.
Das klinische Spektrum der Geschlechtsdysphorien reicht dabei von eher leichtgradigen Formen der Unzufriedenheit mit der eigenen Geschlechtszugehörigkeit bis zur schwersten Form, der Geschlechtsdysphorie vom transsexuellen Typus. Das Verhältnis der einzelnen Begriffe zueinander kann am besten in Form von Mengenkreisen (Venn-Diagramme) illustriert werden (Abb. 2).
Die hier aufgezeigten konzeptionellen Zusammenhänge spiegeln sich auch wieder in den derzeit existierenden bzw. sich in Überarbeitung befindlichen medizinischen Klassifikationssystemen. So findet sich in der ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation die diagnostische Einheit des „Transsexualismus“ (F64.0), welcher den unbedingten medizinischen Behandlungswunsch zu einem Diagnosekriterium macht. In dem neuen diagnostischen Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation ICD-11 wurde dagegen das breitere Konzept der „Geschlechtsinkongruenz“ aufgenommen (vgl. Kasten 1). Hier wird vor allem auf den starken inneren Wunsch einem anderen Geschlecht anzugehören abgezielt, jedoch findet sich kein klinisch signifikanter Leidensdruck als Kriterium und es wird betont – entsprechend der Zielsetzungen der ICD – dass es nicht eigentlich um eine medizinische Diagnose, sondern um die (statistische) Erfassung eines „Gesundheitszustandes in Bezug auf die Sexuelle Gesundheit“ geht. Demgegenüber operiert das DSM-5 der American Psychiatric Association als ein dezidiert „psychodiagnostisches“ Manual mit dem Begriff der „Geschlechtsdysphorie“, welcher einen störungswertigen Leidensdruck voraussetzt (vgl. Kasten 2).
Die Geschlechtsdysphorie vom transsexuellen Typus (Transsexualität) ist klinisch definiert als die Extremform der Geschlechtsdysphorie (klinisch relevantes Leiden), welche einhergeht mit einer überdauernden, tiefen inneren Überzeugung, eigentlich dem anderen biologischen Geschlecht (m/w) anzugehören verbunden mit einer überdauernden Ablehnung der primären und sekundären körperlichen Geschlechtsmerkmale und der daran geknüpften gesellschaftlichen Rollenanforderungen sowie dem andauernden Bestreben, mittels somato-medizinischer Maßnahmen die körperlichen Merkmale des jeweils anderen Geschlechtes zu erlangen und mittels juristischer Feststellungen in dieser Rolle sozial anerkannt zu leben.
Kasten 1: ICD-11: Geschlechtsinkongruenz (zitiert nach Beier et al. 2021)
Die Geschlechtsinkongruenz der Adoleszenz und des Erwachsenenalters ist charakterisiert durch eine ausgeprägte und anhaltende Inkongruenz zwischen der subjektiv empfundenen Geschlechtszugehörigkeit (gender) und dem zugewiesenen Geschlecht (sex), welche sich in wenigstens zwei der folgenden Punkte manifestiert:
A1.
ein starkes Nicht-Mögen oder Sich-Unwohlfühlen in Bezug auf die eigenen Geschlechtsmerkmale aufgrund ihrer Inkongruenz zu der subjektiv empfundenen Geschlechtszugehörigkeit;
 
A2.
ein ausgeprägter Wunsch, die eigenen Geschlechtsmerkmale loszuwerden aufgrund ihrer Inkongruenz zu der subjektiv empfundenen Geschlechtszugehörigkeit;
 
A3.
Ein ausgeprägter Wunsch, die Geschlechtsmerkmale des subjektiv empfundenen Geschlechts zu haben;
 
A4.
starker Wunsch, wie ein Angehöriger des subjektiv empfundenen Geschlechtes behandelt zu werden
 
Kasten 2: Diagnostische Merkmale für im DSM-5 302.85 „Geschlechtsdysphorie bei Jugendlichen und Erwachsenen“
(A)
Eine seit mindestens 6 Monaten bestehende ausgeprägte Inkongruenz Gender und Zuweisungsgeschlecht, wobei mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt sein müssen:
 
1.
Eine ausgeprägte Inkongruenz zwischen Gender und den primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmalen (oder, bei Jugendlichen, den erwarteten sekundären Geschlechtsmerkmalen).
 
