Die immer weitere Verbreitung minimalinvasiver Techniken in der operativen Urologie hat das Fachgebiet grundsätzlich verändert. Trotz einer deutlichen Minimierung des Operationstraumas und der daraus resultierenden geringeren Morbidität und Mortalität, beobachtet man beim Anwenden der neuen Behandlungsmethoden oft ein geändertes Spektrum der möglichen Behandlungskomplikationen. Die gezielte Prophylaxe, frühzeitige Erkennung und effektive Therapie der unerwünschten Behandlungsfolgen tragen entscheidend dazu bei, die gestellten Therapieziele zu erreichen. In diesem Kapitel werden vor allem allgemeine Komplikationen der minimalinvasiven urologischen Operationen dargestellt. Die detaillierten Informationen zu eingriffsspezifischen Problemen finden Sie in den entsprechenden Abschnitten dieses Buches.
Die immer weitere Verbreitung minimalinvasiver Techniken in der operativen Urologie hat das Fachgebiet grundsätzlich verändert. Trotz einer deutlichen Minimierung des Operationstraumas und der daraus resultierenden geringeren Morbidität und Mortalität, beobachtet man beim Anwenden der neuen Behandlungsmethoden oft ein geändertes Spektrum der möglichen Behandlungskomplikationen. Die gezielte Prophylaxe, frühzeitige Erkennung und effektive Therapie der unerwünschten Behandlungsfolgen tragen entscheidend dazu bei, die gestellten Therapieziele zu erreichen. In diesem Kapitel werden vor allem allgemeine Komplikationen der minimalinvasiven urologischen Operationen dargestellt. Die detaillierten Informationen zu eingriffsspezifischen Problemen finden Sie in den entsprechenden Abschnitten dieses Buches.
Metabolische und physiologische Folgen des Pneumoperitoneums
Das Etablieren des Pneumoperitoneums ist eine wichtige Voraussetzung zur Durchführung der laparoskopischen und robotischen Eingriffe an den Bauch- und Beckenorganen. In den meisten Fällen wird dies durch Insufflation des Kohlenstoffdioxids (CO2) in die Peritonealhöhle erreicht. Der Arbeitsdruck liegt intraoperativ bei ca. 12–15 mmHg, was den normalen intraperitonealen Druck von 0–5 mmHg deutlich übersteigt. Die daraus resultierenden Folgen sind eine Verschlechterung der pulmonalen Ventilationsverhältnisse, der metabolischen Azidose, eine Hyperkapnie und/oder eine vagusinduzierte Bradykardie. Der reduzierte venöse Rückfluss kann die intraoperative Kontrolle der Hämodynamik deutlich beeinträchtigen. Zu den seltenen, jedoch potenziell letalen Komplikationen, gehört eine venöse und ggf. eine paradoxe Gasembolie während der endoskopischen Eingriffe. Dank hoher Löslichkeit des CO2 im Blut liegt die Inzidenz der relevanten Gasembolien in den meisten beobachteten Fallserien deutlich unter 0,1 %. Das erhöhte Risiko klinisch relevanter Embolien besteht bei direkter Gasinsufflation in ein Blutgefäß infolge einer unerkannten Fehllage des Trokars oder der Verres-Nadel, oftmals bedingt durch eine Punktion der V. cava oder der venösen Beckengefäße. Aus diesem Grund wird die Platzierung des ersten Trokars oft unter direkter Sicht und die Lageüberprüfung von der Verres-Kanüle vor der Gasinsufflation empfohlen.
Zur Vorbeugung metabolischer Komplikationen ist eine detaillierte Anamneseerhebung bezüglich der eventuell vorhandenen kardiologischen und pulmologischen Vorerkrankungen und ggf. eine erweiterte präoperative Diagnostik (inklusive Lungenfunktionsbestimmung, BGA-Kontrolle und Echokardiografie) von entscheidender Bedeutung. Im Falle von erheblicher kardiorespiratorischer Vorbelastung, sowie bei morbid adipösen Patienten muss die Festlegung der Operationsmethode in enger Zusammenarbeit mit anästhesiologischen und internistischen Kollegen erfolgen.
Lagerungsschädigung
Aufgrund der oft verlängerten Operationsdauer hat eine korrekte druckstellenfreie Patientenlagerung bei laparoskopischen und roboterassistierten minimalinvasiven Eingriffen eine besondere Bedeutung. Für verschiedene, in der Urologie verwendete Lagerungen, müssen unterschiedliche kritische Punkte beachtet werden (Tab. 1).
