MEN
Das alleinige Einnässen in der Nacht ohne jegliche Tagessymptomatik oder weitere Störung wird aufgrund seiner Häufigkeit und letztendlich harmlosen Natur nicht selten trivialisiert. Der Leidensdruck, den die Problematik bei Kind und Eltern auslöst, ist jedoch erheblich und die MEN sollte daher mit der gleichen Ernsthaftigkeit evaluiert und behandelt werden wie kompliziertere Formen der Inkontinenz.
Die „Stellgrößen“ der
Enuresis sind die Menge der nächtlichen Diurese, die Blasenkapazität und die Aufwachschwelle. Eine nächtliche Polyurie kann durch eine insuffiziente nächtliche ADH- Ausschüttung bedingt sein, allerdings ist diese nicht bei allen Patienten gegeben. Der Nachweis ist diagnostisch aufwendig und hat letztlich selten eine therapeutische Konsequenz.
Initial wird immer eine konsequente Urotherapie durchgeführt, die in manchen Fällen schon zu einer deutlichen Besserung oder sogar dem Sistieren der Beschwerden führt.
Zur weiteren Therapie der MEN finden im Wesentlichen zwei sehr unterschiedliche Ansätze Anwendung.
Die Alarmtherapie
soll dazu führen, dass die Weckschwelle des Kindes erniedrigt wird. Somit wird aus der
Enuresis zu Beginn eine Nykturie. Die Therapie führt im weiteren Verlauf zu einer Zunahme der funktionellen Blasenkapazität. Die Alarm-Therapie ist aufwendig und belastend. Der laute Klingelton weckt oft zwar nicht das Kind, aber den Rest der Familie, die dann konsequent das Kind aufwecken muss. Die Therapie dauert in der Regel 2–3 Monate und eine Wiederholung wegen erneuten Einnässens ist nicht selten erforderlich. Die wiederholte Therapie führt aber dann in der Regel in 2/3 der Fälle zu dauerhaftem Erfolg. Die Alarm-Therapie wird von der aktuellen AWMF-Leitlinie als first-line Therapie bei Enuresis empfohlen.
Desmopressin, ein synthetisches ADH-Präparat, drosselt die nächtliche Urinausscheidung und scheint auch die Aufwachschwelle zu beeinflussen. Der Effekt tritt sofort ein, der Ansatz ist aber nicht kurativ. Desmopressin kann über Jahre verabreicht werden, sollte aber gelegentlich pausiert werden, um die weitere Notwendigkeit zu überprüfen. Das Therapieende soll dann nicht abrupt, sondern ausschleichend erfolgen.
Alternativ zur Dauerbehandlung kann Desmopressin für „wichtige Nächte“ als Bedarfsmedikation gegeben werden.
Grundsätzlich gilt, dass der Effekt von Desmopressin schneller und der der Alarmtherapie nachhaltiger zum Erfolg führt.
Anticholinergika gehören nicht zur first-line Therapie der
Enuresis, obwohl in einigen Studien ein positiver Effekt nachgewiesen wurde. Sie ist Patienten vorbehalten, bei denen die Basistherapie nicht zum Erfolg führt.
NMEN
Der Begriff NMEN
beschreibt das zeitgleiche Vorhandensein einer
Enuresis und einer auch am Tage symptomatischen Dysfunktion des unteren Harntraktes, allerdings hier ohne Urinverlust. Zusätzlich zu den allgemeinen o. g. Faktoren und denen, die zu einer MEN führen (s.o.), trägt bei der NMEN eine reduzierte Inhibition des Miktionsreflexes zur Symptomatik bei.
Die Evaluation und konsequente Urotherapie erfolgt in identischer Weise wie bei den anderen Formen der Inkontinenz. Nochmals sei auf die Wichtigkeit konsequenter Behandlung einer
Obstipation hingewiesen. Die Dysfunktion des unteren Harntraktes und zugrunde liegende Störungen werden therapiert, bevor eine Behandlung der
Enuresis erfolgt. Gelegentlich limitiert die Behandlung der Tagessymptomatik die Enuresis ohne eine weitere spezifische Therapie derselben.
Ist die Tagessymptomatik erfolgreich behandelt, besteht die
Enuresis aber weiter, so erfolgt die Therapie dann analog zu der bei MEN.