2.
Ein ausgeprägtes Verlangen, die eigenen primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmalen loszuwerden (oder, bei Jugendlichen, die Entwicklung der erwarteten sekundären Geschlechtsmerkmale zu verhindern).
 
3.
Ein ausgeprägtes Verlangen, nach den primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmalen des anderen Geschlechts.
 
4.
Ein ausgeprägtes Verlangen, dem anderen Geschlecht (oder einem alternativen Geschlecht, welches vom zugewiesenen abweicht) anzugehören.
 
5.
Ein ausgeprägtes Verlangen, wie ein Angehöriger des anderen Geschlechts (oder eines alternativen Geschlechts, welches vom zugewiesenen abweicht) behandelt zu werden.
 
6.
Eine starke (feste) Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionen des anderen Geschlechts (oder eines alternativen Geschlechts, welches vom zugewiesenen abweicht) zu haben.
 
(B)
klinisch relevantes Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
 

Symptomatik und Verlauf

Die wichtigste medizinische Differenzierung innerhalb der Geschlechtsdysphorien hinsichtlich Symptomatik und Verlauf betrifft die zwischen transsexuellem Typus versus nicht-transsexuellem Typus. Nur bei ersterem führen nachweislich körperverändernde, insbesondere ästhetisch-chirurgische Maßnahmen an den Genitalorganen, zu einer signifikanten und dauerhaften Linderung des subjektiven Leidensdrucks. Angesichts der weitestgehend irreversiblen Konsequenzen dieser Maßnahmen ist diese differenzialdiagnostische Abgrenzung von herausragender Bedeutung für das Wohl der betroffenen Patientinnen und Patienten. Für die Entwicklung einer nicht-transsexuellen Geschlechtsdysphorie gibt es eine Vielzahl an Gründen. Die häufigsten dürften sein:
  • Unbehagen, Schwierigkeiten oder Nicht-Konformität mit den gängigen sozialen Geschlechtsrollenerwartungen
  • Geschlechtsdysphorie als Anpassungsstörung im Rahmen von Entwicklungsaufgaben, etwa bei Adoleszenzkrisen
  • Geschlechtsdysphorie bei anderen schweren psychischen Erkrankungen
  • Geschlechtsdysphorie im Zusammenhang mit sexuellen Präferenzbesonderheiten
Eine genauere Beschreibung dieser Geschlechtsdysphorien und deren Verläufe findet sich in entsprechenden Lehrbüchern (vgl. Beier et al. 2021; Ahlers und Siegel 2020).
Aber auch innerhalb der transsexuellen Geschlechtsdysphorien lassen sich bestimmte „typische“ Verlaufsformen klinisch beschreiben. Die Zuordnung eines Einzelfalls zu einer beschriebenen Verlaufsform hat rein heuristische Gründe und dient dem besseren Verständnis des Phänomens und der Prognose eines wahrscheinlichen oder zumindest möglichen Verlaufs. Selbstverständlich sind aber individuelle Fälle nie nur durch ihre typischen Merkmale, sondern darüber hinaus über unzählige weitere individuelle Besonderheiten und spezifischen Konstellationen geprägt. Das Letzteres bei Betrachtung von klinischen Typen mitunter in Vergessenheit gerät, hat dazu geführt, dass der Wert tiefergehender klinischer Differenzierungen grundsätzlich in Frage gestellt wurde. Empirische Untersuchungen und klinische Expertise lassen einen jedoch immer wieder die im Folgenden beschriebenen Verlaufsformen „finden“. Wie im Folgenden zusammengestellt, betrifft die wesentliche Unterscheidung dabei die Merkmale „ursprüngliches biologisches Geschlecht“, „Zeitpunkt der Erstvorstellung“ und „sexuelle Präferenz“.
Bei ursprünglich biologisch männlichen Personen, die entsprechend ihres Wunschgeschlechts als „Trans-Frauen“ bezeichnet werden sollten, lassen sich hinsichtlich Erstmanifestation und sexueller Orientierung zwei Gruppe unterscheiden (im Überblick (Bosinski 1994)):
a)
„Early-onset“-Verlauf (auch „primärer Transsexualismus“): Schon in der Kindheit wird extrem effeminiertes Verhalten gezeigt, gelegentlich offen als Mädchen verkleidet aufgetreten, regelhaft liegt bereits im Kindesalter eine Geschlechtsdysphorie bis hin zum Vollbild der Geschlechtsidentitätsstörung im Kindesalter (ICD-10: F64.2; DSM-V: 302.6) vor, welche eventuell auch bereits zu einer Vorstellung bei Ärzten oder Psychologen geführt hat. In der Pubertät zunächst in der Masturbationsfantasie, dann aber auch realiter, eine auf Männer gerichtete (= androphile) sexuelle Präferenz, wobei sich die Betroffenen selbst jedoch als „heterosexuelle“ (i. e. weibliche) Partner eines „ganz normalen Mannes“ fantasieren. Schwule Sexualität wird deshalb als unbefriedigend und nicht stimmig erlebt. Vorstellung mit Wunsch nach hormoneller und chirurgischer „Geschlechtsumwandlung“ oft noch in der Spätadoleszenz, meist bis Mitte der zwanziger Jahre.
 