Tab. 1
Typische lagerungsbedingte Nervenschädigungen während urologischer Eingriffe
Lagerung
Symptomatik
Pathophysiologischer Mechanismus
Steinschnittlagerung
Parese der Fußsenker- und Zehenbeugermuskulatur. Sensibilitätsstörung im Bereich der Fußsohle und lateraler Fußkante
Kompression des N. tibialis im Bereich der Kniekehle gegen die Beinschale
Steinschnittlagerung Seitenlagerung
Bildung des Spitzfußes, Supinationsschwäche, Steppergang
Kompression des N. peroneus im Bereich des Fibulakopfes gegen die Beinschale (Steinschnittlagerung) oder gegen den Operationstisch (Seitenlagerung)
Seitenlagerung
Sensibilitätsstörungen und motorische Ausfälle im Arm unterschiedlicher Ausprägung
Kompression des Plexus brachialis zwischen Brustkorb und Schulter bei fehlerhafter Auslagerung des unteren Armes
Rückenlagerung
Größtenteils Sensibilitätsstörungen an der lateralen Seite des Unterschenkels und Fußes
Kompression des N. ischiadicus gegen den Operationstisch bei inadäquater Polsterung
Rückenlagerung mit Arme am Operationstisch parallel zum Körper (bei radikaler roboterassistierter Prostatektomie)
Krallenhand, Sensibilitätsstörungen in Dig. IV–V
Kompression des N. ulnaris
Bauchlagerung
Parese der Fußsenker- und Zehenbeugermuskulatur.
Verletzung des N. tibialis anterior bei prolongierter Plantarflexion
Bauchlagerung
Sensibilitätsverlust im Bereich des lateralen Oberschenkels
Kompression des Nervus cutaneus femoris lateralis im lateralen Hüftbereich
Als allgemeine Prophylaxe von lagerungsbedingten Komplikationen dient die sorgfältige und druckstellenfreie Lagerung des Patienten. Bei aufgetretener Nervenschädigung ist eine unverzügliche neurologische Vorstellung und die Anleitung der Physiotherapie geboten.
Blutungskomplikationen
Die intraoperativen und postoperativen Blutungen gehören zu den häufigsten und gefährlichsten Komplikationen in der operativen Urologie. Die Blutungskontrolle bei laparoskopischen und roboter-assistierten Eingriffen stellt den Operateur oft vor deutliche Herausforderungen.
Im Vergleich zu offener Chirurgie sind die Möglichkeiten, ein blutendes Gefäß zu komprimieren, bei minimalinvasiven Eingriffen deutlich eingeschränkt. Die begrenzte Zahl der einliegenden Trokare macht die gleichzeitige Nutzung von mehreren Instrumenten oft unmöglich. Das massive Absaugen führt oft zum Verlust des intraabdominellen Druckes und infolgedessen zur Verschlechterung der Sichtverhältnisse während der kritischen Momente des Eingriffs. Aus diesen Gründen bleibt die Blutung eine der häufigsten Ursachen für Konversion zu offener Operation.
Die Häufigkeit der Blutungskomplikationen variiert abhängig von der Art der Operation. Im Schnitt liegt die Inzidenz für eine intraoperative Hämorrhagie bei laparoskopischen uroonkologischen Eingriffen bei ca. 2,3 %. Die postoperative Rate der hämorrhagischen Komplikationen beträgt 2,7 %.
Bei der Versorgung intraoperativer Blutungen spielt eine präzise Darstellung der blutenden Gefäße eine entscheidende Rolle. Im Falle venöser Blutungen kann eine temporäre Erhöhung des Arbeitsdrucks die Venen komprimieren, um so Zeit für eine definitive Blutstillung zu gewinnen. Als limitierende Faktoren treten hier das Risiko für eine Gasembolie und hämodynamische Beeinträchtigungen auf. Sollte eine manuelle Kompression des blutenden Gefäßes notwendig sein, stellt die hand-assistierte Laparoskopie eine mögliche minimalinvasive Alternative dar, bevor eine Konversion erfolgen muss.
Für die Auswahl der Methode der definitiven Hämostase spielt der Kaliber des blutenden Gefäßes eine entscheidende Rolle. So können die Blutungen aus kleineren Gefäßen sicher mittels Mono- oder bipolaren Koagulation versorgt werden. Aufgrund der präziseren Energieverteilung ist grundsätzlich die zweite Methode zu bevorzugen. Die Anwendung von koagulierenden Instrumenten, die eine Koagulation durch hochfrequenten Strom oder den Einsatz von Ultraschallvibrationen erzielen, bietet eine wirksame Alternative zur bipolaren Koagulation.
Wenn die Blutungsquelle im Bereich von mittelgroßen Gefäßen liegt, wird im minimalinvasiven Setting oft eine Hämostase mittels Clips-Applikation angewendet. Die Clips müssen möglichst präzise an ein blutendes Gefäß angesetzt werden. Unkontrollierte Anwendung von Clips ist nicht nur unzureichend effektiv, sondern auch gefährlich im Sinne von Verletzungen von perivaskulären Strukturen und einer unkontrollierten Cliplösung, auch im postoperativen Verlauf.