b)
„Late-onset“-Verlauf (auch „sekundärer Transsexualismus“): Die Häufigkeit dieser Untergruppe von biologisch männlichen Personen mit gynäphiler Orientierung hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Typischerweise schildern die Betroffenen eine in geschlechtlicher Hinsicht nach außen bzw. bezüglich des beobachtbaren Verhaltens insgesamt unauffälligen Kindheit und einer längeren heterosexuellen Vorgeschichte mit eventuell sogar existierenden leiblichen Kindern. Es wird aber häufig auch ein begleitender, aber heimlicher transvestitischer Fetischismus (ICD-10: F65.1; DSM-IV-TR: 302,3) berichtet, der dann in deutlich höherem Alter zum Konflikt zwischen heterosexueller Paarbeziehung und oft verborgener paraphiler Praxis führt. Mitunter spielen auch zunehmend als belastend empfundene männliche Rollenanforderungen, denen die Personen immer weniger gerecht werden (wollen) eine Rolle. Das Mann-Sein wird als zunehmend nicht stimmig erlebt. Die Betroffenen versuchen diese inneren Konflikte durch ihr transsexuelles Umwandlungsbegehren zu lösen. Die Differenzialdiagnose (auch zum Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen; dann ICD-10: F64.1) ist oft problematisch, in Anbetracht der irreversiblen (d. h. operativen) Konsequenzen aber überaus bedeutsam. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch bei diesen sekundären Verläufen eine Transsexualität (mit allen Konsequenzen) diagnostiziert werden kann und muss.
 
c)
Bei ursprünglich biologischen Frauen, die entsprechend ihres Wunschgeschlechts als „Trans-Männer“ bezeichnet werden sollten, überwiegen bei weitem diejenigen, die bereits in der Kindheit ein nicht wirklich typisches Mädchenverhalten bis hin zu einem ausgeprägt jungenhaften Verhalten zeigen. Die Diagnose einer Geschlechtsidentitätsstörung im Kindesalter (ICD-10: F64.2; DSM-IV-TR: 302.6) kann gestellt worden sein, muss aber nicht. Die körperliche Pubertät, insbesondere die Menarche, wird von ihnen als traumatischer Prozess empfunden („blutiges Erwachen“). Spätestens jetzt werden sich die Betroffenen darüber im Klaren, dass sie sich mit ihrem Körper keinesfalls arrangieren können und entwickeln dann einen transsexuellen Umwandlungswunsch;
Die sich zunächst in erotischen oder Masturbationsfantasien äußernde sexuelle Orientierung ist auf (heterosexuelle) Frauen gerichtet (= gynäphil), nicht selten ist die sexuelle Orientierung auch noch völlig unklar, kristallisiert sich dann aber als gynäphil heraus. Lesbische Erfahrungen bleiben jedoch unbefriedigend. Die Vorstellung mit Wunsch nach „Geschlechtsumwandlung“ erfolgt gelegentlich schon in der Adoleszenz, durchschnittlich aber um das 25. Lebensjahr. Bei diesem Typus handelt es sich inzwischen um die weit überwiegend häufigste Gruppe, die sich im medizinischen System präsentiert.
Ein relativ neues Phänomen stellt dabei eine Personengruppe dar, bei denen die Geschlechtsdysphorie tatsächlich erst mit Beginn der weiblichen Pubertät einsetzt und innerhalb kürzester Zeit aber zu einem sozialen Geschlechterwechsel und dem vehementen Wunsch nach körperverändernden Maßnahmen einhergeht (sogenannter „rapid onset)Bei diesem Typus wird bis in und oft auch nach der – nicht selten problemlos erlebten! – körperlichen Pubertät „typisch mädchenhaftes“ Spiel- und Kleidungsverhalten inkl. Mädchenfrisuren gezeigt, zu allermeist besteht eine androphile sexuelle Orientierung, die auch schon in entspr. soziosexuelle Erfahrungen gemündet sein kann. Erst später kommt es – zumeist angestoßen durch reale oder medial-virtuelle Kontakte mit sich als „trans*“ definierenden anderen Menschen – relativ plötzlich und für Eltern und Bekannte völlig überraschenden zu einem Wunsch nach Wechsel des Geschlechts und entsprechenden Körperveränderungen. Da es sich um ein relativ neues beobachtetes Phänomen handelt ist über deren Verlaufsprognose relativ wenig bekannt. Es gibt jedoch zunehmend Berichte von sogenannten Re-Transitionern, die retrospektiv die irreversible Virilisierung des eigenen Körpers durch Testosterongabe sowie die Entfernung der weiblichen Brust bereuen.
 
d)
Eine daneben bestehende, klinisch aber kleine Gruppe sind biologische Frauen, die nach einer heterosexuellen, jedoch nicht selten anderweitig belasteten Vorgeschichte mit transsexuellem Umwandlungsbegehren vorstellig werden. Systematisch erhobene Verlaufsdaten zu dieser Gruppe biologischer Frauen mit „sekundärer“ transsexueller Geschlechtsdysphorie liegen bislang nicht vor. Unserer klinischen Erfahrung nach handelt es sich überdurchschnittlich oft um junge, (extrem) übergewichtige Frauen mit massiven Ausgrenzungs („mobbing“) erfahrungen wegen der Adipositas und daraus resultierenden erheblichen psychischen Problemen – sie haben die Ablehnung ihrer Körperlichkeit durch andere „internalisiert“ und hoffen, durch den Geschlechtswechsel aus dem – verhassten – Körper fliehen zu können.
 

Diagnostik und Therapie

Da es sich bei der Frage der Kongruenz oder Inkongruenz von körperlichen Geschlechtsmerkmalen (sex) und empfundener Geschlechtszugehörigkeit um eine Frage des subjektiven Erlebens und der subjektiven Wertung handelt, kann es naturgemäß keine „objektiven“ Kriterien (Labor, Bildgebung, psychometrische Testung) für das Vorliegen eines solchen Phänomens geben. Auch die Frage, wie sehr eine Person unter einer solchen Inkongruenz leidet, ob also eine Geschlechtsdysphorie vorliegt, kann letztlich nur durch die Person selbst festgestellt werden. Es handelt sich also um eine zuerst von einem Patienten oder einer Patientin selbstgestellte „Diagnose“. Für die Planung der weiteren Behandlung ist es dann jedoch entscheidend, im Rahmen eines adäquaten diagnostisch-therapeutischen Prozesses zu einer fachlichen Einschätzung bezüglich des Typus und des möglichen weiteren Verlaufs der Problematik zu gelangen. Ein Verschleppen der Behandlung, ein Vertrösten des Patienten ohne tatsächliche Hilfsangebote zum Ausloten seines tief greifenden Lebenskonflikts mit ihm gemeinsam kann letztlich letale Folgen haben, da viele Patienten in der „Umwandlung“ die letzte lebbare Möglichkeit sehen. Andererseits kann auch ein vorschnelles Einleiten weitgehend irreversibler körperverändernder Maßnahmen ohne ausreichende diagnostisch-therapeutische Abklärung deletäre Konsequenzen haben. Die Indikation für solche Maßnahmen kann letztlich nur im Ergebnis eines je nach Einzelfall längeren oder kürzeren diagnostisch-therapeutischen Prozesses gestellt werden. Dabei spielt die (psychotherapeutisch begleitete) Erprobung des Lebens in der Rolle des innerlich gefühlten Geschlechts in allen Lebensbereichen (sog. Alltagstest) eine zentrale Rolle. Erst wenn die Irreversibilität einer Geschlechtsidentitätstransposition im Sinne eines „transsexuellen Typus“ mit einem für das tägliche Leben brauchbaren Maß an Gewissheit festgestellt werden kann, kann auch aus medizinischer Sicht die Indikation für körperverändernde Maßnahmen gestellt werden. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Geschlechtsdysphorie vom nicht-transsexuellen Typus am besten durch eine sachverständige Psychotherapie behandelt wird (Hepp et al. 2002).
Während frühere Standards zur Behandlung der Transsexualität im deutschsprachigen Raum hier aber noch einen mindestens 12 monatigen Alltagstest in allen Lebensbereichen unter psychotherapeutische Begleitung als notwendige Voraussetzung für weitere therapeutische Schritte festsetzten, gehen aktuelle Empfehlungen, insbesondere die neueste AWMF-S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung u. a. Gruppen zu diesem Thema, von der Notwendigkeit eines stärker individualisierten, auf den jeweiligen Einzelfall und dessen bisherige Lebensgeschichte abgestimmten Vorgehens aus. Eine Psychotherapie mit festgesetzter Dauer sollte nicht mehr zur Voraussetzung für körperverändernde Maßnahmen jedweder Art gemacht werden. Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Situation als unglücklich zu bezeichnen und für viele Patienten und Behandler verwirrend, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland aus sozialrechtlich nachvollziehbaren Gründen vor Genehmigung der Finanzierung bestimmter somatomedizinischer Leistungen nach wie vor die Durchführung einer ergebnisoffenen, begleitenden Psychotherapie verlangen (vgl. MDS 2009). Darüber hinaus steht zu befürchten, dass ein Vorgehen nach dieser neuen Leitlinie zu einer Zunahme vorschneller diagnostischer Einordnung einer Geschlechtsdysphorie als irreversibler Transsexualität, damit zu – nicht ausreichend abgesicherten – Indikationsstellung und Durchführung irreversibler und mit Risiken und Nebenwirkungen belasteten somatomedizinischen Umwandlungsbehandlungen führt, die später vom Patienten bedauert werden, dass also die – bislang aufgrund eines differenzierenden und auslotenden Vorgehens niedrigen – Raten von „regrets“ zunehmen.
Die Geschlechtsdysphorien vom nicht-transsexuellen Typus stellen keine Indikation für körperverändernde Maßnahmen (Hormone, Operationen) dar, weil hier Körperveränderungen nicht zur Lösung des ursächlichen Problems beitragen können. Hier sollte vielmehr eine Psychotherapie empfohlen und angeboten werden.

Epidemiologie und Ätiologie

Die Angaben zur Epidemiologie von „trans“, Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Transsexualität schwanken je nach verwendeter Definition, Erhebungsmethode und – land, aber auch nach definitorischen Kriterien. Dies führt zu einem nicht unerheblichen Bias (Bauer und Scheim 2013). Wird z. B. eine eher weitere „Definition“ des Phänomens vorgenommen, in dem man mit der Frage „Do you consider yourself to be transgender?“ (Conron et al. 2012) nach Varianten der Geschlechtsidentität fragt, so ergeben sich Häufigkeiten zwischen 100 und 4500 (sic!) Fällen pro 100.000 Einwohnern. Wird hingegen die Häufigkeit klinischer Diagnosestellungen im Sinne operationalisierter Störungen der Geschlechtsidentität, die Häufigkeit gerichtlicher Änderungen des Vornamens und Personenstandes oder sogar die Häufigkeit der Durchführung geschlechtsangleichender Operationen als Kriterium veranschlagt, so bricht die Häufigkeit dramatisch ein und erreicht ein Niveau von etwa 4 bis 14 Fälle auf 100.000 Einwohner (Collin et al. 2016). Ott und Garcia Nunez (2018) haben die Zahlen für die Bevölkerung der BRD hochgerechnet und geben an, dass damit „zwischen 3804 und 32.1372 trans* Personen in Deutschland“ leben. Einen Überblick über die wichtigsten Studien in diesem Bereich gibt Tab. 1.
Tab. 1
Epidemiologie transsexueller Geschlechtsidentitätsdysphorie
Autor
LAND
JAHR
Trans Frauen
Trans Männer
M : F – RATIO
Bakker et al.
Niederlande
1993
1 : 11.900
1 : 30.400
2,5 : 1
Tsoi et al
Singapur
1988
1 : 2900
1 : 8300
3 : 1
Osburg & Weitze
Deutschland
1993
1 : 45.000
1 : 38.000
2,3 : 1
Wilson et al.
Schottland
1999
1 : 7440
1 : 31.450
4 : 1
DeCuypere et al.
Belgien
2006
1 : 12.900
1 : 33.800
2,4 : 1
Meyer zu Hoberge
Deutschland
2009
1:20.202
1:34.843
1,5 : 1
Auch hinsichtlich der Ätiologie der Geschlechtsdysphorie ist nach wie vor vieles im Unklaren. Dies liegt vor allem daran, dass bislang stets nur kleine Stichproben untersucht wurden und notwendige Multicenterstudien mit gleicher Fragestellung und Methodik fehlen.
Viele Faktoren sprechen aber für eine biopsychosoziale Fundierung der Geschlechtsdysphorie, d. h. weder biologische noch psychosoziale Befunde alleine sind in der Lage eine entsprechende psychosexuelle Entwicklung hinreichend zu erklären (Bosinski 2000; Bosinski 2013).