Bei der Blutung aus großlumigen Gefäßen oder beim Versagen der anderen hämostatischen Mittel, kommt eine Ligatur oder gegebenenfalls Gefäßnahtanlage infrage. In erfahrenen Händen kann diese auch minimalinvasiv durchgeführt werden. In vielen Fällen ist jedoch eine Konversion zum offen chirurgischen Eingriff und ggf. die intraoperative Beteiligung von Gefäßchirurgen notwendig.
Bei den tumorchirurgischen organerhaltenden Eingriffen an der Niere kommt es oft zu signifikanten parenchymatösen Blutungen, die mittels klassischen Naht- und Koagulationstechniken nur schwer zu stoppen sind. In unserer Klinik hat sich für solche Situationen in den letzten Jahren die Anwendung von hämostatischen Patches etabliert. Die hier verwendeten hämatostatischen Patches bestehen u. a. aus einer Mischung von oxidierter Zellulose und Polyethylenglykol (PEG) (Veriset) oder Pferdekollagen, das mit humanem Thrombin und Fibrinogen beschichtet ist (Tachosil). Aus unserer Erfahrung ermöglicht diese Methode eine schonende und sichere Hämostase mit gleichzeitiger Ersparnis der Operationszeit.
Intraoperative Blutungskontrolle: Senkung des intraperitonealen Drucks
Die häufigste Blutungsursache im postoperativen Verlauf ist eine intraoperativ nicht erkannte Verletzung der kleineren Gefäße. Die wichtigste prophylaktische Maßnahme ist eine sorgfältige Hämostase am Ende des operativen Eingriffs. Da ein erhöhter intraperitonealer Druck bei etabliertem Pneumoperitoneum die Blutung aus den venösen Gefäßen maskieren kann, ist es geboten, vor der Beendung der Operation den Gasdruck zu reduzieren und das gesamte Operationsgebiet erneut auf Blutungszeichen zu inspizieren.
Arteriovenöse Fistel nach Nierenteilresektion
Eine besondere Stellung unter den postoperativen Blutungskomplikationen hat die Bildung von Pseudoaneurysmen und arteriovenösen Fisteln in Folge von Nierenteilresektionen. Der pathophysiologische Mechanismus kann durch intraoperative Verletzung der Gefäßwand mit insuffizienter spontaner Hämostase erklärt werden. Beim Lösen des tamponierenden Thrombus kann es zu den klinisch relevanten Blutungen kommen.
Zu den klassischen Symptomen eines Pseudoaneurysmas gehören die Makrohämaturie sowie Flankenschmerzen. Aufgrund der großen Gefäßkaliber von renalen Arterien kann es jedoch auch zu den lebensbedrohlichen Blutungen mit den Zeichen einer akuten Blutungsanämie und einer Kreislaufdysregulation kommen. Schätzungen zufolge treten die Pseudoaneurysmen bei ca. 1,47 % von Patienten nach Nierenteilresektion (offen sowie laparoskopisch), AV-Fisteln treten bei ca. 0,3 Prozent der Patienten auf. Da die vielen vaskulären Läsionen jedoch asymptomatisch bleiben, dürfte die Dunkelziffer hier jedoch deutlich höher liegen. Eine Makrohämaturie nach Nierenteilresektion ist das wichtigste Warnzeichen von möglichen Pseudoaneurysmata oder AV-Fistel. Am häufigsten tritt die Symptomatik während der zweiten postoperativen Woche auf, es wurden jedoch auch manifeste Blutungen erst 3 Monate postoperativ beschrieben.
Eine CT-Abdomen-Untersuchung mit arterieller Phase stellt eine leicht zugängliche und zuverlässige diagnostische Methode dar. Beim typischen klinischen Bild und instabilem Patienten ist jedoch auch ein direkter Einsatz der Angiografie mit ggf. interventioneller Embolisation gerechtfertigt, bzw. eine direkte operative Nierenfreilegung (Abb. 1 und 2).
Abb. 1
Darstellung einer arteriellen Blutung neun Tage nach Nierenteilresektion an der rechten Niere bei einem Oberpoltumor: A: native Darstellung der rechten Niere in der axialen Schnittführung. B: Sichtbarer Kontrastmittelaustritt in der arteriellen Phase mit KM-Enhancement (Pfeil) im Vergleich zur nativen Phase. C: Arterielle Phase in der koronaren Rekonstruktion mit KM-Austritt (Pfeil). D: Portalvenöse Phase, Darstellung des zunehmenden KM-Austritts (Pfeil). E: Selektive angiografische Darstellung der Segmentarterienblutung. F: Abschlussbild nach erfolgter superselektiver Versorgung von insgesamt drei arteriellen Blutungen mittels Gefäßcoils (Pfeile)
Abb. 2
AV-Fistel nach Nierenteilresektion mit Einblutung in das Nierenbeckenkelchsystem und Ausbildung einer Makrohämaturie. A, B: Darstellung der AV-Fistel in der portalvenösen Phase (Pfeile), A: Axiale CT-Darstellung, B: Koronare Rekonstruktion. C, D: Angiografie der A. renalis mit Darstellung des KM-Übertritts in das Nierenbeckenkelchsystem und der AV-Fistel (Pfeil). E: Interventionelle Versorgung der AV-Fistel mit eingebrachten Gefäßcoils (Pfeil)
×
×
Die kleinen und asymptomatischen Pseudoaneurysmen brauchen in der Regel keine spezifische Therapie und können verlaufskontrolliert werden. Sollte jedoch die klinische Symptomatik auftreten, muss eine unverzüglich interventionelle oder operative Versorgung erfolgen.
Die rasche Entwicklung der interventionellen Radiologie hat dazu geführt, dass eine selektive arterielle Embolisation der heutige Goldstandard in der Behandlung von postoperativen Nachblutungen und AV-Fisteln nach Nierenteilresektion darstellt. In den publizierten Fallserien lag die Erfolgsquote von interventionellen Methoden oft bei nahezu 100 % zur Behebung von AV-Fisteln bzw. Blutungen aus Segmentarterien. Sollte radiologisch keine suffiziente Blutstillung erreicht werden, muss unverzüglich eine operative Revision mit chirurgischer Unterbindung des betroffenen Gefäßes bzw. eine Nephrektomie erfolgen.
Urinleckage nach Nierenteilresektion
Die Urinleckage zählt zu den häufigen Komplikationen der operativen Eingriffe mit dem Eröffnen des Harntraktes. Die Entwicklung des Urinoms wird bei 0,25 % der Patienten nach robotischer Nierenteilresektion und 2,75 % nach laparoskopischer Nierenteilresektion beobachtet.
Unmittelbar postoperativ wird die Urinleckage in der Regel durch die erhöhte Fördermenge von einliegender Drainage symptomatisch: Sollte die intraoperativ eingelegte Drainage noch in situ sein, kann eine Kreatininbestimmung in der Drainageflüssigkeit die Diagnose untermauern. Bei Auftreten eines Urinoms bei bereits entfernter Drainage berichten die betroffenen Patienten über Infektzeichen im Sinne von Fieber oder Schüttelfrost sowie über ausgeprägte Flankenschmerzen und abdominelle Schmerzen. Laborchemisch kann im Sinne einer Autodialyse auch ein erhöhtes Serumkreatinin auftreten.
Eine Computertomografie mit Ausscheidungsphase ist eine Bildgebungstechnik zur Beurteilung des oberen Harntraktes.
In der Therapie von Urinleckage ist eine suffiziente Drainage des Verhaltes und Etablieren des Niederdrucks in den Harnwegen von entscheidender Bedeutung. Die CT-grafisch- oder sonografiegesteuerte Anlage einer Urinom-Drainage stellt normalerweise den ersten Schritt in der Behandlung von Urinextravasaten dar. Zur Drucksenkung im oberen Harntrakt wird äußere (mittels Nephrostomie) oder innere (mittels MJ-oder DJ-Katheter sowie transurethralem Harnblasendauerkatheters) Harnableitung angewendet (Abb. 3).
Abb. 3
Urinleckage nach Nierenteilresektion mit Ausbildung eines Urinparavastes. A, B: Koronare Rekonstruktion der Ausscheidungsphase mit Darstellung der Urinleckage aus der mittleren Kelchgruppe (Pfeil) an der rechten Niere. C: Retrograde Pyelografie im Rahmen der Mono-J-Anlage, ebenfalls sichtbar der Kontrastmittelaustritt (Pfeil). D: Eingelegter MJ-Katheter zur Etablierung einer Niederdruckableitung. E: Koronare Rekonstruktion des CT-Bildes in der Spätphase, einliegender MJ-Katheter (Pfeil) sowie Urinomdrainage (Pfeil), mit sistierter Urinleckage bei fehlendem KM-Austritt
×
Urinleckage nach radikaler Prostatektomie und Zystektomie
Zu den häufigsten Gründen für eine Urinleckage im Bereich von unteren Harnwegen gehört eine Insuffizienz der vesikourethralen Anastomose nach radikaler Prostatektomie oder Zystektomie mit Neoblasenbildung. Ein signifikanter Häufigkeitsunterschied zwischen offener und robotischer Prostatektomie in Bezug auf das Auftreten von klinisch signifikanten Anastomoseninsuffizienzen konnte im Rahmen von Studien nicht nachgewiesen werden.