Rechtliche Aspekte

Berührungspunkte zwischen medizinischen und rechtlichen Fragestellungen gibt es im Zusammenhang mit der Geschlechtsdysphorie im Wesentlichen auf zwei Rechtsgebieten: dem Personenstandsrecht einerseits und dem Sozialrecht andererseits.
Personenstandsrechtlich hat es in den letzten Jahren mannigfache rechtliche Veränderungen mit Blick auf Personen gegeben, bei denen eine DSD vorliegt. So wurde zunächst die Möglichkeit geschaffen, schon bei Geburt den Geschlechtseintrag im Geburtenregister bei Vorliegen einer Uneindeutigkeit hinsichtlich des Geschlechts zunächst offen zu lassen. Im weiteren Verlauf ist es möglich, auf entsprechenden Wunsch und mit entsprechender ärztlicher Bescheinigung oder mit Erklärung an Eidesstatt standesamtlich den Geschlechtseintrag „divers“ vornehmen zu lassen. Entsprechend des aus klinischer Sicht Erwartbaren ist aber die Zahl an Personen, die tatsächlich einen solchen Geschlechtseintrag wollen extrem gering, denn die meisten Menschen mit einer DSD fühlen sich klar einem Geschlecht zugehörig und empfindet keine Geschlechtsinkongruenz.
Im Gegensatz zur personenstandsrechtlich deutlich vereinfachten Variante des Wechsels des juristischen Geschlechts bei nachweislichem Vorliegen einer somatosexuellen Differenzierungsstörung (DSD) ist die Änderung des Geschlechtseintrages oder auch nur an die Änderung eines Vornamens in Deutschland weiterhin an hohe Hürden geknüpft. Das entsprechende Verwaltungsverfahren wird im sogenannten „Transsexuellengesetz“ geregelt. Es setzt einen richterlichen Beschluss unter Hinzuziehung zweier Sachverständiger voraus, die die Irreversibilität einer transsexuellen Prägung mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigen. Auch wenn das Verfahren teuer und für die Betroffenen unnötig belastend erscheint, kann jedoch aus straf- und berufsrechtlichen Erwägungen nur davon abgeraten werden – wie aktuell mitunter praktiziert – als Arzt oder Ärztin im Falle einer Transsexualität eine „Störung der Geschlechtsentwicklung“ zu attestieren um den Betroffenen eine Änderung des juristischen Geschlechts über das Personenstandrecht zu ermöglichen.
DSD und Transsexualität unterscheiden sich hinsichtlich des Vorgehens im Personenstandsrecht stark.
Sozialrechtlich stellt sich im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) die Frage, ob in bestimmten Fällen überhaupt ein behandlungsbedürftiger Zustand (Krankheit im sozialrechtlichen Sinne) vorliegt und wenn ja, welche medizinischen Behandlungsformen ausreichend und zweckmäßig sind. Wie oben bereits erläutert gilt dabei, dass nicht bei jeder Person, die sich als „trans“ (oder „trans*“, „transgender“, „agender“, „gender-queer“ oder oder …) definiert, auch eine behandlungsbedürftige Störung vorliegt. Viele dieser Personen streben auch gar keine körperlichen Veränderungen an, sondern Leben ihre Selbstdefinition in anderer Art und Weise aus. Auch eine Geschlechtsinkongruenz (im Sinne des ICD-11) alleine beinhaltet zwar mitunter ein gewisses Unwohlsein, aber noch keinen wesentlichen Leidensdruck, der eine medizinische Indikationsstellung für irgendwelche Maßnahmen (insbesondere auf Kosten der Solidargemeinschaft) rechtfertigt. Körperliche Veränderungsbegehren dieser Personengruppe, z. B. Wunsch nach Verordnung von Hormonen oder Wunsch nach operativen Eingriffen oder nach Epilation, sind also zunächst nicht anders zu bewerten als entsprechende Wünsche von Menschen ohne Geschlechtsinkongruenz, nämlich als nicht medizinisch indizierte Eingriffe im Sinne der wunscherfüllenden Medizin mit allen entsprechenden rechtlichen Konsequenzen (vgl. z. B. Wienke 2008). Wenn eine Person aufgrund einer Inkongruenz zwischen ihrem körperlichen So-Sein einerseits und psychosozialen Aspekten andererseits aber einen klinisch relevanten inneren Leidensdruck entwickelt, dann ist es entsprechend der aktuellen Rechtssprechung zu anderen inneren Leidenszuständen, wie etwa der körperdysmorphen Störung, zunächst angezeigt, dieses Leiden mit psychotherapeutischen Mitteln zu reduzieren. Eine Operation stellt sozialrechtlich keine zweckmäßige Behandlung eines psychischen Leidenszustandes dar. Erst wenn andere Mittel das Leid einer betroffenen Person nicht zu lindern vermögen, andere therapeutische Optionen ausgeschöpft sind und die körperverändernde Maßnahme im Einzelfall begründete Aussicht auf Erfolg verspricht (wofür im Falle einer transsexuellen Geschlechtsdysphorie ausreichend Evidenzen vorhanden sind), dann kann eine solche Maßnahme auch zu Lasten der Solidargemeinschaft erfolgen.
Nur bei einer Geschlechtsdysphorie vom transsexuellen Typus sind körperverändernde Maßnahmen zweckmäßig und ausreichend um den inneren Leidenszustand der betroffenen Person zu reduzieren und damit medizinisch indiziert.