Das Abheilen der Anastomose ist zeitabhängig, was die traditionell verlängerte postoperative DK-Versorgung rechtfertigt. Aktuelle Studien zeigen, dass bei robotischer Prostatektomie in Aalst-Technik die Katheterentfernung bereits am 2 postoperativen Tag erfolgen kann.
Die Diagnostik der vesikourethralen Anastomoseninsuffizienz erfolgt mittels einer Zystografie. Zur Erhöhung der Sensitivität kann die Untersuchung auch als ein CT-Zystogramm erfolgen (Abb. 4).
Abb. 4
Anastomoseninsuffizienz nach robotischer minimalinvasiver radikaler Prostatektomie mit nachfolgender Ausheilung. A: Zytogramm in der a.p. Darstellung mit Kontrastmittelparavasat (Pfeil) am 5. postoperativen Tag, nebenbefundlich zeigt sich eine deutliche Gefäßverkalkung der Beckenarterien (schwarzer Pfeil). B: Zystografische Darstellung der Anastomoseninsuffizienz (Pfeil) in der gedrehten Aufnahme. C: CT-Zystogramm des gleichen Patienten in der sagittalen Rekonstruktion mit sichtbarem KM-Paravasat (Pfeil). D, E: Axiale CT-Darstellung des kleinen Beckens im CT-Zystogramm: Unter verlängerter Dauerkatheterableitung zeigt sich eine Ausheilung der Anastomoseninsuffizienz ohne Nachweis eines KM-Paravasats, so dass der einliegende DK entfernt wurde
×
Entscheidend in der Behandlung von Urinleckage ist eine Harnableitung mittels transurethralen Harnblasenkatheter. Bei größeren und vor allem infizierten Urinkollektionen ist auch eine CT-grafisch gesteuerte Drainage des Urinoms möglich. Bei deutlich protrahiertem Verlauf oder bei unbeherrschbarer Symptomatik sollte eine supravesikale Harnableitung mittels Mono-J Katheter und gegebenenfalls Nephrostomie erfolgen.
Darmverletzungen
In jedem Schritt eines minimalinvasiven urologischen Eingriffs kann es zur Verletzung von unterschiedlichen Darmabschnitten kommen. Das rechtzeitige Erkennen und eine schnelle suffiziente Therapie sind von entscheidender Bedeutung für die Prognose der Patienten nach einer intraoperativen Verletzung des Verdauungstraktes, da sich die Prognose und der weitere klinische Verlauf bei den Patienten mit intraoperativ erkannten und intraoperativ nicht erkannten Darmläsionen deutlich unterscheidet. Wird die Verletzung des gastrointestinalen Trakts intraoperativ erkannt und entsprechend versorgt, sieht man in der Regel keine relevanten Veränderungen im Ablauf der postoperativen Phase. Bei intraoperativ übersehenen Läsionen entwickelt sich oft ein septisches Krankheitsbild mit einem entsprechend erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko.
Anhand der Pathogenese können die Darmläsionen durch Platzieren der Trokare, durch eine Verletzung mit den schneidenden Instrumenten oder infolge von Wirkung der thermalen Energie (Strom) entstehen. Während die Läsionen der ersten zwei Gruppen, also eine Trokarverletzung oder eine Verletzung durch schneidende Instrumente in der Regel bereits intraoperativ erkannt werden, werden die koagulationsbedingten Verbrennungen oft erst einige Tage nach der Operation im Rahmen des Gewebeumbaus symptomatisch mit der Ausbildung einer Stuhlleckage.
Das Risiko von Darmverletzungen steigt deutlich mit der Ausprägung von intraabdominellen Verwachsungen bei vor allem voroperierten Patienten. Gerade in dieser Patientengruppe muss man auf eine korrekte Platzierungstechnik der Trokare und des Einführens vom ersten Trokar unter Sicht achten. Die laparoskopische Adhäsiolyse sollte nach Möglichkeit mit einer endoskopischen Schere ohne Anwendung von elektrischer Energie erfolgen. Sollte die Adhäsiolyse nur unter einem erhöhten Risiko von Organverletzungen möglich sein und die Ausbildung eines Pneumoperitoneums deutlich erschwert sein, mit der entsprechenden Entwicklung des operativen Raumes, ist die Konversion zu einem offen-chirurgischen Vorgehen abzuwägen.
Während der Lösung der Adhäsionen sollte bevorzugt eine bipolare Koagulation oder spezielle Hochfrequenzstrom- oder ultraschallbasierte Geräte angewendet werden. Die monopolaren Geräte müssen nach Möglichkeit aufgrund der oft unkontrollierten Energieverteilung im Rahmen dieses Operationsschrittes vermieden werden. Kleinere Dünndarmverletzungen können oft direkt mittels einer Naht zweischichtig verschlossen werden. In der Regel gelingt dies ohne Konversion zur offenen Operation. Bei multiplen Verletzungen im Bereich des Dünndarms ist oft die Resektion des betroffenen Darmabschnittes unvermeidlich.
Die thermischen Darmverletzungen sowie die im Rahmen der Präparation entstandenen Deserosierungen müssen ebenfalls vernäht werden. Aufgrund des hohen Risikos einer sekundären Darmleckage ist eine reine Verlaufskontrolle ohne operative Versorgung in solchen Fällen nicht vertretbar.
Bei Dickdarmläsionen ist ein primärer Verschluss bei kleineren Verletzungen ebenfalls möglich. Bei größeren Läsionen oder massiven Stuhlaustritt muss jedoch die Resektion des betroffenen Darmabschnittes mit der Wiederherstellung der Darmkontinuität erfolgen, ggf. mit der zusätzlichen Anlage eines protektiven Stomas. Intra- und postoperativ ist hier besonders nach der Versorgung von Dickdarmläsionen ein Breitspektrumantibiotikum mit der Abdeckung des gramnegativen und -positiven Erregerspektrums empfohlen.
Spezielle Formen der Darmverletzungen des Rektums und des Duodenums
Sonderformen von Darmverletzungen in urologischer Chirurgie sind die rektalen Verletzungen während der radikalen Prostatektomie. Dies gehört zu seltenen Komplikationen des Eingriffs, die Inzidenz wird auf 0,17 % der Fälle eingeschätzt. Zu den Risikofaktoren für eine mögliche Rektumverletzung zählen Z. n. TUR-P, eine stattgehabte Beckenbestrahlung oder rezidivierende Prostatitiden.
Sollte die Rektumperforation während der Operation erkannt werden, kann ein primärer Verschluss des Defektes in Schichttechnik erfolgen. Mukosa und Serosa des Rektums müssen mit resorbierbaren Nahtmaterial verschlossen werden, das perirektale Gewebe sollte mit nicht resorbierbaren Fäden zugenäht werden. Ein protektives Stoma kann entsprechend angelegt werden. Die intraoperativ unerkannten Fälle einer Rektumverletzung benötigen oftmals eine notfallmäßige operative Revision mit der Anlage eines Colostomas und eine intensivmedizinische Behandlung des sich ausbildenden septischen Krankheitsbildes.
Eine besondere Vorsicht ist während des Kocher’schen Manövers (Mobilisierung des Duodenums) bei der rechtsseitigen Nierenfreilegung geboten. Bereits kleinste Deserosierungen oder ein intramurales Hämatom können im Verlauf zu einer Leckage mit der Ausbildung eines septischen Krankheitsbildes oder auch eines hohen Ileus bei einengender Übernähung führen.
Trokarhernien
Die Trokarhernien gehören zu den seltenen, jedoch relevanten Komplikationen der minimalinvasiven Chirurgie. Unter allen Patienten, die laparoskopischen bzw. roboter-assistierten Eingriffen unterzogen worden sind, liegt die Inzidenz zwischen 0 und 5,2 %. Bei urologischen Operationen wird eine Inzidenz von ca. 0,66 % beschrieben. Aufgrund der relativen Seltenheit der Problematik ist die Datenlage zu den Vermeidungsstrategien und Therapieoptionen bei Trokarhernien oft nicht eindeutig.
Es besteht ein weitgehender Konsens, dass die Trokargröße, die Art des Faszienverschlusses und die Konstruktion des Trokars (schneidende vs. nicht-schneidende Trokare) die Inzidenz der Hernienbildung beeinflussen. Außerdem spielen patientenbezogene Eigenschaften (Alter, BMI, Begleiterkrankungen) und individuelle Besonderheiten (Bindegewebe) und eingriffbezogene Faktoren (Operationsdauer) eine wichtige Rolle.
Am häufigsten entstehen die Hernien bei Verwendung größerer (über 10 mm) Trokare ohne anschließenden Faszienverschluss. Das Anwenden der nicht schneidenden (non-bladed) Trokare kann das Risiko wesentlich reduzieren. Nichtsdestotrotz ist zu erwähnen, dass auch nach der Verwendung von 5 mm großen Trokaren oder nach einem vollständigen Faszienverschluss die Entstehung von Trokarhernien beschrieben wurde. Außerdem kann auch ein sorgfältiger Faszienverschluss die Herniation und ggf. die Inkarzeration der Darmschlingen zwischen den Schichten der Bauchwand nicht verhindern.
Nach Tonouchi können die Trokarhernien in 3 Gruppen eingeteilt werden:
1.
Early-onset-Typ mit Dehiszenz des Peritoneums und der Faszienschicht. Diese Hernien entstehen in der Regel wenige Tage nach der Operation und sind aufgrund der fehlenden Peritonealschicht mit einer hohen Inkarzerationsgefahr und dementsprechend mit einer deutlich erhöhten Morbidität verbunden.