Zusammenfassung

  • Geschlecht ist sowohl eine biologische (engl. sex) als auch eine psychosoziale (gender) Kategorie
  • Nicht jede Variante oder soziale Ausdrucksform von Geschlecht (transgender) ist störungswertig und mit klinisch relevantem Leidensdrucke verbunden
  • Eine Diskrepanz zwischen dem biologischen bzw. bei Geburt zugewiesenen Geschlecht, der sozialen Geschlechterrolle und dem inneren Zugehörigkeitsgefühl zu einem Geschlecht wird als Geschlechtsinkongruenz bezeichnet
  • Geschlechtsinkongruenz kann bei DSD (Intersex-Syndromen), häufiger aber bei Personen mit eigentlich eindeutiger biologischer Geschlechtszugehörigkeit auftreten.
  • Ist eine Geschlechtsinkongruenz mit klinisch relevantem Leiden oder sozialer Beeinträchtigung verbunden, dann wird sie als Geschlechtsdysphorie bezeichnet
  • Die ergebnisoffene psychotherapeutisch begleitete Erprobung des Lebens in der Rolle des innerlich gefühlten Geschlechts ist in Bezug auf Diagnose, Prognose und weitere Therapieplanung zumeist unerlässlich
  • Die extremste Form der Geschlechtsdysphorie, bei der eine irreversible Transposition der Geschlechtsidentität gesichert vorliegt, wird als Transsexualität bezeichnet
  • Ausschließlich bei der Transsexualität können körperverändernde Maßnahmen als evidenzbasiert und zweckmäßig angesehen werden
  • Sowohl das Verschleppen als auch ein vorschnelles Einleiten weitgehend irreversibler körperverändernder Maßnahmen kann fatale Folgen haben.
Literatur
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American Psychiatric Association (APA) (2013) Diagnostic and statistical manual of mental disorders, Fifth Edition – DSM-5. American Psychiatric Publishing, Washington, DC
Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischer Fachgesellschaften (2018) Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit: S3-Leitlinie zur Diagnostik, Beratung und Behandlung. Berlin: AWMF (Reg.Nr. 138-001)
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