2.
Late-onset-Typ mit Dehiszenz der Faszienschicht und erhaltenem Peritonealüberzug. Diese Hernien entstehen in der Regel ca. 9–11 Monaten nach der Operation und sind oft durch einen indolenten Verlauf gekennzeichnet.
3.
Spezialtyp mit Dehiszenz der kompletten Bauchdecke und Eviszeration der Eingeweide.
Die Therapie der Trokarhernien erfolgt oftmals durch einen direkten Verschluss der Bruchpforte bei nur geringer Größe der Hernie. Nur selten ist die Implantation von Kunststoffnetzen notwendig.
Venöse thromboembolische Komplikationen
Die tumorchirurgischen Operationen im Bereich vom kleinen Becken gehören zu Hochrisikoeingriffen bezüglich möglicher thromboembolischer Komplikationen. Die aktuelle multidisziplinäre deutsche S3-Leitlinie zur Thromboseprophylaxe empfiehlt eine prolongierte (bis 21 Tagen postoperativ) medikamentöse Thromboseprophylaxe bei solchen Patienten, wobei die derzeitige S3-Leitlinie aus dem Jahr 2015 ist und somit nur bis 10/2020 gültig war. Die Empfehlungen der S3-Leitlnie stehen hier zum Teil im Widerspruch zu den aktuellen Empfehlungen der EAU-Leitlinie zur Thromboseprophylaxe. In der EAU-Leitlinie findet eine Balancierung des Risikos einer postoperativen Nachblutung gegenüber dem Risiko einer thrombosebedingten Lungenembolie statt, so dass die EAU Leitlinie eine weitere Risikostratifizierung durchführt. Angesichts der individuellen Thromboserisiko werden nach EAU-Leitlinie daher drei Patientengruppen abgegrenzt (Tab. 2).
Tab. 2
Risikostratifizerung zur Thromboseprophylaxe nach EAU-Leitlinie
Niedriges Risiko
Keine zusätzlichen Risikofaktoren
Mittleres Risiko
Eine von folgenden Risikofaktoren:
- Alter über 75 Jahre
- BMI ab 35
- Z. n. thromboembolischem Ereignis bei Verwandten I Grades
Hohes Risiko
Z. n. thromboembolischem Ereignis
ODER 2 und mehrere Risikofaktoren
Unter Berücksichtigung des individuellen Risikoprofils kann die Empfehlung bezüglich der notwendigen Prophylaxe ausgesprochen werden (Tab. 3), wobei jedoch sorgfältig auf die Risikogruppenzugehörigkeit (Tab. 2) des individuellen Patienten geachtet werden muss.
Tab. 3
Empfehlungen zur Thromboseprophylaxe urologischer Eingriffe angelehnt an EAU Leitlinie Thromboseprophylaxe
Keine Thromboseprophylaxe indiziert
Nur mechanische Prophylaxe
Medikamentöse sowie mechanische Thromboseprophylaxe indiziert
Donor-Nephrektomie bei low-risk Patienten
Robotische Prostatektomie mit erweiterter Lymphadenektomie bei low-risk Patienten
Robotische Nierenteilresektion bei intermediate-risk und high-risk Patienten
Donor-Nephrektomie (intermediate-risk Patienten)
Donor-Nephrektomie (high-risk Patienten)
Radikale retroperitoneale Lymphadenektomie
Am häufigsten werden für die medikamentöse Thromboseprophylaxe die niedermolekulare Heparine (NMH) angewendet. Bei den Patienten mit hochgradiger Niereninsuffizienz kommt das unfraktionierte Heparin zum Einsatz. Sollte eine Unverträglichkeit gegenüber dem Heparin vorliegen (incl. Anamnestische Hinweise auf HIT II), stellt Fondaparinux-Natrium eine mögliche Alternative dar.
Die medikamentöse Thromboseprophylaxe soll am Morgen nach der Operation begonnen werden. Die optimale Dauer der prophylaktischen Antikoagulation mit NMH beträgt 4 Wochen. Nicht-medikamentöse Prophylaxe muss bis zur Entlassung durchgeführt werden.
Zusammenfassung
Die Verwendung von minimalinvasiven Operationstechniken hat die Mortalität und Morbidität nach urologischen Eingriffen deutlich verringert.
Nichtsdestotrotz wurden die Urologen mit geändertem Spektrum von möglichen Komplikationen konfrontiert.
Besonders häufig treten die unerwünschten Operationsfolgen am Anfang der Lernkurve des operierenden Chirurgen auf. Aus diesem Grund sind die profunden Kenntnisse und die Bereitschaft eigene Fehler zu erkennen und zu korrigieren entscheidend für die Gewährleistung der Patientensicherheit im klinischen Alltag.
Chiong E, Hegarty PK, Davis JW et al (2010) Port-site hernias occurring after the use of bladeless radially expanding trocars. Urology 75(3):574–580CrossRef
Do HM, Franz T, Stolzenburg JU (2011) Algorithmus zur Behandlung von Anastomoseninsuffizienzen nach laparoskopischer Prostatektomie [Algorithm for the treatment of anastomotic failure after laparoscopic prostatectomy]. Urologe A 50(11):1426–1427. https://doi.org/10.1007/s00120-011-2646-zCrossRefPubMed
EAU Guidelines (2019) Edn. presented at the EAU Annual Congress, Barcelona. ISBN 978-94-92671-04-2
Erlich T, Abu-Ghanem Y, Ramon J, Mor Y, Rosenzweig B, Dotan Z (2017) Postoperative urinary leakage following partial nephrectomy for renal mass: risk factors and a proposed algorithm for the diagnosis and management. Scand J Surg 106(2):139–144. https://doi.org/10.1177/1457496916659225CrossRefPubMed
Franz T, Schwalenberg T, Dietrich A, Müller J, Stolzenburg J-U (2013) Hernienchirurgie in der Urologie Teil 2: Parastomale Hernien, Trokarhernien, Narbenhernien – Grundlagen der Diagnostik und operativen Therapie. Der Urologe 52:871–883. https://doi.org/10.1007/s00120-013-3200-yCrossRefPubMed
Ghoneim TP, Thornton RH, Solomon SB, Adamy A, Favaretto RL, Russo P (2011) Selective arterial embolization for pseudoaneurysms and arteriovenous fistula of renal artery branches following partial nephrectomy. J Urol 185(6):2061–2065. https://doi.org/10.1016/j.juro.2011.02.049CrossRefPubMed
Hyams ES, Pierorazio P, Proteek O et al (2011) Iatrogenic vascular lesions after minimally invasive partial nephrectomy: a multi-institutional study of clinical and renal functional outcomes. Urology 78(4):820–826. https://doi.org/10.1016/j.urology.2011.04.063CrossRefPubMed
Jain S, Nyirenda T, Yates J, Munver R (2013) Incidence of renal artery pseudoaneurysm following open and minimally invasive partial nephrectomy: a systematic review and comparative analysis. J Urol 189(5):1643–1648. https://doi.org/10.1016/j.juro.2012.11.170CrossRefPubMed
Minervini A, Vittori G, Antonelli A et al (2014) Open versus robotic-assisted partial nephrectomy: a multicenter comparison study of perioperative results and complications [published correction appears in World J Urol. 2014 Feb;32(1):295. multiple author names added]. World J Urol 32(1):287–293. https://doi.org/10.1007/s00345-013-1136-x
Partin AW, Peters CA, Kavoussi LR, Dmochowski RR, Wein AJ (2020) Campbell-Walsh-Wein Urology 4039 Seiten, 12th Revised edition. Elsevier – Health Sciences Division (Verlag), Cambridge, MA. ISBN 978-0-323-54642-3
Peyton CC, Hajiran A, Morgan K et al (2020) Urinary leak following partial nephrectomy: a contemporary review of 975 cases. Can J Urol 27(1):10118–10124PubMed
Rossaint R, Werner C, Zwißler B (2012) Die Anästhesiologie. Springer, Berlin/HeidelbergCrossRef
Swank HA, Mulder IM, la Chapelle CF, Reitsma JB, Lange JF, Bemelman WA (2012) Systematic review of trocar-site hernia. Br J Surg 99:315–323CrossRef
Tikkinen KAO, Cartwright R, Gould MK, Naspro R, Novara G, Sandset PM, Violette PD, Guyatt GH (2022) EAU Guidelines on Thromboprophylaxis in Urological Surgery. EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Amsterdam 2022. EAU Guidelines Office, Arnhem. ISBN 978-94-92671-16-5
Tonouchi H, Ohmori Y, Kobayashi M, Kusunoki M (2004) Trocar site hernia. Arch Surg 139(11):1248–1256CrossRef
Tsu JH, Ng AT, Wong JK, Wong EM, Ho KL, Yiu MK (2014) Trocar-site hernia at the 8-mm robotic port after robot-assisted laparoscopic prostatectomy: a case report and review of the literature. J Robot Surg 8(1):89–91. https://doi.org/10.1007/s11701-013-0396-1. Epub 2013 Mar 3. PMID: 27637246CrossRefPubMed
Vasdev N, Giessing M, Zengini H, Adshead JM, Rabenalt R (2014) Robotic versus traditional laparoscopic partial nephrectomy: comparison of outcomes with a transition of techniques. J Robot Surg 8(2):157–161. https://doi.org/10.1007/s11701-013-0447-7CrossRefPubMed